Klage gegen Air France auf Erstattung Ticketpreis

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kexbox

Erfahrenes Mitglied
04.02.2010
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Neuss
www.drboese.de
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Ein Fall, wie dieser oder dieser.

Mein Mandant entscheidet sich vor Abflug eines in Deutschland startenden, in Frankfurt ausgestellten Flugtickets, den Flug nicht anzutreten, bietet aber einen flugbereiten Ersatzpassagier an. AF hat diesen abgelehnt und eine Erstattung nicht (um genau zu sein: nur teilweise, ihr kennt das Spiel der Airlines...) vorgenommen.


Nachdem auch eine vorgerichtliche Aufforderung nicht erfolgreich war, erteilte der Mandant den Auftrag zur Klageerhebung gerichtet auf Erstattung des vollständigen Ticketpreises zzgl. der Kosten der vorgerichtlichen anwaltlichen Vertretung.


Die, mir auch aus Fluggastrechtefällen bekannte, Kanzlei aus Neu-Ulm hat nach Eingang der Klage mit uns Kontakt aufgenommen und um Klagerücknahme gegen Erstattung des eingeklagten Betrages gebeten. Leider gibt es also hier kein Urteil für Euch.

Das Ergebnis spricht aber für sich.
 

SleepOverGreenland

Megaposter
09.03.2009
20.505
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FRA/QKL
Wird nur der eingeklagte Betrag erstattet oder werden auch deine anwaltlichen Kosten übernommen? Oder wird das durch die Rechtsschutzversicherungen des Mandanten abgedeckt?
 

odie

Erfahrenes Mitglied
30.05.2015
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3.072
Z´Sdugärd
So mal die Frage eines Laien:
Da sitzen ja keine Hausfrauen am Schreibtisch die solche Fälle bearbeiten. Sprich es ist doch schon im Prinzip klar wie das ausgeht. Solche Fälle kann ich auch bei Versicherungen bemerken. Und wen es dann vor Gericht gehen soll einigt man sich vorher. Daher die Frage: Was für einen Hintergrund hat den solches Verhalten? Einfach mal nach der Devise "Wir sagen erstmal Nein, die meisten werden es schlucken den wegen dem Betrag wird schon keiner klagen"??? Das kostet ja alles GELD.
 
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kexbox

Erfahrenes Mitglied
04.02.2010
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Neuss
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So mal die Frage eines Laien:
Da sitzen ja keine Hausfrauen am Schreibtisch die solche Fälle bearbeiten. Sprich es ist doch schon im Prinzip klar wie das ausgeht. Solche Fälle kann ich auch bei Versicherungen bemerken. Und wen es dann vor Gericht gehen soll einigt man sich vorher. Daher die Frage: Was für einen Hintergrund hat den solches Verhalten? Einfach mal nach der Devise "Wir sagen erstmal Nein, die meisten werden es schlucken den wegen dem Betrag wird schon keiner klagen"??? Das kostet ja alles GELD.

1.
Erstattung des vollständigen Ticketpreises ist sowohl für die Airlines, als auch für Juristen Neuland. Die kennen bisher maximal die 95%-Fälle, die auch schon (überwiegend) vernünftig abgespult werden.


2.
In vielen Fällen handeln Airlines nach der Devise "Passagier klagt eh nicht". Gerade wieder bei LH gehabt. Einfach mal unberechtigt die RA-Kosten gekürzt. Nach Klageerhebung hat LH die Forderung anerkannt. Das verdoppelt dann in etwa die Kosten für LH, dürfte sich aber auf lange Sicht vermutlich trotzdem lohnen.

3.
Gerade bei Airlines aus dem Ausland ist die Personalausstattung in .de nicht sonderlich üppig, um solche Fälle richtig zu handeln, der einfache Sachbearbeiter ist mit so einem Thema mangels vorgegebener Prozesse dann vermutlich auch überfordert.
 
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odie

Erfahrenes Mitglied
30.05.2015
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Z´Sdugärd
2.
In vielen Fällen handeln Airlines nach der Devise "Passagier klagt eh nicht". Gerade wieder bei LH gehabt. Einfach mal unberechtigt die RA-Kosten gekürzt. Nach Klageerhebung hat LH die Forderung anerkannt. Das verdoppelt dann in etwa die Kosten für LH, dürfte sich aber auf lange Sicht vermutlich trotzdem lohnen.

Auf gut deutsch: Von 100 Leuten drohen 90 mit Klage, nur 10 tun es, also legen wir es drauf an. Hab ich das so richtig interpretiert? ;)
 

zolagola

Erfahrenes Mitglied
02.01.2014
2.027
196
FRA
Mein Lieblingssatz aus dem Urteil, immer wieder schön zu sehen mit welchen Eventualitäten sich ein Jurist auseinandersetzen muss:

Zudem; Mangels Ausstiegsmöglichkeit in der Luft nimmt derjenige, der noch im Flugzeug kündigen will, ohnehin die volle Beförderung in Anspruch.
 
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pimpcoltd

Erfahrenes Mitglied
03.07.2009
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Und da sage nochmal jemand, an den Amtsgerichten würde schlecht gearbeitet. Respekt, Kompliment und Gratulation auch an den RA-Kollegen, der das vorbereitet hat. Das geht selbst bei einem Streitwert von über 3000 € nur, wenn man mal im Dienst der Sache auf Stundensätze verzichtet, die man üblicherweise erwirtschaftet.
 
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abvvgold

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28.06.2016
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Also dass sich die Beklagte tatsächlich den Ausschluss von §649 auf die EG VO stützen will ist ja herrlich. Ganz schön weit hergeholt - wie auch das AG feststellt geht es in der VO nicht mal im Entferntesten um Einschränkungen anzuwendenden Rechts. Ob man die VO wirklich jemals gelesen hat, oder sich "auf gut Glück" drauf gestürzt hat?

Interessant finde ich:

Die Beklagte wäre daher gehalten gewesen, zu der Buchungshistorie vorzutragen und darzulegen, dass zwischen Kündigung am 12.02.2016 und dem Schluss der mündlichen Verhandlung am 04.07.2016, also vor den eigentlichen Flugdaten am 06.07.2016 und 26./27.07.2016, immer vier Flüge freigeblieben sind.

D.h. die Fluggesellschaften könnten in Zukunft, noch vor der ersten Stellungnahme ggü. dem (eigentlichen) Fluggast im System schauen, ob Anzahl X an Sitzplätzen (X dabei denen der Buchung entsprechend) kontinuierlich freigeblieben sind.
Wenn dem so wäre, dann könnte sich die Fluggesellschaft ja hierauf berufen und damit (teilweise?) seiner Darlegungslast nachkommen um dem Argument der ersparten Aufwendungen entgegen zu halten.
Oder?
Für den einzelnen Pax nicht interessant, aber gerade bei Gruppenbuchungen von 10+ Passagieren zumindest eine Überlegung wert - je nach Saison und Reiseziel.
 

kexbox

Erfahrenes Mitglied
04.02.2010
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Neuss
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Also dass sich die Beklagte tatsächlich den Ausschluss von §649 auf die EG VO stützen will ist ja herrlich. Ganz schön weit hergeholt - wie auch das AG feststellt geht es in der VO nicht mal im Entferntesten um Einschränkungen anzuwendenden Rechts. Ob man die VO wirklich jemals gelesen hat, oder sich "auf gut Glück" drauf gestürzt hat?
ich stimme Dir zu. Der BGH findet es nicht total fernliegend und hat es dem EuGH in einer ähnlichen (!) Situation vorgelegt (BGH, Beschl. v. 21.4.2016 – I ZR 220/14)
Wenn dem so wäre, dann könnte sich die Fluggesellschaft ja hierauf berufen und damit (teilweise?) seiner Darlegungslast nachkommen um dem Argument der ersparten Aufwendungen entgegen zu halten.

Das Wort "teilweise" ist entscheidend. Ganz oder gar nicht ist aber die Devise bei der Darlegungsobliegenheit im Rahmen des § 649 S. 2 BGB.
 
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kexbox

Erfahrenes Mitglied
04.02.2010
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So ist es. Da Lufthansa nicht gut vorgetragen hat, bliebt es bei der 95%-Vermutung. Das ist aber nicht gerade neu (AG Hamburg, Urteil vom 08.09.2015 - 22a C 249/14; AG Rüsselsheim, Urteil vom 16.05.2012 - 3 C 119/12 (36); AG Frankfurt, Urteil vom 18.11.2013, Az: 29 C 2391).

Bei Ersatzpassagier-Fällen findet die 95%-Regelung nicht Anwendung. Da gehen die Gerichte bisher von 100% aus.
 
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Travelling_Geek

Erfahrene Reiseschreibmaschine
17.05.2009
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HKG
@Kexbox: Müssten die Airlines nicht ihre AGB/Tarifbedingungen anpassen nach solchen Schlappen? Das Risiko, von nun an links und rechts Prozesse zu verlieren, dürfte doch erheblich sein?
 

kexbox

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04.02.2010
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Eine Anpassung der AGB führt zu keiner Besserung. AGB, die davon abweichen, sind - so sieht es das AG Köln zumindest gut vertretbar - unwirksam und bei OTA-Buchungen eh quasi unmöglich wirksam einbeziehbar.

Noch klagt sicher nicht einmal ein Promill der Passagiere, da lohnen sich doch weiterhin die Manöver der Airlines.
 

TrickMcDave

Erfahrenes Mitglied
16.07.2015
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ZRH
Zudem ist die Überarbeitung von AGBs in Konzernen dieser Grösse mit erheblichem Aufwand bzw. längeren Prozessen verbunden. Bis das durch alle internen Instanzen durch ist und die entsprechenden Business- und (in-/externen) Legal Kasper ihr Approval geben, vergeht viel Zeit. LH fährt im Moment wahrscheinlich recht gut mit diesen AGBs und kann die negativen Urteilen verkraften. Es tut schlicht zu wenig weh.
 
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abvvgold

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28.06.2016
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DUS
LH fährt im Moment wahrscheinlich recht gut mit diesen AGBs und kann die negativen Urteilen verkraften. Es tut schlicht zu wenig weh.

Warum aber, bei überwiegend gleichbleibenden Ausgängen zu Lasten der LH immer wieder Prozesse führen und nicht durch die Bank weg (spätestens) nach Zustellung der Klageschrift dem Ganzen klein beigeben? Das würde die Kosten noch weiter reduzieren und täte "noch weniger" weh. Ergebnis wäre unverändert.
Ich nehme mal an, dass die die Außenwirkung einer solchen Praxis über dieses Forum und ein paar ähnliche Interessentenkreise hinaus weitgehend unerkannt bleibt...
 

kexbox

Erfahrenes Mitglied
04.02.2010
6.321
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Neuss
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So verfuhr AB in zwei von mir betreuten Fällen, auch AF hat so auf die erhobene Klage reagiert. Das ist sicherlich eine Frage des Sachbearbeiters und auch der "Agilität" der Rechtsabteilung.
 
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abvvgold

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28.06.2016
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So verfuhr AB in zwei von mir betreuten Fällen, auch AF hat so auf die erhobene Klage reagiert. Das ist sicherlich eine Frage des Sachbearbeiters und auch der "Agilität" der Rechtsabteilung.

Ist das statistisch schon erheblich, oder ist die Anzahl der geführten (bzw. von dir betreuten und letztlich zu verhandelnden) Prozesse um ein Vielfaches höher?

Who knows - spekulativ: vielleicht sitzen im Legal auch noch zu viele Personal-Altlasten die sie eh nicht rauskegeln können. Die werden dann wenigstens durch solche Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bespaßt.
 

STRflieger

Erfahrenes Mitglied
02.10.2015
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BSL
Können solche Fälle (z.B. 95% oder 100%) eigentlich auch auf Prämien- bzw. Awardtickets angewandt werden, oder gilt das ausschließlich für "normale" Bezahltickets?
 

abvvgold

Erfahrenes Mitglied
28.06.2016
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Können solche Fälle (z.B. 95% oder 100%) eigentlich auch auf Prämien- bzw. Awardtickets angewandt werden, oder gilt das ausschließlich für "normale" Bezahltickets?

Für Award/Prämientickets sollten die in gleichem Umfang anwendbar sein. Dein Vertrag wird, ungeachtet der Zahlungsart, mit der Airline geschlossen. Wenn die ein Glas Oliven als Zahlungsmittel akzeptieren, dann wird das auch hierauf anwendbar sein.

Der Leistungsaustausch bei Zahlung durch Meilen erfolgt ja so gesehen im Dreiecksverhältnis, oder? Abstrakt dargestellt sollte das ja in etwa so aussehen:
1. Zahlung Topbonus an AirBerlin im monetären Gegenwert "deiner" Meilen nach interner Vereinbarung mit AB um für "deinen" Kauf zu zahlen
2. Leistung AirBerlin an dich mit Ticketausstellung.
3. Zahlung Du an Topbonus durch Einzug der benötigten Prämienmeilen.

Die Berechnung des Gegenwertes pro Meile wird wohl etwas schwieriger ausfallen.
Ggf. kann man hier den (hypothetischen) Kaufpreis/Meile zu Grunde legen.

Könnte mir aber auch vorstellen, dass die Rückerstattung dann nur in der Höhe Euros zu erfolgen hat, die Topbonus an AirBerlin letztendlich für die Meilen überwiesen hat. Ob die AB es da drauf ankommen lässt - insb. hins. Offenlegung des wirtschaftlichen Faktors einer Prämienmeile - ist eine andere Frage.

Denkbar wäre wohl auch die Veranschlagung vom durchschnittlichen Ticketpreis für das Routing an dem Tag. Auch hier wäre AirBerlin aber wohl an einer konkreten Offenlegung wenig interessiert.
 
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