Bom dia, jus und cadeaux: "le blanc" in Afrika (Angola, Sao Tomé, Gabun, beide Kongos)

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journey

Erfahrenes Mitglied
24.12.2009
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Berlin
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Die Zeit in Brazzaville werde ich zusammenfassen. Ich war dort von Sonntag bis Freitag. Ich hätte nicht gedacht, dass ich dort solange bleiben würde, aber einerseits gefiel es mir dort echt gut, andererseits wurde ich überall vor Kinshasa gewarnt.

Mein Hotel, das Hippocampe, war solide. Die Basic-Zimmer (28.000 CFA) einfach, aber die Lage gut. Das erste Mal auf der Reise hatte ich ein eigenes Moskitonetz. Zwar hatte ich ein mobiles dabei, war aber immer zu faul dieses aufzuhängen. Jedenfalls habe ich morgen immer ein paar Mücken im Zelt gehabt.







[![Bild img_3918hcfn1.jpg auf abload.de](https://abload.de/img/img_3918hcfn1.jpg)](https://abload.de/image.php?img=img_3918hcfn1.jpg)



Es gibt aber auch ein Radisson:



Brazzaville gefiel mir unter anderem so gut, weil es sauber (mehrfach die Müllabfuhr gesehen) sowie (gefühlt) sicher ist, der Verkehr überschaubar und die Leute nett. So habe ich dann am Ende Urlaub und „Abenteuer“ gut vereinen können. Morgens ausschlafen, dann zu Fuß in die Stadt oder einfach Mal den Tag bei Serien/ einem Buch im Bett verbracht. Ich bin normalerweise überhaupt kein Fußgänger, aber in Brazzaville bin ich so viel gelaufen wie nie. Nachfolgend ein paar Eindrücke:

Die schon eingangs erwähnte Residenz des Botschafters:



Und die Botschaft. Das Gelände teilen wir uns mit den Franzosen:


Die Kathedrale Sacre Coeur, direkt beim Botschafter um die Ecke:





Nicht mit der Basilique Sainte Anne zu verwechseln:





Denkmal von Pierre Savorgnan de Brazza (https://de.wikipedia.org/wiki/Pierre_Savorgnan_de_Brazza), dem Namensgeber:



Blick rüber nach Kinshasa (oder kurz Kin genannt)





Ein Tag stand ein Ausflug zu den Stromschnellen des Kongos, Les Rapides, aus. Das Internet ist sich unschlüssig, von wo diese am besten betrachtet werden können. Ich wollte es hinter der Point du Djoué probieren, verwarf dieses Vorhaben jedoch, als mir der Kellner im Restaurant sagte, dass es dort nicht sicher sei. Das konnte ich mir schon vorstellen, da meine Quelle sagte, es sei ein kleiner Pfad hinter der Brücke – wenn ich diesen überhaupt gefunden hätte. Stattdessen ging es zum Restaurant „Les Rapides“. Und zum Unverständnis des franz. Besitzers mit dem Minibus.







Wie ihr seht, sehr ihr nichts bis kaum was. Vielleicht wäre ein anderer Spot doch besser gewesen.
Dafür gab es einen Elefanten aus Müll zu bestaunen:



Bei meinen Streiftouren durch die Stadt habe ich auch das ein oder andere Elektroauto ausgemacht:



Es gibt auch noch ein E-Cabrio-Taxi, leider hat sich keine Fahrt ergeben:



Vor diesem Hintergrund ist der Begriff Entwicklungsland für viele Mal neu zu denken. Während der ganzen Zeit hatte ich im Kongo 4G und überall kann man Rechnungen bequem per Handy begleichen (per einfacher SMS). Besonders im letztgenannten Bereich sind uns viele afrikanische Staaten weit voraus. Nicht ganz dazu passte eine Beobachtung vom Donnerstag bzw. Freitag. Um meine Rechnung im Hotel begleichen zu können, wollte ich am Donnerstag noch Geld am ATM abheben. Als ich bei der Bank ankam, wartete dort eine Menge an Leute. Ca. 50 Personen drängten sich vor den beiden Automaten. Kein Fortschritt zu erkennen. Also bin ich zur nächsten Bank. Dort erwartete mich das gleiche Bild. Viele Menschen, die sich vor dem Automaten stauen. Ich reihte mich ein. Aus Neugier fragte ich, was den los sei. Daraufhin wurde mir mitgeteilt, dass die Gehälter angekommen seien, das war der 6. Dezember. Und wenig später wurde mir auch klar, warum das pro Person so lange dauerte: zuerst wurde erst der Kontostand geprüft und dann sämtliches Geld abgehoben. Das konnte ich auch nur beobachten, weil es keinerlei Privatsphäre gab. Es wurde Null Abstand gelassen. So konnte ich auch sehen, dass die „reichste“ Person in meinem Beisein rund 280.000 CFA (ca. 420 Euro) besaß und alles abhob. Als ich an der Reihe dran war, versuchte ich, meine PIN möglichst gut zu verbergen. Gespannt wurde mir zugeguckt, wie ich eine 3 gefolgt von Nullen eintippte. Nach 4 Nullen (=30.000 CFA) war jedoch Schluss, denn mehr brauchte ich nicht. Ich konnte die Enttäuschung der Anderen förmlich spüren, dass ich nur so wenig abheben möchte. Als dann aber die Aktion erfolglos abgebrochen wurde, war ich nicht allzu traurig, obwohl ich rund eine Stunde gewartet hatte. So musste ich immerhin nicht mit Bargeld, Kreditkarte und Pin, den womöglich irgendwer gesehen hatte, durch die mittlerweile dunkle Stadt laufen. Am nächsten Morgen ging ich wieder zu ersten Bank und konnte nach nur 30 Minuten meine paar Kröten ziehen, wie alle anderen auch.
Gegessen und getrunken habe ich meistens in der hintersten Ecke des Hafens. Zum einen, weil es hier deutlich günstiger war und zweitens, weil ich die Abläufe erkunden wollte, wie der Transfer per Boot nach Kinshasa abläuft, um bei meiner Überfahrt nicht wie der letzte Tourist rüberzukommen.







Insgesamt war dich dort mehrere Male und gehörte irgendwann einfach dazu. Zum Vergleich: am ersten Tag habe ich in der Stadt gegrillten Fisch mit Pommes und Cola konsumiert. Dafür wurden rund 8.000 CFA fällig. In meinem Hafen“restaurant“ bezahlte ich für Fisch, Maniok und 4, 5 Getränke um die 5.000 CFA. Einen Qualitätsunterschied konnte ich auch nicht ausmachen und der Platz im Hafen hatte wesentlich mehr Charme.





Noch ein paar Eindrücke:
Kunst gibt es auch zu kaufen:



Newspaperstände gab es auch viele:



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Am Bahnhof (Blick weg vom HBF) von Brazza:



Kurz nachdem ich das Foto gemacht hatte, kam ein junger Soldat auf mich zu. Ich hatte schon wieder schlimmste Befürchtungen, dass ein Schmiergeld fällig wird, aber er wollte sich nur nett unterhalten.
Der Nabemba-Tower ist mit etwas über 100 m das höchste Gebäude. Nach Meinung der locals kann man aber nicht auf das Dach des Turms.
Mit etwas gutem Willen könnte man den Herren als Dandy (Africa Rising: Mode, Design und Lifestyle aus Afrika - SPIEGEL ONLINE) bezeichnen:



[![Bild img_3905jgeyh.jpg auf abload.de](https://abload.de/img/img_3905jgeyh.jpg)](https://abload.de/image.php?img=img_3905jgeyh.jpg)

Im einzigen westlichen Supermarkt der Stadt konnte ich auch das Rätsel mit den lokalen Bierflaschen lösen: Wenn man keine leere Flasche mitbringt, kann man nur eine Volle bekommen, wenn man ca. 250 CFA extra zahlt. Quasi ein Pfandsystem. Das finde ich generell gut, nur sollte dies auch auf Plastikflaschen (Cola etc.) erweitert werden. Denn wenn Müll rumliegt, dann meistens davon. Oder Plastiktüten. Die werden oft an der Straße gefüllt mit Wasser gekauft. Davon habe ich mich aber ferngehalten, da ich den Ursprung des Wassers nicht kenne.

Einen Sortie (Ausgang) habe ich auch gemacht. Es ging ins No Stress in der Nähe vom Bahnhof. Dort war es unter der Woche aber ziemlich leer. In der der Straße vor dem Club gibt es Denkmäler mehr oder weniger bekannter Persönlichkeiten (Fotos noch vom Tage):





Insgesamt fand ich Brazzaville echt top und habe gleich mal geguckt, wie es beim Auswärtigen Amt eingestuft wird. Zone 20 von 20. Viel und fällt mir noch heute schwer zu verstehen, warum der Standort als so herausfordernd eingestuft wird. Aber klar, als Tourist, der nur kurz in der Stadt ist, ist das schwer einzuschätzen. Ein Faktor wird mit Sicherheit die ärztliche Versorgung sein – ein weiter möglicherweise die Langeweile.
 

journey

Erfahrenes Mitglied
24.12.2009
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Krasse Tour! Danke, dass Du uns hier auf die Reise mitnimmst. Interessante Einblicke. Und, ich finde: Durchaus mutig!
Ich find's wirklich superspannend, bin dann aber doch eher den Ländern Afrikas mit weniger so offener Korruption zugeneigt (wie z.Bsp. eben São Tomé e Príncipe oder auch Kapverde oder Ruanda...)
Bin schon gespannt auf die nächsten Episoden. Pass auf Dich auf!

Ohne zu spoilern: Ich bin wieder gut in Deutschland angekommen :)
 
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journey

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24.12.2009
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Echt super interessant. Aber gleichzeitig merke ich doch wieder, wieso ich mich von Afrika noch immer fernhalte. Ich glaube das ist (noch?) ne Nummer zu krass für mich.
Wobei Du natürlich auch die Peripherie der Peripherie gewählt hast.

Vielen Dank für den Bericht!

Ich war auch nie wirklich ein Afrika-Fan, sondern immer für Asien. Aber das ändert sich gerade. Ich würde sagen, in den großen Städten ist das Leben mehr oder weniger wie bei uns. Und irgendwann wird Asien auch (zu) langweilig. Versuchs Mal mit Namibia, Südafrika, Botswana und co. zum Reinkommen.
 
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Autumla

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30.07.2013
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Danke für den Bericht, lese wirklich gerne mit! Wobei ich heuer durch meine Komorenreise gelernt habe, dass ich wohl nicht der richtige Typ für diese Länder bin - auch wenn meine Reise sogar noch ein Luxusurlaub war, verglichen mit deinem Abenteuer.

(Achja - und den „Magen aus Stahl“ besitze ich leider auch nicht ;))
 
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mainz2013

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18.09.2013
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Sehr interessanter und klasse Bericht! Vielen Dank für die Eindrücke! Für mich persönlich wäre das nichts. Da bin ich zu ängstlich für.
 
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schlepper

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31.08.2016
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Bin gerne auf der Tour dabei, ich würde gerne mal wissen, wie man auf diese Tour kommt. Attraktiv im herkömmlichen Sinne waren die Stationen bisher nicht, aber sehr interessant, weil man sonst kaum Bilder und Berichte von den Stationen zu Gesicht bekommt.
 
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journey

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24.12.2009
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Bin gerne auf der Tour dabei, ich würde gerne mal wissen, wie man auf diese Tour kommt. Attraktiv im herkömmlichen Sinne waren die Stationen bisher nicht, aber sehr interessant, weil man sonst kaum Bilder und Berichte von den Stationen zu Gesicht bekommt.

Ganz einfach: Mein Ziel ist es, alle Länder der Welt zu besuchen. Und da muss man dann halt auch irgendwann in diese Länder, wobei ich gestehen muss, dass ich daran Spaß habe. Ich versuche auch, die in jüngeren Lebensjahren zu machen, wo ich noch nicht so viele Ansprüche habe. :)
 

Hene

Erfahrenes Mitglied
27.03.2013
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Toller Bericht weiterhin. Auch ungefähr meine Art, Afrika zu bereisen. Buchtipp nebenher: Deville's schöne Brazza-Biographie 'Aequatoria'. Sehr lesenswert!
 
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journey

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24.12.2009
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Am Freitag (7.12) war der Tag der Abreise aus Brazzaville gekommen und mir war recht unwohl ob der ganzen Schreckensgeschichten aus Kin. Nach Begleichung der Rechnung im Hotel ging es für 1.000 CFA zum Hafen. Die Einfahrt kostet 500 CFA extra, egal die Münzen müssen weg. Nach dem Aussteigen werde ich von ca. 5,6 Leuten umringt, die mir irgendwelche Ausweise unter die Nase halten, meine Tasche haben wollen und ihre Dienste anbieten. Ich distanziere mich und hänge mich an eine Asiatin, die die Überfahrt nach eigener Auskunft mehrfach im Monat macht. Wenn sie ihren Pass an jemanden gibt, gebe ich meinen mit, zahle nur was sie zahlt – jedenfalls fast. Denn im exklusiven Wartebereich (es gibt ein Dach und eine Holzbank) werde nur ich darauf hingewiesen, dass ich etwas verzehren müsse, damit ich mich setzen könne. Naja, dann eben eine Cola. Diese soll nur 500 CFA kosten. Standardpreis. Irgendwann sind es aber 1.000. Kurze Zeit kommt der Helfer von dem Mann, der unsere Pässe hat, mit einem Bier in der Hand. Ich verstehe. Für das Ausfüllen der Formalitäten nebst Ticket werden exakt 20.000 CFA berechnet. Für 20 Minuten Boot fahren kein Schnapper. Nachdem wir unsere Pässe zurückerhalten haben, geht es die letzten Meter zum Wasser. Dort findet eine letzte Sichtkontrolle statt. Ich sage merci und au revoir Brazza – auch weil sich die Offiziellen hier einwandfrei verhalten haben. Am Wasser wartet ein modernes, optisch einwandfreies Boot, die „La Solution“. Vom Personal werden Schwimmwesten gereicht. Das Tragen ist obligatorisch. Die Überfahrt kann beginnen:







Meine Gedanken kreisen um die Einreise. Ein Freund wurde dort erst kürzlich um 50 USD erleichtert, weil er ein Phantasiedokument nicht vorzeigen konnte. Dieses braucht man nach offiziellen Angaben auch nicht...Nunja, ich hatte es verständlicherweise auch nicht (warum auch?!) Und machte mich auf Verhandlungen bereit. Mehr als 20 USD wollte ich nicht zahlen, also wurde alle anderen Dollar in den Socken deponiert und ein anderer Teil in eine Hose geklebt.



Beim Verlassen des Bootes wurde ich gleich abgefangen und von einem jungen Mann (sah zumindest offiziell aus) über das Gelände begleitet. Nach dem Check des Impfpasses, der wird hier wirklich überall verlangt (gut, dass man den Pass - ohne Impfung- an der Grenze kaufen kann). Irgendwann wurde mir gedeutet, dass ich warten solle, mein Begleiter verschwand in einem Gebäude, kam wieder, fragte ein paar Fragen. U.a., wo mein Ausreisestempel von Brazzaville sei. Sorry, ich habe zwei Pässe, also bekam er den auch noch. Er verschwand wieder, kam zurück. Er würde gerne mein Rückflugticket sehen. Auch kein Problem. Beim nächsten Mal forderte mich auf, mit zum Boss zu kommen. Jetzt war Spannung angesagt. Der Boss machte keinen bossy Eindruck und das Büro war auch voll mit Menschen. Das war gut für mich. In einer Kombination aus holprigem Französisch und Englisch erläuterte ich ihm meine Pläne. Dass ich ja gerne zum Virunga Nationalpark gefahren wäre, wegen Ebola und Bürgerkrieg das aber auf das nächste Mal verschieben werde. Außerdem sei Kinshasa ja so unsicher, da wollte ich erstmal gucken. Er meinte das seien alles nur böse Gerüchte und verabschiedete mich. Nur noch Kopien von den Pässen und dann konnte ich gehen. Ohne Zahlung von irgendwas. Top!

Mein Begleiter organisierte mir noch ein Taxi. Der Fahrer wies mich darauf hin, dass durch offene Fenster gerne Mal Gegenstände geklaut würden, aber sonst sei kin (shasa) auch für sicher. Erster Eindruck von den Straßen Kins war ein Schock. Massen an jungen Menschen (die Bevölkerung ist sehr, sehr jung), viel Verkehr und viel dreckiger als Brazza.











Im Hotel wollte er gleich die Rückfahrt klarmachen und wir einigten uns auf Sieben Uhr (Abflug 22:50) am Sonntag. Im Anschluss ließ ich etwas Geld wechseln (10 mighty USD = 1600 Kongo Franc). Mit meinem Bargeld ging es erstmal zum Palast der Leute, der aber kein Foto und womöglich Ärger wert war. Also wieder zurück über teils nicht befestigte und Schlagloch reiche "Straßen". Per pedes. Der weiße fiel natürlich auf wie ein bunter Hund. Irgendwann sah ich einen Grill, fragte nach Fisch und ich setzte mich nieder. Bis ich endlich essen konnte, dauerte es eine halbe Ewigkeit. Diese Zeit nutzte Ich, um das Viertel, meine Hood, zu studieren/ beobachten. Es gab Mengen an Taxis, fliegenden Händlern (Erdnüsse, Sandwich, Flipflops, Shoeshinern,...alles, was mein Herz nicht begehrt).







Für einen Fisch mit Pommes, Wasser und Bier wurden am Ende ca. 7.000 Franc fällig. Den Abend verbrachte ich noch etwas ehrfürchtig im Hotel, wo ich feststellte, dass das Licht im Bad nicht ging und das Waschbecken kein fließendes Wasser hatte. Aber zum Glück stand vor meiner Tür ein Riesen Eimer mit Wasser.



Abends habe ich noch etwas meine Planung für den folgenden Tag gemacht und bin trotz Partylärm von überall eingeschlafen.



Der Samstag begann mit einer kalten Dusche und dem Plan, zum Mausoleum von Laurent Kabila, dem "geliebten" Ex-Führer und Vater des aktuellen Präsidenten (Stand 4.1.2019) zu fahren. Beim Guard erfragte ich einen ungefähren Preis (2-3000). Mit dieser Vorgabe stellte ich mich an die Straße. Die ersten Fahrer wollten mehr vom Touristen und wurden deswegen disqualifiziert. Irgendwann sprach mich ein junger Typ an, wohin ich wolle. Während wir uns unterhalten, willigt ein Fahrer für 3000 ein. Kurz nachdem ich ins Taxi eingestiegen bin, kommt der Junge nach. Ich denke erstmal nur, dass er auch in die Richtung will. Taxis zu teilen, ist da nichts Ungewöhnliches. Am Mausoleum angekommen, steige ich aus - und er auch. Irgendwie habe ich jetzt einen Begleiter an der Backe. Zusammen geht's die letzten Meter zu einer Statue, die an Kim Jong Un erinnert. Natürlich wimmelt es hier im Regierungsviertel nur vor Soldaten. Die ersten, die wir passieren, wollen natürlich gleich etwas Geld, um was trinken zu können. Ich vertröste sie auf den Rückweg. Bezüglich Fotos sagen sie, wir sollen "dahinten" nochmal nachfragen. Kurz vor dem Denkmal, ich sehe keine Soldaten, frage ich meinen unbekannten Begleiter, ob Fotos nun okay seien. Er sagte, ja klar. Also mache ich Fotos.





Direkt am Denkmal gibt es dann einen Anschiss, warum wir ohne Erlaubnis Fotos gemacht hätten. Innerlich sah ich mich schon Geld bezahlen. Doch dann passierte etwas Unvorhersehbares. Ich sah einen Mann, den ich gestern vom Restaurant aus gesehen hatte (er war mir aufgefallen, da er ganz in Bordeaux gekleidet war und sein Gesicht eher nach Südpazifik aussah). Ich sprach ihn an und er erkannte mich auch wieder. Auf meinen Spruch, dass es in Kinshasa 10 Millionen Menschen gäbe und wir uns zufällig treffen würden, folgte allgemeines Gelächter. Die Stimmung war sofort wesentlich entspannter bei den Soldaten und ich wurde dann nahezu dazu genötigt, Fotos zu machen.



Danach ging es durch einen anderen Ausgang wieder hinaus, da ich keine Lust hatte, den Soldaten Geld zu geben und weil ich eh zur deutschen Botschaft wollte. Die ist nur wenige Minuten entfernt und liegt direkt am Kongo.



Es gibt Höhe Bäume, Grün, geteerte Straßen und Ruhe. Als ob man in einer anderen Stadt wäre. Am Fluss möchte ich ein Foto von Brazza machen, das auf der anderen Seite liegt. Natürlich sind auch hier Soldaten, die dafür Geld wollen. Man kommt ins Gespräch. Ich erzähle, dass ich Tourist sei, nur 2 Tage bleiben würde, ich mir die Botschaft angucken wollte, da ich hier vielleicht bald arbeiten werde und dass der Boss der Truppe, das beste Englisch sprechen würde, das ich bis jetzt im Kongo gehört hätte. Er ist sichtlich geschmeichelt und ich solle doch bitte Fotos machen - ohne zu zahlen :)



(das ist die Brücke, die ich im Zusammenhang mit Les Rapides beschrieben habe)

Per Sammeltaxi geht es einmal über den "Prachtboulevard" zum Hauptbahnhof. Zumindest in die Richtung. Mein Begleiter natürlich noch an meiner Seite.





Mein Ziel ist nicht der Hbf, sondern das höchste Gebäude der Stadt, in dem relativ weit oben eine Bar sein sollte. Die scheint aber geschlossen zu haben, sodass es mit Fotos von Kin von oben nichts wird.

Entlang des besten Hotels der Stadt (ca 2-300 USD/Nacht, ich zahle 50) geht es zum Grande Marché, auch Markt der Diebe genannt. Daher wandert aus meinen Taschen alles in den Rucksack, den ich dann als Brustsack trage. Mein Plan ist einmal quer durch den Markt zu laufen. Außer Klamotten und Fleischbergen unter Fliegen gibt es nichts Dolles zu sehen. Irgendwann bin ich nur genervt und auf die Frage der Verkäufer, was ich suchen würde, sage ich nur "Ausgang". Irgendwann sind wir dem Wirrwarr entkommen und fahren per Sammel-minibus bis vors Hotel. Dort trennen sich unsere Wege genauso plötzlich und unscheinbar, wie wir uns getroffen haben.

Nach einer weiteren Dusche und einem Mittagsschlaf will ich nachmittags zum Stade Raphael Tata, Austragungsort des Rumble in the jungle. Der Boxkampf von Mohammed Ali gegen George Foreman. Bis zur WM2010 in Südafrika das größte Sportevent auf dem afrikanischen Kontinent. Also sitze ich ohne Begleiter im shared taxi und erkläre, wohin es mich ziehen würde. Eine ältere Dame ist von der Idee alles andere als begeistert und sagt mir, ich solle umkehren, dort sei ich nicht sicher und würde bestohlen werden. Ich glaube ihr, da mir vormittags schon einer mitten auf der Straße und ohne das verdeckt zu machen, Geld klauen wollte. Er kam einfach an und griff mir in die Brusttasche. Allerdings nicht mit letzter Vehemenz. Da ich fand, dass ich mein Glück für den Tag schon genug strapaziert hatte, cancelte ich den Plan, stieg aus und lief ein paar Hundert Meter zurück zum Hotel.
In einer kleinen bar, die mit späterer Stunde immer mehr die Straße mit Tischen zustelle, ließ ich mich nieder, um das Spektakel zu beobachten.



Irgendwann sprach mich eine Gruppe junger Männer auf Englisch (!) An. Es stellte sich heraus, dass sie seit 15 Jahren in Vancouver leben und nun das erste Mal auf Heimatbesuch seien. Mit denen ging ich dann noch auf die andere Straßenseite, wo der Bär so richtig steppte. Die locals lassen es da richtig krachen. Biere kommen im Kübel auf Eis und die Tanzstile sind sehr ausdrucksstark, fast nicht jugendfrei. Nach ein paar Getränken trennen sich unsere Wege und ich ging schlafen. Die Nacht war bescheiden, da die ganze Nacht irgendwelche Hunde gebellt haben und noch weit vor Sonnenaufgang ein verdammter Hahn sein Talent beweisen musste.
 

CarstenS

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08.09.2012
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Ich bin weiterhin beeindruckt! Insbesondere, da du nicht nur den Stempel der besuchten Länder haben willst, sondern dich wirklich im Land aufhältst.
Speziell deine Geschichten aus Kinshasa bringen mich einerseits zum Schmunzeln - schließlich erzählst du es und im Nachhinein sind Geschichten immer toll - aber der Gedanke, das selber durch zuziehen: ich wäre konstant völlig genervt.
Dagegen waren Brazzaville und Gabun ja richtig idyllisch...

Vielen Dank für's Teilen!
 
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journey

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24.12.2009
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Der letzte Tag der Reise ist schnell erzählt: Nachdem die Nacht schon sehr unruhig war, klopfte es um kurz nach sieben an meiner Tür: Der Taxifahrer sei da, er würde mich jetzt zum Flughafen fahren. Irgendwie muss es da zu einem Missverständnis gekommen sei, ich meinte sieben Uhr am Abend! Nach Rücksprache mit der Dame vom Hotel soll er mich um 17:30 abholen und für 30 USD. Zum Flughafen würde es bei flüssigem Verkehr eine Stunde dauern, man müsse auch aber mit Straßensperren und Polizeikontrollen rechnen, gerade wo die Wahlen bevorstünden. Charmant habe ich nach einem Late Checkout gefragt, der wurde mir jedoch verwehrt und es blieb bei 10:30. Also nochmal kurz hingelegt und bis 9 Uhr geschlafen. Anschließend geduscht, gepackt und das Zimmer geräumt. An der Rezeption dann nochmal verhandelt und das Zimmer bis 17:30 für 25 USD bekommen. Danach bin ich zum Geldwechseln, mein Taxifahrer wollte keine USD sondern Franc. Nachdem die erste „Wechselstube“ nur 500 Franc-Noten anbieten konnte, zog ich weiter. Knapp 50.000 Franc in 500er Noten war mir zu nervig. „Wechselstube 2“ konnte immerhin 1000er Noten anbieten, die sogleich in eine Tüte wanderten und in der Hose „versteckt“ wurden. Danach wollte ich noch zu meiner Fischfrau, nachdem ich aber eine gute halbe Stunde vergeblich gewartet hatte, zog es mich zu einem anderen Stand. Dort gab es Baguette und Pommes zum Mitnehmen – in einer Tüte mit Nelson Mandelas Konterfei.



Auf dem Weg zum Flughafen dann noch ein paar Bilder aus dem Taxi geschossen:

Palais du peuple



Place De l'Échangeur



Das neue Stadion, von Groundhoppern gehört, dass es dort ziemlich abgeht





Die Wahlen hatte ich ja erwähnt. Eigentlich sollte bereits 2016 gewählt werden, dann auf 23.12.2018 verschoben und schlussendlich am 30.12.2018 durchgeführt. Das Ergebnis scheint zugunsten der Opposition ausgefallen zu sein. Umso interessanter, ob Kabila dann tatsächlich die Macht abgeben wird:
https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-492565.html





Nach einer guten Stunde wird der Flughafen erreicht, ca. 4 h vor Abflug:



Ich überreiche dem Fahrer sein Geld in einer Tüte und bringt mich noch ins Terminal. Dort ziemliches Chaos. Lange Schlangen vor irgendwelchen Countern. Zuerst müssen aber 55 USD Ausreisegebühr entlohnt werden. Dafür erhält man eine Batterie an Schnippseln, die sukzessive abgegeben werden müssen.



Am checkin von Brussels Airlines ist nichts los. Jedoch werde ich erst eingecheckt, nachdem ich an zwei anderen Countern meine Dokumente und Gepäck habe überprüfen lassen. Das könnte man auch mal irgendwo schriftlich fixieren, sonst hätte ich mich etwas geärgert, ewig in der Schlange gewartet zu haben, um dann wieder weggeschickt zu werden.

Leider muss ich an den Gates warten, da die Angestellte nicht um die Buy-In Regel für die Brussels Lounge wusste/ wissen wollte und die andere Lounge mir mit 50 USD zu teuer war. So konnte ich immerhin meine restlichen Franc verbraten. Beim Beobachten der Leute stellte ich fest, wie viele weiße/ Westler es doch in KIN geben muss. Wo haben die sich die ganze Zeit nur versteckt? Wenn ich eine helle Person in der Stadt sah, dann war es immer ein/e Albino gewesen. In Angola fiel mir das auch sehr auf.

Das Boarding begann einigermaßen pünktlich und der Airbus 330 war rappelvoll. Ich habe es mir am Fenster bequem gemacht. Der Flug war solala. Der Sitzabstand ist gut, jedoch das Entertainmentsystem bot weder cineastische noch musikalische Highlights. Nahezu die ganze Zeit des Nachtflugs war ich wach. Immerhin drehte das Personal viele Runden und schenkte Wasser aus. Die Landung erfolgte pünktlich gegen sieben, was mich sehr freute, wollte ich doch um kurz nach 8 den ICE nach Köln nehmen. Als ich dieses zum Sparpreis buchte, hatte ich noch Bedenken, denn ich machte mir um die Pünktlichkeit des Fluges Gedanken und auch darum, ob es eine Schleuse für Paxe aus dem Kongo geben würde, denn immerhin tobt dort / im Osten den Landen Ebola. Aber nichts, rein gar nichts erwartete uns. Und wenn wäre es mir auch egal gewesen, denn da in Deutschland am Montag, den 10.12. Bahnstreik angesagt war, wurde die Zugbindung für alle Tickets aufgehoben. Dieses Glück hielt an, denn sowohl der ICE vor und nach meinem fiel streikbedingt aus. Nur meiner fuhr, da wir belgisches Personal an Board hatte. So wurde die Wohnung in Bonn mit nur 20 Minuten Verspätung erreicht.

Vielen Dank fürs Interesse und Mitlesen. Gedanklich bin ich schon wieder unterwegs, jedoch habe ich noch keine Planungssicherheit, wann ich mal wieder Zeit habe, um eine solche Tour zu starten. Gerne eine vergleichbare Tour, obwohl ich mir zwischenzeitlich geschworen habe, dass mein nächster Urlaub an die Ostsee gehen solle! Aber was interessieren mich meine Gedanken von neulich…
 

mainz2013

Erfahrenes Mitglied
18.09.2013
3.643
601
Nochmals vielen, vielen Dank! Eine für mich persönlich unglaubliche Urlaubsreise! Aber höchst interressant!
 
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A

Anonym38428

Guest
Danke für den Bericht aus Welten die spannend, für mich vielleicht zu spannend scheinen. So interessant zu lesen wie Deine Erfahrungen waren - Werbung liest sich dann doch etwas anders ;)
 
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MaxPowers

Reguläres Mitglied
13.02.2017
87
-1
FRA
Ich möchte mich auch nochmal für diesen wirklich tollen und spannenden Reisebericht bedanken! :)
Ist mal etwas anderes, gerne mehr davon!
 
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DonBasti

Erfahrenes Mitglied
18.07.2016
489
43
MUC
Auch von meiner Seite vielen Dank für diesen Einblick in mir fremde Länder. Schon durchaus mutig was Du da gemacht hast, alle Achtung. Ich war selber in Namibia, Südafrika und Tansania, aber das sind extrem sichere Länder im Vergleich zu dem was Du besuchst hast.
 
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