Anwaltshonorar

ANZEIGE

lopi

Aktives Mitglied
24.10.2019
104
37
ANZEIGE
da hier im Forum juristisch und kaufmännisch bewanderte Leute sind, mal folgende Frage:

ein Anwalt stellt eine Forderung aus dem Verfahrenswert/Streitwert, den die Gegenseite aufruft, auf
meinetwegen 1 Million Euro (alle Zahlenwerte hier sind fiktiv), den die Gegenseite verlangt
hieraus berechnet er laut Gebührenrechner sein Honor ... einige tausend Euro

selber plädiert er aber nur auf einen Verfahrenswert/Streitwert von 10.ooo Euro

1. ist es zulässig nun seine eigenen Honorarforderungen auf Basis der Zahlen der Gegenseite zu stellen ?
(vermutlich ja, sonst hätte er keine solche Forderung herausgegeben)
ob es moralisch und kaufmännisch integer ist, ist nochmal eine andere Frage

2. was wenn später das Urteil lautet ... 50.ooo Euro meinetwegen ... also nicht 1 Million, aber auch nicht 10.ooo
die Honorarforderung wurde ja auf Basis von 1 Million Euro gestellt

darf dann zurückgefordert werden, oder muss das die Gegenseite tragen, die ja mehrheitlich dann verloren hätte ?

3. wie seht ihr solch eine Vorgehensweise generell ?
ist sowas seriös, oder ist sowas das schlichte Abzocken so viel und so schnell es halt geht vom Mandanten
Also natürlich richtet sich der Streitwert nach den verlangten 1 Millionen. Dafür kann Dein Anwalt dir auch außergerichtliche Kosten mit diesem Streitwert abrechnen. Sollte dann ein Urteil die Erkenntnis bringen, dass es nur 50.000,00 € die geschuldet sind, ändert das nichts am Streitwert, AUßER WENN das Gericht den Streitwert dementsprechend auf 50.000,000 € festsetzt. Sollte das Gericht den Streitwert auf 50.000,00 € reduzieren, werden auch deine außergerichtlichen Gebühren sich schmälern, da eine entsprechende Anrechnung der Gebühren erfolgt. Ob die Gegenseite irgendwelche Koste zu tragen hat, kommt auf die Formulierung des Klageantrages und natürlich auch auf das Urteil drauf an. Fiktiv kann ich Dir also alles durchspielen.

Insoweit ja, der Anwalt könnte sich jeden Streitwert aus dem Hintern ziehen außergerichtlich. KÖNNTE. Ich kenne keinen, weil ein fiktiver Streitwert der nicht nachvollziehbar ist, akzeptiert kein Gericht und die Rechtsanwaltskammer bei einer Beschwerde auch nicht. Wenn Du natürlich einen Kaugummi für 2 Euro einklagst und Dein Anwalt legt 10.000,00 € Streitwert zugrunde, würde ich den Anwalt wechseln.

Aber auf Deine Ausgangsfrage zurückzukommen, wenn es außergerichtlich um 1 Millionen ging, sind die 1 Millionen auch der Streitwert außergerichtlich.

Das hat alles nichts mit dem späteren "Gewinn" der Klage zu tun, bzw. was Dir eventuell vom Gericht zugesprochen wird.
 

unseen_shores

Erfahrenes Mitglied
30.10.2015
5.460
7.441
Trans Balkan Express
soll der Anwalt sein Honorar halt vom Gläubiger holen, der hat ja verloren, wo ist das Problem
so stehts sogar in der ZPO

Kostenschuldner ist immer der Mandant, §§ 611, 675 BGB oder wie das alte Rechtsprinzip besagt: "Wer die Musik bestellt, beztahlt sie auch". § 91 ZPO regelt nur die Frage der Kostenerstattung. Warum sollte Dein Rechtsanwalt das Insolvenzrisiko Deines Gegners bezahlen und dessen Refas wollen sicher nicht auch nur ihr Gehalt beziehen, wenn der Sc hef gewinnt und die Forderung auch eintreiben kann.
 
  • Like
Reaktionen: meilenfreund

DerSenator

Erfahrenes Mitglied
08.01.2017
6.580
4.234
MUC/INN
Anwaltshonorare sind seit jeher etwas Lästiges. Menschen wollen nur für Konsum bezahlen. Von Konsum hat man etwas und wenn es nur einem gesteigerten Geltungsbedürfnis dient. Aber ein Honorar für den Anwalt, pfui, na des zahlen wir lieber nicht und feilschen noch etwas rum.

"Aber Sie haben mir doch gar nicht gesagt, dass das etwas kostet, das hätte ich auch selbst erledigen können."

Rechnungen werden übersehen, Honorarvereinbarungen nicht unterschrieben und später auf die nicht erfolgte Gegenzeichnung berufen.

Beim Mandantenschrottwichteln bin ich schon lange ausgestiegen. Es würde auch niemand auf die Idee kommen, die Rechnung für die Darmspiegelung nicht zu bezahlen oder mit dem Zahnarzt das Honorar für die Zahnreinigung zu diskutieren. Beim Anwalt geht das irgendwie oder hat sich in gewissen Bevölkerungsgruppen eingebürgert.
 

Flying Lawyer

Erfahrenes Mitglied
09.03.2009
6.145
3.126
weil er es 3-mal unterlassen hat, im Nachhinein gewonnener Verfahren von der Gegenseite die Gerichts- und Anwaltskosten einzutreiben, die ich vorausgelegt hatte ... brauchte er auch nicht, er wurde vorab ja schon von mir bezahlt, da wird man halt mal träge, wenn es um das Inkasso gewonnener Prozesse geht, von denen man selber nichts mehr hat, außer der Mandant ...
Hast Du ihn denn damit beauftragt? Als Anwalt mache ich die zur Instanz gehörige Kostenfestsetzung. Daraus ergeht eine Entscheidung. Die bekommt der Mandant und kann daraus gerne "Inkasso" betreiben. Ich bin aus keinem mir bekannten Rechtsgrund verpflichtet, bei Mandanten, die sich als PIA erwiesen haben, mich auch noch um die Vollstreckung zu kümmern. Das kann gerne ein anderer machen. Als Anwalt bin ich nicht verpflichtet, neue Sachen anzunehmen und die Vollstreckung ist eine neue Sache. Muss übrigens extra beauftragt und bezahlt werden. Schluss der Instanz und dann Schluss. Vollstreckung oder gar Inkasso gehört nicht dazu.
 

WiCo

Erfahrenes Mitglied
05.01.2014
2.182
860
Eine große Unwucht steckt im System, wenn man aus irgendeinem sinnlosen Grund verklagt wird, der Streitwert erheblich ist, man natürlich gewinnt, aber die Kosten nicht bekommt, weil der Gegner just pleite ist bzw. gerade noch das Geld für den Streit hatte.
Auf diese Weise kann man unliebsamen Zeitgenossen oder Konkurrenten noch kräftig eins auswischen.
 
  • Like
Reaktionen: Brainpool

hollaho

Erfahrenes Mitglied
22.10.2016
1.089
631
Mandanten, die sich als PIA erwiesen haben,
Interessehalber: PIA?
Eine große Unwucht steckt im System, wenn man aus irgendeinem sinnlosen Grund verklagt wird, der Streitwert erheblich ist, man natürlich gewinnt, aber die Kosten nicht bekommt, weil der Gegner just pleite ist bzw. gerade noch das Geld für den Streit hatte.
Das ist eine Unwucht. Die allerdings in Deutschland eher moderat ausfällt: Die Gerichtskosten mußte der Gegner vorstrecken und die eigenen Anwaltskosten sind in Deutschland im internationalen Vergleich durchaus noch moderat.
Klar, geschenkt ist nix und diese Konstellation ist sehr ärgerlich. Aber zum Glück nicht sehr häufig. Leute die gerade noch so eben das Geld für den Streit haben neigen eher dazu, das zu versaufen. Und Prozeßkostenhilfe gibts bei sinnlosen Klagen nicht so leicht. Aus Rachegründen, ja nun, kann passieren, aber das funzt in anderen Ländern erheblich besser wegen der hierzulande vorhandenen Kostenstruktur.

Verhindern könnte man das Szenario nur durch eine Vorschußpflicht auch für die gegnerischen Anwaltsgebühren. Das wollte der Gesetzgeber sicher nicht, weil es die Einstiegshürde deutlich aufbläst. Gibts Länder, wo es das gibt?
 

wideroe

Erfahrenes Mitglied
13.01.2011
2.280
732
PIA = https://www.acronymfinder.com/Pain-In-the-Ass-(PIA).html

Prozesskostensicherheit gibt es bei ausländischen Klägern, damit man ggf. nicht im Ausland seinem Geld hinterherlaufen muss. https://dejure.org/gesetze/ZPO/110.html

Insgesamt muss man sehen, dass das Risiko eher moderat ist - wer auf Jux und Dollerei klagt, hat ja schon mal 2 der 3 Kostenblöcke (eigene Anwaltskosten, Gerichtskosten) safe und vorschusspflichtig am Bein. Muss man schon ziemlich entspannt/dämlich sein, sowas zu machen, damit man danach vermögenslos ist und der Beklagte auf dem dritten Kostenblock sitzen bleibt.