Mittlerer Osten Sommer 2017 - Pakistan, Iran etc

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slutz

Erfahrenes Mitglied
06.10.2016
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Hallo allerseits! Mein 1. Reisebericht hier im Forum und ich freue mich über jede Art von Feedback.
2017 war ich 21 und ein reiselustiger Student. Im Folgenden schildere ich meine zusammenhängende Reise durch den mittleren Osten und den Kaukasus.

Wie kam die Idee zu der Reise?
Einer meiner besten Freunde während meiner Schulzeit hatte pakistanische Wurzeln. Und ich, immer interessiert an neuen Kulturen und Gepflogenheiten, wollte mir dieses Land auch mal anschauen. So kam es, dass dieses Ziel in meine Reisepläne für 2017 mit aufgenommen wurde.
Nur wie kommt man dahin?
One-way Flüge kosteten über die einschlägigen Suchmaschinen wie kayak und momondo mehr als 300€. Ich entschied mich, die Anreise "aufzusplitten" und buchte erst einen UIA ow DUS-KBP-DXB für 140€ (mit Aufgabegepäck) und 3 Tage später sollte es mit flydubai für umgerechnet 80€ nach KHI (Karachi) gehen.
So kam ich relativ günstig nach Pakistan und konnte mir die Emirate auch mal ansehen.
Wichtig ist noch zu erwähnen, dass ein Visum für Pakistan zur Einreise benötigt wird. Dies beantragte ich direkt bei der Botschaft in Berlin und kaum 2 Wochen später hatte ich ein handausgefülltes Visum im Pass.

Ende Juli ging es dann los und bei Ankunft in Dubai in der Nacht um 3 Uhr war es immer noch 37*C heiß. An ähnliche und sogar noch höhrere Temperaturen musste man sich nun gewöhnen. Ich vertrieb mir die ersten paar Stunden am Flughafen bevor ich die erste Metro um 6Uhr zu meiner Unterkunft nahm.

Größtenteils nutzte ich während dieser Reise das couchsurfing-Prinzip. Dies ist eine Website bei der man Leute kontaktieren und interagieren kann, die in der jeweiligen Region, Stadt beheimatet sind und einen bei sich aufnehmen.
So spart man zum einen Hotelkosten, kommt direkt in Kontakt mit Locals und lernt die Kultur etwas besser kennen.

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Zur Mittagszeit bei einer extremen Hitze war am Strand kaum was los. Und selbst das Baden im Meer brachte nicht wirklich Erfrischung, gefühlte Badewannentemperatur.

In den Malls, speziell auf der Schlittschuhbahn, war hingegen deutlich mehr los.
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Die Tage in den UAE vergingen wie im Flug und ging es für endlich Richtung Pakistan. Vorher mal kurz das Wetter gecheckt und es war das erste Mal, dass ich sowas in der Wetter-App sah:
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Insgesamt wollte ich 4 Tage in Karachi bleiben bevor es für mich nach Lahore im Osten des Landes gehen sollte.
2 Brüder meines Gastgebers holten mich vom Flughafen ab und schon ging es rein in das Getümmel der größten Stadt Pakistans.
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Ausblick vom Dach meiner Unterkunft:
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Nachdem ich meine Sachen im Zimmer abgeladen hatte, ging es nun auf Sightseeing-Tour.

Dies ist das Haus, in dem der Gründer von Pakistan gemeinsam mit seiner Schwester bis zu seinem Tod lebte.
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Auch eine katholische Kirche gibt es.
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"Strand-Erlebnis" - Schwimmen war hier eher nicht geplant :D
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To be continued....
 

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slutz

Erfahrenes Mitglied
06.10.2016
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Generell war meine Erfahrung und meine Erlebnisse in den ersten paar Tagen in Pakistan überwältigend. Es fiel auf, dass hier alles mehr oder weniger von Männern dominiert wurde. Die Aufgabe der Frau ist die Kindererziehung und der Haushalt. Auch Tragen in etwas 70-80% der weiblichen Personen draußen ein Kopftuch wobei mir auffiel, dass je besser die Lebensumstände waren, desto seltener trugen die Frauen ein Kopftuch.

Nach den ersten 2 Tagen in Pakistan fing ich an etwas zu kränkeln (Husten, Schnupfen), aber für dieses Problem gibt es eine Art Wundermittel in Pakistan, dass jeder Einwohner kennt und darauf schwört: Johar Joshanda.
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Dies ist eine Kräutermischung die am besten in einem Tee aufgelöst wird und dann getrunken werden soll. Und mir hat es tatsächlich direkt geholfen. Schon wenige Stunden später fühlte ich mich wieder topfit.

Nachdem ich die ersten drei Tage in einer etwas ärmeren Gegend verbracht hatte, bot mir ein Pakistanischer Couchsurfer an, doch die letzte Nacht in seinem Haus (bzw in dem seiner Eltern) in Clifton zu bleiben. Clifton ist die beste Gegend von Karachi. Große Einfamilienhäuser, teure Autos (sogar einen i8 sah ich) und Luxus-Einkaufsläden beherrschen diese Gegend.
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Hier hat jeder Hausbesitzer sein eigenes Wachpersonal. Vor jedem Haus sitzt, steht mind. eine Person mit einer AK47 die halt aufpasst, dass nichts passiert. Auch finden sich in fast jedem Haushalt Angestellte, die selbst im Haus leben. Während ich dort war, gab es zudem noch 2 Fahrer, 2 Köche und 2 Haushaltshilfen, die dafür zuständig waren, dass das Haus in einem guten Zustand sich befindet.
Für mich eine moderne Form von Leibeigenschaft.
Die Angestellten haben meist keine andere Möglichkeit für ihre Familien zusorgen und bekommen durch so eine Arbeit die Sicherheit für sich selbst und ihre Familien, zumindest eine warme Mahlzeit zubekommen.

Generell ist der Verkehr in Pakistan mit chaotisch noch sehr wohlwollend umschrieben. Es gibt keine wirklichen Regeln, jeder fährt da wo es geht. Auch gegen die Fahrtrichtung sind viele kleine Mopeds als Geisterfahrer unterwegs. Autos sind heillos überfüllt, die Mopeds überladen und wenn der Bus von innen voll ist, setzen sich die Menschen halt oben auf das Dach.
Ebenfalls ist ein konstantes Hup-Geräusch vorhanden, welches ich so noch nirgendwo anders erlebt habe. Während man in Deutschland die Hupe ja relativ selten braucht, wird in Pakistan diese von jedem Autofahrer mindestens 3x pro Minute gedrückt.

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Auch auf folgendes Bild möchte ich eingehen, weil es einfach typisch Pakistanisch ist:

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5 Menschen auf einem kleinen Moped und die Kinder ganz vorne, wobei das jüngste sich ganz vorne befindet. Das hat auch seine Gründe:
Bei einem Unfall, dient es als "Puffer". Und da man in die Erziehung des kleinsten, bisher am wenigsten Mühe investiert hat, ist es am wenigsten Schlimm wenn es verunglückt.
So eine Denkweise ist dort gang und gäbe.
Aus meiner deutschen Sicht natürlich unverantwortlich aber naja, was zählt die schon in Pakistan...
 

slutz

Erfahrenes Mitglied
06.10.2016
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Es war Zeit nun von Karachi nach Lahore zureisen, an die Grenze zu Indien. Dort wollte ich mir u.a. die Wahga-Grenzschließungszeremonie anschauen.
Eine Zugfahrt von 18-22 Stunden stand mir nun bevor.

Erstmals musste ich aber nun ein Zugticket für diese Reise kaufen. Der Bahnhof in Karachi war überfüllt, es gab viele Warteschlangen und an keiner war wirklich ersichtlich, wo man genau ein Ticket kaufen kann. Also stellte ich mich in der erstbesten Schlange an.
Problem ist, dass für jedes gekaufte Ticket, der Ausweis vorgezeigt werden muss und alle möglichen Daten mit einem ur-alt Laptop auf das Ticket übertragen werden müssen. Bis dieses dann auch noch gedruckt wird, vergeht wieder einiges an Zeit, sodass man 5 minuten pro Ticketverkauf veranschlagen kann.
Ich freute mich schon, nach 2 Stunden, endlich bald an der Reihe zusein, als der Typ zwei Personen vor mir 30 ID-Karten aus seiner Tasche holte und für jede einzelne ein Ticket kaufte.
Obwohl ich schon mehrfach vorher mich an die Polizei, die Security und an anderweitig "offiziell" aussehende Personen gewandt hatte, auch mit dem Hinweis etwas mehr als eigentlich für das Ticket zu bezahlen, wurde mir stets nur gesagt, ich solle mich in der Schlange anstellen.

Das Paradoxe war, das viele Schalter zwar besetzt waren, aber die Person dahinter einfach keine Lust auf Arbeit hatte. Auf eine arbeitende Person, kamen zwei die daneben saßen und Tee tranken. Effizienz sieht anders aus aber nunja. Ich musste mich jetzt entscheiden: entweder ich verpasse den Zug oder ich steige einfach ohne Ticket ein.
Auf dem Weg nach draußen, fragte mich der freundliche Wächter ob denn nun alles geklappt hat. Etwas mürrisch antwortete ich nein und bekam nun doch unerwartet Hilfe von ihm.
Er sagte ich solle ihm folgen und fand mich dann kurze Zeit später an einem Schalter, an dem eine Person saß aber offensichtlich keine Kunden bediente bzw. bedienen wollte. 2-3 Worte und nun konnte sie mir doch ein Ticket ausstellen. Ich bezahlte, gab ihr meinen Reisepass und erhielt besagte 5min später endlich mein Ticket.

Lahore ist bei weitem viel grüner und ansehnlicher als Karachi.
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Auch für Lahore hatte ich einen netten couchsurfing-Host gefunden, welcher jedoch arbeiten musste und ich die Stadt erstmal alleine erkundete.
Am Abend traf man sich dann zusammen mit seinen anderen Freunden und in Cafe. Dort traf ich auch einen anderen Deutschen (Landsmänner/frauen trifft man als Deutscher wirklich überall).

Am nächsten Tag ging es für mich mit Careem (ähnlich wie uber aber etwas billiger) zur Wahga Border, wobei der letzte Kilometer gelaufen werden musste.
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War um einiges zu früh vor Ort, konnte so noch die Arbeit an den neuen Sitzplätzen sehen und mir einen guten Platz suchen.

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Endlich ging es dann Los und die Atmosphäre kann man sich vorstellen wie bei einem Fußballspiel zweier verfeindeter Mannschaften.

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Nach der Show, konnte ich mich noch irgendwie nach vorne zum großen Tor durchmogeln um aus nächster Nähe noch eine Aufnahme zu machen...

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Generell habe ich während der Zeit in Lahore gemerkt, wie schnell man sich an bewaffnete Menschen gewöhnt. Jmd der neben dir steht und eine Maschinenpistole hält??
In Deutschland würde man die Polizei rufen, in Pakistan gehört das mit zum alltäglichen Leben.

Zudem war nun in Lahore Zeit meine Sachen das erste Mal zu waschen. Mein Host bot mir an, dass das Hausmädchen dies doch übernehmen kann. Ich ging von einer älteren Person aus, aber als am nächsten Tag mir das Hausmädchen meine Sachen brachte, sah ich, dass sie maximal 12 Jahre alt war.
Unglaublich für mich! Ich versuchte ihr etwas Geld für die Arbeit, die sie mit meinen Sachen hatte, zugeben aber trotz mehrmaliger Aufforderung von mir das Geld doch bitte zunehmen, lehnte sie konsequent ab.

In den nächsten Tagen sollte es für mich von Lahore nach Islamabad, der Hauptstadt von Pakistan gehen..
 
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slutz

Erfahrenes Mitglied
06.10.2016
2.061
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Nach Islamabad gibt es keine Zugverbindung sondern nur in die Nachbarstadt Rawalpindi, der sogenannte hässliche Zwilling von Islamabad.
Ich entschied mich jedoch gegen eine Zugfahrt, da ich davon ausging, die knapp 400km auch gut trampen zu können.

Also machte ich mich am nächsten Morgen los zu einer Autobahnauffahrt mit der Richtung Islamabad.
Vor jeder Auffahrt standen mind. 2 Polizeibeamte zur Sicherheit und Kontrolle, also fühlte ich mich doch relativ sicher, dieses Tramper-Abenteuer eingehen zukönnen.
Mit der Bitte, ob sie nicht ein paar Autos anhalten und fragen können, ob diese nach Islamabad fahren und mich evt. mitnehmen, wurde zwar eifrig genickt, aber passiert ist nichts.
Einfach weil die Beamten während der nächsten Stunde kein einziges Auto anhielten und stattdessen lieber in ihren Klappstühlen unter dem Sonnenschirm saßen, während ich neben der Straße mit erhobenem Daumen stand. Zumindest meinen großen Reiserucksack konnte ich bei ihnen abstellen.

Nach einiger Zeit hielt doch dann ein Auto und nach den Begrüßungsfloskeln "a salam aleikum" und der Antwort "walaikum assalam" erzählte er mir, dass er in die Nähe von Islamabad fährt. Zudem fuhr er einen für Pakistan neuwertigen weißen Toyota Corolla (wobei dies gefühl jeder 2. fährt) und sprach er passables englisch.
Ich hatte ein gutes Gefühl, holte meinen Rucksack welcher ja von den Beamten gut bewacht worden war, und stieg ein.

Ich konnte mit ihm bis 20km vor Islamabad mitfahren, dann gab es eine Kreuzung, er musste links und nach Islamabad ging es nach rechts.
Ich bedankte mich herzlich und war frohen mutes die letzten 20km nach Islamabad schnell hintermich zubekommen.
In 2 Tagen, am 14. August, stand der Nationalfeiertag Pakistans an und ich konnte jetzt schon überall mit Fahnen geschmückte Autos und Häuser erkennen. Zudem sollte es eine große Air-Show geben welche ich unbedingt sehen wollte.

Kurze Zeit später hielt ein Wagen und es war augenscheinlich ein "Leibeigener", welches ich auf Grund der Kleidung und dem kaum vorhandenen englisch bemerkte.
Nichtsdestotrotz stieg ich ein doch ein paar Kilometer weiter, streikte der Motor. Benzin alle und keine Tankstelle in der Sicht.
Kein Problem aber für den Fahrer, er bat mich ihm die 1 L Flasche "Sprite", die in meinem Fußraum lag, zugeben. Erstaunt tat ich dies und musste feststellen, als er den Inhalt in den Tank goss, dass das Etikett auf der Flasche wohl nicht mit dem tatsächlichem Inhalt übereinstimmte. Denn der Motor sprang nun wieder an und wir konnten weiterfahren.

Islamabad ist als Hauptstadt Pakistans eine typische Planstadt. Hier befinden sich die meisten Auslandsvertretungen, es gibt strikt abgeriegelte Viertel und wenn man mit dem Auto eine Kontrolle passiert, wird meist unter das Auto geschaut, ob dort nicht eine Bombe oder Sprengsatz angebracht ist.
Die Stadt wirkte auf mich sehr ordentlich, sauber aber auch leer. Nicht viele Menschen waren unterwegs.

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Ich ging erstmal zu Subway und wurde direkt freundlichst begrüßt. Man wird gefragt wo man herkommt, was man hier macht und es wird echtes Interesse an einem gezeigt. Überall wo ich hinkam!
Auch sind die Fragen danach meist sehr intim, zumindest für deutsche Verhältnisse. Aber daran gewöhnt man sich auch.
"Sind sie verheiratet?", "Wie viel verdienen Sie?" nur um mal 2 zu nennen...

Am Abend traf ich dann einen Freund von meinem Host in Lahore, bei dem ich die nächsten Tage bleiben konnte.
Und ich freute mich als er mir kundtat, dass wir am nächsten morgen die Region Gilgit Baltistan besuchen würden.
Jede Person die mir in Pakistan begegnet ist, hat von dem tollen Norden geschwärmt. Von der Natur, von den Flüssen und den herzlichen Menschen dort.

Von diesem Ausflug habe ich nur ein paar wenige Bilder, weil ich vergessen hatte, mein Handy über Nacht aufzuladen.
Aber hier ein paar Ausblicke:
Bootstour
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Wenig bebaut und viel Natur:
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Der 14. August, also der Nationalfeiertag, war am nächsten Tag endlich da und gemeinsam ging es für uns auf eine Lichtung, von der man aus die Air-Show gut beobachten können sollte.
Wir waren gerade mit dem careem unterwegs dahin, als die Regierung in ganz Pakistan den Mobilfunk und das komplette Internet lahmgelegt hat um mögliche Kommunikation zwischen potenziellen Attentätern zuverhindern.
Inwiefern dies sinnvoll ist, da sich die Attentäter ja meist Monate, wenn nicht sogar Jahre, auf einen möglichen Anschlag vorbereiten, sei mal dahingestellt.

Hier nun die Bilder der Show:
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Am Tag drauf sollte es für mich nun mehr als tausend km Richtung Quetta gehen, die Hauptstadt der Provinz Beluchistan. Auch als Taliban-Rückzugsort bekannt und der letzte Anschlag war nicht mal ne Woche alt.

Freiwillig wollte ich nicht dahin, es ist aber zwingend Pflicht sich dort zuregistrieren und um ein NOC (no objection certificate) zu erhalten, welches als Ausländer benönigt wurde, um in der Region Beluchistan zureisen. Da in Beluchistan der einzige, offizielle Grenzübergang zum Iran bestand, welches mein nächstes Reiseziel sein sollte, musste ich folglich nach Quetta.

Seit März 2019 wird dieses NOC jedoch nicht mehr gebraucht...
 

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slutz

Erfahrenes Mitglied
06.10.2016
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Ziel war also Quetta und es gibt nur eine einzige Bahnlinie, die diese Stadt anfährt. Der Jaffar-Express.
Dieser fährt in rund 36 Stunden von Peshawar über Rawalpindi, Lahore und einigen kleinen Städten nach Quetta.
Von Rawalpindi aus sollte die Zugfahrt zwischen 24 und 32 Stunden dauern, so genau weiß das keiner. Rückblickend waren es in meinem Fall 30 Stunden.

Ich kaufte also ein economy-class Ticket für 12€ und schon ging es los. Anfangs noch recht zügig und auch pünktlich, ich hatte mir ein "Bett" oben im Abteil ausgesucht und verstaute dort auch meine Sachen erstmals. Reichlich eingedeckt mit Lebensmitteln und zu Trinken war ich gespannt auf das was mich erwarten wird.

Der Ausblick war in den ersten Stunden auch ansehnlich und ich konnte auch Kontakt zu anderen Reisenden im Abteil knüpfen. Keiner von Ihnen fuhr aber weiter als Lahore und als ich sagte, ich reise nach Quetta waren meine Mitreisenden dann doch verblüfft: sie würden selbst ja nie in so eine gefährliche Stadt reisen....
Das kann ja heiter werden dachte ich mir und so vergingen die ersten Stunden auch recht schnell.

Die Fenster und auch die Eingangstüren sind während der gesamten Fahrt übrigens geöffnet! Unvorstellbar in Deutschland, aber in Pakistan hat sich keiner drum gekümmert.
Sobald der Zug die Region Beluchistan erreicht hatte, fuhr er doch merklich langsamer und die Kontrollen häuften sich. Nicht nur die des Tickets, sondern die auch des Gepäcks. Nach einiger Zeit lief dann auch das Militär von Abteil zu Abteil und überprüfte jeden.
Da der Zug nun mitten durch wüstenähnliche Landschaft fuhr, und die Fenster selbstverständlich offen standen, hat man ganz schön viel Sand abbekommen. Die Haare, die Kleidung, einfach alles voller Sand und keine Möglichkeit zu duschen.
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Als ich dann gegen 3Uhr nachmittags in Quetta ankam, erwartete die Polizei mich schon.
Nun fand ich auch heraus, dass ein weiterer Ausländer (Australier) sich im Zug befand, mit dem gleichen Ziel Iran.
Schwupps wurde wir beide mit Gepäck auf die kleinen Polizeimopeds verladen und dann ging es mit Security zum einzigen Hotel, welches sicher genug war, um Ausländer zubeherbergen.
Das Bloomstar Hotel!
Es gibt noch ein weiteres, bei weitem luxuriöser als das Bloomstar aber bei Preisen von 100USD und mehr pro Nacht, kam das nicht in Frage.
Also wurden wir "zwangsverfrachtet" und dann begann die Odyssee.

Das Personal wollte 2500 PKR pro Nacht haben. Knapp 20€ und das ist unverschämt teuer, wenn man bedenkt, dass man für diesen Preis ein richtig gutes Zimmer in Islamabad oder Lahore bekommen kann. Und das Bloomstar-Hotel glich dann doch eher einer Bruchbude.
Andere "local" Reisende bezahlen dort nur zwischen 1000 und 1500 aber bei uns wurde die Situation einfach ausgenutzt, dass wir keine andere Wahl hatten. Polizei war weg, wir konnten/durften das Hotel nicht mehr ohne Schutz verlassen.

Also einigten wir uns dann zähneknirschend auf 4000 PKR für ein Doppelzimmer mit Frühstück.
Strom gab es keinen als wir das Zimmer betraten. In Pakistan passiert dies öfters und jeder etwas wohlhabendere Haushalt hat deswegen einen Generator. Das Hotel hatte keinen...
Aber immerhin konnten man sich endlich duschen und danach baten wir an der Rezeption für uns morgen um 9:00 uhr die Polizei zubestellen, damit diese uns zu dem Gebäude fährt, wo wir dieses NOC beantragen konnten. Wenn ich mich recht erinnere, war dies zwar nur 400m entfernt, aber alleine durften wir nicht raus.

Ein weiteres Highlight im negativen Sinne war dann, als dem Australier anfangs das "Frühstück" verwehrt wurde mit der Begründung, dass ich schon Frühstück hatte.
Aussage: "One Room, one breakfast."
Das man bei einem Doppelzimmer mit Frühstück davon ausgeht, dass beide Personen frühstücken dürfen, ist dort anscheinend nicht selbstverständlich.

Die Polizei kam dann pünktlich und wir wurden zur der besagten Behörde gebracht.
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Im Internet gab es schon Erfahrungsberichte, dass diese Prozedur zwischen 30min und 4 Stunden dauert würde.

Nach 2 Stunden, vielen Händeschütteln und Fragen wo wir herkommen, hielten wir endlich das Dokument in den Händen, weswegen wir hergekommen waren.
Gültig für heute und der Bus nach Taftan (Grenzstadt in Pakistan) würde um 4Uhr nachmittags fahren. Dauer für die Rund 600km war mit 14 Stunden angegeben.

Wir also im Bus, Gepäck auf dem Dach(!) verladen als auf einmal die Polizei kommt und sagt, mit diesem Bus können wir nicht mitfahren.
Widerspruch zwecklos!

Also zurück zu einer Polizeistation und wir warten. Wir zeigen das Dokument, sagen wir dürfen reisen und fragen nach dem Grund, warum es denn jetzt doch nicht geht.
4 Stunden warten wir auf der Polizeistation und nichts passiert. Es gibt nur viele Diskussionen zwischen den Beamten... ich nehme ein paar davon heimlich auf und schicke sie
an Freunde in Islamabad und Karachi mit der Bitte, ob sie uns erklären können was da passiert und worüber die Personan sprechen...
Leider wird in der Region ein bestimmter Akzent gesprochen und übersetzen geht nicht. Jedoch verspricht er, 2 Freunde aus Quetta vorbeizuschicken die uns unterstützen sollen.
Keine 30min später sind sie da. Sie sprechen mit den Polizisten, der Sicherheit und endlich erfahren wir warum wir nicht mitfahren durften.

An diesem Tag sind wohl 50-70 Reisebusse mit pakistanischen Pilgern, die den Iran besucht haben, unterwegs zurück nach Pakistan. Dieser Convoi ist ein potenzielles Anschlagsziel und jeder Polizist in Beluchistan ist aktiviert, um diesen zuschützen. Man hat keine zusätzlichen Männer mehr zu Verfügung, um unsere Sicherheit zugarantieren.

Gut, diese Erklärung ist verständlich und ich bin froh endlich zu wissen woran es heute gescheitert war. Warum dieses Problem bei der zuständigen Behörde nicht eher aufgefallen war, bleibt mir ein Rätsel.

Obwohl uns die beiden Freunde aus Quetta anbieten, dass wir bei ihnen übernachten, wird das seitens der Polizei verboten. Wir müssen also eine weitere Nacht ins Bloomstar Hotel.
Ich habe nicht genug pakistanische Rupien für eine zweite Nacht dort und der Kurs zum Wechsel ist im Hotel extrem schlecht. Ich spreche mich dem Australier, der noch genug PKR hat und biete ihm an, meinen Part ihm in IRR zubezahlen.
Ich war 2016 das erste Mal im Iran und hatte dementsprechend noch Geld übrig in der Währung.
Er nimmt das Angebot an, hatte er bisher noch keine Rial.
Und wir merken, dass wir ein weiteres Problem haben.
Unser NOC ist nur für heute gültig. Folglich müssen wir für morgen ein neues beantragen.
Und morgen ist Freitag und da schließt die Behörde schon um 12Uhr. Wegen Freitagsgebet usw.
Und Samstag und Sonntag ist sie komplett zu....was bedeutet wenn wir es nicht schaffen, morgen aus Quetta rauszukommen, sind wir noch bis Montag dort "gefangen".

Am nächsten Morgen kommt die Polizei mit einer Stunde Verspätung zum Hotel und ist erstaunt, warum wir noch hier sind. Wir erzählen die Geschehnisse von gestern und es geht wieder los um das NOC zu beantragen.
Dieses Mal dauert es keine 30 Minuten und meiner Bitte, das NOC für heute UND morgen auszustellen, wird sogar auch Folge geleistet. Man weiß ja nie was heute wieder schiefgehen kann....
Mit dem neuen Dokument geht es für uns dann zurück ins Hotel, kurz Sachen packen und dann werden wir zur Polizeistation in der Nähe des "Busbahnhofs" gebracht.
Dort warten wir bis 4 Uhr nachmittags und dieses Mal fährt der Bus zumindest mit uns los.
Obwohl auf dem NOC steht, dass man nur von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang reisen darf, stellt dieser Regelbruch anscheinend kein großes Problem da. (Bus fährt ja praktisch durch die Nacht)

Auch habe ich mich immer gefragt, wozu man dieses NOC überhaupt benötigt. Die Erklärung ist, dass für diesen Tag jeder Checkpoint in erhöhter Arlambereitschaft ist und sie wissen, da sind Ausländer unterwegs.
Ca. alle 30-60min müssen wir nämlich aus dem Bus aussteigen um uns mit Passdaten in so ein altes Buch einzutragen. An Schlaf ist da nicht wirklich zudenken....

again, to be continued...
 
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slutz

Erfahrenes Mitglied
06.10.2016
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Falls man sich fragt, warum ein Bus für eine Strecke von 650km mehr als 14 Stunden braucht, sollte mit diesem Bild die Antwort finden.

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Als der Bus losfuhr, wunderte ich mich ein bisschen wo denn die "Security" war, die uns eig. begleiten sollte.
Nach etwas mehr als 100km stieg diese dann aber in den Bus ein und kurz darauf gab es auch den ersten Zwischenstopp auf einem, sagen wir mal "Gasthof", wo man essen und trinken kaufen konnte. Viele nutzten diesen Stopp auch aus um ihr Freitagsgebet zuverrichten.

Das Schlimme an dieser Busfahrt ist einfach, dass man nicht schlafen kann, weil man sich immer bei den Checkpoints eintragen muss. Dies gilt allerdings nur für Ausländer.
Aus diesem Grunde nehmen die Busfahrer auch nur sehr ungern Ausländer mit. Zum einen sehen sie eine erhöhte Gefahr für den Bus Ziel eines Anschlags zu werden, zum anderen verzögert sich die Weiterfahrt wenn man jedes mal an den bestimmt 20 Checkpoints auf der Strecke anhalten muss, damit wir uns eintragen lassen können.

Auch für mich war der Blick in diese Bücher durchaus interessant. So viele Ausländern reisen auf dieser Strecke nicht und natürlich hofft man immer, die gleichen Namen zulesen, die vor einem sich eingetragen haben...

Ausblick auf die Landschaft und picknickende Personen:
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Gegen 11Uhr abends wurde es dann aber noch verrückter.

Unser Security-Guy hatte anscheinend Feierabend und wollte an einem Check-point aussteigen. Und ohne eine neue Security wollten die uns nicht weiter fahren lassen.
Das war schon echt skurril. Mitten im tiefen Beluchistan müssen wir aus dem Bus aussteigen, das Gepäck wird ausgelanden und wir protestieren heftigst.
Es kann doch nicht sein, dass wir im Sinne unserer Security mitten in der Nacht bei so einem kleinen Check-point bleiben sollen, wo es nichtmal genug Stühle für alle gibt. Ganz zuschweigen von einem Bett für die Nacht. Ein Hinterhalt/Überfall kann dort genauso passieren, wie als wenn wir in dem Bus sind.

Die Guards hören uns zu und überlegen. Ich argumentiere weiter: "Wir haben für die ganze Strecke bezahlt, nicht nur für die Hälfte des Weges".
Dem Busfahrer dauert die Diskussion allmählich zu lange und er fährt los. Ohne uns!
Wir stehen am Checkpoint und wissen nicht weiter.
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Aufgeben kommt aber für mich noch nicht in Frage. Verzweifelt rede ich auf den Security Mann ein und er erbarmt sich schließlich weiter zu begleiten.
Nun war der Bus aber schon weg... in Pakistan kein Problem, ein Funkspruch, der Bus kehrt um und ist 10min später da um uns wieder aufzunehmen. Geht doch!
Unglaublich glücklich steigen wir alle wieder in den Bus. Das Gepäck legen wir dieses Mal auf den Gang, keiner hat Lust in der Nacht aufs Dach zu klettern und das Gepäck wieder zusichern.
Ich bin darüber nicht ganz unglücklich. So kann man sicher sein, dass es nicht vom Bus "fällt" ;)


Der Moment als der Bus zurückkommt... :)
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Unser Guard hat Glück. Einen Check-point später kann er dort einen Levy (so heißt die Pakistanische Sondereinheit in Beluchistan) überzeugen, ihn abzulösen.
Gegen 5Uhr früh erreichen wir Heile Taftan und werden zur Polizeistation gebracht, die gleichzeitig auch ein Gefängnis ist.
Die nächsten Stunden bis zur Grenzöffnung verbringen wir hier.

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Das Gefängnis:
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Auf gehts:
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Die letzten Schritte in Pakistan Richtung Iran:
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Oliigel

Erfahrenes Mitglied
02.03.2019
493
728
Bitte, mehr davon!

Eine Frage hätte ich zu deinen Erlebnissen:

Wie reagierten die Menschen, vorallem auch die Ordnungshüter auf Dich als Europäer? Hat man versucht, dies auszunutzen? Du schreibst sehr positiv über sie.

Finde es btw Klasse, dass du dort Couchsurfing "betrieben" hast. Ich selbst konnte mich darauf nichtmal in Europa einlassen.
 

slutz

Erfahrenes Mitglied
06.10.2016
2.061
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Bitte, mehr davon!

Eine Frage hätte ich zu deinen Erlebnissen:

Wie reagierten die Menschen, vorallem auch die Ordnungshüter auf Dich als Europäer? Hat man versucht, dies auszunutzen? Du schreibst sehr positiv über sie.

Finde es btw Klasse, dass du dort Couchsurfing "betrieben" hast. Ich selbst konnte mich darauf nichtmal in Europa einlassen.


Auf Pakistan bezogen hatte ich nie das Gefühl ausgenutzt zu werden außer halt in der beschriebenen Situation im Bloomstar Hotel in Quetta.
Die Menschen waren freundlich, aufgeschlossen und jederzeit hilfsbereit.

Eine Sache die mich in Quetta geärgert hatte war, dass die Polizei uns zuerst absichtlich im Dunkeln gelassen hat warum wir den Bus zur Grenze nicht nehmen durften.
Um uns zu beruhigen wurde gesagt, dass wir den nächsten Bus in 2 Stunden nehmen können. Ich hatte direkt schon meine Zweifel, weil nach meinem Kenntnisstand nur halt der eine Bus pro Tag fuhr.
Nach 2 Stunden hieß es: "ja, den nicht, aber den nächsten in 2 Stunden wieder".
Auch auf unseren Hinweis hin, dass wir auf keinen Fall ins Bloomstar zurück wollen und lieber auf der Polizeistation übernachten wollen, wurde uns gesagt: "ja, kein Problem".
Stellte sich im Nachhinein ja nur als heiße Luft heraus.
Ein bisschen deutsche Direktheit hätte ich mir in dieser Situation gewünscht!

Auch kann ich mich in eine Situation in Islamabad erinnern in der ich etwas wahllos durch die Straßen lief und dann von einer privaten Security aufgehalten bzw festgehalten wurde. "Was ich denn hier zusuchen habe" etc... Das ich etwas langsamer durch die Straße gegangen war und mir ein paar Häuser angeschaut habe, kam denen wohl verdächtig vor... dann wollte der noch meinen Rucksack durchsuchen, da habe ich mich aber gegen gewehrt und angefangen zufilmen und dabei zu kommentieren.
So hat er mich dann laufen lassen...trotz Meinungsverstärker russischer Bauart seinerseits..

Der Security Service in Beluchistan wird vom Staat Pakistan bezahlt und ist für Reisende verpflichtend und kostenlos zugleich.
Das kommt daher, dass im Jahre 2013 und 2014 mehrfach Ausländer in der Region gekiddnapped wurden von der Taliban.
Natürlich freut sich jeder Levi bzw. Security Guard über ein kleines Geschenk in Form von Geld, Zigaretten, Keksen (was man halt so hat), aber aktiv danach gefragt oder dass dies sogar gefordert wurde, habe ich nicht erlebt.

Ansonsten wirklich nur gute Erfahrungen gehabt.
Ich war etwas mehr als 2 Wochen dort, habe alle Landesteile besucht und denke, dass ich einen passablen Einblick in das Leben dort bekommen habe.

Falls du oder jmd anders noch weitere Fragen/Anmerkungen hat, bitte gerne kommentieren...
 
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gkl

Erfahrenes Mitglied
24.11.2013
1.296
29
ZRH / SIN
Unglaublich interessante Eindrücke! Hab den Tripreport bisher sehr gerne gelesen und freue mich auf eine Fortsetzung.
 

slutz

Erfahrenes Mitglied
06.10.2016
2.061
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Früh um 9:00 sind wir nun an der Grenze. Der Australier und ich sind froh, diese sicher und ohne weitere Komplikationen erreicht zuhaben.
Wir müssen uns noch ein letztes Mal eintragen, es wird ein Foto gemacht und schon haben wir den Ausreisestempel Pakistans im Pass.
An der iranischen Costums werde ich penibelst untersucht. Ein Glas Honig, verpackt in fester Pappe, damit diese während der Reise nicht zerbricht, erregt helle Aufmerksamkeit.
Es wird seitens der Iraner spekuliert, ob es sich evt. um eine "Bombe" handelt. Leider weiß ich das farsi-Wort für Honig nicht.
Die Kontrolle dauert rund 1 Stunde und am ende kann ich mit Sack und Pack einreisen. Alkohol, Porno-Hefte oder sonstiges unislamisches wonach anscheinend gesucht wurde, wurde nicht gefunden.
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Aus pakistanischer Sicht wird dieser Grenzübergang auch "Road to London" genannt. Weil hier so viel geschmuggelt wird... vor allem Benzin, welches der Iran auf Grund des immer noch existierenden Embargos eig. nicht an Pakistan verkaufen darf.
Nach der Kontrolle heißt es nun aber wieder warten. Auf die Security. Weil ohne, dürfen wir auch auf iranischer Seite nicht weiter.
Es vergehen 2 weitere Stunden bis wir endlich loskönnen.

Wir werden (hinten) auf einen Pick-Up Truck aufgeladen und blicken in die Gesichter 5 iranischer Soldaten, die hochbewaffnet uns beschützen sollen. Vom Alter würde ich diese auf Anfang 20 schätzen.
Nun geht es los. Unser Ziel war die 80km entfernte Stadt Zahedan, wo ich wieder mit couchsurfing eine Unterkunft für die nächsten 2 Tage gefunden habe.
Nach gefühlt 5km ist die Fahrt zuende. Nun ist der Zuständigkeitsbereich dieser Truppe für uns beendet und wir werden übergeben.
An wen? Vorerst ist keine neue Security in Sicht. Nach 10 Minuten tut sich was und uns kommt ein neuer Pick-up entgegen, mit 2 Franzosen und deren Security, die auf dem Weg nach Pakistan sind. Man unterhält sich kurz und es geht weiter.
Ja, dachte ich zumindest. Aber wieder nur für wenige Kilometer.
Das Problem der nächsten Besatzung ist, dass kein Fahrzeug vorhanden ist. Zumindest keines, auf das wir draufpassen.
Es ist nur ein kleines Moped vorhanden.
Man will uns in ein überteuertes Taxi bis nach Zahedan setzen, aber wir lehnen ab.
Was tun? Ich schlage vor, dass wir nach einer anderweitigen Mitfahrgelegenheit suchen und schon der erste LKW hält auf mein Zeichen an.
Wohin fahren sie? Ja, Zahedan? Perfekt, wir können einsteigen und die Security fährt als Geleitschutz vorne weg.
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Ich bin erleichtert, die Freude hält aber nur für kurze Zeit.
Nach 10min müssen wir wieder aussteigen, da der Zuständigkeitsbereich wieder wechselt.
Das Mitfahren mit diesem LKW ist der nächsten Security zu unsicher. Wir müssen also raus und stehen nun auf der Straße. Extreme Hitze und wissen nun nicht wie es weiter geht.
Wieder ist nur ein kleines Moped vorhanden.
Zumindest sind wir nun an einem offiziellen Check-Point mit Gebäude und Tor. Um sich weiter zuberatschlagen, ziehen unsere Beschützer sich in das Gebäude zurück und schließen das Tor.
Wir stehen immer noch draußen. Sichtbar für jedermann. Soviel zur Sicherheit!
Nach einer halben Stunde kommen Sie wieder raus und ein Sicherheitsmann fährt uns mit seinem Auto bis nach Zahedan.
Dort übergibt er den Australier und mich direkt dem lokalen Tour-Guide, der schon auf uns wartet.
Ich lehne dankend ab, ich hab ja einen Anlaufpunkt wo ich hinmöchte, muss vorerst kein Geld wechseln und bin in Besitz einer iranischen Simkarte (vom letzten Besuch).
Der Australier geht mit dem Guide mit und so trennen sich hier unsere Wege.
Mein Host holt mich ab, wir gehen was essen, besuchen ein Museum über die Region Sistan-Beluchistan und ich verbringe auch sonst 2 schöne Tage in Zahedan.
Generell unterscheidet sich diese Region doch um einiges zum sonstigen Iran. Die Kleidung ist komplett anders und man merkt am Straßenbild und den Wohnungen, dass hier vom Staat aus wenig für die Infrastruktur getan wird.

Nächstes Ziel der Reise war die Wüstenstadt Kerman.
Von Zahedan fährt über Nacht ein Zug dorthin und ich kaufe ein Ticket.
In Kerman wohnt ein Freund einer Bekannten aus Tabriz, welche ich letztes Jahr getroffen habe. Er wohnt mit 2 anderen Jungs in einer WG, hat sofort angeboten, dass ich dort bleiben kann.
Unkompliziert, freundlich und ohne große Bürokratie :)
Im Zug versuche ich etwas zuschlafen merke aber, wie mich die beiden Frauen (Mutter und Tochter) mir gegenüber unverdrossen mustern. Ich spreche sie an und die Tochter kann sogar etwas englisch. Sie kommen aus Zahedan und fahren nach Kerman zu Verwandten. Wir reden viel und ich habe wieder diese Gefühl, welches man nur im Iran bekommt.
Diese freundliche, unbekümmerte Art und die extreme Gastfreundschaft zeichnen dieses Land aus.
Wir tauschen Nummern aus und planen, uns am nächsten Tag nochmal zutreffen.

Früh morgens, nach einer kurzen Nacht, kommen wir in Kerman an. Fast wie selbstständlich nehmen die beiden mich mit in ihr Taxi, erklären dem Taxifahrer den Weg zu der Adresse von meinem Bekannten und als ich mich bei den Fahrkosten beteiligen will, wird dies mehrfach abgelehnt.

Im Iran gibt es ein Ritual namens "Tarof". Dies besagt, dass man Fremden stets das allerbeste bietet und ist ein typisches Fettnäpfchen wenn man davon nicht weiß.
Wenn z.B. der Taxifahrer zu einem sagt: "Du brauchst nicht bezahlen", erwartet er, dass man darauf besteht doch zuzahlen.
Dieses Spiel wiederholt sich wieder und erst wenn man ein Angebot zum dritten Mal sagt, kann sich der Gegenüber sicher sein, dass es ernst gemeint ist.

Einfaches Beispiel zu verstehen: Man geht in eine Bäckerei und möchte ein Brot kaufen. Wenn man dann bezahlen will, sagt der Verkäufer sagt: "welcome Iran, for you for free".
Dies ist aber nicht ernst gemeint. Wenn man dann sagt, "doch, ich möchte gerne bezahlen", wird er das Geld dann glücklich annehmen.
Dieses Tarof ist als gut gemeinte Sitte im gesamten Iran verbreitet. Aber nur zu Personen die man nicht/kaum kennt. Bei guten Bekannten, Freunden die man schon länger kennt, findet dies jedoch keine Anwendung und man kann guten Gewissens davon ausgehen, dass ein Angebot/eine Einladung von Anfang an ernst gemeint ist.

Mein Host erwartet mich schon. Als ich dusche, finde ich dieses "lustige" Shampoo vor.
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Danach geht es mit einer weiteren Bekannten ins Zentrum von Kerman.
Wir essen typisch iranisch
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und besuchen einen Park

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Dann geht es für uns in die Wüste.

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Auf dem Rückweg kommt es zu einem kuriosem Ereignis. Der Taxifahrer hat das bekannte Buch "Couchsurfing im Iran" des Journalisten Stephan Ort dabei (sehr zu empfehlen). Er versteht zwar kein Wort was dort steht, zeigt mir aber das Bild auf dem er abgebildet ist...
Wie ich im Nachhinein herausfand hatte er dieses Buch von einem anderen Reisenden aus Deutschland, der ihn als den im Buch beschriebenen Taxifahrer In Kerman erkannte (mit Bild), geschenkt bekommen.

Für den nächsten Tag bin ich mit meiner Zug-Bekanntschaft verabredet. Wir verbringen ein paar wunderbare Stunden, besuchen eine Miniatur Bäder-Ausstellung und sie ist sichtlich froh ihr englisch zu üben.
Zum Abschluss des Tages gehen wir in einen Park, essen gemeinsam das mitgebrachte Brot bevor sie dann von ihrer Mutter abgeholt wird.

Meine Zeit in Kerman neigte sich nun dem Ende entgegen, ich verabschiede mich von meinen Gastgebern und es geht mit dem Bus spät abends nach Yazd.
Beim Ticketkauf fällt mir etwas auf, dass mir im weiteren Verlauf der Reise noch weitere Male passieren wird.
Sagt man beim Schalter: "Ich möchte ein Ticket nach Yazd kaufen", wird einem versucht, dass teure Busticket, für einen komfortablen Bus mit Lunchgepäck etc zuverkaufen.
Dieser würde auch in 10min losfahren. Fragt man nach der günstigen Alternative, kommt die Auskunft dass dieser Bus erst wieder in 3 Stunden fährt.
Da der Unterschied zwischen den beiden Bus-Klassen umgerechnet nur wenige € beträgt, kann man mit dieser offensichtlichen Falschaussage aber doch gut leben und hat halt etwas mehr Reisekomfort.

Zudem stieg von Tag zu Tag meine Vorfreude, da ich in wenigen Tagen meine Mutter in Teheran wiedersehen würde. Nach meiner ersten Iran-Reise 2016 (von deren Plänen sie anfangs überhaupt nicht begeistert war), hatte ich im Nachhinein soviel positives über das Land berichtet, dass sie es sicht nehmen lassen wollte, mit mir gemeinsam eine Woche den Iran zubereisen.

Auch hier kann ich aus aktueller Sicht sagen, dass ich seit 2016 bisher jedes Jahr 1x im Iran war (dieses Jahr Corona-bedingt noch nicht) und mittlerweile wirklich feste Freundschaften dadurch entstanden sind, die von beiden Seiten kontinuierlich gepflegt werden.
Man kann über das System und die Unterdrückung der Menschen dort zurecht Kritik äußern, jedoch denkt der allergrößte Teil komplett entgegengesetzt, was vom Staat gepredigt wird.
 
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Hene

Erfahrenes Mitglied
27.03.2013
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BER
Spannender Bericht. Danke dafür. Auch wenn ich es ziemlich riskant und leichtsinnig finde, in Pakistan zu trampen und vor allem allein nach/durch Balochistan zu fahren. Aber so was macht man wohl als 21 jähriger.

Iran find ich auch klasse und kann Deine Begeisterung für Land und Leute gut verstehen. War selbst seit 2004 dreimal dort und habe seitdem Freundschaften vor allem nach Teheran und Isfahan.
 

Kamel

Erfahrenes Mitglied
31.01.2019
650
186
Südbaden
Interessanter Bericht - auch wenn ich das was Du aus Pakistan beschreibst durchaus auch aus dem Iran kenne.Haushilfen etc. haben oft genug ein sehr niedriges Alter, gerade in den ruralen Gebieten, wo das Bildungsniveau drastisch niedriger ist, als im vergleichsweise europaeischen Tehran.
Es geht im Iran insgesamt schon noch sehr streng hierarchisch zu.
Trampen wuerde ich persoenlich in keinem der Laender, wobei das im Iran wohl tatsaechlich machbar ist - nach Beluchistan wuerde ich nur im Notfall fahren...
Die Offenheit wuerde ich etwas differenzierter sehen wollen. Im Grundsatz offen, aber je nach Reiligiositaet kommt kurz danach auch wieder eine unglaubliche Verschlossenheit, die Kontrolle darueber wer sich mit wem trifft, ist in den Familien schon oftmals sehr stark.
 

slutz

Erfahrenes Mitglied
06.10.2016
2.061
1.573
Interessanter Bericht - auch wenn ich das was Du aus Pakistan beschreibst durchaus auch aus dem Iran kenne.Haushilfen etc. haben oft genug ein sehr niedriges Alter, gerade in den ruralen Gebieten, wo das Bildungsniveau drastisch niedriger ist, als im vergleichsweise europaeischen Tehran.
Es geht im Iran insgesamt schon noch sehr streng hierarchisch zu.
Trampen wuerde ich persoenlich in keinem der Laender, wobei das im Iran wohl tatsaechlich machbar ist - nach Beluchistan wuerde ich nur im Notfall fahren...
Die Offenheit wuerde ich etwas differenzierter sehen wollen. Im Grundsatz offen, aber je nach Reiligiositaet kommt kurz danach auch wieder eine unglaubliche Verschlossenheit, die Kontrolle darueber wer sich mit wem trifft, ist in den Familien schon oftmals sehr stark.

Natürlich hat auch der Grad der Religiösität damit zu tun wie man sich mir gegenüber verhält.
Erzkonservative Khomeni-Fans werden einen Ausländer wohl nicht zu sich nachhause einladen...sind also folglich eher nicht auf couchsurfing unterwegs.

Ich war letztes Jahr in Mashhad, neben Qom die konservativste Stadt im ganzen Iran und auch dort konnte ich bei einem jungen Menschen und seiner Familie bleiben.
Es gibt sogar ein "Überangebot" und ich muss mich entscheiden, wo ich letztendlich übernachten möchte.

Die "Kontrolle" welche du erwähnst, mag in einigen Haushalten und Denkweisen noch immer sehr ausgeprägt vorhanden sein. Auch sind mir Menschen begegnet, die mir aus religiösen Gründen nicht die Hand schütteln wollten.
Aber auch hier waren freundliche Gespräche und Unterhaltungen möglich.

Das Trampen im Iran ist durchaus "schwer", weil die allermeisten das Prinzip nicht kennen. Wenn man einsteigt wollen die dich meistens zurück in die Stadt zur nächsten Bus- oder Taxistation bringen..
 
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slutz

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06.10.2016
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Spannender Bericht. Danke dafür. Auch wenn ich es ziemlich riskant und leichtsinnig finde, in Pakistan zu trampen und vor allem allein nach/durch Balochistan zu fahren. Aber so was macht man wohl als 21 jähriger.

Iran find ich auch klasse und kann Deine Begeisterung für Land und Leute gut verstehen. War selbst seit 2004 dreimal dort und habe seitdem Freundschaften vor allem nach Teheran und Isfahan.

Danke für deinen Kommentar!
Isfahan und Teheran lagen auf der Route von mir und werden im nächsten Beitrag behandelt...
 
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Kamel

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31.01.2019
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Südbaden
Natürlich hat auch der Grad der Religiösität damit zu tun wie man sich mir gegenüber verhält.
Erzkonservative Khomeni-Fans werden einen Ausländer wohl nicht zu sich nachhause einladen...sind also folglich eher nicht auf couchsurfing unterwegs.

Ich war letztes Jahr in Mashhad, neben Qom die konservativste Stadt im ganzen Iran und auch dort konnte ich bei einem jungen Menschen und seiner Familie bleiben.
Es gibt sogar ein "Überangebot" und ich muss mich entscheiden, wo ich letztendlich übernachten möchte.

Die "Kontrolle" welche du erwähnst, mag in einigen Haushalten und Denkweisen noch immer sehr ausgeprägt vorhanden sein. Auch sind mir Menschen begegnet, die mir aus religiösen Gründen nicht die Hand schütteln wollten.
Aber auch hier waren freundliche Gespräche und Unterhaltungen möglich.

Das Trampen im Iran ist durchaus "schwer", weil die allermeisten das Prinzip nicht kennen. Wenn man einsteigt wollen die dich meistens zurück in die Stadt zur nächsten Bus- oder Taxistation bringen..
Ich zielte bei meinem Kommentar eher auf die Begegnung im Zug ab.
Couchsurfing im Iran muß jeder selber wissen, ob er es macht, spannend ist es sicherlich - andererseits sind Hotels unglaublich billig und zudem kann der Schuß auch nach hinten los gehen, wenn sich die Polizei dafür zu interessieren beginnt. Lässt sich meistens alles irgendwie regeln, aber das Risiko sollte man hier erwähnen, für den Fall daß sich Leute vom dem schönen Bericht anregen lassen.

Hände schütteln ist in der Tat auch etwas, wo man aufpassen sollte. Grundsätzlich ist Hand aufs Herz und eine leicht Verbeugung immer richtig und höflich, bei Frauen aber immer abwarten, was sie machen - und klar, eine Verweigerung des Handschlags bedeutet nicht, daß es keine guten Unterhaltungen geben kann.

Die familiäre Kontrolle ist etwas, dem sich nur schwer entzogen werden kann - und das ist definitiv nicht auf die sehr religiösen Familien beschränkt.
 

honk20

Erfahrenes Mitglied
19.05.2011
5.357
13
Ein in jeder Beziehung wirklich ungewöhnlicher und sehr interessanter Bericht!

DANKE!

Völliges Kontrastprogramm zu den hier oft gesehenen First Class Reiseberichten inklusive Temperatur der Nüsse (die in dem Schälchen)......
Wobei, nüsse, speziell Pistazien ist eine hohe Kunst. Dort ist die richtige Temperatur auch sehr wichtig.

Kein Scherz. Die besten pistazien kommen immer noch von dort...
 

slutz

Erfahrenes Mitglied
06.10.2016
2.061
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Ich zielte bei meinem Kommentar eher auf die Begegnung im Zug ab.
Couchsurfing im Iran muß jeder selber wissen, ob er es macht, spannend ist es sicherlich - andererseits sind Hotels unglaublich billig und zudem kann der Schuß auch nach hinten los gehen, wenn sich die Polizei dafür zu interessieren beginnt. Lässt sich meistens alles irgendwie regeln, aber das Risiko sollte man hier erwähnen, für den Fall daß sich Leute vom dem schönen Bericht anregen lassen.

Hände schütteln ist in der Tat auch etwas, wo man aufpassen sollte. Grundsätzlich ist Hand aufs Herz und eine leicht Verbeugung immer richtig und höflich, bei Frauen aber immer abwarten, was sie machen - und klar, eine Verweigerung des Handschlags bedeutet nicht, daß es keine guten Unterhaltungen geben kann.

Die familiäre Kontrolle ist etwas, dem sich nur schwer entzogen werden kann - und das ist definitiv nicht auf die sehr religiösen Familien beschränkt.


dem stimme ich zu, bei weiblichen Personen habe ich immer erst abgewartet, was diese von sich aus "anbieten"...

Und ja, falls ich die Absicht gehabt hätte, das Zug-Mädel näher kennenzulernen in Form von Dating, Liebschaft etc. -> dann hat die Familie dann doch ein recht großes "Mitsprachrecht".
"Mit 18 kann man machen was man will" ist dort halt nicht.

Einem komplett unverfänglichem Treffem ohne jeglichen Hintergedanken stehen die Wenigsten entgegen... und falls doch, wird das dem Familienoberhaupt halt nicht erzählt ;)
Was man nicht weiß undso
 
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slutz

Erfahrenes Mitglied
06.10.2016
2.061
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Ich komme früh morgens in Yazd an und habe mich entschieden, die zwei geplanten Tage in einem Hostel zuverbringen.
Ich brauche mal eine Verschnaufspause von den ganzen Aktivitäten.
Im Hostel kann man oben auf das Dach gehen und hat einen Ausblick auf die Rohziegelbauten aus welchen Yazd hauptsächlich besteht.

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Die Straßen sind eng und verwinkelt.
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Teilweise nur zu fuß begehbar..
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Am zweiten Tag lasse ich mich durch die Stadt treiben und komme an einer Moschee vorbei, bei der gerade eine Predikt gehalten wird.
Ein Mann sieht mich und lädt mich ein teilzunehmen.
Klar, warum nicht. Also Schuhe aus und schon sitze ich in einem "Sitzkreis" von bestimmt 50 Menschen.

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Brot, Salat und Tee werden mir direkt gebracht. Wow! Was für ein Erlebnis.

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Ich verstehe zwar nicht worüber genau geredet wird aber innerhalb einer Minute war ich in die Gemeinschaft mitaufgenommen.
Ich freue mich, genieße die Atmosphäre und esse die leckere Mahlzeit.
Eine Stunde verbringe hier bevor ich mich verabschiede und den Weg durch die engen Gassen zum Hostel einschlage.
Morgen soll es mit dem Bus nach Isfahan gehen.

Ich komme in Isfahan an und mein dieses Mal weiblicher Host ist von Beruf Tourguide und Sportkletterer in einem.
Als ich bei ihr vor der Haustür erscheine, trägt ihre Mutter ein Kopftuch. Ein erstes Zeichen, das sie etwas konservativer ist.
Die Tochter begrüßt mich freudig, zeigt mir meinen Schlafplatz und erzählt, dass sie heute noch einen Spaziergang geplant hat bei dem man von oben auf Isfahan herunterschauen kann. Ich bin natürlich dabei!

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Wir gehen auch über eine Brücke und ich frage mich wozu diese Brücke überhaupt existiert.
Einfache Erklärung, der Fluss Zayandeh Rud, der darunter herlief, ist ausgetrocknet.

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Nächster Tag:
Im hippen armenischen Stadtviertel der Stadt treffe ich viele junge Menschen. Ich erzähle von meiner bisherigen Reise und die Jugend hier würde dies auch gerne mal unternehmen.
Aus vielerlei Gründen ist Reisen, speziell außerhalb des Irans, für Iraner sehr kompliziert.
Bevor Männer einen Reisepass bekommen, müssen sie erst ihren Wehrdienst ableisten. Zudem muss eine "Ausreisegebühr" bezahlt werden... jedes Mal wenn man die Grenzen Irans verlässt.
Wenn ich mir das mal in Deutschland vorstelle??? Verrückt!

Europa ist für viele dort ein Traum, der Freiheit wegen und natürlich auf Grund der ökonomischen Stabilität. Visa-Anträge (Tourismusreise) werden für Iraner sehr häufig abgelehnt.
Um etwas Freiheit zu erhaschen, reisen viele Iraner speziell zum Neujahrsfest Nowruz nach Armenien, dem einzigen nicht mehrheitlich-muslimischen Nachbar des Irans, um dort mit Alkohol und ohne Kopfbedeckung zufeiern.
 

bivinco

Erfahrenes Mitglied
03.08.2014
2.402
133
BSL
Respekt vor deiner Reise und führt mir nur vor Augen in was für einer “Komfortzone” ich meine Reisen organisiere. Selbst meide ich Reisen in solche Gebiete und bevorzuge doch u.a. eine anständige Herberge aber auch eine eher bessere Sicherheitslage. Finde es spannend so einen Reisebericht zu lesen und ziehe meinen Hut vor deiner Spontanität, Flexibilität und Offenheit.
 

Hene

Erfahrenes Mitglied
27.03.2013
4.130
2.740
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Danke für deinen Kommentar!
Isfahan und Teheran lagen auf der Route von mir und werden im nächsten Beitrag behandelt...
Schade, dass Gilgit-Baltistan so kurz kommt. Hatte da beruflich ein bisschen mit zu tun und landschaftlich und menschlich ist das ganz grosse Kunst, wenn man an die richtigen Leute gerät.
 

slutz

Erfahrenes Mitglied
06.10.2016
2.061
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Von Isfahan geht es für mich wieder mit dem Bus nach Teheran. Hier war ich letztes Jahr schonmal gewesen, jedoch sind meine Kontakte während meines Aufenthalts nicht in der Stadt. (1x umgezogen und 1x Urlaub auf einer iranischen Insel (Kish)).

Einen couchsurfer in Teheran zufinden, der meine Mama und mich für eine Nacht aufnimmt, ist ungefährt so schwierig wie beim Rewe mit Karte zubezahlen. Innerhalb weniger Stunden habe ich an die 10 Optionen und entscheide mich für ein nettes Pärchen. Als sie mir ihre Adresse schicken, sehe ich, dass sie im Norden von Teheran wohnen. Dies bedeutet zwar eine doch 1 stündige Taxifahrt, weil der IKA Flughafen sehr weit im Süden liegt, aber der Norden ist auch eine eher wohlhabenderen Gegend.

Der Bus aus Isfahan fährt nicht direkt zum Flughafen und ich bitte den Busfahrer mich an einer bestimmten Straßenkreuzung rauszulassen. Kein Problem!
Auf Deutschland bezogen weiß ich nicht ob der Flixbusfahrer mich mal nebenbei aussteigen gelassen hätte, wenn dies mein Wunsch gewesen wäre.

Die Ankunft der Mahan Air Maschine mit der meine Mutter aus DUS anreist ist für den Abend geplant. Ich habe noch etwas Zeit und mache mich zu Fuß auf dem Weg zum Flughafen.
Ein paar Taxis halten an und wollen mich mitnehmen, ich lehne dankend ab und gehe weiter.
Wieder hält ein Taxi an. Der Fahrer sagt er arbeitet am Flughafen und will mich konstenlos mitnehmen.
Jetzt beginnt das von mir schon beschriebene Tarof-Spiel aber als er zum dritten mal sagt er möchte kein Geld, steige ich ein und ein paar Minuten später sind wir schon da.
Er gibt mir noch einen Tee aus und wir unterhalten uns ein bisschen. Ich erzähle, dass ich meine Mutter hier abhole. Er freut sich und fragt mit welcher Maschine sie denn fliegt.
Ich zögere kurz aber antworte dann doch wahrheitsgemäß Mahan Air. Er hat eine Iran-Air Uniform an, lächelt aber dennoch und wünscht mir noch einen tollen Aufenthalt im Iran, bevor ich los zur Arbeit muss.

Ich hatte mein Visum für den Iran schon vorab organisiert, da ich über eine Landesgrenze eingereist bin.
Bei den größeren Flughafen Irans kann man als Deutscher seit ein paar Jahren ein Visa-on-arrival beantragen.
Für diese Art des Visums hatte sich meine Mama entschieden.
Vorteil: Kein langwieriger und kostenspieliger Prozess im Vorfeld.
Nachteil: Wartezeit am Flughafen zwischen 1-3 Stunden bis das Visa ausgestellt ist.

Ich sehe am Bildschirm, dass die Maschine 30 min verspätet zu sein scheint. Übe mich in Geduld und schicke eine Whatsapp-Nachricht an meine Mama.
Als ich eine Stunde nach Landung noch keine Nachricht von ihr bekommen habe, frage ich bei einem Mitarbeiter des Flughafens nach.
Ein kurzer Telefonanruf und ja, meine Mama ist da und der Visumantrag wird bearbeitet. Dauert wohl aber etwas länger.
Die Zeit rinnt und ich möchte unseren Gastgebern keine zu großen Umstände machen, wenn wir später als Mitternacht ankommen.

Nach einer weiteren Stunde ist endlich meine Mama da. Wir begrüßen uns aber sie hat leider schon den Ausgang genommen und das Gepäck liegt noch neben dem Förderband...
kein Problem, sie geht einfach zurück, holt sich Ihren Rucksack und in der Zwischenzeit ordere ich ein Taxi via "snapp", der iranischen Form von uber.

Wir stehen an der Ankunftsebene, es ist dunkel und es gibt unzählige Autos. Der Snapp-Fahrer ruft an, ich versuche ihm zu erklären wo wir sind aber er versteht kein englisch.
Geistesgegenwärtig drücke ich der mir nebenstehenden iranischen Person das Handy ans Ohr, er versteht und erklärt dem Fahrer wo wir sind. Keine 2 Minuten später ist er da und wir steigen erleichtert ein.

Unsere Hosts empfangen uns mit offenen Armen. Auch die Schwester ist gekommen, sie spricht Deutsch auf geschätztem B1/B2 Niveau und möchte in Deutschland studieren.
Ein großes Essen ist vorbereitet, wir schlagen kräftig zu und plaudern dann noch kurz alle gemeinsam über Gott und die Welt.

Das iranische Paar hat die letzten 2 Jahre in Kanada gelebt, ist jetzt aber wieder zurückgezogen, weil der Mann die Heimat vermisst hatte und er zurück in seinen alten Beruf wollte.
Durch Couchsurfing erhoffen Sie sich den ansonst limitierten Kontakt zu Ausländern zu verstärken.

Ausblick vom Balkon:
IMG_3828.jpg

Als Schlafplatz stellt sich für uns eine große Matratze hervor und kurze Zeit später sind wir dann auch eingeschlafen.


Das war es für heute erstmal.
Morgen geht es dann mit dem ersten, ganzen Tag in Teheran von uns weiter + die Weiterreise nach Bandar Anzali am kaspischen Meer.
 

slutz

Erfahrenes Mitglied
06.10.2016
2.061
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Schon vor dem Aufstehen begrüßt uns die Sonne Teherans und es wird klar, dass dieser Tag sehr warm wird.
Meine Mama ist noch etwas unsicher was kleidungsordnungstechnisch "akzeptabel" ist, aber unsere Gastgeberin nimmt ihr alle Sorgen. Bei Ausländern gelten andere Maßstäbe und die Sittenpolizei ist eher weniger an harmlosen Touristen interessiert.
Mit diesem eher lockeren Look gab es keine Probleme.
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Die Gastgeberin leiht meiner Mama zudem eines ihrer Kopftücher, da meine nur ein echt warmes "Winterkopftuch" dabei hatte...
Zudem erzählt meine Mama wie überrascht sie war, als am Flughafen noch vor der Einreise auf einmal weibliche Angestellte mit ihr ein "Selfie" machen wollen... was sie selbstverständlich gerne tat.

Beim Frühstück besprechen wir was wir uns heute anschauen wollen, wir bekommen ein paar Tips zu bestimmten Sehenswürdigkeiten und unsere Gastgeberin bietet uns an uns zum ersten Sightseeing-Spot mitzunehmen.
Undzwar mit dem eigenen Chauffeur :D Muss echt cool sein, sowas zu haben. In Deutschland ist das ja eine absolute Seltenheit aber im Iran ist es für gutsituierte Personen anscheinend Standard.

Gemeinsam schlendern wir zwei durch einige Parks und besuchen das Film-Museum der Stadt.
Beim Eintrittspreis für das Museum fällt mir auf, dass der Preis für Ausländer um das 10fache höher ist als für Iraner.
Es ist aber geschickt getarnt, da der günstige iranische Preis, halt nur auf Farsi dort steht und es dem unwissenden Touristen oft nicht auffällt. Die iranischen Zahlen konnte ich zudem aber schon lesen und übe mein Verhandlungsgeschick.
Endergebnis: meine Mutter zahlt den vollen Preis, ich bekomme den günstigen (iranischen) Studententarif. Klingt fair!

Das frühere Equipment:
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Altes Filmplakat:
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Berühmte iranische Schauspieler:
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Nächstes Ziel ist der Imamzadeh Schrein.
Wir müssen uns trennen und ich besuche den Part für Männer.
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Betende Menschen:
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Mein Geld geht langsam zur Neige und wir brauchen frische Rial. Da der Iran an das westliche Bankensystem nicht angeschlossen ist, funktionieren weder Visa noch Mastercard.
Das bedeutet, nur bares ist wahres.
Meine Mama begeht gleich den ersten Fehler und wechselt 100€... 100€ wird sie in den verbleibenden 5 Tagen nicht loswerden, da bin ich mir sicher, aber meine Mama besteht drauf.
Nun gut, ich lass sie ihre Erfahrungen machen ;)

Nachmittags treffen wir wieder unsere Gastgeber, wir essen Eis und planen gemeinsam den Abend.
Wie genau der Ort heißt den wir besuchen, weiß ich leider nicht mehr. Ist ja nun schon fast 3 Jahre her.
Es ist eine Fußgängerzone mit vielen Verkaufsständen, es ist einiges los und man hat einen unglaublich guten Ausblick auf die Stadt Teherans.
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Ich entdecke zudem ein lustiges Plakat. 9D-Kino???
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Als nächstes Etappenziel ist die Hafenstadt Bandar Anzali geplant, zu welcher wir am nächsten morgen per Bus aufbrechen.
Auch Anzali, etwas mehr als 100.000 Einwohner, habe ich während meiner ersten Iranreise 2016 besucht und habe mich in die Stadt und die Menschen "verliebt".

Während der ersten Reise, blieb ich bei einem Englisch-Lehrer welchen ich über eine seiner Schülerinnen per couchsurfing kennengelernt hatte.
Ich konnte damals aktiv am privaten Unterricht teilnehmen, das Meer war nur 5 Gehminuten entfernt und kam in Kontakt mit vielen Leuten...

Als wir in Anzali ankommen, werden wir schon erwartet und mit dem Auto abgeholt. Es stellt sich heraus, dass der Bruder des Lehreres anscheinend aus der Türkei wieder zurückgezogen ist und wir deswegen woanders unterkommen müssen.
Dies wurde aber auch schon von langer Hand (seitens meiner Freunde, nur halt ohne mir Bescheid zusagen) im Vorfeld organisiert und wir können bei den Großeltern einer Schülerin bleiben, welche genügend Platz im Haus haben.
Das so Bemerkenswerte ist, dass die Großmutter seit 4 Monaten englisch gelernt hat. Seitdem sie weiß, dass wir kommen und sie spricht für diesen kurzen Zeitraum schon wirklich gut.
Nur um sich mit uns zu unterhalten.
Zudem haben wir unser eigenes Zimmer, echte "Betten" und im Bad gibt es sogar einen Jacuzzi.
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Zu der ganzen Familie besteht noch heute der Kontakt und man schreibt sich regelmäßig über die sozialen Dienste. Natürlich waren wir alle sehr besorgt als wir hörten, wie schlimm Corona im Iran, speziell in der Region Gilan, wütet aber unsere Freunde sind noch alle wohl auf.

Wie wir die nächsten Tage in Anzali und Umgebung verbringen, was das besondere der Stadt Masuleh ist und wie es für mich weitergeht während meine Mama zurück nach Teheran reist, das erfahrt ihr im nächsten Bericht ;)