Sprachen in der Fliegerei (aus dem AF447-Thread)

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mic13

Erfahrenes Mitglied
31.05.2010
843
32
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Ich muss hier MANAL mal völlig recht geben: Es schadet sicher nix wenn man im Cockpit Leute sitzen hat die noch eine weitere Sprache zumindest verstehen. Bestandteil des Abiturs sind ohnehin zwei Fremdsprachen und ich bin mir sicher dass die meisten von den Jungs und Mädels vorne schon mal etwas Französisch, Spanisch oder auch Russisch gelernt haben. Auch werden im Funkverkehr ja standardisierte Sprechgruppen verwendet, die immer wiederkehren, und das auch aus gutem Grund. Insofern finde ich schon, dass man den Cockpit-Crews das zumuten könnte ab und zu mal einen Auffrischungskurs Flieger-Spanisch etc. zu verpassen.

Völlig klar finde ich aber auch, dass in erster Linie gute Piloten gebraucht werden und nicht unbedingt Sprachgenies.

Dem Punkt, dass eine einzige einheitliche Sprache gesprochen werden sollte stimme ich bedingt zu. Im Prinzip wäre das eine schöne Idee, würde aber voraussetzen, dass ALLE Beteiligten ein aursreichendes Maß an Sprachkenntnis haben. Das kann man in einigen Teilen der Welt aber einfach nicht voraussetzen. Wenn ich mich in eine Air China von Peking nach Shanghai hocke, dann ist es mir bei dem Englisch der Crew ganz ehrlich viel lieber sie sprechen Chinesisch!

Der Flugfunk ab der US-Mexikanischen Grenze südwärts bis Kap Horn findet übrigens fast nur auf Spanisch (bzw. Portugiesisch wie gelesen in Brasilien) statt, außer es kommen Flieger von Außerhalb. Ich empfehle mal reinzuhören auf Listen to Live ATC (Air Traffic Control) Communications | LiveATC.net. Hab in letzter Zeit etwas mehr dem Funk aus San Jose in Costa Rica gelauscht weil ein Teil meiner Familie dort unterwegs war. Interessant würde ich die Kommunikation mal nennen... die hatten Probleme mit Wetter, eine Bahn 07/25, ließen die Flieger auf der 07 landen und auf der 25 starten, hauptsächliche LACSA und SANSA Flieger, dazwischen immer Amis und die Condor... sportlich. Außerdem ist mir aufgefallen dass manche Piloten bei Copa (aus Panama) dann doch wieder kein Spanisch sprechen, sondern die spanischen Anweisungen überhören und dann erst reagieren wenn sie auf englisch wiederholt werden. Langweilig wirds da in der Luft nicht und wenn ein Pilot von z.B. Condor da auch etwas Spanisch versteht hab ich da dann aber auch gar nix dagegen!
 
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giulia

Erfahrenes Mitglied
14.09.2010
747
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Wäre vielleicht auch nicht schlecht wenn man mal anfangen würde den Piloten die in diese Regionen fliegen zumindest ATC-Sprachkenntnisse in den dort genutzten Sprachen beizubringen.

es wäre vielleicht auch nicht schlecht mal allen piloten einheitlich englisch beizubringen. damit wäre der allgemeinheit mehr gedient.
 

rorschi

Erfahrenes Mitglied
09.03.2009
10.155
3.504
ZRH / MUC
Das wäre doch was für Volunteers: Wer in einer der ICAO-Fremdsprachen verhandlungssicher kommunizieren kann, kann nach einem Einführungskurs dem Lufthansa-Piloten-Sprech-Hilfsbund beitreten und helfen, am Funk zu übersetzen. Als Entgelt gibt es pro Flug die üblichen Business-Meilen, ggf. mit Executive-Bonus.
 

FlyingT

Erfahrenes Mitglied
17.11.2010
2.777
0
Wie ich schon geschrieben haben, das wäre der optimale Fall. Nur nicht realisierbar, daher sollte man sich auf brauchbare Lösungen konzentrieren.

Stellt sich allerdings auch die Frage, was denn wirklich brauchbar ist.

Brauchbar im Sinne von realistisch umsetzbar, lernbar, anwendbar.

Sprachen sind durchaus sehr unterschiedlich in ihrem Aufbau, in ihrer Syntax, Grammatik, Betonung, etc, etc.
So ich mich an diverse Artikel erinnern kann, wird englisch als eine relativ leicht zu erlernbare Sprache betrachtet. Englisch ist auch aus phonetischer Sicht eine relative einfache, klare und verständliche Sprache.
Man sollte also nicht nur die Anzahl der Muttersprachler betrachten, sondern auch die Anzahl der Leute, die eine Fremdsprache erlernen und benutzen müssen.

Allein an dieser Stelle scheitert das Chinesische:
"Chinesisch" per se gibt es nicht - im Land gibt es hunderte Dialekte, die so grob differenzieren, dass sie untereinander nicht/kaum verstanden werden.
Die chinesische Aussprache ist tricky, da fast jedes "Wort" dank vierfach unterschiedlicher Betonung zig Bedeutungen hat, was nicht mutter-sprachlern Verwechslungen quasi aufzwingt.
Dieser Umstand wird dadurch gewichtiger, dass selbst in Zeiten des digitalen Funks die Verständlichkeit im Funkverkehr nachwievor recht gering ist - dort Nuancen heraus zu hören kann für ungeübte sehr schwer werden.

Es ist auch die Frage angebracht, wie es denn in der Praxis realisiert werden soll, dass jeweils ein Muttersprachler an Bord ist.
Beispielweise ein Flug nach Japan, der recht weit südlich unterwegs ist:
Da braucht es erst einen "Russen", dann einen "Chinesen" und abschließend noch einen Japaner! :eyeb:
 
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MANAL

Erfahrenes Mitglied
29.05.2010
15.000
10.579
Dahoam
Um aus einem fremdsprachigen Funkverkehr rauszuhören welcher Flieger grade welchen Kurs und Höhe zugewiesen bekommt oder Windangaben und Hinweise auf Turbulenzzonen zu verstehen reichen rudimentäre Kenntnisse in der Fremdsprache bei denen man sich auf die Fliegersprache konzentriert. Weder muss der Pilot hochgeistige Literatur, den Wirtschaftsteil einer Zeitung oder die neueste Steuergesetzgebung in dem Land verstehen. Wer z.B. in der Schule Französisch mit mindestens einer zwei hinbekommen hat wird wohl auch im französischen Flugfunk einigermaßen mitbekommen was im Luftraum drumrum passiert. Und genau das ist es doch was die Sicherheit bringt, zu wissen was machen die anderen oder was teilen die anderen einem mit. Habe ich überhaupt keine Kenntnisse sieht das ziemlich düster aus wenn eine Maschine in der Fremdsprache vor eine Turbulenz vor mir warnt und ich bekomme das nicht mit. Und um das in Frankreich zu verstehen wird mir schon das Schulfranzösisch reichen. Als Pilot kann ich ja dann auf Englisch beim Controller nochmal nachfragen was es mit der Turbulenz auf sich hat.
Das wird genauso in China sein. Sobald ich was mitbekomme was in meiner Höhe und Flugrichtung passiert werde ich erstmal aufmerksam auf mögliche Probleme und kann dann aktiv reagieren und auf Englisch nachfragen. Daher sehe ich keinerlei Problem darin wenn es um Sprachnuancen oder Dialekte geht. Klar, je besser die Crew das kann desto besser ist es. Ein Muttersprachler an Bord wüsste halt immer komplett Bescheid worum es geht. Aber so jemand auf jedem Flug an Bord zu haben ist unrealistisch und wird niemals passieren, genauso wie dass überall auf der Welt in Englisch kommuniziert wird. Wird aus politischen und kulturellen Gründen auch niemals passieren.
 

BER Flyer

Erfahrenes Mitglied
23.05.2010
1.532
576
Die weltweit gültige Regel das in jedem Land auch in der regionalen Sprache kommuniziert werden darf hat ja andere Hintergründe: es gibt in vielen Ländern Piloten ( auch kommerzielle ) die einfach nur ihre Heimatsprache sprechen. Natürlich fliegen die nie ins Ausland aber all diesen Piloten oder FO würde dann das Fliegen verboten sein. Im Jahr 1990 konnten von allen Aeroflot Piloten und FO's nur etwa 20% englisch, eben genau die für die Auslandseinsätze. In vielen afrikanischen Ländern und wahrscheinlich auch in Südamerika fliegen viele Piloten die wirklich nur in ihrer Muttersprache kommunizieren können. Deshalb gilt schon seit den 30iger Jahren das in der Regel in jedem Land auch in der Landessprache kommuniziert werden darf. Nur für internationale Flüge gilt eben das "englisch" als vorgegebene Amtssprache.
 

BER Flyer

Erfahrenes Mitglied
23.05.2010
1.532
576
Wenn in LAX jemand chinesisch kann, dann ist es selbstverständlich erlaubt, daß die sich in chinesisch unterhalten.

Worum es mir aber geht: Man hat auch in den heutigen Regelungen keinen ANSPRUCH auf englisch. Wenn ich als Pilot auf einem Transsibirienflug ungeplant runter muß, dann sind noch lange nicht alle ausreichend langen Betonpisten auch mit einem englisch-sprachigen Tower versehen.

Mir geht es nur um die automatische Denke hier, die anderen Sprachen seien zwar zugelassen, aber Englisch sei doch per Moses Gebot Nr. 11 das selbstverständlichste. Und das ist eben nicht so.
Das ist so völlig korrekt: Nach dieser Logik müsste ja jeder Flugplatz der Welt der mal ungeplant als Notlandeplatz für eine ausländische Airline dienen könnte rund um die Uhr mit einem englischsprachigen Towerlotsen besetzt sein. Das ist mit Verlaub Unsinn. Es würde ja zudem auch hunderte von Militärlandeplätzen mit einschliessen. Warum sollte ein Towerlotse eines sibirischen Regionalflughafens der sonst ausschließlich russische Inlandsflüge abfertigt englisch sprechen müssen? Einen Anspruch auf englischen Funkverkehr habe ich nur beim Anflug auf einen Internationalen Verkehrsflughafen, diese müssen nach
ICAO Regeln für die Abfertigung in der Luft ( nicht auf dem Boden! ) englischsprachiges Personal bereithalten.
 

ek046

Erfahrenes Mitglied
29.05.2013
3.345
884
Ich musste mir einfach bildlich vorstellen wie der Ground n großes Stück vom Schreibtisch aus der Tischkante gebissen hat... :D

Klar gibts noch mehr davon, das hier ist mir ins Auge gestochen. Wusste aber nicht, dass es schon 7 Jahre alt ist im Original
 

esquilax

Erfahrenes Mitglied
11.10.2010
809
0
CGN
Controller in JFK sind auch weder dafür bekannt sich besonders streng an den ICAO-Standard für Sprechfunk zu halten noch auf evtl. schlechtere Sprachkenntnisse der Piloten durch langsamere und deutlichere Aussprache Rücksicht zu nehmen.
 

tripleseven777

Erfahrenes Mitglied
27.06.2016
5.318
5.756
DTM

In Australien bin ich bislang 3x mit Jetstar geflogen.
Hier bei diesem Vorfall in Manila frage ich mich, wer dem funkenden Jetstar-Piloten („Orange Liner“) ICAO Language Proficiency Level 4 (er wird doch nicht etwa Englisch Level 5 oder 6 haben) ausgestellt hat.

Schönes Wochenende!
 
Zuletzt bearbeitet:

Loungepotato

Erfahrenes Mitglied
02.12.2016
4.420
5.766
In Australien bin ich bislang 3x mit Jetstar geflogen.
Hier bei diesem Vorfall in Manila frage ich mich, wer dem funkenden Jetstar-Piloten („Orange Liner“) ICAO Language Proficiency Level 4 (er wird doch nicht etwa Englisch Level 5 oder 6 haben) ausgestellt hat.

In manchen Ländern und bei manchen Testern wäre das Level 3, anderswo 5. Man darf auch nicht vergessen, dass der Pilot gerade seine Karriere und Zukunft den Bach runter gehen sieht, der ist unter maximalem Stress.

Und man muss auch sagen, dass die Kommunikationstechnik des Lotsen underirdisch ist: einfach die gleiche offensichtlich zu komplexe Frage immer und immer wieder zu stellen, ohne auch nur den Versuch einer Umformulierung zu machen, zeugt von mangelhafter Ausbildung. Zumal die Frage in dem Moment total unwichtig ist, weil sie nicht zur Lösung des Problems beiträgt.
 
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tripleseven777

Erfahrenes Mitglied
27.06.2016
5.318
5.756
DTM
Und man muss auch sagen, dass die Kommunikationstechnik des Lotsen underirdisch ist: einfach die gleiche offensichtlich zu komplexe Frage immer und immer wieder zu stellen, ohne auch nur den Versuch einer Umformulierung zu machen, zeugt von mangelhafter Ausbildung. Zumal die Frage in dem Moment total unwichtig ist, weil sie nicht zur Lösung des Problems beiträgt.

Ja, da stimme ich dir zu.
Es war leider auch keine Glanzleistung des TWR-Lotsen. Wirkt bei dem Video zumindest so, dass er die Situation auch nicht sofort voll erfasst hat. Diskutieren kann man hinterher. Nun ja, alle waren gestresst. Dies kann in den Berufen aber vorkommen und sollte besser abgearbeitet werden.

Das Wetter war laut AvHerald übrigens gut:
https://www.avherald.com/h?article=4d0930cf&opt=0

Hoffe man lernt aus der Situation. Schult ggf. nach (Englisch-Sprachkurs? :p ) und beachtet die NOTAMs genauer.
 

Loungepotato

Erfahrenes Mitglied
02.12.2016
4.420
5.766
Hoffe man lernt aus der Situation. Schult ggf. nach (Englisch-Sprachkurs? :p ) und beachtet die NOTAMs genauer.

Hauptproblem war hier „Attitude“. V.a. des Lotsen.

Und solange die weltweiten Teststandards für die ICAO-Levels nicht vereinheitlicht sind, werden viele mit so einem Englisch auch eine Lizenz bekommen.