Wundert mich eigentlich das eine doch eher hochwertige Marke wie diese mit Real eine Abmachung eingeht. Aber naja... Gucci gibt es ja auch schon bei H&M.
Die Abmachung ist in diesem Fall nicht direkt zwischen
Wenger und
real;, sondern läuft über eine dazwischen geschaltete Marketingfirma namens
TCC Global N.V. Diese Firma operiert organisiert im globalen Maßstab die
Durchführung von Treueprämienaktionen im Rahmen des sog. "Best Consumer Marketing". Dabei gestaltet TCC Global die Werbematerialien, sorgt für die Bereitstellung der "Aktionsware" (hier von
Group III International) an die Verbrauchermärkte und organisiert mit ziemlicher Sicherheit auch die Vermittlung bei der Rechteübertragung zwischen dem Hersteller der (minderwertigen) Aktionsware und dem Inhaber der Qualitätsmarke (hier
Wenger).
Unter Best Consumer Marketing (
BCM) versteht man im Marketing traditionellerweise die Anlockung und Bindung der profitabelsten Kunden und gleichzeitige Abstoßung der am wenigsten profitablen durch "diskriminierende" Marketingaktivitäten wie z.B. Business Lounges oder Prämienmeilenprogramme bei Transportunternehmen oder auch schlichte Vorzugsbehandlung etwa bei Banken oder Ärzten.
In Mode gekommen ist, nicht zuletzt im Verbrauchermarktbereich, in dem TCC Global operiert, jedoch ein erweiterter Begriff von BCM: es geht nicht mehr einfach nur darum, gute Kunden zu halten, sondern
normale Kunden zu
guten Kunden zu machen. Dabei ist
besserer Kunde sehr schlicht dadurch definiert, dass er im konkreten Markt
mehr Geld ausgibt bzw. - genauer gesprochen - mehr Gewinn einbringt, etwa durch Kaufen profitablerer Produkte wie Kaffeepads statt Kaffee bei Supermärkten, Business statt Economy bei Airlines, oder Privat- statt Kassenabrechnung bei Ärzten.
Zur Messung des Erfolgs von Marketinginstrumenten wie BCM dienen neben schlichten Umsatzmessungen auch die im Zusammenhang mit Kundenkarten erhobenen Daten über das Einkaufsverhalten. Was aus BCM-Sicht bei Transportunternehmen die personalisierten Bonusmeilenkonten mit automatischen Prämienausschüttungen sind, teilt sich bei Verbrauchermärkten auf in (anonyme) Treueprogramme und (personalisierte) Kundenkarten.
Während der traditionelle BCM-Ansatz durch seine Einteilungen (Markenprodukte vs. Massenware, 1. Klasse vs. 2. Klasse, Privatpatient vs. Pflichtversicherter) lediglich die überkommene Klassenstruktur der Gesellschaft (reich vs. arm) widerspiegelt, versucht der moderne BCM-Ansatz, sowohl aus den reichen als auch den armen Kunden das meiste herauszuholen (bei Kassenpatienten z.B. durch "individuelle Gesundheitsleistungen").
Bei aller Achtung vor den Leistungen der modernen Marketingstrategen kommt man freilich nicht umhin, wie der NDR hinsichtlich der Treueaktionen, die meisten dieser Praktiken auf einen schönen, alten und griffigen Nenner zu bringen: es handelt sich schlichtweg um
Nepp, d.h. das Nehmen eines hohen Preises für eine diesen Preis nicht werte Ware oder Dienstleistung.