Episode 2 - Der Norden
Kapitel 2 - Northern Explorer
Wer meine Reiseberichte verfolgt hat bereits mitbekommen, dass ich neben der Fliegerei mehr und mehr auch das Bahnfahren für mich entdeckt habe. Neuseeland bietet gleich drei touristische Strecken. Den TranzAlpine, der im Süden die Berge in ost-west-Richtung überquert (die Strecke ist dieses Jahr zwischenzeitlich Waldbränden anheim gefallen), den Coastal Pacific, der auf der Südinsel zwischen Picton im Norden und Christchurch verkehrt (derzeit durch Folgen des Erdbeben außer Betrieb), und den Northern Explorer, der Auckland mit Wellington verbindet. Dazu touristischer Kleinkram, aber dazu später mehr.
Nach einer Nacht mit ohne viel Schlaf ob des Jetlag, geht es morgens vom Hotel zum Bahnhof Auckland Strand. Man sagte mir, die Fahrt dauere ca. 5 Minuten, Taxen seien immer verfügbar und es koste etwa 8-9 Dollar. Abfahrt des Zuges ist 7:45, letzter Check-In 7:25. Nun, das Taxi kam nach 5 Minuten, der Fahrer kannte den Bahnhof nicht, die Fahrt dauerte 15 Minuten....
Als ich um 7:28 den Bahnhof erreiche bin ich zwar der vorletzte fehlende Gast, darf aber noch mit.
Im Licht der aufgehenden Sonne macht sich der Zug auf den Weg zu einer Reise nach Süden, längs über die die Nordinsel, die rund 10,5 Stunden dauern soll. Zuerst noch durch die Vororte Aucklands, später durch wechselnde grüne Landschaften.
Oft fühle ich mich an Grossbritannien erinnert, manchmal an Kalifornien, manchmal an Südafrika. Mal fahren wir durch weites Land, mal durch enge Täler. Interessant ist zu beobachten wie die Sonne, die später überwiegend scheint, auf unserem Weg gen Süden in unserem Rücken von Ost nach West wandert. Ungewohnt für Menschen wie mich, die in der Schule noch lernten, "Im Osten geht die Sonne auf, im Süden nimmt sie ihren Lauf, im Westen wird sie untergehen, im Norden ist sie nie zu sehen." Nein, auf der Straße nach Süden, hat man hier nicht die Sonne als Ziel. Für diese Zugfahrt ist das jedoch positiv, haben wir die Sonne doch meist hinter uns.
Oft stehen Kühe auf den Wiesen am Wegesrand, manchmal flüchten Schafe vor uns, dann wieder Kühe, hier und da ein Pferd oder Kühe. Einmal sehen ich Alpakas, sonst oft Schafe, meist aber Kühe.
Irgendwann geht es rauf in die grünen Hügel und der Horizont kommt näher. Die Landschaft ist nicht mehr ganz so satt grün, aber nicht minder interessant.
Kurz vor dem Tongariro-Nationalpark passiert der Zug dann noch die Raurimu-Spirale. Eine eingleisige Kernschleifenkonstruktion (Quelle: Wikipedia), durch die eine Höhendifferenz von 132*Metern überwunden wird. Sie enthält zwei Tunnel und drei enge Kurven.
Anschließend geht es fortwährend bergab, manchmal auch ein kleines Stück wieder bergauf, teils durch eine Vielzahl von Serpentinen.
Ein Stück weiter hat sich der Rangitikel River, den wir mehrfach kreuzen, tief in die Landschaft gefressen.
Natürlich kommen wir nicht pünktlich an, aber erwartet dass jemand, der mit dem California Zephyr und mit der Alaska Railroad gefahren ist?
Aber ähnlich wie ich es schon in den USA erlebt habe, dient auch dieser Zug nicht effizienter Fortbewegung, sondern der Belustigung der Fahrgäste. Entsprechend ist die blaue Stunde bereits angebrochen, als wir durch offenes Land dem Ziel entgegen fahren.
Wir erreichen Wellington im letzten Licht der Abendsonne. Welches Hotel ich gewählt habe ist sicher keine Frage.