Der Richter rät: Am Flughafen bitte vordrängeln

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abundzu

Erfahrenes Mitglied
24.10.2016
418
140
FRA
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Bei Chaos am Flughafen kann Eigeniniative gefragt sein. Wird es mit dem Boarding erkennbar knapp, weil es beim Check-in und der Sicherheitskontrolle länger dauerte, müssen sich Reisende nach Auffassung des Amtsgerichts München bei der Sicherheitskontrolle vordrängeln. Unter anderem mit dieser Begründung weist das Gericht die Klage von Reisenden ab, die ihren Flug nach Madeira verpassten.

https://www.lawblog.de/archives/2023/08/30/tipp-vom-richter-am-flughafen-bitte-vordraengeln/
 

superfiffi

Erfahrenes Mitglied
28.05.2017
1.711
1.011
Bei Chaos am Flughafen kann Eigeniniative gefragt sein. Wird es mit dem Boarding erkennbar knapp, weil es beim Check-in und der Sicherheitskontrolle länger dauerte, müssen sich Reisende nach Auffassung des Amtsgerichts München bei der Sicherheitskontrolle vordrängeln. Unter anderem mit dieser Begründung weist das Gericht die Klage von Reisenden ab, die ihren Flug nach Madeira verpassten.

https://www.lawblog.de/archives/2023/08/30/tipp-vom-richter-am-flughafen-bitte-vordraengeln/
Könglich bayerisches Amtsgericht, Abteilung lachende Justiz🤣
 

unseen_shores

Erfahrenes Mitglied
30.10.2015
9.028
13.800
Trans Balkan Express
Nicht Neues:

"Das Gericht schließt sich insoweit der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf zur Ausgleichsleistung wegen Nichtbeförderung an (dazu auch MüKo-BGB, 12. Aufl. 2012, § 651 Rn. 24 m. w. N.). Danach trifft den Fluggast die Obliegenheit, nicht in der Schlange zu verbleiben, wenn die Gefahr besteht, den Flug zu verpassen, sondern sich nach vorne zu begeben und darauf aufmerksam zu machen. Dies hat der Kläger hier jedoch unterlassen. Das Gericht berücksichtigt jedoch, dass der Kläger sich zumindest an den Mitarbeiter ... gewandt hatte und auf die Problematik aufmerksam gemacht hat und bemisst das Mitverschulden gemäß § 254 I BGB im Unterschied zum vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall mit lediglich 20%. Es ergibt sich damit ein ersatzfähiger Schaden in Höhe von 510,37 €."


Ähnliche Entscheidungen gibt es auch zur Abfertigung:

"Voraussetzung für einen entsprechenden Schadensersatzanspruch des Klägers und seiner Mitreisenden wäre gewesen, dass diese sich rechtzeitig an dem Abfertigungsschalter eingefunden und auf eine rechtzeitige Abfertigung hingewirkt haben."

 
10.02.2012
5.574
3.494
wieso soll ich mich als Reisender mit anderen Reisenden auseinandersetzen und im Zuge der allgemeinen Stimmung auch noch Randale ausloesen, wenn ich mich an einen Airport-MA gewendet habe und der nix machen kann? Das kann ich nicht nachvollziehen, aber fuer KV-Delikte ist ja eine andere Abteilung des Gerichtes zustaendig...
 

thbe

Erfahrenes Mitglied
27.06.2013
9.444
9.876
Ist doch eine übliche Vorgehensweise. Manchmal stehen auch MA der Airline da und rufen fragend, ob Passagiere des Flug XY??? in den Reihen stehen.

Wird dann und wann missbraucht, das hält sich aber in Grenzen. Hatte schon Leute, die vor wollten und einen späteren Flug als ich hatten.
 

stroIf

Erfahrenes Mitglied
24.06.2023
710
1.017
Dass das üblich ist, muss man halt wissen. Die meisten Laien (einmal jährlich Fliegenden) denken es sei verpflichtend, sich stets hinten anzustellen. Gerade in Deutschland.

Insgesamt eine sehr extrovertiertenfreundliche Rechtsprechung. Viele Leute würden panische Angst davor bekommen, Unbekannte (oft sogar Mitarbeiter) anzusprechen um einen Gefallen zu erhalten. Das können sich Richter, die jeden Tag mit Menschen zu tun haben und kommunikativ sind, vielleicht gar nicht vorstellen.
 

Jens90

Aktives Mitglied
22.05.2017
241
204
awaywithdave.com
Habe vor zwei Wochen gesehen wie am Flughafen FFM fast eine Massenschlägerei ausgebrochen ist, weil sich eine Dame vorgedrängelt hat. Die Dame war wohl etwas zuspät bei der Sicherheitskontrolle und hat sich daher vorgedrängelt. Erst wurde sie von einem Mann als "Asoziale Alte" beledigt, danach wurde von einer anderen Frau der Vogel gezeigt und danach wurde es noch niveauloser. Zum Schluss wurde sie noch von einem Sicherheitsmitarbeiter angeschrieen. Ohne den Sachverhalt bewerten zu wollen, war überrascht wie einfach man Menschen zum ausrasten bringen kann....
 

freddie.frobisher

Erfahrenes Mitglied
23.04.2016
7.181
7.539
Ist doch eine übliche Vorgehensweise. Manchmal stehen auch MA der Airline da und rufen fragend, ob Passagiere des Flug XY??? in den Reihen stehen.
Das habe ich vor wenigen Wochen in BHX das erste Mal erlebt. Umbauchaos, riesige Schlange, aber alle paar Minuten läuft ein Airport-MA die Warteschlange ab und nimmt alle Passagiere für knappe Flüge mit. Warum gibt es das nicht in Deutschland?
 

tobij2

Neues Mitglied
22.02.2020
15
6
Das habe ich vor wenigen Wochen in BHX das erste Mal erlebt. Umbauchaos, riesige Schlange, aber alle paar Minuten läuft ein Airport-MA die Warteschlange ab und nimmt alle Passagiere für knappe Flüge mit. Warum gibt es das nicht in Deutschland?
Gibt es. Im März in Hannover erlebt. Immer schön nacheinander wurde ein bald boardender Flug nach dem anderen an eine andere SiKo durchgewunken.
 
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berlinet

Erfahrenes Mitglied
21.07.2015
5.339
3.032
Oder auch UK, als ich älteres Ehepaar fragte, weil Anschluss knapp: "Well, my dear, you should give yourself plenty of time for these things."

Sie hat sich mir fast in den Weg geworfen, ich musste dann mehrere Reihen auf einmal überspringen.
 

thbe

Erfahrenes Mitglied
27.06.2013
9.444
9.876
Insgesamt eine sehr extrovertiertenfreundliche Rechtsprechung. Viele Leute würden panische Angst davor bekommen, Unbekannte (oft sogar Mitarbeiter) anzusprechen um einen Gefallen zu erhalten. Das können sich Richter, die jeden Tag mit Menschen zu tun haben und kommunikativ sind, vielleicht gar nicht vorstellen.
Das stimmt wohl.

Leider bleibt im Urteil die Frage unbeantwortet, warum es andere Passagiere pünktlich in den Flieger geschafft haben und die Klägerin nicht. Der Check-in startete um 11:00h und die Klägerin war um 11:20h mit dem Checkin fertig. Unwahrscheinlich, dass der ganze Flieger in 20 Minuten eingecheckt wurde. Da waren wahrscheinlich noch ein paar Passagiere nach ihr fertig, die es pünktlich zum Flieger geschafft haben. Es klingt, als habe das Gericht dem Kläger nicht geglaubt, dass die Sicherheitskontrolle ursächlich war.

Und es ging um eine Klage gegen den Reiseveranstalter auf Rückzahlung des Kaufpreises. Eine Klage nach EU261 wäre ggf. anders ausgegangen.

Noch dazu ist es „nur“ ein Urteil eines AG. Das könnte durchaus anders geurteilt werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Sicherheitskontrolle ursächlich war.
 

Flying Lawyer

Erfahrenes Mitglied
09.03.2009
6.793
4.628
wieso soll ich mich als Reisender mit anderen Reisenden auseinandersetzen und im Zuge der allgemeinen Stimmung auch noch Randale ausloesen, wenn ich mich an einen Airport-MA gewendet habe und der nix machen kann? Das kann ich nicht nachvollziehen, aber fuer KV-Delikte ist ja eine andere Abteilung des Gerichtes zustaendig...
Und das sagt mir dann ein Mitglied eines Berufsstandes der lt. weinend über die Justizverwaltung klagt wenn es da nicht funktioniert, mit den Schultern zuckt, wenn Geschäftsstellen der Amtsgerichte nicht funktionieren, bei verschwundenen Akten Verfügungen schreiben und nicht suchen und zum telefonieren ein Vorzimmer brauchen? Herr im Himmel. Wenn diese deutsche Justiz dieselben Anforderungen an sich selbst stellen würde wie die sie an diesen Reisenden stellt, dann würden viele Richter vor lauter Mitverschulden kein Gehalt mehr kriegen.
 

Flying Lawyer

Erfahrenes Mitglied
09.03.2009
6.793
4.628
Das können sich Richter, die jeden Tag mit Menschen zu tun haben und kommunikativ sind, vielleicht gar nicht vorstellen.
Du überschätzt Richter. Ich kenne wenige Berufsstände wo es soviele hochintelligente aber so weltfremde oder verbogene Spezialtypen gibt wie in der Richterschaft. So mancher wird Richter, weil er es von den Noten her werden kann, weil er die Sicherheit liebt, weil der Job sehr familienfreundlich ist, weil man die Unsicherheit in der Anwaltschaft oder Wirtschaft scheut, weil man die Macht liebt oder man macht es mal weil es geht. Es gibt gute Kollegen, aber soviele schreckliche Typen, die genau in das Bild desjenigen passen der überhaupt keinen am Flughafen ansprechen mag weil der sich nicht traut.
 
10.02.2012
5.574
3.494
OT: och, gerade von einem Richter gelesen, der wg. Zwangspensionierung die Seite wechselte und sich nochmal als Anwalt versucht.......
 

Flying Lawyer

Erfahrenes Mitglied
09.03.2009
6.793
4.628
OT: och, gerade von einem Richter gelesen, der wg. Zwangspensionierung die Seite wechselte und sich nochmal als Anwalt versucht.......
Jens Meier? Der wird ein leuchtendes Vorbild in der deutschen Anwaltschaft sein.

Ich würde es normalerweise auch nicht als “Seitenwechsel” sondern als “Perspektivwechsel” ansehen. Wir sind alle gleich ausgebildet, denken fachlich methodisch eigentlich gleich. Mit einem ganz entscheidenden Unterschied: Als Richter bin ich sowas wie Beamter auf Lebenszeit ohne wirklichem Chef und echter Qualitätskontrolle. Als Anwalt bin ich Unternehmer und stehe in einem zu recht harten Wertbewerb.
 
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10.02.2012
5.574
3.494
weiss ich nicht mehr, war iirc in Dusseldoof :)

...und die haben auch einen Flughafen zum Vordraengeln - huch, ich bin wieder OnTopic :D
 

Simineon

Erfahrenes Mitglied
23.03.2013
6.457
5.123
FRA
Habe vor zwei Wochen gesehen wie am Flughafen FFM fast eine Massenschlägerei ausgebrochen ist, weil sich eine Dame vorgedrängelt hat. Die Dame war wohl etwas zuspät bei der Sicherheitskontrolle und hat sich daher vorgedrängelt. Erst wurde sie von einem Mann als "Asoziale Alte" beledigt, danach wurde von einer anderen Frau der Vogel gezeigt und danach wurde es noch niveauloser. Zum Schluss wurde sie noch von einem Sicherheitsmitarbeiter angeschrieen. Ohne den Sachverhalt bewerten zu wollen, war überrascht wie einfach man Menschen zum ausrasten bringen kann....
... und wenn es dann und immer wieder vorkommt, dass man diese Drängler nachher in aller Ruhe beim DutyFree shoppen sieht, dann freut man sich besonders.
 
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unseen_shores

Erfahrenes Mitglied
30.10.2015
9.028
13.800
Trans Balkan Express
Ich würde es normalerweise auch nicht als “Seitenwechsel” sondern als “Perspektivwechsel” ansehen. Wir sind alle gleich ausgebildet, denken fachlich methodisch eigentlich gleich. Mit einem ganz entscheidenden Unterschied: Als Richter bin ich sowas wie Beamter auf Lebenszeit ohne wirklichem Chef und echter Qualitätskontrolle. Als Anwalt bin ich Unternehmer und stehe in einem zu recht harten Wertbewerb.

Ich halte das auch nicht für ungewöhnlich. Zwei prominente Beispiele, die mir spontan einfallen, sind der ehemalige Richter am BGH Thomas Fischer, niemand der sich die Hose mit der Kneifzange anzieht, und der ehemalige Richter am BGH und am Internationalen Strafgerichtshof für Jugoslawien Wolfgang Schomburg, auch nicht gerade ein weltfremder Typ. Gerade in letzterem Bereich ist es üblich, dass in Verteidigerteams auch ehemalige Richter und Staatsanwälte tätig werden und im anglo-amerikanischen Raum ist das System ohnhin durchlässiger.

Außerdem fallen mir noch eine Handvoll Verwaltungsrichter ein, die sich nach Erreichen der Altersgrenze entweder in einer Einzelkanzlei selbständig gemacht haben oder an eine Kanzlei als off counsel angedockt haben, für die Kanzleien sicher eine Bereicherung und da es um Spezialmaterie geht, auch für die Mandanten von großem Vorteil.
 

Bilbo

Erfahrenes Mitglied
28.10.2009
3.333
71
PAD/HAJ/KSF
Wo ich in HAJ mal meinen Flug verpasst habe, ist das auch 50 anderen Passagieren meines Fluges auch passiert und das in einem Flugzeug was knapp 80 Personen fasst. Da hätte vordrängeln auch nichts gebracht.
 

nacho.gll

Erfahrenes Mitglied
10.03.2017
712
630
Leoben, AUT
Nur um die ganze Shitshow zu begutachten: Aufgrund von erhöhtem Passagieraufkommen wurde empfohlen, bereits 3 Stunden vor Abflug am Airport zu sein. Die PAXe waren 3:20 h vor Abflug am Flughafen. Die Gepäckaufgabe machte aber erst 2 Stunden vor Abflug auf🤡. Und natürlich kann man nicht erst zur Siko und dann zur Gepäckaufgabe. Das beste Deutschland aller Zeiten 🤡🤡🤡.
 

Flying Lawyer

Erfahrenes Mitglied
09.03.2009
6.793
4.628
Vielleicht kann mir ein jüngerer Kollege auf die Sprünge helfen: Ich habe gewisse Verständnisprobleme wie § 254 BGB hier schlägig sein kann. Die Norm lautet "Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.". Dei Nummer findet sich im Kapitel über Art und Umfang des zu leistenden Schadenseratzes. Schaden ist damit hier nicht das schädigende Ereignis ("Flugzeug weg"), sondern der durch "Flugzeug weg" eingetretene materielle Schaden. Den kann ich aber nicht mindern, indem ich mich vordrängel, wenn die Norm gedanklich noch gar nicht zur Anwendung kommt. Nach meinem Verständnis (aber die Ausbildung ist lange her) greift die Nummer ein, wenn ich nach einer Vertragsverletzung oder nach einer unerlaubten Handlung den Schaden nicht nach Möglichkeit gering halte. Hier ist aber noch gar kein Schaden eingetreten, wenn ich in der Schlage steht.

Wollte ich den Richter ernst nehmen, dann müsste als braver Gast, der zwei Stunden vor Flugbeginn am Airport ist, mich erstmalig beim Check-in vordrängeln, dann bei der Sicherheit vordrängeln und dann bei der Passkontrolle vordrängeln. Denn dass die Flughäfen zu Stoßzeiten schlecht organisiert sind, kann man ja wissen. Das steht nur so nirdendwo, eher im Gegenteil. Dei reden von zwei Stunden. Als Kunde vertraue ich darauf, dass mein Vertragspartner seinen Betrieb so organisiert, dass es funktioniert. Da dann aber alle am Airport Zweifel haben müssten, ob es funktioniert, würden das alle tun müssen und es bringt nichts. Allenfalls Bürgerkrieg.

Wenn die Airline jedoch daran Zweifel hat, dass sie ihren Vertrag erfüllen kann, muss sie mich halt durch die Kontrollen durchlotsen (klappt wunderbar für F/C paxe z.B. in JFK und JNB). Aber ich als Kunde habe doch keinen Grund, an der ordnungsgemäßen Organistation des Geschäftsbetriebs durch meinen 5* oder 4* Vertragspartner Zweifel zu haben. Damit verlagere ich Betriebsorganisationsrisiko der Airline in die Sphäre des Kunden. Aus meiner Sicht voll welt- und auch rechtsfremd oder einfach gesagt falsch.