Das ist dann aber auch das letzte Rentierfoto für heute. Die Sichtungen können wir schon lange nicht mehr zählen.
Kurz darauf erreichen wir den 7 km langen
Nordkap-Tunnel. Wir denken uns nichts böses dabei, wir sind in den letzten beiden Wochen insbesondere auf Senja durch so viele, teils einspurige Tunnel gefahren und auch Tunnel unter Fjorden hindurch, dass uns ein gut ausgebauter und beleuchteter Tunnel mit je einer kompletten Fahrspur für jede Richtung getrennt durch einen Mittelstreifen jetzt erstmal nicht verdächtig vorkekommt. Der Tunnel geht allerdings mächtig steil bergab und der Blick auf meine Uhr sagt, dass wir uns zwischenzeitlich auf -200 m befinden. Der Gatte schießt ein Beweisfoto unter widrigen Umständen.
An der tiefsten Stelle befinden wir uns 212 m unter dem Meer. Wir sind doch ganz dezent beeindruckt. Der Tunnel darf übrigens auch mit dem Fahrrad und zu Fuß genutzt werden. Ein Erlebnis, dass von uns beiden keiner unbedingt haben müsste. Die Landschaft ist inzwischen auch erwartungsgemäß komplett karg, dafür hat man frühzeitig Sicht auf das Nordkapp - zumindest das leicht zu erreichende, der eigentlich nördlichste Punkt Europas liegt auf der Landzunge daneben und ist nur durch eine Wanderung von 9 km einfache Strecke über kargen Schotter zu erreichen. Nein, das brauchen selbst wir nicht und schon gar nicht bei dem Wind, der hier heute pfeift.
Wir fahren also einfach zum öffentlich zugänglichen Nordkapp, zahlen brav Park- und Eintrittsgebühr für Außengelände und Nordkapphallen (once in al Lifetime und so) und versuchen, irgendwie die Aussicht zu genießen, ohne dass es uns die Brillen von der Nase pfeift.
Obwohl noch etwa 5 große Reisebusse auf dem Parkplatz stehen, ist es angenehm leer. Es ist inzwischen auch schon 17 Uhr, was das Licht umso schöner macht.
Offenbar haben die Busse hauptsächlich deutsche Reisende hierhin gebracht, die - wie wir später herausfinden - vermutlich mit der MS Finnmarken der Hurtigruten eine Kreuzfahrt Hamburg - Nordkapp - Hamburg machen und eine ganz leicht aggressive Stimmung verbreiten. Während wir vollkommen ungestört und, ohne auch nur ansatzweise die fünf anderen hier anwesenden Menschen zu stören, unsere Fotos und Selfies machen (wie man sieht ist es auch problemlos möglich, die Weltkugel ganz ohne Menschen zu fotografieren, wenn man die Momente abwartet, wo garade niemand auf der Plattform steht) dürfen wir miterleben, wie die Dame eines Paares die gerade ihren Mann vor der Weltkugel fotografieren möchte, eine offenbar Mitreisende mit einem höchst unfreundlichen "Jetzt warten sie doch bitte mal" anblafft, als diese auch nur einen Schritt in Richtung der Treppe zur Kugel tut.
Leicht verstört über die Stimmung unter unseren Landsleuten (vielleicht war es auch eine Art Lagerkoller nach der Busfahrt hier hoch) ergreifen wir mal lieber die Flucht von diesem heißen Pflaster. Gemütlich ist es auch wegen des Windes hier nicht. Aber wir waren da und haben unsere Fotos. Ohne Menschen sogar, womit ich absolut gar nicht gerechnet hätte. Und die Aussicht gibt es quasi gratis dazu, wenn man nicht wegfliegt.
Blick zur Nordkapphalle
Neben der Nordkapphalle steht noch ein Kunstwerk mit mehreren Bronzetafeln, deren Vorlage von Kindern unterschiedlicher Nationalität als Zeichen dafür gefertigt wurden, dass Kinder auch ohne die gleiche Sprache zu sprechen, zusammen Dinge entwerfen können.
Auch hier spüre ich eine leichte Aggression unter den drei anderen anwesenden Landsleuten, die sich böse Blicke zuwerfen, sobald sich jemand dem Kunstwerk nähert oder ein Schatten das Bild stören könnte. Wir machen einfach unsere Fotos aus gebührendem Abstand und ignorieren die unweigerlich aufgrund des Sonnenstandes vorhandenen Schatten. Danach lassen wir uns gemütlich zur Nordkapphalle wehen, wo wir bis auf die Mitarbeiter und vielleicht noch 10 weitere Menschen in der gesamten Halle alleine sind, die Busse sind nämlich inzwischen abgefahren.
Dafür treffen wir, sehr zu unserer Freude, einen "alten Bekannten" von unserem Schweden-Urlaub 2020 wieder. Dort haben wir in dem kleinen Örtchen Utanede damals einen
Thailändischen Tempel (ich habe hier mal den damaligen Bericht als Link hinterlegt) entdeckt - ich zitiere mich von damals: Da der Pavillion direkt auf unserer Strecke liegt, muss ich das mit eigenen Augen gesehen haben. 1897 war der thailändische König Chulalongkorn in Utanede in Schweden zu Gast. Zu seinen Ehren wurde zum hundertjährigen Jubiläum des Besuches ein Thailändische Pavillion in einem winzigen schwedischen Dorf errichtet. Eben dieser hat einige Jahre später auch das Nordkapp besucht. Wie klein die Welt doch ist.
Nach unserer Besichtigung der Halle werfen wir nochmal einen Blick aus dem vor Wind schützenden Panoramafenster nach draußen.
Danach stürmen wir (fast allein und ungestört) den Souvenirshop und decken uns mit Merchandise ein. Danach geht es bei traumhaftem Licht mit diversen Fotostopps und vorbei an noch diverseren Rentieren quasi überall am Straßenrand zurück nach Honningsvåg, wo wir heute die Nacht verbringen wollen.
In Honningsvåg liegt gerade noch die Finnmarken, die sich aber kurz darauf mit ihrer latent aggressiven, deutschsprachigen Fracht auf den Weg nach Tromsø macht.
Wir gehen zum Check-in des hier am Hafen befindlichen Scandic-Hotels und bekommen ein wenig Puls, als man uns glaubwürdig versichert, man habe keine Buchung für uns. Auch wir können in unseren Buchungen zunächst kein "Scandic Honningsvåg" finden, wohl aber ein "Scandic Bryggen". Auf unsere vorsichtige Frage, ob es in diesen überschaubaren Ort etwa zwei Scandic Hotels gibt, bejaht dies der Mitarbeiter und schickt uns ins zwei Minuten entfernte Schwesterhotel. Wer hätte gedacht, dass es hier zwei Scandic Hotels gibt, wir haben einfach ganz unbedarft "Scandic Honningsvåg" ins Navi eingegeben, ohne die Daten nochmal genauer zu verifizieren. Naja, immerhin sind die beiden Hotels weniger weit voneinandern entfernt als Frankfurt und Frankfurt-Hahn, da haben wir nochmal Glück gehabt.
Das Zimmer ist in Ordnung, die Aussicht schön.
Inzwischen ist es doch schon gleich viertel vor Acht und der Hunger treibt uns zügig zur "Corner Spyseri" durchs beschauliche Honningsvåg.
Bei Mack "Nordlys" (eines unserer favorisierten Mack Biere)...
... und einer sehr guten Fischsuppe als Vorspeise...
...beobachten wir die Finnmarken durchs Fenster beim Ablegen.
Wir gönnen uns heute mal die Königskrabbe. Sehr lecker, genau wie die zugehörige Aioli, zu der wir uns noch Brot nachbestellen.
Statt Nachtisch gibt es Nordlichter auf dem Heimweg, der Gatte dokumentiert freundlicherweise mit seinem Apfel-Telefon, das Nordlichter ganz gut hinbekommt. Dabei sollte es doch heute Abend bewölkt sein...
Ich kann es mir natürlich nicht verkneifen, noch kurz die Kamera nach draußen zu holen, auch wenn momentan nichts zu sehen ist. Mache ich halt Fotos vom Hafen.
Ein bisschen was zeigt sich über dem Berg.
Ich mache noch ein paar Verzweiflungsfotos von dem schwächelnden Nordlicht, weil mir die Fotos mit den Schiffen so gut gefallen. Ruhiges Wasser für eine Spiegelung wäre hier auch vorhanden, dafür reicht es aber heute leider nicht.
Immerhin können wir morgen wieder was länger schlafen, Frühstück gibt es hier entspannt bis 11 Uhr.
Elch-Counter: 0
Einhorn-Counter: 1
Rentier-Counter: ALLE.