Jetzt hauen die Richter in die gleiche Kerbe und fordern den Gesetzgeber auf zahlungsunwillige Fluggesellschaften finanziell empfindlich zu treffen. Zivilrechtlich natürlich.
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/fluglinien-klagen-101.html
Ich finde die hier getroffenen Aussagen etwas wohlfeil.
Tatsächlich denke ich auch, dass an einzelnen Amtsgerichten die Flut der fluggastrechtlichen Verfahren eine Schwierigkeit darstellt. Nur: Ein allgemeines Problem ist das halt nicht. In der Gesamtheit ändern auch Fluggastklagen nichts daran, dass (bundesweit) seit Jahren die Anzahl von erstinstanzlichen Zivilsachen stark rückläufig ist. Im Jahr 1995 hatte man noch 2.170.255 Eingänge, dann ging es kontinuierlich bergab und zehn Jahre später (2015) waren es noch 1.423.489. Man kann diese Zahlen in jede Richtung drehen und wenden, aber eine grundsätzlich steigende Arbeitsbelastung der Zivilgerichtsbarkeit lässt sich wohl kaum behaupten. Das soll nicht den Einzelfall (AG FFM etc) relativieren, aber man darf auch nicht den Anschein erwecken, als hätten wir hier ein Problem, das sich mit vorhandenen Mitteln und Ressourcen nicht lösen ließe.
Außerdem ist nicht zu vergessen, dass die weit überwiegende Mehrheit der deutschen Amtsgerichte niemals fluggastrechtliche Fälle zu Gesicht bekommt. Die landen praktisch alle in denjenigen Amtsgerichtsbezirken, in denen entweder ein Verkehrsflughafen liegt (deshalb das genannte AG Königs Wusterhausen für SXF) oder eine Fluggesellschaft ihren Sitz hat (mit der Insolvenz von AirBerlin und Germania hat sich das Thema Fluggastrechte am AG Charlottenburg praktisch erledigt). Mit anderen Worten: Wir reden hier über eine Handvoll (überlasteter) Gerichte, während in den meisten Teilen des Landes (Schleswig-Holstein, MeckPomm, Sachsen-Anhalt, Nordhessen) kein Richter jemals über das Vorliegen "außergewöhnlicher Umstände" hat nachdenken müssen.
Am Ende werfen die Aussagen des Amtsgerichtsdirektors doch das Licht auf eine ganz andere Problematik: nämlich darauf, dass man in der Justiz immer noch unterwegs ist wie zu Zeiten der ZPO Anfangsjahre (um 1900). Er bemängelt fehlende "
Aktendeckel" und hohe weil "rund 150.000 Euro
Portokosten". Vielleicht kann man sich mal perspektivisch daran machen, diesen bürokratischen Aufwand einzudämmen und in der Gegenwart anzukommen (Stichwort: e-Akte) oder bei Small Claims den Weg anderer Rechtsordnungen zu wählen und auf den Papierkrieg (Klage, beglaubigte Abschrift, einfache Abschrift und und und) zu verzichten. Ein paar intelligentere Lösungsvorschläge (zentrale Zuständigkeit wie bei Mahnverfahren?) als irgendwelche Sanktionsvorschriften in den Raum zu werfen, würde ich mir schon wünschen.