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Meilen erfliegen wird mühsam - leichter verdient man sie jetzt beim Einkaufen
Unter Vielfliegern ist das Wort "Bretterklassesenator" ein geflügeltes Wort. Es bezeichnet Meilensammler, die es in der Economyclass auf so viele Meilen gebracht haben, dass sie Senatorenstatus erlangt haben. Das bringt zahlreiche Annehmlichkeiten. Zum Beispiel Upgrades in die Businessclass, mehr Freigepäck und Zugang zu den Lounges.
Wer sich mit Meilensammeln auskennt, weiß, wie schwierig es geworden ist. Vor zehn Jahren noch gab es auf günstige Tickets genauso viele Meilen wie für Vollzahlertickets. Meilensammeln ging so: Sein Kärtchen vorzeigen und alle fünf bis sechs Flüge ein Freiticket ergattern. Längst geben viele Airlines vernünftige Gutschriften nur noch für teure Flüge. Schon vor Jahren hat Lufthansa das Prämiensystem umgestellt. So gibt es für 99-Euro-Tickets nur noch 250 Meilen für einen innerdeutschen Hin- und Rückflug, dagegen aber bis zu 1500 Meilen in der Businessclass.
"Das Wettbewerbsumfeld und die Preisstruktur haben sich verändert. Deshalb haben wir die Vergabe der Meilen konsequenter am Ticketpreis ausgerichtet", sagt Amelie Schwierholz, Meilenexpertin der Lufthansa. Und da gilt es, genau hinzusehen. Auf der Website miles-and-more.com gibt es mittlerweile einen Meilenrechner, der für jede Verbindung die Gutschrift errechnet. Auch Air Berlin staffelt die Meilenvergabe längst nach dem Preis: Für einen Flug von München nach Alicante in der Tarifklasse Eco-Saver schreibt man 250 Meilen gut, in der Tarifklasse Eco-Basic sind es 1000 Meilen und bei der teuren Eco-Flex 1500 Meilen. Air France und KLM sowie viele asiatische Airlines geben auf günstige Tickets gar keine Meilenprämien mehr.
In wenigen Wochen stellt auch Emirates, einst eine der spendabelsten Airlines, sein Vielflieger-Programm um. Ab Januar 2010 werden die Emirates-Skywards-Meilen in zwei Kategorien unterteilt: gut dotiert ist nur noch der Skywards-Flex-Tarif, deutlich weniger Meilen gibt es für die reduzierten Skywards-Saver-Tickets. Das Bonussystem für First und Businessclass wurde dagegen großzügig erhöht. Bei Emirates heißt es: "Es ist Zeit, das Modell dem Markt anzupassen. Wir wollen sicherstellen, dass jene Passagiere, die höhere Tarife gebucht haben, entsprechend besser honoriert werden."
Aber nicht nur die Meilengutschriften sind bei vielen Airlines schlechter geworden. Die Meilen verfallen auch schneller. Bei Emirates laufen Meilen nach dem neuen System für alle Mitglieder nach drei Jahren aus. Lufthansa und Air Berlin sind da etwas großzügiger: Bei Miles and More verfallen die Meilen bei Kunden mit einer Frequent-Traveller-, Senator- oder einer Hon-Circle-Card sowie bei Besitzern der Miles-and-More-Kreditkarte gar nicht, bei Kunden mit einer gewöhnlichen blauen Miles-and-More-Karte nach drei Jahren. Die Topbonus-Prämienmeilen von Air Berlin sind ebenfalls alle drei Jahre einzulösen, bis zum Ende des Vierteljahres, in dem sie gesammelt wurden.
Auch bei Prämienflügen sind die Airlines knauseriger geworden. Steuern, Flughafengebühren und Kerosinzuschläge muss der Passagier mittlerweile extra lösen. Und das kann einen beinahe so viele Meilen kosten wie der Flug selbst. Ein Flug von Berlin nach Mallorca kostet beispielsweise bei Air Berlin 10 000 gesammelte Meilen ohne Steuern, Gebühren und Kerosinzuschlag und 15 000 Meilen inklusive aller Gebühren. Das sind selbst in der teuren Eco-Flex-Klasse noch zehn voll bezahlte Flüge.
Lohnt sich Meilensammeln überhaupt noch? Für voll zahlende Geschäftsreisende ist das nach wie vor so, denn sie bleiben die Hauptzielgruppe. Aber auch für den Gelegenheitsflieger ist Meilensammeln noch lukrativ - doch das liegt weniger an den Prämien als an den zahlreichen neuen Sammelmöglichkeiten. Denn längst wird die Mehrzahl der Meilen nicht mehr auf Flügen gesammelt, sondern beim Kauf von Aktienfonds, Notebooks, Telefonverträgen, Parfüms oder Zeitungsabos. Allein die Lufthansa hat mehr als 200 solcher Partner. Wer zum Beispiel bis 31. Dezember einen Mobilfunkvertrag bei T-Mobile abschließt, erhält mindestens 5000 Prämienmeilen. 12 000 Meilen gibt es für den Abschluss einer Rentenversicherung beim Partner Asstel. Und 2000 Extrameilen erhält, wer seine Winterreifen beim Pirelli-Händler einkauft.
Wer listig Meilen sammeln möchte, muss heute nicht nur prüfen, wie viele Meilen er für welches Ticket bekommt, sondern auch Sonderaktionen im Blick haben und immer öfter seine Fernsehzeitschrift danach aussuchen, für welche es am meisten Meilen gibt. Vielflieger-Websites wie Vielfliegerforum.de und Meilenblog.de informieren über die Prämien. Allerdings muss man sich auch dort viel Zeit nehmen und sich durch Beiträge wie "Wann gratuliert man zum Geburtstag auf Nachtflug ORD-DUS?" oder "First-Schlafanzug auch bei Tagflug?" klicken. Sammeln ist eben manchmal sehr mühsam.
FABIAN VON POSER
Mehr Informationen unter
Miles & More - Miles & More | Europe's leading frequent flyer programme,
www.Vielfliegerforum.de und
Der Prämienmeilen-Blog | Meilenblog.de
Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 29.11.2009, Nr. 48 / Seite V2