Eine moralische Frage (EU 261/2004)

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Soll ich eine Entschädigung verlangen?

  • Ja

    Abstimmungen: 19 43,2%
  • Nein

    Abstimmungen: 25 56,8%

  • Anzahl der Umfrageteilnehmer
    44
  • Umfrage geschlossen .

marc_m

Aktives Mitglied
03.03.2010
102
0
ich glaube, ich kann deinen gedanken gut nachvollziehen - auch wenn das mit dem moralisch usw in eine unendlich philosophische diskussion ausarten würde:
ich habe mein "gerechtigkeitsmanagement" mit fluggesellschaften dahin gehend optimiert, dass ich mir die
entschädigungsforderung in so einem fall erstmal sparen würden, wenn aber innerhalb von einem zeitraum x mal wieder
ein richtiger hammer airlineseitg kommt, würde ich darüber noch mal nachdenken...

ps. bei der lufthansa scheint es auch so zu sein, dass wenn oft genug geklagt dein internes "profil" so geupdated wird,
dass ohne zu disskutieren und fast zuvorkommend gezahlt wird. mir ende letztes jahr 2x so gegangen, wahrscheinlich einfach angst vor weiterer "optimierung" ;)
EuGH-Urteil: Mehr Schadenersatz bei Flugausfällen - Recht + Steuern - Finanzen - Handelsblatt
 
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cubalibre

Erfahrenes Mitglied
12.09.2009
744
49
MUC, CGN, GEO
3) Für jeden Award-Flug muss ich mehr Geld für den willkürlichen und total unfairen Kerosinzuschlag zahlen, als die Entschädigung, die mir jetzt zusteht. Das Argument, dass andere Leute es mit ihren Tickets bezahlen, zieht also nicht - denn ich habe ez schon mehrfach selbst bezahlt.

Alleine dieser Punkt ist für mich ein killerargument, das jede "ethikdiskussion" sofort beendet - den dies ist kontinuierliche kumdemverdummung..
 
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janfliegt

Erfahrenes Mitglied
28.07.2011
6.129
5
FHH (Feld hinterm Haus)
LH ist ein gewinnorientiertes, börsennotiertes Unternehmen. Fairness und/oder vermeintliche Moral wird dort wie in jedem vergleichbaren Unternehmen nach Kosten/Nutzen abgewogen. Bestes Beispiel: selbst die Claim-Gegener schreiben, dass es erstmal nichts bringt, berechtigte Ansprüche anzumelden, weil LH zuerst kategorisch ablehnt, bis der Rechtsweg beschritten wurde. Das heißt nichts anderes, als dass die "wenigen" Ansprüche, die unter Multipizierung der Kosten bezahlt werden müssen immer noch billiger sind, als alle berechtigten Ansprüche sofort zu befriedigen.

Das Gleiche gilt für diverse Enhancement-Aktionen, bei denen dem Kunden frech ins Gesicht gelogen wird ("auf vielfachen Kundenwunsch", "komfortable NEK", ...), obwohl man nur Kosten sparen, oder Erträge maximieren will.

So läuft das eben - LH will unser Bestes - nämlich unser Geld. Das ist genauso wenig verwerflich wie cockpitsvisit "Claim for more"!

Außer die Linken setzen sich irgendwann durch und wir sind alle gleich ;)
 
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H

HONig

Guest
Du hast Deine Vorteile aus der Verspätung gezogen, also finde ich es unpassend, hier noch weiteren Nutzen ziehen zu wollen.

Natürlich agiert LH vielfach unlauter, aber muß man auf deren Niveau runtergehen? Kannst Du Dich, wenn Du LH über das Ohr haust, anschließend noch mit gutem Gewissen hinstellen und Dich wehren, wenn Du mal wieder über's Ohr gehauen wurdest?

Ich würde in dem Fall alle fünfe gerade sein lassen, mich über meine Benefits freuen - und nicht lange abzocken. Abgesehen davon wird LH auch protokolliert haben, daß die Umbuchung auf die wesentlich spätere Maschine auf Kundenwunsch geschah. Das heißt, Du verlierst haushoch beim Erstreiten.

Meine Empfehlung: Selber sauber arbeiten, dann kann man sich auch berechtigt wehren.
 

Exdon

Erfahrenes Mitglied
08.05.2009
1.398
384
Das ist eine durchaus spannende "moralische" Frage, und auch der bisherige Verlauf der Diskussion kann einen erfreuen.
Moral spielt in jedem Fall dort mit rein, wo der OP entscheiden muss, ob er sich mit dem Ergebnis seiner Überlegungen wohl fühlt. Wenn die Entscheidung einmal gefallen ist, werden mehr oder weniger effektive Strategien zur Minimierung kognitiver Dissonanz schon dafür sorgen, dass keine späte Reue aufkommt. Hätte beim Prozess der Entscheidungsfindung der Kategorische Imperativ als Grundlage gedient, wäre das Ergebnis womöglich anders ausgefallen. Es gibt also nachvollziehbare Argumente für Ja und Nein.
 
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cockpitvisit

Erfahrenes Mitglied
04.12.2009
5.356
3.048
FRA
Du hast Deine Vorteile aus der Verspätung gezogen, also finde ich es unpassend, hier noch weiteren Nutzen ziehen zu wollen.
Das war genau meine Einstellung vor Beginn der Diskussion (ich war stark geneigt, auf die Entschädigung zu verzichten genau aus diesen Gründen, wollte aber noch ein paar andere Meinungen hören).

Weil ich ein Dauerkunde bin, sehe ich inzwischen aber, dass ich aus der gesamten Geschäftsbeziehung keine übertriebenen Vorteile ziehe. So kann ich mit einem ruhigen Gewissen die Entschädigung verlangen und gleichzeitig habe ich ein besseres Gefühl, wenn Lufthansa mich in der Zukunft mal wieder im Stich lässt. Wie man so schön sagt, ist eine Geschäftsbeziehung immer ein Geben und Nehmen. Und diesmal bin halt ich im Vorteil.

Wäre das dagegen mein erster und letzter Flug mit der Airline, hätte ich auf die Entschädigung verzichtet.

Kannst Du Dich, wenn Du LH über das Ohr haust, anschließend noch mit gutem Gewissen hinstellen und Dich wehren,
Ich haue LH nicht übers Ohr, sondern habe stets nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Wenn die frühere Maschine rechtzeitig zu erreichen wäre, hätte ich bestimmt sie genommen. Und die EU-Entschädigung steht mir zu, sie ist unabhändig vom tatsächlichen Schaden und wurde genau für solche Situationen vorgesehen - um kommerziell bedingte Überbuchungen und Annullierungen in Grenzen zu halten.

Abgesehen davon wird LH auch protokolliert haben, daß die Umbuchung auf die wesentlich spätere Maschine auf Kundenwunsch geschah.
Selbst wenn ich die früheste Maschine am nächsten Morgen genommen hätte, würde die Verspätung mindestens 10 Stunden betragen, es ist also kein Unterschied bezüglich der Entschädigung. Auf andere Vorteile wegen der späteren Maschine habe ich bewusst verzichtet (man hat mir ein Tageszimmer und ein Mittagessen angeboten, war sehr erleichtert als ich diese nicht nehmen wollte). Durch die spätere Maschine sind LH also keine Nachteile entstanden (eher habe ich 500 Meilen oder so verloren ;)).

Meine Empfehlung: Selber sauber arbeiten, dann kann man sich auch berechtigt wehren.
Ich bin kein Consultant und wälze finanzielle Folgen meiner Fehler nicht auf meine Kunden um. Meine persönliche Arbeitsethik entspricht sehr genau dem, was ich von Airlines erwarte (und oft nicht bekomme): Einhaltung der Vereinbarungen und der Rechtsnormen, selbst wenn sich der Dienstleister verkalkuliert hat und einen Verlust einfährt. Mein Kunde kann nichts dafür, wenn ich den Aufwand falsch eingeschätzt habe, und genauso kann ich nichts dafür, wenn eine Airline die Auslastung ihrer Maschinen falsch eingeschätzt hat. Da habe ich ein absolut reines Gewissen.
 

flysurfer

Gründungsmitglied
Teammitglied
06.03.2009
26.001
43
www.vielfliegertreff.de
Man kann alles zur Gewissensfrage machen, aber ich sehe diese Dimension hier nicht. Es ist völlig in Ordnung, etwas einzufordern, das einem rechtmäßig zusteht. Es ist genauso in Ordnung, darauf zu verzichten, weil man das Gefühl hat, den Gegner damit zu übervorteilen. Nur sind solche Gefühle individuell verschieden und man muss sich fragen, welchen Zeitraum man betrachtet. Im konkreten Einzelfall mag man die Airline übervorteilen, im "big picture" jedoch mag es sein, dass die Kompensationen nur einen kleinen Teil früher erlittener Übervorteilung ausgleicht. Das wäre dann wiederum ein Fall von "ausgleichende Gerechtigkeit", auch gerne "mal gewinnt man, mal verliert man" genannt. Da wäre es dann wieder nicht so smart, Verluste stets brav ohne Widerstand zu bezahlen, auf Gewinne jedoch freiwillig zu verzichten. Andere mögen es wie in der Bibel halten: recht Wange, linke Wange.

Aber nette Diskussion, man sieht: Einen Königsweg gibt es hier nicht.