Das eigentliche Problem ist nämlich die Physik und Aerodynamik aufgrund der Triebwerksaufhängung, und mit der Physik lässt sich nicht verhandeln. Entweder ist das Ding stabil in allen Fluglagen, oder eben nicht. Und in diesem Falle gilt eben das letztere. Boeing müsste also, wollte man das Problem "wirklich" beheben, die 737 mit einem höheren Fahrgestell wie die Airbusse ausrüsten, die Triebwerksaufhängung wieder verlagern usw.
Ich stimme Dir bezüglich Deinen Aussagen zur Unverhandelbarkeit der Physik vollkommen zu, sehe es aber bezüglich der physikalischen Möglichkeiten als nicht ganz so dramatisch an.
Man kann durchaus eine sehr zuverlässige Flight Envelope Protection bauen, die das Eintreten eines unsicheren Flugzustands sicher verhindert. Das ist ähnlich wie damals mit der A Klasse, dem Elchtest und der Lösung ESP, das ESP verhindert ein Umkippen sicher und wirkungsvoll. Auch an diversen anderen Stellen in der Luftfahrt gibt es Elektronik, die sicher funktioniert und das auch zu 110% muss, weil es sonst ganz fürchterlich knallt.
Und auch z.B. ein Eurofighter ist zwar aerodynamisch instabil, wird aber von Computern stabil gehalten, und da ist auch
deshalb noch keiner runtergefallen. In der Airbus-Familien arbeiten die Fly by Wire Systeme ebenfalls sehr ordentlich.
Der Punkt ist:
Sie werden massiv umrüsten müssen. Inzwischen hat sich rumgesprochen, auch bei den Zulassungsbehörden, dass das MCAS auch deshalb so popelig konstruiert wurde, weil der im Rahmen des Großvaterprinzips übernommene Rechner überlastet ist - daher auch die verzögerte Reaktion auf die manuelle Trimmung oder das Abschalten des Autopiloten - und die einzige senkrechte Lösung besteht darin, das Ding auszutauschen.
Und wenn man eine Envelope Protection zwingend benötigt, und dies ist bei der MAX der Fall, dann muss die eben vollständig sein, was bedeutet, dass es nicht reicht, etwas an der Trimmung rumzuspielen. So ein Flugzeug kann je nach Fluglage durchaus schief im Wind liegen und unterschiedlichen Auftrieb je Flügel haben (Querruder!), die AoA können sogar ganz regulär unterschiedliche Messwerte liefern, je nach Einbauposition, deshalb ist es nicht ganz einfach, daraus und aus der zwingend notwendigen Einbeziehung der Messwerte aus der Trägheitsnavigation korrekt die Art und Stärke des nötigen Eingriffs zu bestimmen. Und ja, die Piloten sind entsprechend auf das System zu schulen.
Ich hätte keine Bedenken, mit dem Flugzeug zu fliegen, wenn da eine sauber entwickelte Flight Envelope Protection mit redundanten Systemen, Sensoren und Aktoren drin wäre,
da ist das Thema Auftrieb an den Triebwerken wirklich nur Software. Das ganze mit modernen, bewährten und soliden Prozessoren, bitte nicht unbedingt 10nm Strukturen, da sind es zu wenig Atome je Transistor, aber so irgendwas >80nm, brav mit ECC Speicher usw., Lock Step, und dann ist das mit entsprechender Redundanz wirklich top zuverlässig.
Aber das braucht es eben auch, den Billig-wir-patchen-die-Software Ansatz darf Boeing ganz brav und voll transparent in die Tonne kippen. Wenn sie das versuchen würden durchzuboxen, wäre der Typ für mich ein Nogo. Ich gehe aber davon aus, dass nach den gemachten Erfahrungen mit Boeing ihrer Patcherei das zumindest die EASA und wohl auch die FAA verstanden hat und Boeing da nicht mehr auftauchen braucht, bevor sie das Problem nicht nachhaltig gelöst haben.