ANZEIGE
Baut man viel Kapazitäten auf und dann kommen zu wenig Kunden, schreibt man deutlich rote Zahlen. Und weitere rote Zahlen - nach dem absoluten Ground Zero in der Luftfahrt - bedeuten schnell Insolvenzgefahr. D.h., man riskiert unmittelbar die Existenz der eigenen Organisation.
Baut man zu wenig Kapazitäten auf, dann darf man monatelanges Firefighting betreiben, fährt Kunden sauer, aber man schreibt keine roten Zahlen und existiert damit nicht unmittelbar die Existenz der eigenen Organisation.
Dieser Sachverhalt ist die Ursache dafür, dass fast alle Konzerne, Unternehmen und staatliche Stellen zu wenig Kapazitäten bereitgestellt haben.
Das ist ja nachvollziehbar. Nur wenn ich es nicht riskieren will, Kapazitäten aufzubauen, die ich am Ende vielleicht nicht brauche, dann muss ich eben auch das Angebot so in etwa den vorhandenen Kapazitäten anpassen. Und könnte bei Nachfrage deutlich über Angebot dann sogar entsprechend hohe Preise verlangen - erst recht, da ja die Situation bei der Konkurrenz auch nicht viel anders ist.
Wäre ehrlicher als Leistungen zu verkaufen, die ich nicht erbringen kann. Und die LH-Gruppe hat ja teilweise im April und Mai auf diversen Warmwasser-Destinationen die Frequenzen noch erhöht und zusätzliche Flüge in den Flugplan aufgenomen, obwohl spätestens in den Osterferien klar wurde, dass man mit den Kapazitäten bereits am Limit ist.
Um eben diese zusätzlichen Flüge jetzt teilweise wieder zu streichen....
Die meisten Flugstreichungen dürften aufgrund von außergewöhnlichen Umständen sein, die auch nach EU261 solche sind. Zumal staatliche Organisationen - oder deren Dienstleister - gleichermaßen Engpässe verursachen. Daher viel Glück mit dem Einklagen der Kosten für den Privatjet.
Der Anspruch auf Ersatzbeförderung besteht aber auch bei Vorliegen außerordentlicher Umstände. Und so überbucht, wie die nicht gestrichenen Flüge sind, ist LH ja teilweise nicht mehr in der Lage, eine einigermaßen zeitnahe Ersatzbeförderung zu bieten. Sofern der "Normalkunde" denn mal eine Hotline für die Umbuchung erreicht.
Plus die Frage, ob Streichungen wegen Personalmangel an Airports oder bei der Flugsicherung wirklich "außerordentliche Umstände" sind. Damit dürften sich früher oder später vermutlich die Gerichte beschäftigen, sollte es zu entsprechenden Klagen kommen. Während eigener Personalmangel eher nicht unter außerordentliche Umstände fallen dürften.
Das Problem ist, dass in Ländern, wo das mit dem Klagen nicht so einfach ist, auch die Dienstleister sehr schnell aufgeben. Hatte letztes Jahr so einen Fall mit LX. Flug 2 Tage vor Flugdatum gestrichen (bzw. der Flug fand statt - als leerer Ferry-Flug, und der entsprechende Rückflug dann ganz normal). Entschädigung von LX abgelehnt, wegen Pandemie. Flug war im Juni innereuropäisch (gab also nicht wirklich mehr Reisebeschränkungen). An Dienstleister übergeben, wurde zunächst angenommen. Nach ein paar Tagen kam dann aber die Antwort, die Airline habe "außerordentliche Umstände" geltend gemacht. Sprich: LX wollte auch an die nicht zahlen, und auf Klage in der Schweiz oder in Griechenland hatte auch der Dienstleister kein Interesse.Man kann nur hoffen, dass möglichst viele wenigstens die EU261-Ansprüche geltend machen. Wenigstens per Dienstleister. Ich hab jedenfalls noch nicht gehört, dass flightright und Co aktuell Anfragen massenweise ablehnen. Und die wissen ja nun wirklich, was geht und was nicht.
Also genau der Punkt, den ich zuvor schon angeführt habe: Je nach Gerichtsstand hast Du de facto kaum Möglichkeiten, an die Ausgleichszahlung zu kommen....