Fall Madness: Zwölf Tage Indian Summer in Nova Scotia und New Brunswick

ANZEIGE

alex42

Erfahrenes Mitglied
02.04.2012
4.233
569
MUC
ANZEIGE
Prolog

Der „Indian Summer“ in Neuengland steht seit Ewigkeiten auf meiner (inzwischen viel zu langen) Reise-Bucket-List. Da im Weißen Häuschen am Potomac derzeit allerdings jemand herumpoltert, der Angehörige meiner Berufsgruppe zu „Feinden des Volkes“ erklärt hat, ist die Lust auf eine USA-Reise derzeit mehr als überschaubar. So rein aus Prinzip.

Was also tun?

Intro-1.jpg

Nun, zum Glück gibt‘s etwas weiter nördlich ein unbeugsames Völkchen, das mindestens genauso schöne Blätter, Bäume, Wälder und Seen hat: Kanada, insbesondere Nova Scotia und New Brunswick.

Der Plan war also schnell gefasst. Und da zu jener Zeit Miles & More potenziell verheerende (oder dann doch nicht) Änderungen bei den Prämienflügen angekündigt hatte, war auch das Meilenkonto schnell geplündert und folgendes Routing in der Geschäftsreiseklasse gebucht:

MUC – ZRH in der A320 der Swiss (op by WK)​
ZRH – YHZ in der A343 von Edelweiss​
YHZ – YUL in der A333 bei Air Canada​
YUL – MUC in der A359 von Lufthansa​

Reisezeitraum: Ende September bis Anfang Oktober (mit der Hoffnung auf viel buntes Herbstlaub)
insgesamt 12 Tage

Viele Nächte später stand dann auch die geplante Route fest, die vor Ort noch ein bisschen justiert werden sollte und letztlich – ganz grob – in diesem feinen Road Trip mündete:

Intro-1_Karte.png
 

alex42

Erfahrenes Mitglied
02.04.2012
4.233
569
MUC
Sicherheitshinweise

Ich geb’s gerne zu: Ursprünglich war kein Reisebericht geplant (und ich hab‘ so etwas vorher auch noch nie gemacht). Doch irgendwann, der Mietwagen fuhr dank Tempomat und Spurhalteassistent gerade auf dem Trans-Canada Highway so vor sich hin, kam dann die verrückte Idee, die Reise doch für die Nachwelt festzuhalten.

Zumal
  • der sehr schöne Reisebericht von @shauri mit einem ähnlichen Routing, der nicht zuletzt Inspiration für die Reise war, nun schon sieben Jahre alt ist
  • die VFT-Standard- Art zu reisen vielleicht etwas anders aussieht

Denn die geneigten Leserinnen und Leser müssen – um keine falschen Erwartungen zu wecken – leider auf folgendes verzichten:

🚫 Bilder von Hotelzimmern oder Hotellounges​
👉 Genächtigt wird stattdessen in der Auberge Hubba Hubba, einem leichten Trekkingzelt aus dem Hause MSR​
🚫 Bilder von üppigen Mahlzeiten lokaler Provenienz​
👉 Gegessen wird, was der Gaskocher hergibt – und das sind aus Gründen der Bequemlichkeit meist Nudeln​
🚫 Bilder von lokalen, kulturell bedeutenden Kaltgetränken​
👉 Getrunken wird Wasser und Dr. Pepper Zero. Ja, ich steh‘ dazu, gehört bei mir irgendwie zu einem Nordamerika-Road-Trip dazu. Guilty pleasure since 1995​


Und was gibt es dann? Viel Natur. Viele Fotos. Viele Naturfotos.

Das zum Beispiel:

Intro-5.jpg

Oder das:

Intro-4.jpg

Oder auch das:

Intro-3.jpg

Und sogar das:

Intro-6.jpg

So, genug gespoilert. Wer jetzt nicht völlig abgeschreckt wurde, ist herzlich eingeladen mitzureisen. Ich werde versuchen – quasi re-live – täglich einen Teil online zu stellen (ohne allzu viel versprechen zu wollen).

Morgen geht’s los.

O Canada!
 

chrini1

Erfahrenes Mitglied
26.03.2013
8.142
11.555
HAM
Warum sollte ich abgeschreckt sein - so manche meiner Touren finden in einer Herberge eines schwedischen Zeltherstellers statt - und ich liebe das....

Aber: Dr. Pepper Zero..... Nun ja, das ist neben Root Beer so ziemlich das Widerlichste Getränk des Nordamerikanischen Kontinents ;-)
 

Reyhan

Erfahrenes Mitglied
30.09.2017
1.131
1.554
FMO
Die herzliche Einladung nehme ich gerne an.

" Normal " kann (fast ) jeder. Nach dem RV nun ein Zelt. Bin gespannt.
 
  • Like
Reaktionen: alex42

Bayer59

Erfahrenes Mitglied
18.09.2013
3.902
996
Für mich persönlich wäre ein Zelt nichts, aber jeder so wie er mag. Ich freue mich schon auf die Landschaftsbilder und bin gerne dabei. :)
 
  • Like
Reaktionen: alex42

MüBa

Erfahrenes Mitglied
20.01.2020
377
753
HAM | NUE
Toll,

wollte eigentlich gar nicht in deinen TR reinlesen, weil ich bei Indian Summer irgendwie an das Land mit dem Rumtrumpler denken muss und daran null Interesse habe.

Umso schöner zu sehen, dass es ja um das Ahornblatt geht.
Bin gespannt und lasse mich gerne inspirieren.

Danke
 
  • Like
  • Haha
Reaktionen: chrini1 und alex42

alex42

Erfahrenes Mitglied
02.04.2012
4.233
569
MUC
Herzlichen Dank allerseits für die netten Rückmeldungen, freut mich.

Aber: Dr. Pepper Zero..... Nun ja, das ist neben Root Beer so ziemlich das Widerlichste Getränk des Nordamerikanischen Kontinents ;-)

Kann ich gut verstehen, ist auf jeden Fall Geschmackssache (und beim Root Beer sind wir uns ja einig...). Wobei der charakteristische Dr. Pepper-Geschmack - so zumindest mein Eindruck - im Laufe der Jahrzehnte immer dezenter oder mainstreamiger geworden ist. Vielleicht liegt's aber auch daran, dass der Geschmackssinn im Alter abbaut. ;-)

Für mich persönlich wäre ein Zelt nichts, aber jeder so wie er mag.
Muss es ja auch nicht. Eine der schönen Seiten an diesem Forum ist in meinen Augen, dass man immer wieder Einblicke in Reisestile bekommt, die einem selbst ziemlich fremd sind. Aber genau so etwas macht Reisen ja auch aus.
 

alex42

Erfahrenes Mitglied
02.04.2012
4.233
569
MUC
Tag 1: München – ZRH – Halifax – Porters Lake Provincial Park

Es geht los, und ausnahmsweise ist die S8, die mich vom Münchner Ostbahnhof ins Erdinger Moos kutschieren soll, heute sogar mal pünktlich. Allerdings nur in der Theorie. In der Praxis blockiert noch eine andere S-Bahn das Gleis: Zum Schichtwechsel ist die Ablösung des Fahrers nicht aufgetaucht. Ja, es ist Wiesnzeit in München.

Irgendwann schlurft dann doch ein S-Bahn-Chauffeur daher, und mit 15 Minuten Verspätung kann auch die S8 einfahren.

Swiss hat an diesem Sonntagvormittag Edelweiss damit beauftragt, die HB-JLT als Flug LX1101 am Gate G02 zu parken – eine zwölf Jahre alte A320-200 namens Madrisa. Das Boarding zieht sich, der Flug ist voll, es ist – richtig – Wiesnzeit in München. 🥨

Noch haben nicht alle Passagiere ihren Platz eingenommen, da fängt das Förderband zum vorderen Frachtraum plötzlich an, rückwärts zu laufen. Ein Gepäckstück nach dem anderen landet, obwohl zuvor schon verladen, wieder auf den Gepäckwagen. Irgendwann meldet sich auch der Captain: Passagier nicht erschienen, Gepäck suchen und ausladen, das dauert. Man kennt’s. Mit einer halben Stunde Verspätung geht es schließlich los, und ich bin froh, den früheren Zubringer genommen zu haben und nicht die knappe Verbindung mit nur etwa einer Stunde Umsteigezeit in ZRH.

Die Crew serviert ein warmes Frühstück.

YHZ_09_28_g-1.jpg

Völlig okay für den kurzen Hüpfer.

In ZRH gibt‘s dann auch noch eine Außenposition im hintersten Eck des Flughafens. Aber ich habe ja Zeit. Also kurz in die Alpine Lounge, weil ich die noch nicht kenne. Dann mit der sehr vollen Heidibahn, durch das sehr volle Terminal E, in die sehr volle Senator Lounge. (WK-Flug, gebucht unter LX-Flugnummer auf 220er-LH-Ticket mit A3*G, öffnet wie erwartet die Türen.)

Schon länger war ich nicht mehr hier, insbesondere die Dessert-Auswahl scheint deutlich reduziert worden zu sein. Egal, die Terrasse ist noch immer schön, und so kann ich zuschauen, wie unsere A343 für den Weiterflug, die frühmorgens bereits aus Afrika angekommen war, von ihrer Parkposition zum Terminal E geschleppt wird.

Das Boarding verläuft geordnet, an Bord gibt’s wenig Überraschendes: Edelweiss hat das Business-Class-Gestühl von Swiss geerbt , etwas aufgehübscht und mit angenehmeren Farben überzogen (das LX-Braun war noch nie mein Ding). Der Thronsitz ließ sich nach der Buchung kostenlos auswählen. (y)

Eigentlich könnte es pünktlich losgehen, doch es gibt erst einen Slot in frühestens 20 Minuten. Auf dem Rollfeld müssen wir noch zwei andere Flugzeuge passieren lassen, so dass die HB-JMF, 22 Jahre alt und auf den Namen „Belalp“ getauft, mit etwa 45 Minuten Verspätung abhebt. Im Laufe des Fluges wird daraus aufgrund starken Gegenwinds sogar noch ein bisschen mehr.

Nach dem Start von Bahn 16 und dem Durchbrechen der Wolkendecke eröffnet sich ein schöner Blick auf die Alpen.

YHZ_09_28_g-2.jpg

Service und Essen sind solide.

Es gibt Tomaten-Büffelmozzarella als Vorspeise

YHZ_09_28_g-3.jpg

und Birnen-Käse-Ravioli als Hauptgang.

YHZ_09_28_g-4.jpg

Das Dessert (Schokoladenmousse) ist zu schnell vertilgt, um es auf ein Foto zu schaffen.

Der Anflug auf Halifax erfolgt aus Nordosten, und die ersten Ausblicke verheißen Gutes: Es hängt schon viel buntes Herbstlaub an den Bäumen, aber es ist auch noch Luft auf der nach oben offenen Indian-Summer-Skala.

YHZ_09_28_g-6.jpg

YHZ_09_28_g-7.jpg

Das Unschöne an der Edelweiss-Business-Class: Sie befindet sich hinter einem großen Economy-Abteil (das die Position von First & Stübli bei LX eingenommen hat) im mittleren Teil des Flugzeugs. Wird durch Tür 1L ausgestiegen, ist folglich das halbe Flugzeug bereits bei der Immigration. Zwar gibt es in Kanada die Möglichkeit, über die ArriveCAN-App vorab die Zollformalitäten zu erledigen, was eine separate Schlange und schnellere Einreise verspricht, aber: „Sorry, Sir, our systems are down“. Also in der normalen Schlange anstehen, bei der auch nur die Hälfte der Automaten funktioniert (der Einreisebereich in YHZ wird gerade umgebaut).

Kurzer Plausch mit der Grenzbeamtin. „Hiking in Cape Breton? Nice. Enjoy your stay.” 🇨🇦

Avis Preferred hat da was nichts vorbereitet, und so zieht sich die Abholung des Mietwagens etwas hin. Es wird dann ein Hyundai Elantra, Modelljahr 2025, 26000 km, in herrlichem Rostschutzfarbengrau. Eigentlich zwei Nummern zu groß für mich, aber wer will bei realpreisigen 313 Euro für elf Tage schon meckern.

YHZ_09_28_g-5.jpg

Erster Stopp: Canadian Tire, eine kanadische Kette für Auto- und Campingzubehör. Für umgerechnet 7,02 Euro erstehe ich den vielleicht wichtigsten Ausrüstungsgegenstand der Reise, eine Schraubkartusche mit 226 Gramm feinstem Isobutan-Propan-Gemisch für den Gaskocher. Anschließend wird der direkt daneben liegende Walmart geplündert.

Erschrocken angesichts der hohen Lebensmittelpreise geht es schließlich in den Porters Lake Provincial Park, östlich von Halifax, das praktisch gelegene Ziel für die erste Nacht. Es ist schon dunkel, als ich endlich dort ankomme, und so wird das neu gekaufte, noch nie ausprobierte Zelt direkt mal bei Dunkelheit aufgebaut. Klappt sogar unfallfrei.

Leider ist dieser Teil, da der Reisebericht ursprünglich nicht geplant war, sehr, sehr textlastig geworden. Morgen geht’s dann – auch opulent-bildertechnisch – richtig los.