Okay, sorry für den Fachsprech.
Die Erklärungen oben waren soweit richtig. Zum Szenario: Die Crew wollte schon immer so viel tanken, nur unser Load Control, also das Büro, was das Loadsheet (Papier mit allen mögl. Daten zu Gewicht und Schwerpunkt vom Flieger, wird u.A. für die Takeoff-Performance-Berechnung benutzt) erstellt, hat einen Fehler gemacht und ausversehen zwei Tonnen Block Fuel zu wenig eingegeben. Das Loadsheet war dann am Flieger, ich hab der Crew, als mir der Fehler aufgefallen ist, natürlich gesagt, ich lass sofort ein neues erstellen und bring es vorbei, aber der Kapitän meinte nur, dass es kein Problem wäre, und hat in der LMC-Spalte (eine Art Tabelle, wo man jene Last Minute Changes eintragen kann) einfach "Block Fuel +2000kg" eingetragen. Nicht nur haben die meisten Airlines generell ein LMC-Limit von 500kg (danach würde ein neues Loadsheet fällig werden), sondern man darf LMCs auch ausschließlich für sog. "Traffic Load", also jedwede Art der Zuladung, egal ob selbst in die Kabine laufende Zuladung (aka Passagier) oder Koffer, Cargo und Ballast unten im Laderaum. Der Grund, warum man es mit Treibstoff nicht machen darf, ist ganz simpel der, dass Flugzeuge recht absurde Reihenfolgen beim Befüllen der Tanks befolgen.
Ein Beispiel: Bei der Boeing 737-800 gilt die Regel, zuerst werden die Flügeltanks, dann der Center Tank im Rumpf befüllt. In die Flügel passen 7.8 Tonnen. Wenn ich jetzt ein Loadsheet mit 7.8 Tonnen Block Fuel habe, in der Realität aber 9.8 Tonnen getankt wurden, dann hab ich zwei Tonnen an Gewicht, die an einer komplett anderen Stelle liegen und somit den Schwerpunkt massiv verändern.
LMCs wurden eigentlich für folgendes Szenario gedacht: Boarding nach LPA ist abgeschlossen, es fehlen jedoch zwei Passagiere ohne Koffer. Außerdem haben sich unten auf dem Vorfeld noch fünf Rush-Koffer eingefunden, die leider gestern in der Sortieranlage hängen geblieben sind und jetzt zu ihren Besitzern hinterhergeschickt werden sollen.
Also schreib ich in die LMC-Spalte des Loadsheets:
L -2m Pax -200kg
P +5 Bags +75kg
A
TTL.: -125kg
Das schöne ist, dass nicht nur jede Airline für die LMCs unterschiedliche Gewichte verlangt, sondern oft separat auch noch viele Kapitäne ihr ganz eigenes Süppchen kochen, weil sie die avisierten Gewichte der Airline zu unpraktisch finden. Also bietet es sich meistens an, vorher den Kapitän zu fragen, mit welchen Gewichten denn gerechnet werden soll.
@Fare-IT: Jedweder Versuch, dieses Harakiri zu rechtfertigen, ist fehlgeleitet. Da Piloten im Flug leider nicht die Flugzeugkabine nicht verlassen können und auch sonst keinerlei Wartungs-Kompetenz haben, können sie nicht ad-hoc feststellen, was die Ursache für den Ausfall war. Und gerade zu so einem Zeitpunkt sollte einem dann immer das Wort "Fuel Contamination" in den Kopf kommen. Sollte das der Fall sein, dann ist der zweite Pott auch schneller aus, als es der Crew lieb ist, und die Kiste mit OEI (One Engine Inoperative) irgendwo auf den Hof zu stellen und sich auf ne schöne Nacht im Hotel zu freuen, ist immer noch eine andere Qualität des Notfalls, als als unfreiwilliger Segelflieger irgendwo reinzukacheln mit nur einem Versuch, es richtig zu machen. In der Luftfahrt ist kein Platz mehr für Heldentum und Waghalsigkeit, 90% des Jobs eines Kapitäns ist sog. CMA - Cover My Ass. Jede Entscheidung basiert nicht nur darauf, was aktuell den Umständen entsprechend als praktikabel erscheint, sondern auch, wie im Worst Case diese Entscheidung von einer Flugunfall-Untersuchungsbehörde betrachtet werden würde und ob sie dann dem Kapitän nicht dafür den Hals umdrehen würden. Und sorry, dass ist in diesem Fall einfach nicht gegeben.