Ein Schweizer Tourist...
ist letzten Freitag nach Berlin Schönefeld geflogen und wollte mit der "Bahn" weiter nach Stettin, um anderntags um 08:15 mit einem Sonderzug in östliche Richtung weiter zu fahren.
Der Flug war auf die Minute pünktlich und landete kurz nach 18:00 im besagten Flughafen. Die Bahnverbindung sagte dann aus, um 21:31 in Berlin Hauptbahnhof nach Angermünde zu fahren, dort umzusteigen und um 23:33 in Szczecin Glowny anzukommen, wo der besagte Tourist ein Hotel reserviert hat.
Der Passagier dachte mit, hat um 20:00 in Berlin Hbf die Abfahrtsanzeige konsultiert und ging dann im protzigen Bahnhof einen schönen Kaffee trinken, weil er das so gerne macht. Als um 21:31 der Doppelstockzug einfuhr, schien alles noch in Ordnung, und der Passagier freute sich auf eine gemütliche Bahnfahrt in der 1. Klasse. Kurz nach der Abfahrt kam dann die Durchsage, dass der Zug in Berlin Gesundbrunnen wegen Bauarbeiten ende. Nach einigen Minuten fand der Reisende einen Bahnbediensteten, der sich seiner annahm und ihn in seinen Dienstraum bat. Klar, dass der Passagier am selben Tag nicht mehr nach Stettin gelangt, und klarer, dass kein Taxi von irgendwo nach Polen rüber bezahlt würde.
Dann hagelte es Vorwürfe gegen den Passagier:
-Wieso sind Sie nicht eine Stunde früher bis Angermünde gefahren?
Antwort: Weil die katastrophalen Umsteigeverhältnisse in den durchrationalisierten Ostdeutschen Bahnhöfen hinlänglich bekannt sind (kein Personal, keine Warteräume, keine Gastronomie, es war kalt), und weil es keinerlei Anzeichen gab, dass es so käme, wie es gekommen ist.
Nun eine "Drei S"-Zentrale angerufen, die mitteilte, dass dem Passagier keine weitere Hilfe angeboten würde, als den Fahrschein über Pasewalk gültig zu machen, und dort im Wartesaal zu übernachten. Der Aufenthalt dauere planmaessig von 00:17 bis 06:02, Ankunft in Stettin um 06:41, der Sonderzug kann erreicht werden. Aus oben genannten Gründen liess sich der Passagier noch eine Hoteladresse in Pasewalk raussuchen, das einzige Angebot kostete 69 EUR. Dem Reisenden wurde aber mitgeteilt, dass die DB da sicher keine Kosten übernähme. Der zynische Kommentar des Bediensteten war:
-Ihr Schweizer könnt euch ja sowas leisten...
(da der Schweizer auf Schadensbegrenzung aus war und nicht vergebens in den Norden geflogen sein wollte, sah er davon ab, daran zu denken, dem Bediensteten in dem Moment eine reinzuhauen).
Die DB würde auf jeden Fall keine Hilfeleistung bieten, der Passagier könne ja schauen, ob es in Pasewalk am Bahnhof eine Unterschlupfmöglichkeit gäbe...
Weiter ging es eine Stunde später bis Eberswalde, dort auf einen Ersatzzug umsteigen, und in Angermünde weiter nach Pasewalk, wo der Zug mit gut +40 kurz vor ein Uhr eintraf. Der Warteraum wurde in Augenschein genommen, war aber nicht beheizt und nur mit einer harten Sitzbank ausgestattet. Zudem hing ein Schild an der Tür, dass er von 1:15 bis 3:45 geschlossen sei.
Der Reisende ging in das Hotel (etwa 30 Minuten zu Fuss vom Bahnhof aus) und legte sich für 3 Stunden schlafen. Die negative Meinung gegen die DB wurde vertieft und der Eindruck, wie die DB mit gestrandeten Passagieren umgeht, bekräftigt.
Als ich in Stettin dann die Linienbusse nach Berlin Schönefeld sah, habe ich mir jedenfalls in der Arsch gebissen - ich hätte damit stressfrei, billig und wohl bequemer nach Stettin reisen können, und dann etwa 8 Stunden schlafen... Die DB hat hat mir den Wert der Hotelrechnung in Form eines Reisegutscheines erstattet (mit dem Vermerk: "Wir hoffen, dass wir Ihnen die Gelegenheit geben können, das Vertrauen zurückzugewinnen"), den ich am Tag des Erhalts in München Hbf in der Schalterhalle mit 2 Euro Rabatt weiterverkaufte.