Ein Flieger ist grundsätzlich immer komplett isoliert zu betrachten, von daher machen Beschwerden warum du in KW 31 weniger gezahlt hast als in KW 42 wenig Sinn.
Dessen bin ich mir voll bewusst. Es gibt zweifesohne bestimmte kritische Reisetage. Aber warum Montag KW40 hin, Freitag KW40 zurück oder Montag KW41 hin, Freitag KW41 zurück €5800 kostet (reale Kosten + 200% Gewinn), Montag KW39 hin, Freitag KW40 zurück, Montag KW40 hin, Freitag KW41 zurück oder Montag KW41 hin, Freitag KW42 zurück nur €1600 kostet, liegt nicht an den bestimmten Flügen an bestimmten Tagen (denn alle Kombinationen sind abgedeckt) sonders einfach daran, das die Airline aus der Aufenthaltsdauer den Zweck und die Dringlichkeit der Reise abschätzt, und den einen Kunden lockt weil sie denkt er zahle seine Urlaubsreise selbst, während sie den zweiten abzockt weil sie denkt, sein Chef zahle die Dienstreise so oder so. Es geht nicht um Angebot und Nachfrage, es geht nicht um Saison, es geht nicht um gefragte Reisetage, es geht nur um (vermeintliche) Gewinnmaximierung durch Abschöpfung einer (vermuteten) Zahlungsbereitschaft.
Und es gibt Airlines die sind da moderat, und es gibt Airlines wie LH da sind die Faktoren schnell mal bei 4 oder darüber.
Auf der LH Homepage kann man das ja sehr schön mit der Bestpreissuche nachvollziehen, unter welchen Umständen man welche niedrigsten Preise bekommt. Auf diese fixe Differenz kommen dann noch Unterschiede wegen den speziellen Terminen.
Das hat so lange gut funktioniert, wie es genug Leute gab die keine Ahnung davon hatten was ihre Flüge kosten. Nach Corona (und nach den vielen virtuellen Meetings) wird aber vermutlich jetzt so manche Firma viel genauer darauf achten, was die Flüge ihrer Mitarbeiter kosten. Und dann sieht LH ganz alt aus.
Ich muss im Prinzip nur mit meinem Jahresetat hinkommen, der basiert auf der Meetingplanung und den Durchschnittspreisen die im Vorjahr auf den Routen bezahlt wurden (das gibt mir auch immer einen sehr guten Überblick über die Preisentwicklung am Markt).
Ich kann also in der Tat einmal für €1600 und einmal für €5800 fliegen, solange ich übers Jahr im Durchschnitt bleibe. Nur bedeutet das immer viele Diskussionen, und man bekommt gegenüber dem Management schnell den Ruf ein Verschwender zu sein. Also mache ich doch nur den €1600 Flug mit LH zu dem Zweiwochenmeeting, und statt dem €5800 LH Angebot beim Einwochenmeeting den EI Flug für €1600. Und Lufthansa gehen einige Tausender durch die Lappen. Ich wäre auch zweimal Lufthansa für €4000 geflogen (unsere Durchschnittspreise liegen relativ hoch, weil wir viele kurzfristige Flüge haben, während ich in meiner Abteilung immer wenigstens 6 Wochen Vorlauf habe). Auch schon bei nur einer Reise, die ich stattdessen jetzt für €1600 gemacht habe. Da hat man meine Zahlungsbereitschaft grob falsch eingeschätzt, und ich sage Danke, bzw. bekomme ein Lob vom Chef.
Solange es genug preiswerte Mitbewerber gibt, kann LH das Spiel von mir aus gerne so weitertreiben. Solange das Geschäftsmodell mir nicht als Steuerzahler auf die Füße fällt...
Aber kaum ein Key Account lässt seine MA wegen ein paar Euros in der Nacht in der Wüste umsteigen oder das WE vor Ort verbringen. Und alternativ gab es ja immer KLM oder jetzt auch LOT oder TAP, wenn man wirklich enge Reiseetats hat
Wir reden hier aber z.B. bei LH und EI nicht von "ein paar Euros", sondern von €4000 Preisunterschied. Und dafür lässt man Mitarbeiter schon einiges an Kröten schlucken! Und so schlimm ist umsteigen in DUB mit US Immigration und Ankunft in den USA domestic gegenüber Umsteigen in FRA und Immigration am Zielort nun auch nicht... Vom Kabinenprodukt mal ganz zu schweigen. Bei den Zeiten nehmen sich die Flüge nicht viel, wir reden hier von deutlich unter 4 Stunden, und damit von deutlich über €1000 pro gesparter Stunde. Da kann ich jeden Key Account Manager verstehen, der das nur für das obere Management als gerechtfertigt ansieht.
Ich mache gerade eine ähnliche Erfahrung mit den Tankstellen, seit ich wegen Corona nicht mit dem Zug zur Arbeit fahre.
Seit Pfingsten sind die Spritpreise praktisch konstant, und die Tankstelle vor meiner Haustür hat morgens um 7:30 €1.37-1.39, abends um 18:00 €1.17-1.19. 20 Cent Preisdifferenz! Die Tankstelle neben meiner Arbeit hat morgens und abends €1.20-1.23. Ab 19:00 gehen bei "meiner" Tankstelle die Preise rapide hoch und erreichten gegen 22:00 die selben Werte wie morgens. Wohlgemerkt erreichte. Die bisher 24 Stunden Tankstelle macht nämlich inzwischen nur noch von 07:00-21:00 auf. Der Pächter erklärte mir daraufhin, nachts lohnt nicht mehr, zu den ihm von der Mineralölfirma diktierten Preisen kommt da sowieso kein Kunde mehr. Und wenn sich mal einer verirrt, tankt er nur für €20, aber nicht voll. Und Nachmittags hat er nicht genug Zapfsäulen für den Andrang, da fahren regelmäßig Kunden durch die keine Lustr haben zu warten. Vermutlich wird er bald ganz schließen, es lohnt nicht mehr.
Der vermeintliche Versuch der Gewinnmaximierung durch Preisspreizung funktioniert nur, wenn es dem Kunden tatsächlich egal ist, man ein Monopol hat oder der Kunde eine Zwangslage. Wenn nicht, geht es nach hinten los. Man verramscht das meisste zu Schnäppchenpreisen, und vertreibt die Kunden die die teuren Preise sehen.
Aber solange man immer einen anderen Schuldigen kennt (Ölpreis, Gewerkschaften, Corona...) kann es ja am Geschäftsmodell nicht liegen, wenn die Gewinne seit Jahren schrumpfen, und die Gewinnmargen nie Gesamtindustriedurchschnitt waren, der Aktienkurs im Keller ist...