Meine politische Meinung zu dem Thema bleibt, dass die wesentliche Infrastruktur einfach in die Hände des Staates gehört. Verkehr und Gesundheit dürfen privatisiert werden. Das Gewaltmonopol bleibt beim Staat. Warum genau da die Grenze? Warum nicht auch streikende Polizisten oder Soldaten? Erscheint mir willkürlich. Eine funktionierende Infrastruktur, ein sich ausschließlich am Wohl des Patienten orientierendes Gesundheitssystem sind mindestens so wichtig wie Soldaten, die darauf warten, ob uns eventual mal jemand angreift.
Ein für die unterschiedliche Behandlung wichtiges Konzept, mit dem Du offensichtlich nicht vertraut bist, ist das des sog. öffentlichen Gutes.
Ein öffentliches Gut ist durch Nicht-Rivalität und Nicht-Ausschließbarkeit in der Nutzung gekennzeichnet. Wenn die Bundeswehr die äußere Sicherheit auch für Deinen Nachbarn schützt, sinkt dadurch Dein Schutz nicht. Das nennt man Nicht-Rivalität. Nicht-Ausschließbarkeit bedeutet, dass es praktisch ausgeschlossen ist, Einzelne von der Nutzung eines Gutes auszuschließen. Letzteres trifft zu für Luft, das Militär oder terrestrische Übertragungen eines öffentlich-rechtlichen Radiosenders. Bei einem privaten Gut (wie z.B. einem Auto oder einem Stück Kuchen) kann ich andere (zu nicht prohibitiv hohen Kosten) von der Nutzung ausschließen. Es besteht zudem Rivalität in der Nutzung: Wenn ich das Stück Kuchen esse, kann es niemand Anderes mehr essen.
Wieso ist das jetzt relevant? Die Dienstleistungen, die Militär und Polizei erbringen, sind vorwiegend öffentliche Güter. Da ich Niemanden von der Nutzung ausschließen kann, wird sich dieses Gut am Markt nicht verkaufen lassen. Es besteht ein sog. Trittbrettfahrerproblem: Leute würden das Gut in Anspruch nehmen, ohne dafür zu bezahlen, weil es nicht möglich ist (jedenfalls nicht zu vertretbaren Kosten), sie von der Nutzung auszuschließen. Die Folge wäre ein Marktversagen: Die Verkäufer finden nicht genug zahlende Kunden für das Gut und würden dessen Produktion einstellen. Folglich muss der Staat in die Bresche springen und die Dienstleistung (wie z.B. innere oder äußere SIcherheit) erbringen.
Bei Gesundheitsdienstleistungen sieht es anders aus: Hier bestehen -- jedenfalls, wenn man kleine Teilbereiche wie den Impfschutz ausklammert -- sowohl Ausschließbarkeit als auch Rivalität in der Nutzung. Ich kann sowohl denjenigen, die nicht für Gesundheitsdienstleistungen zu zahlen bereit sind, deren Inanspruchnahme verweigern als auch kann eine Gesundheitsleistung, die eine Person in Anspruch nimmt (z.B. eine Brustkrebsvorsorgeuntersuchung oder eine Kariesbehandlung) nicht zugleich von anderen Personen in Anspruch genommen werden.
Mit anderen Worten sind bei Gesundheitsleistungen Marktlösungen prinzipiell möglich, beim Militär hingegen wegen Marktversagens hingegen nicht (der Markt würde zusammenbrechen). Nun mag es andere Gründe (Gründe *außer* Markteffizienz, z.B. etwa das Sozialstaatsprinzip) geben, weshalb man Gesundheitsleistungen partiell in die öffentliche Hand geben mag, aber grundsätzlich hat die Gesellschaft bei Gesundheitsleistungen größere Entscheidungsspielräume als beim Militär: Beim Militär ist es klar, dass (ein Versuch der) privatwirtschaftlichen Finanzierung ineffizient wäre, bei Gesundheitsleistungen ist das alles andere als klar.