Als Junganwalt in einer größeren Münchner Kanzlei durfte ich, lange lange ist es her, eine Cessna Citation III auf dem MUC (Riem) an die Kette legen. Gegen einen deutschen Schuldner aus der Immobilienfinanzierungsbranche hatte die Kanzlei schon mehrere Vollstreckungsversuche unternommen, aber Grundstücke und Mobiliar waren aufgrund nachgewiesener Übertragungen nicht ohne weiteres pfändbar und hier bekannte Bankkonten wiesen - o Wunder - nur einen Negativsaldo auf. In der damals sehr rührigen Abendzeitung (wie hieß deren schleimiger Society- Reporter?) war aber zu lesen, dass der Schuldner nahezu jedes Wochenende in der Nobeldisko P1 große Runden schmiss.
Ein ebenfalls junger Kollege erhielt die Aufgabe, in einer Samstagnacht die Taschenpfändung bei dem Schuldner in der P1 zu versuchen - weitgehend erfolglos, da der Schuldner nur wenige DM- und Pfundnoten bei sich hatte und er nicht die standesgemäße Rolex mit Brillos trug. Die Kohle für den Abend trugen seine Begleiter, gegen die aber der Gerichtstitel nicht gerichtet war.
Ich hatte an dem nämlichen Wochende das Glück, erfolgreicher zu sei: Seine Cessna, mit der er aus London in MUC eingeschwebt war, erwieß sich auf ihn zugelassen und in seinem Eigentum, was wir vorab eruiert hatten.
Also am frühesten Sonntagmorgen den bereits vorinformierten Gerichtsvollzieher (ja, ernstlich, bei entsprechnender Vorbereitung geht das!) mit dem Taxi abgeholt und bei der ebenfalls vorinformierten Flughafenwache vorgefahren. Von dort aus ging es mit Gerichtsvollzieher, Fahrer und zwei Polizisten in einem Vorfeldfahrzeug zum Flugzeug. Mit einer von der Flughafenfeuerwehr geliehenen Leiter wurde die Flugzeugtüre (Türen? Sorry, keine Erinnerung...) versiegelt und vorsorglich auch noch mitten auf dem Cockpitfenster ein "Kuckuck" angebracht. Sicherheitshalber
wurde die Cessna auch noch am Bugfahrwerk mit einer massiven Kette und Bügelschlössern an einem dieser Bodenbefestigungspunkte für die kleineren AC angeleint. Die Flughafenwache sicherte zu, das es niemandem gelingen werde, das Flugzeug abzuleinen.
Kaum war diese Arbeit beendet, erschien ein Beauftragter des Schuldners, der versuchte mit wortgewaltigem Ärger die Anleinung des AC aufzuheben - vergeblich, der Gerichtsvollzieher, meine Wenigkeit und die Flughafenwache blieben unbeeindruckt. Geld hatte der Knabe ohnehin nicht dabei.
An einem der darauffolgenden Werktage wurde der Kanzlei von dem Schuldner ein bankbestätigter Scheck über die Schuldsumme plus Zinsen plus Vollstreckungskosten (einschließlich der Kosten für Kette und Schlösser
) überbracht und die Cessna daraufhin freigegeben.
Den Schuldner selbst habe ich nie persönlich gesehen. Seinen Gesichtsausdruck in der damaligen Situation kann ich mir aber sehr gut vorstellen und ob er nochmals in München gefeiert hat ist mir nicht bekannt.