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flysurfer

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Der Punkt ist doch, dass jedes Wort beleidigend wirken kann, wenn man es entsprechend gebraucht. Das "wie" ist entscheidender als das "was". Wenn es also genug Deppen gibt, die Frauen das Wort "Du Mutter!!" fortwährend in beleidigender und despektierlicher Art und Weise entgegenschleudern, ist das Wort "Mutter" irgendwann eine Beleidigung, und dann kommen die Sprachwächter und erklären uns, dass wir besser "weibliches Elternteil" verwenden und auch nicht mehr Mutterkuchen, Muttertag etc. sagen sollten. Das aber ist die Kapitulation gegenüber der Dummheit.

Ist "Deutscher" oder "Türke" eine Beleidigung? Nun, wenn es als solche gemeint ist, wird das der Initiator schon deutlich machen, etwa in dem er "Du Scheiß-Deutscher!" oder "Scheiß-Türke!" o.ä. sagt. Damit wird es dann schon klar, und genau so werden neutrale Wörter ja erst zu Beleidigungen. Wenn man es oft genug wiederholt, kann man das "Scheiß-" getrost weglassen, mission accomplished, die negative Konnotation ist dann reflexhaft (also auf primitivste Weise) hergestellt. "Deutscher" = "Scheißkerl", ergo ist "Deutscher" dann eine Beleidigung. Ganz klar, dass auch Wörter wie Zigeuner und Neger durch solche Konnotationen (hergestellt durch primitive Menschen) mit der Zeit zu Schimpfwörtern mutieren. Das kann man wie gesagt mit jedem Wort machen, inzwischen ist ja sogar "Du Opfer!" eine beliebte Beleidigung unter Jugendlichen.

Vor dieser niedrigsten Stufe der sprachlichen Willkür zu kapitulieren und die missbrauchten Wörter zu verbieten anstatt gegen den eigentlichen Missbrauch vorzugehen, kommt der Legalisierung von Verbrechen gleich, um damit (und nicht etwa durch ihre Bekämpfung) die Verbrechensrate zu senken.
 

flysurfer

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gerade mal nach dem kinderreim "10 kleine negerlein" gegoogelt ...




die version kommt meinen kindheitserinnerungen etwas näher ...



schon harter tobak ... besonders die erste version :eek:

Das Beispiel ist sehr gut gewählt, weil es die Komplexität der Thematik im historischen und geografischen Wandel sehr gut illustriert. Dieser "Kinderreim" hat ja bekanntlich einen rassistisch-kriegerischen Hintergrund, war in seiner Urfassung ein Hasslied gegen die Indianer nach der Niederlage der Weißen bei Little Big Horn (Ten Little Injuns) und anschließen nach dem verlorenen Bürgerkrieg ein Spottgesang gegen die befreiten Schwarzen, die viele (speziell in den Südstaaten) als unwürdige Untermenschen verachteten. Dass sich dieses Lied über Großbritannien auch im kolonialistschen Europa verbreite, verwundert nicht. Auch Deutschland war damals in Afrika als Kolonialmacht aktiv und führte Krieg gegen die lokale Bevölkerung, sodass die Reime auch bei uns zu einer Art Kriegslied mutierten, mit dem man den Gegner verspotten und entmenschlichen wollte.

Interessanterweise geriet dieser kriegerisch-rassistische Hintergrund jedoch mit dem Ende der Kolonialkriege schnell in Vergessenheit und die Reime wurden zum literarischen Kanon umgedeutet - und ihr unrühmlicher Ursprung vollkommen verdrängt. Fortan fungierten sie als "cautionary tale" für weiße Kinder, ähnlich wie der Struwwelpeter oder Max und Moritz, denn seinerzeit herrschte in der Pädagogik das Prinzip der Erziehung durch Abschreckung vor. Zahllose bekannte und unverdächtige Künstler haben die Reime in Buchform illustriert, darunter auch solche, die von den Nationalsozialisten mit Berufsverbot belegt wurden. Agatha Christie schrieb einen mehrfach verfilmten Kriminalroman mit dem gleichen Titel, in dem das Lied eine zentrale Rolle spielt.

Aus heutiger Sicht wirken die Reime aus pädagogischer Sicht natürlich überholt und deplatziert, ganz unabhängig davon ob in ihnen Neger, Indianer, Kätzchen oder Berliner umkommen. Dementsprechend wurden die auf den Reimen basierenden Kinderbücher mit der Zeit zunehmend entschärft und entbrutalisiert. Mit der Globalisierung und der Zuwanderung von Schwarzafrikanern in Europa hatten natürlich auch die "Negerlein" als Symbolfiguren ausgedient, denn nun waren diese nicht mehr abstrakt weit entfernt, sondern realer Teil des Straßenbilds.

Einen historischen Überblick über den Verlauf der Dinge gibt es beispielsweise hier: zehnkleinenegerlein1
 

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WM-Tippgott 2010
07.03.2009
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Der Punkt ist doch, dass jedes Wort beleidigend wirken kann, wenn man es entsprechend gebraucht. Das "wie" ist entscheidender als das "was". Wenn es also genug Deppen gibt, die Frauen das Wort "Du Mutter!!" fortwährend in beleidigender und despektierlicher Art und Weise entgegenschleudern, ist das Wort "Mutter" irgendwann eine Beleidigung, und dann kommen die Sprachwächter und erklären uns, dass wir besser "weibliches Elternteil" verwenden und auch nicht mehr Mutterkuchen, Muttertag etc. sagen sollten. Das aber ist die Kapitulation gegenüber der Dummheit.

Was ist mit "Mutti"?

Ist "Deutscher" oder "Türke" eine Beleidigung? Nun, wenn es als solche gemeint ist, wird das der Initiator schon deutlich machen, etwa in dem er "Du Scheiß-Deutscher!" oder "Scheiß-Türke!" o.ä. sagt. Damit wird es dann schon klar, und genau so werden neutrale Wörter ja erst zu Beleidigungen. Wenn man es oft genug wiederholt, kann man das "Scheiß-" getrost weglassen, mission accomplished, die negative Konnotation ist dann reflexhaft (also auf primitivste Weise) hergestellt. "Deutscher" = "Scheißkerl", ergo ist "Deutscher" dann eine Beleidigung. Ganz klar, dass auch Wörter wie Zigeuner und Neger durch solche Konnotationen (hergestellt durch primitive Menschen) mit der Zeit zu Schimpfwörtern mutieren. Das kann man wie gesagt mit jedem Wort machen, inzwischen ist ja sogar "Du Opfer!" eine beliebte Beleidigung unter Jugendlichen.

Vor dieser niedrigsten Stufe der sprachlichen Willkür zu kapitulieren und die missbrauchten Wörter zu verbieten anstatt gegen den eigentlichen Missbrauch vorzugehen, kommt der Legalisierung von Verbrechen gleich, um damit (und nicht etwa durch ihre Bekämpfung) die Verbrechensrate zu senken.

Ich bin schon als Kind von den Mitbürgern gleichen Alters mit Migrationshintergrund als "Kartoffelfresser" belegt worden. Eigentlich ja als "Kartofffreß", aber für das Forum habe ich es zum besseren Verständnis ins Hochdeutsche übersetzt. Bis heute bin ich mir nicht sicher, wie das wohl gemeint war...
 

flysurfer

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Was ist mit "Mutti"?



Ich bin schon als Kind von den Mitbürgern gleichen Alters mit Migrationshintergrund als "Kartoffelfresser" belegt worden. Eigentlich ja als "Kartofffreß", aber für das Forum habe ich es zum besseren Verständnis ins Hochdeutsche übersetzt. Bis heute bin ich mir nicht sicher, wie das wohl gemeint war...

Mutti ist in der Tat eine Beleidigung geworden, weil regierungsferne Kreise das Wort in negativer Konnotation als Bezeichnung für die Kanzlerin benutzen. Allzu viel Respekt für ihre eigene Mutter scheinen diese Menschen somit nicht zu haben (zumindest scheinen sie mit dem Begriff Mutti nichts Positives zu verbinden, sondern vielmehr Negatives), sonst würde ihnen diese sprachliche Bedeutungsänderung übel aufstoßen und sie würden das Wort instinktiv nicht im oben erklärten Sinn gebrauchen. Auch hier gilt also wieder Kraus: An ihrer Sprache sollt ihr sie erkennen.

Was die Erdäpfel betrifft: Ich rate zu einer Petition, um das diskrimierende Wort Kartoffel aus dem Sprachschatz zu tilgen.
 

flysurfer

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So wie das mit den Freedom Fries damals ? :D

Yep, das war faszinierend, ich war damals ja im Land, als die ganze Hysterie und Paranoia explodierte und man die Welt nach 9/11 nicht nur in Freunde und Feinde einteilte, sondern auch gleich alles tilgen wollte, was man von den neuen Feinden (hier: die Franzosen) an sprachlichen Assoziationen, Kultur und kommerziellen Produkten übernommen hatte. Ich weiß noch gut, wie die Amis damals vor laufenden Kameras kistenweise französischen Wein auf die Straßen kippten, durchaus vergleichbar mit den Bücherverbrennungen in der NS-Zeit und den allfälligen Verbrennungen amerikanischer Flaggen in anderen Teilen der Welt. Erstaunlicherweise jedoch bis heute ungesühnt und offenbar als halb so wild betrachtet, auch scheint sich niemand wirklich rückblickend dafür zu schämen. Zumindest wurde damals klar, dass die Amis diesbezüglich nicht besser oder weiterentwickelt sind als die Nazis oder die tobenden Islamisten in arabischen Straßen. Denn Kraus leitete seinen Spruch ja vom Johannesevangelium ab: "An ihren Taten sollt ihr sie erkennen."
 
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Und heute sind die Franzosen wieder gern gesehener "Partner" im kommenden Angriff gegen Syrien ... :rolleyes:
 

Anne

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Yep, das war faszinierend, ich war damals ja im Land, als die ganze Hysterie und Paranoia explodierte und man die Welt nach 9/11 nicht nur in Freunde und Feinde einteilte, sondern auch gleich alles tilgen wollte, was man von den neuen Feinden (hier: die Franzosen) an sprachlichen Assoziationen, Kultur und kommerziellen Produkten übernommen hatte. Ich weiß noch gut, wie die Amis damals vor laufenden Kameras kistenweise französischen Wein auf die Straßen kippten, durchaus vergleichbar mit den Bücherverbrennungen in der NS-Zeit und den allfälligen Verbrennungen amerikanischer Flaggen in anderen Teilen der Welt. Erstaunlicherweise jedoch bis heute ungesühnt und offenbar als halb so wild betrachtet, auch scheint sich niemand wirklich rückblickend dafür zu schämen. Zumindest wurde damals klar, dass die Amis diesbezüglich nicht besser oder weiterentwickelt sind als die Nazis oder die tobenden Islamisten in arabischen Straßen. Denn Kraus leitete seinen Spruch ja vom Johannesevangelium ab: "An ihren Taten sollt ihr sie erkennen."


Verhaltene Zustimmung,

denn was meinst Du, wäre in Deutschland passiert, wenn eine 737 den Reichstag zerstört, eine 757 den Kölner Dom pulverisiert, ein weiteres Flugzeug in "Mainhattan" ein Bankhochhaus zum Implodieren gebracht hätte?

Mit den entsprechenden Zeigefingern auf die vermeintlich Schuldigen hätten sich die Deutschen wohl ziemlich ähnlich gebärdet.
 

flysurfer

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Verhaltene Zustimmung,

denn was meinst Du, wäre in Deutschland passiert, wenn eine 737 den Reichstag zerstört, eine 757 den Kölner Dom pulverisiert, ein weiteres Flugzeug in "Mainhattan" ein Bankhochhaus zum Implodieren gebracht hätte?

Mit den entsprechenden Zeigefingern auf die vermeintlich Schuldigen hätten sich die Deutschen wohl ziemlich ähnlich gebärdet.

Ich glaube kaum, dass die Deutschen dafür die Italiener verantwortlich gemacht und das Wort "Pizza" aus ihrem Sprachschatz getilgt hätten.
 
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Verhaltene Zustimmung,

denn was meinst Du, wäre in Deutschland passiert, wenn eine 737 den Reichstag zerstört, eine 757 den Kölner Dom pulverisiert, ein weiteres Flugzeug in "Mainhattan" ein Bankhochhaus zum Implodieren gebracht hätte?

Mit den entsprechenden Zeigefingern auf die vermeintlich Schuldigen hätten sich die Deutschen wohl ziemlich ähnlich gebärdet.

Ganz bestimmt nicht!

Ich bin mir nicht mal sicher ob wir so nassforsch wie die Amis den Bündnisfall ausgerufen hätten....
 

flysurfer

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Zumal ich es für eher unwahrscheinlich halte, dass die christliche Kirche hierzulande so viel Hass auf sich zieht, dass jemand den Kölner Dom ernsthaft mit einer gekaperten 757 pulversisieren will. Tatsächlich fürchte ich, dass der Dom dermaßen solide ist, dass man dafür eher eine Lady Bee benötigt. ;)
 

Anne

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Ich glaube kaum, dass die Deutschen dafür die Italiener verantwortlich gemacht und das Wort "Pizza" aus ihrem Sprachschatz getilgt hätten.


Danke, das wäre mit Sicherheit zu erwarten gewesen und bedarf der Einrede nicht.


Denn auch der eingeborene Mauritianer würde den "Dodo" nicht aus seinem Wortschatz entfernen lassen, wenn die deutsche Regierung in Berlin einen neuen Plenarsaal bräuchte.
 

flysurfer

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Wobei solche hypothetischen Vegleiche ohnehin sehr problematisch sind, denn es ist natürilch kein Zufall, dass das Pentagon und die Twin Towers getroffen wurden und nicht etwa der Buckingham Palace, der Louvre, der Reichstag oder die Oper von Sydney. Solche Vergleiche gehen nachlässigerweise von austauschbaren Voraussetzungen aus, was tatsächlich jedoch nicht der Fall ist, denn Deutschland ist eben nicht die USA, deshalb können Dinge, die dort geschehen, nicht mit vergleichbarer Wahrscheinlichkeit bei uns passieren. Das Ignorieren aller unterschiedlichen Voraussetzungen macht solche Vergleiche nicht nur hypothetisch, sondern auch sehr unrealistisch und weltfremd, tatsächlich verzerrt so etwas die reale Welt.

Aus einer verzerrten Prämisse können nur verzerrte Schlussfolgerungen entspringen, nach dem Motto "was wäre wenn Deutschland Amerika wäre". Ja sorry, genau das ist Deutschland aber eben nicht, und deshalb führen sich auch alle Vergleiche, die auf dieser Prämisse fußen, zwangsläufig ad absurdum. Vielmehr muss man alle Vergleiche auf den Unterschieden aufbauen, was das Ganze komplizierter macht, und kompliziert ist unbeliebt weil anstrengend. Am Ende müsste man gar differenzieren.
 

LHFan

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13.06.2011
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In welchen Zusammenhang darf man den jetzt die ganzen kitschigen 50er Jahre mit Marika Rökk sehen? Die gute gar die Speerspitze der Diskriminierung? Immerhin sag sie schon damals "Spiel Zigeuner" Csardasfürstin Marika Rökk Spiel Zigeuner - YouTube oder nannte ihre Platten "Lieder die uns der Zigeuner spielte".


Da muss jetzt einiges gerade gerückt werden-