1. Flugzeuge sollen auf Flughäfen starten und landen. Nur nicht an jeder Milchkanne und dass das nur Flugzeuge von LH sind, ist sicher nicht alternativlos. Es geht um eine Beförderung von A nach B und das kann nicht nur die LH.
2. Dass bei startenden und landenden LH-Flugzeugen unmittelbar mehr Steuern und Kaufkraft in Deutschland verbleiben ist eine Behauptung, die nicht bewiesen ist. Zahlen zu den relevanten Einflussfaktoren und den gesamtvolkswirtschaftlichen Auswirkungen gibt es dazu? Diese müssten ja dann auch die Subventionen ebenso einbeziehen wie auch die Wohlfahrtsverluste durch permanentes Rumgestreike, das die halbe Republik lahmlegt oder saftige Preiserhöhungen auf bestimmten Strecken nach der Filetierung des Hauptkonkurrenten AB, mit einrechnen. Diese Zahlen würden mich wirklich interessieren...also bitte her damit.
3. Kauft LH jetzt keine Boeings und Embraers mehr? Wäre mir neu und ist nach Einsteig bei LH auch im Hinblick auf WTO-Regeln sicher nicht so einfach zu bewerkstelligen. Ist dann auch der Kauf von unter Verstoß gegen WTO-Regeln subventionierten Airbus-Flugzeugen dann nicht auch noch zusätzlich eine Subvention der "bösen" Franzosen/Briten/Spanier? Ist das vor dem Hintergrund, dass wir ja bevorzugt "unserrerr LH" helfen wollen überhaupt erlaubt und sinnvoll? Diese Diskussion ist doch reichlich eindimensional.
4. Mein Eindruck war bei der Rückholaktion, dass auf diese Art und Weise die Bundesregierung ohne lästige EU-Beihilfekontrolle (weil Notfall) das erste Mal die in D ansässigen Airlines kräftigst subventioniert hat.
Ansonsten habe ich gerade gesehen, dass eine ähnliche Diskussion in diesem
https://www.vielfliegertreff.de/air...onen-ueber-airlinepleiten-21.html#post3189702 Thread schonmal geführt wurde. Den dort aufgeführten Argumenten und der Position, dass man doch bitte erstmal schauen möge, als direkt alles als alternativlos zu deklarieren (da ist es schon wieder, das a.-Wort), schliesse ich mich an. Interessant ist dort wie hier in dem Thread, dass sich einige nicht einmal mehr explizit als LH-MA outen müssen weil das ohnehin offensichtlich ist. Wenn man den Teich trockenlegen will, darf man nicht die Frösche fragen.
OK.
Also: Ich bin nicht LH Mitarbeiter.
Und: Ich bin voll und ganz der Ansicht, dass man Lufthansa mit möglichst weitgehenden Regeln retten sollte und muss.
Und: Ich bin der Ansicht, dass es in der aktuellen Lage alternativlos ist.
Und: Ich bin der Ansicht, dass man auch die Provinzflughäfen braucht.
Warum? Weil ich - obwohl noch ein recht junger Unternehmer - der Ansicht bin, dass Zoom und Skype nicht die Lösung aller Probleme sind, sondern persönliche Termine für unglaublich wichtig sind. Das in Verbindung mit der Tatsache, dass die Deutsche Bahn eine absolute Vollkatastrophe für Leute ist, denen Zeit und Pünktlichkeit wichtig sind, führt dazu, dass die innerdeutschen Termine oft nicht ohne Lufthansa gehen. Die wiederum gibt es aber nur, weil Lufthansa sie zugleich für die Zubringer braucht und nutzt.
Ich kann entweder von Süddeutschland 5 Stunden Bahn (oder mehr) pro Strecke fahren (zusätzlich mit Zugausfällen, Verspätungen, dreckigen Bahnhöfen, man kann nicht schlafen....) und dementsprechend schon am Vortag anreisen etc.. Oder ich kann morgens einen Termin in Bremen machen und nachmittags in Friedrichshafen, und bin trotzdem abends in Frankfurt, München oder London zuhause.
Weiteres Argument: Ohne die Provinzflughäfen ist es praktisch irrelevant, ob ich TXL-DXB-SIN fliege oder Berlin-Frankfurt 5 Stunden Bahn und dann die Langstecke mit LH. Das Risiko ist dann vielleicht sogar mit Lufthansa größer, den Flug zu verpassen...
Für Urlauber mag das alles recht egal sein. Aber Deutschland hat einen riesigen Mittelstand und Unternehmen, die sich zukünftig noch mehr im internationalen Wettbewerb behaupten müssen. Ohne eine überall präsente Fluggesellschaft wird da noch viel mehr den Bach 'runter gehen, als es schon jetzt der Fall ist.
Es ist schon schlimm genug, wie brutal schlecht der Breitbandausbau in Deutschland ist und auch die Mobilfunkversorgung. Ich habe sehr viele Mitarbeiter, die nur aus dem Home Office arbeiten. Bei einem Einstellungsgespräch ist dann eine der ersten Fragen, ob es DSL und/oder LTE am Wohnsitz gibt. Und es ist erschreckend oft nicht der Fall. Gleichzeitig jammern dann die entsprechenden Gemeinden etc. darüber, dass die Steuereinnahmen sinken. Hä?? Wenn gut bezahlte Mitarbeiter wegziehen müssen, weil sie de facto nun einmal keine Möglichkeit haben, von zuhause zu arbeiten kann ich nur sagen: Ein Wegfall der Lufthansa hat mir gerade noch gefehlt.
Es stellt sich bei uns öfters die Frage, ob wir mit einem Unternehmen ins Ausland gehen, weil einige Rahmenfaktoren in Deutschland nicht passen, wenn man ehrlich arbeitet und nicht alle möglichen Steuersparmodelle nutzt. Wenn mir jetzt noch die Möglichkeit genommen wird, ohne größere Schwierigkeiten heute in Bremen und morgen in Singapur einen Termin wahrzunehmen, dann sehe ich es irgendwann nicht mehr ein, hier so viel Steuern zu zahlen. Ich bin also sowohl aus Unternehmersicht als auch Steuerzahlersicht der Ansicht, dass Lufthansa gerettet werden muss. Es geht nämlich nicht nur um die Mitarbeiter bei Lufthansa, sondern auch um die Unternehmen, die diese Dienstleistung dringend brauchen, um Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten und Steuern zu zahlen.
Etwas anderes ist das Verhalten von Lufthansa und einem Vorstand aktuell. Wie da mit den Kunden umgegangen wird, welche Arroganz da an den Tag gelegt wird, wie selbstverständlich Leistungen gestrichen und Gelder einbehalten werden, geht gar nicht. Da müsste es eigentlich massive Konsequenzen geben.
Kurzarbeit, weil angeblich nichts zu tun, und dann stehen hundert und mehr Leute an den einzigen beiden Schaltern in Frankfurt an?
Monatelang kein ordentliches Essen?
Lounges geschlossen?
First Class immer weiter abschaffen?
So geht es nicht.
Eine Rettung sollte daher nur unter der Prämisse erfolgen, dass die Lufthansa zukünftig wieder bestimmten Werten folgt, die sie als vernünftigen Geschäftspartner wieder auf die Beine stellen. Nur weil man mit Low Cost vielleicht mehr Gäste gewinnen könnte, ist das nicht der Weg, den die deutsche Wirtschaft braucht. Denn darum geht es meiner Meinung nach. Nicht darum, ob Urlauber nun mit Lufthansa oder Ryanair zum Feiern fliegen. Es geht um die Frage, was man als "Backbone" für die Deutsche Wirtschaft braucht. Und da hat Lufthansa leider schon vor der Krise angefangen, weniger verlässlich zu werden, und sollte die Krise und die Hilfen zum Anlass nehmen, zu Werten zurückzukehren, die langfristig auch tragfähig sind.