Jenseits von oder voll zum Thema ‚Dark Tourism‘: Eine Winterreise nach Syrien

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Hene

Erfahrenes Mitglied
27.03.2013
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BER
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4. Tag

Auch heute weckte mich die von einem wolkenlosen Himmel scheinende Sonne. So ein klares Winterwetter hatte ich, soweit ich mich erinnern kann, noch nie erlebt und das bei angenehmen Temperaturen zwischen 16 und 18 Grad tagsüber. Ich blieb noch eine halbe h im Bett, heute sollte es erst um 9h losgehen.



Nach ein paar Seiten im mitgebrachten Buch, in dem die Autorin anhand ihrer Familiengeschichte sehr anschaulich und durchaus packend 100 Jahre syrischer Geschichte erzählt, schwang ich mich auf in die Dusche und ging nach unten. Hassan klingte nach einigen Minuten am Tor und wir gingen raus in die engen Gassen der Damaszener Altstadt. Hier herrschte wie immer um diese Zeit bereits Hochbetrieb: Gemüse- und Lebensmittelhändler hatten ihr Angebot aufgebaut, sogar Antiquariate und Handwerker bereits ihre Geschäfte geöffnet. In einer winzigen, seit Generationen bestehenden Institution für Hummus, Foul und andere sättigende Köstlichkeiten bestellten wir dicke Bohnen und Kichererbsen in gut mit Knoblauch gesättigten Hummus, zu denen wie überall ein Tellerchen mit eingelegtem Gemüse gereicht wird. Ich liebe diese Orte und ziehe sie gern irgendwelchen langweiligen Hotelfrühstücks vor.







Nach diesem reichhaltigen Frühstück rief der vor der Tür wartende Fahrer an, wir stiegen ins Auto und fuhren in südlicher Richtung durch dichten Verkehr an Shopping Malls und Eselskarren vorbei stadtauswärts die Autobahn in Richtung jordanischer Grenze. Unser heutiges Ziel war die aus römisch-nabatäischer Zeit stammende Ausgrabungsstätte Bosra Eski Sham in der Daraa-Provinz, welche gemeinhin mit dem Beginn des syrischen Bürgerkriegs in Verbindung gebracht wird. Im März 2011 war hier eine Gruppe von Teenagern, die regimekritische Graffiti an ihre Schule gesprüht hatten, festgenommen und in Haft schwer gefoltert worden. Dies nährte erste öffentliche Proteste in der Provinzhauptstadt (und wenige Wochen später im gesamten Land), die wiederum durch die syrische Armee niedergeschlagen wurden. Nach heftigen Kämpfen vor allem in den Jahren 2011 und 2012 fiel die Provinz weitestgehend an regimekritische Kräfte. Mit russischer Unterstützung erfolgte jedoch eine Rückeroberung der Provinz durch das syrische Militär, die 2018 mit einem Rekonzilierungsvertrag (dessen Einhaltung von der russischen Militärpolizei überwacht wird) zwischen mehreren (aber nicht allen) lokalen Rebellengruppen und der Assad-Regierung abgeschlossen wurde.

Nach 100km auf der Hauptstraße bogen wir nach Osten in eine Landstraße ab, die 40 weitere km durch eine landschaftlich eindrucksvolle und landwirtschaftlich intensiv genutzte (v.a. für Olivenanbau) Ebene aus Vulkangestein/-böden führt. Hier passierten wir mehrere Posten der lokalen Miliz, weit und breit keine Assad-Portraits in Sicht. Auffällig war hingegen der hohe Grad der Zerstörung der allermeisten Dörfer unterwegs, kaum eine Wand hatte keine Einschusslöcher, viele Ruinen und Autowracks säumten die Straße. Nichtsdestotrotz herrschte viel Leben, von ausgestorbenen Siedlungen keine Spur.

Anderthalb h nachdem wir Damaskus verlassen hatten, hielten wir vor dem Eingang des riesigen Amphittheaters von Bosra, das mit 15.000 Sitzplätzen mit Abstand größte im östlichen Mittelmeerraum. Ein fliegender Händler, der mich sofort mit vergilbten Postkarten, Büchern und „antiken“ byzantinischen Münzen belagerte, erklärte, dass ich der erste Besucher seit zwei Wochen wäre. Während der Fahrer sitzen blieb (!), gingen Hassan, der auch seit Beginn des Krieges nicht mehr hier gewesen war, und ich durch das Tor und ich war ziemlich überwältigt:











So etwas sieht man in der Tat nicht alle Tage. Außer mir war nur noch ein halber Truppentransporter russischer Militärpolizisten (überwiegend Tschetschenen und vor allem mit Selfies beschäftigt) in der grandiosen, im 2. Jahrhundert aus dunklem Basaltgestein gebauten (und früher überdachten) Anlage unterwegs, die im Krieg so gut wie keine Schäden abbekommen hatte. Vor dem Kriegsausbruch, zuletzt 2010, fanden hier jährlich im September Musikfestivals statt, u.a. war Julio Iglesias aufgetreten.

Wir machten einen ausgiebigen Rundgang durch die Katakomben und das Museum oberhalb der Bühne.









 

Hene

Erfahrenes Mitglied
27.03.2013
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BER
Fortsetzung

Wir verließen das Theater und schlenderten durch die hinter dem Theater gelegenen antiken Ruinen von Bosra. Leider war die Zerstörung durch den zurückliegenden Krieg hier massiver. Teile der Anlage waren durch zeitgenössische Bebauung überprägt und viele Bewohner benutzten Säulen und Steine, um Ihre Vorgärten zu verschönern. Auch deuteten zahlreiche Einschusslöcher verschiedener Größe darauf hin, dass schwere Kämpfe stattgefunden hatten. Offene Gruben wiesen zudem auf Diebe hin, die hier Kulturschätze geplündert hatten. Viel Geld und noch mehr Expertise wird notwendig sein, hier noch bestehende Bausubstanz zu erhalten und vor weiteren Eingriffen zu schützen.











Die römischen Ruinen waren wie überall in Syrien teilweise in nachfolgenden Epochen überprägt worden. Aus dem ersten Drittel des 7. Jahrhunderts etwa stammt die Umar-Moschee, eine der ältesten bestehenden islamischen Gebetsstätten überhaupt.



Wenige Schritte entfernt befinden sich die Überreste einer christlichen Basilika aus dem 4. Jahrhundert (leider im Krieg schwer zerstört).





Weiter südlich liegen die Ruinen der Kathedrale aus dem frühen 6. Jahrhundert, die als Vorbild gedient hat für den Bau der Hagia Sofia in Konstantinopel. Bei meinem Besuch diente deren Hof allerdings als Viehgatter für drei Dutzend Ziegen.



Ich war ziemlich sprachlos, sowohl von der nach wie vor beeindruckenden Größe der Anlage als auch von dem leider z.T. bedauernswerten Zustand nach dem Krieg.

Gegen 14h waren mir mit unserem Durchgang fertig und begaben uns nach einem Schwätzchen mit dem Souvenirverkäufer auf die Suche nach einem Restaurant. Derer gab es in Bosra nur ein einziges, das Grillhähnchen, Salat und Kartoffeln anbot. Ich hatte nichts auszusetzen. Der junge Restaurantbesitzer unterhielt und während unserer Mahlzeit mit seinen Businessplänen, u.a. wolle er Pferdekutschen-Touren anbieten. Ich dachte bei mir, dass es hier in Bosra aktuell sicherlich dringendere Dinge gäbe als solcherlei Touristenattraktionen zu etablieren.

Gut gefüllt machten wir uns auf den Rückweg nach Damaskus, wo wir am Spätnachmittag ankamen. Nun war Zeit für ein bisschen Wellness, in einem mamelukischen Hammam aus dem 12. Jahrhundert in der Altstadt, ein wirklich tolles Etablissement.



Nachdem ich mich gewaschen hatte (Hassan wollte wegen einer Erkältung leider nicht mit rein, trank aber gern Tee mit mir) und vom Personal gut umsorgt worden war (Haare schneiden, Brauen, Gesichtsmaske, you name it), ging es zum Falafel essen und nach einem Rundgang an Kamelfleischern vorbei zurück zum Guesthouse.





Dort fand heute die Vernissage einer Sammelausstellung statt. Ich mischte mich unter das illustre Publikum, vom Habitus der europäischen Kunstszene nicht ganz unähnlich (nur ohne Rotwein in der Hand).

Da an dem Abend in Beirut wieder einmal Proteste gegen die Regierung drohten, riet mir Hassan zu einem frühen Aufbruch nach BEY. Mein Fahrer las mich deshalb bereits um 20h auf und es ging rasant zur syrische-libanesischen Grenze, wo allerdings nur unwesentlich mehr Betrieb war als vier Tage zuvor. Auch auf der Schnellstraße nach Beirut musste nur eine Absperrung umfahren werden, gegen 22.30 waren wir bereits am Flughafen.

Während ich wartete, mein Abflug war erst um 4h in der Früh, schaute ich kurz in die A3-App, wo meine geupgradeten Flüge drin standen. Beim Check-in dann Verwunderung beim Agent, das Segment BEY-ATH sei storniert worden. Nach längerem Gespräch mit A3 erklärte er mir, dass er die Buchung wiederherstellen könne, aber nur in Y. Ich willigte leicht zähneknirschend ein. Beim Boarding wenige h später wurde ich aber glücklicherweise wieder geupgradet, die Maschine war halb leer. Merkwürdig, das Ganze.



In ATH noch in die weihnachtliche M&M-Lounge. Voller Eindrücke unterschiedlichster Art ging es in den besinnlichen Jahresabschluss daheim in Berlin.
 
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Airsicknessbag

Erfahrenes Mitglied
11.01.2010
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Sehr cool, vielen Dank. Inweiweit hattest Du den Eindruck, dass Dir da Normalitaet in Potjomkinschen Doerfern vorgespielt wurde (wie beispielsweise in NoKo)? Oder war es mehr das Phaenomen, dass in einem Teil des Landes echte Normalitaet herrscht, und im anderen, nicht notwendigerweise weit entfernt, aber sehr trennscharf, apokalyptische Verheerungen (Hargeisa vs. Mogadischu)?

Dort fand heute die Vernissage einer Sammelausstellung statt. Ich mischte mich unter das illustre Publikum, vom Habitus der europäischen Kunstszene nicht ganz unähnlich (nur ohne Rotwein in der Hand).

Wie kommt's? War Syrien nicht immer, zumindest in den oberen Schichten, die auf solchen Veranstaltungen rumturnen, sehr saekular und nicht uebermaessig interessiert an ueberkommenen Speisevorschriften?
 

Hene

Erfahrenes Mitglied
27.03.2013
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BER
Wie kommt's? War Syrien nicht immer, zumindest in den oberen Schichten, die auf solchen Veranstaltungen rumturnen, sehr saekular und nicht uebermaessig interessiert an ueberkommenen Speisevorschriften?

Zum ersten Punkt 'Normalität' würde ich dieser Tage noch einen Epilog schreiben, damit die Sache rund wird.

Was der fehlenden Rotwein auf der Vernissage angeht, war ich auch erstaunt. Der allergrößte Teil der Leute schien einem guten Tropfen nicht abgeneigt zu sein. Es waren wohl aber auch einige diesbezüglich eher konservative Gäste dabei, deshalb wurde auf den Ausschank ganz verzichtet. Insgesamt hast Du natürlich recht, die Damaszener Bürgerschicht, egal welcher Glaubensrichtung, scheint nicht allzu viel zu geben auf gesellschaftliche Konventionen.
 

HAMFRA

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21.01.2015
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Vielen Dank für diesen anderen Bericht, für den der Danke-Button allein für mich nicht ausreichend ist. Er lässt mich einerseits nachdenklich zurück, andererseits macht er auch irgendwie Lust, sich das selbst anzuschauen.
 
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neumi

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20.06.2018
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Wirklich ein grandioser Bericht in jeglicher Form. Die Art und Weise lässt mich staunend und dankbar zurück.
 
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unseen_shores

Erfahrenes Mitglied
30.10.2015
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Trans Balkan Express
Was der fehlenden Rotwein auf der Vernissage angeht, war ich auch erstaunt. Der allergrößte Teil der Leute schien einem guten Tropfen nicht abgeneigt zu sein. Es waren wohl aber auch einige diesbezüglich eher konservative Gäste dabei, deshalb wurde auf den Ausschank ganz verzichtet. Insgesamt hast Du natürlich recht, die Damaszener Bürgerschicht, egal welcher Glaubensrichtung, scheint nicht allzu viel zu geben auf gesellschaftliche Konventionen.

Meine Erfahrung in den 90ern war die, dass Religion schon eine Rolle spielt und dass sich Christen regelmäßig vollaufen lassen haben bzw. in die entsprechenden Nachtclubs gegangen sind, weil sie es konnten. Die Erfahrung, die hier schon geteilt wurde, dass der Arak in Strömen floss, kann ich so bestätigen.
 
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CarstenS

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08.09.2012
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Nochmals vielen, vielen Dank für diese Schilderung deiner Eindrücke!

Insbesondere auch des örtlichen Lebens und Lokalitäten.

Auch zu lesen und sehen, wie das Land nach fast 9 Jahren Bürgerkrieg aussieht. Die Eindrücke aus den Medien sind immer sehr fern und können die Situation vor Ort nur bedingt einfangen - was in der Natur der Sache liegt.

Ich selbst war etliche Male in Beirut und habe die Region immer sehr genossen. Syrien habe ich allerdings nicht geschafft.
 
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globetrotter11

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07.10.2015
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9.130
CPT / DTM
Es begab sich aber vor einigen Jahren, dass ein guter Buchhändler mir ein Buch mit den Geschichten von Rafik Schami empfahl und in die Hand drückte. Genauer gesagt: Im Jahr des Herrn 2011.

Bei meiner Suche nach neuer Lektüre verliere ich mich gerne in der Ecke mit der Reiseliteratur, dort habe ich schon sehr viele Anregungen für meine Reisen gefunden.

So auch bei den wunderschön fabulierten Werken von Rafik Schami. Wenn ich mir vorstelle, das dieser Schriftsteller solche Meisterwerke der Erzählkunst abliefert, die nicht in seiner Muttersprache verfasst wurden, so kann man kaum erahnen, welche Wortgewalt er erst in seiner Muttersprache entfaltet.

Kurzum, ich habe das Buch, und danach alle anderen von diesem Autor, regelrecht verschlungen.

Mein Interesse an einer Reise nach Syrien war schon immer latent vorhanden. Aber nach dem Buch "Damaskus, der Geschmack einer Stadt" war es völlig klar, dass ich sofort dorthin reisen werde. In diesem Buch beschreibt Rafik Schami in seiner blumigen Sprache Spaziergänge durch die Altstadt von Damaskus, besucht Händler, Bäcker, Konditoreien. Märkte und Restaurants. Und zwar so real, dass man meint mit ihm durch die Stadt zu streifen.

Kurz entschlossen wurden Flüge gebucht. Für eine Woche mitten in der Altstadt von Damaskus ein kleines Boutique Hotel gebucht. Kontakt mit lokalen Reiseagenturen für die Planung von einer Woche individueller Rundreise durchs Land aufgenommen. Und zur Entspannung ein Urlaubsdomizil auf Zypern gebucht. Voller Vorfreude in die Planung aller Details gestürzt.

Und dann brach das ganze, unsägliche Leid über das Land und insbesondere über die Zivilbevölkerung herein.

Konsequenz: Reisewarnung, Flüge wurden gestrichen und aus Syrien und Zypern wurden triviale drei Wochen Zypern.


Dieser, in vieler Hinsicht außergewöhnliche Tripreport, hat meine alte Liebe zu Damaskus aus dem Dornröschenschlaf erweckt und neu entfacht. Und dafür bin ich Hene ganz besonders dankbar.
 
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ffmseven

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20.11.2017
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Vielen Dank für den Bereicht.
Als Kind hatten wir oft ein 2-3 Tage Stop in Damaskus, wenn wir nach Pakistan geflogen sind. Gerade weil mein Vater PIA mied, wie der Teufel das Weihwasser und er dort gute Freunde hatte.
Schade die Stadt so zusehen, aber ich merke das es mich wieder reizt es mit eigenen Augen zusehen.
 
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Hene

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27.03.2013
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Es begab sich aber vor einigen Jahren, dass ein guter Buchhändler mir ein Buch mit den Geschichten von Rafik Schami empfahl und in die Hand drückte. Genauer gesagt: Im Jahr des Herrn 2011.

Bei meiner Suche nach neuer Lektüre verliere ich mich gerne in der Ecke mit der Reiseliteratur, dort habe ich schon sehr viele Anregungen für meine Reisen gefunden.

So auch bei den wunderschön fabulierten Werken von Rafik Schami. Wenn ich mir vorstelle, das dieser Schriftsteller solche Meisterwerke der Erzählkunst abliefert, die nicht in seiner Muttersprache verfasst wurden, so kann man kaum erahnen, welche Wortgewalt er erst in seiner Muttersprache entfaltet.

Kurzum, ich habe das Buch, und danach alle anderen von diesem Autor, regelrecht verschlungen.

Mein Interesse an einer Reise nach Syrien war schon immer latent vorhanden. Aber nach dem Buch "Damaskus, der Geschmack einer Stadt" war es völlig klar, dass ich sofort dorthin reisen werde. In diesem Buch beschreibt Rafik Schami in seiner blumigen Sprache Spaziergänge durch die Altstadt von Damaskus, besucht Händler, Bäcker, Konditoreien. Märkte und Restaurants. Und zwar so real, dass man meint mit ihm durch die Stadt zu streifen.

Kurz entschlossen wurden Flüge gebucht. Für eine Woche mitten in der Altstadt von Damaskus ein kleines Boutique Hotel gebucht. Kontakt mit lokalen Reiseagenturen für die Planung von einer Woche individueller Rundreise durchs Land aufgenommen. Und zur Entspannung ein Urlaubsdomizil auf Zypern gebucht. Voller Vorfreude in die Planung aller Details gestürzt.

Und dann brach das ganze, unsägliche Leid über das Land und insbesondere über die Zivilbevölkerung herein.

Konsequenz: Reisewarnung, Flüge wurden gestrichen und aus Syrien und Zypern wurden triviale drei Wochen Zypern.


Dieser, in vieler Hinsicht außergewöhnliche Tripreport, hat meine alte Liebe zu Damaskus aus dem Dornröschenschlaf erweckt und neu entfacht. Und dafür bin ich Hene ganz besonders dankbar.

Dank dir für das Feedback. Rafik Schami's kulinarisches Buch hatte ich übrigens auch im Gepäck und habe es auch selektiv gelesen und genossen:)
 
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Hene

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27.03.2013
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Epilog

Nachdem nun doch wieder einige Monate ins Land gezogen sind und diese merkwürdige Zeit doch einigen Raum fürs Nachdenken lässt, will ich mich nun doch noch an einen Epilog wagen, wenn auch einen kurzen. Im Nachhinein betrachtet und auch vor dem Hintergrund der jetzigen Corona-Pandemie mutet diese Reise inzwischen fast surreal and und scheint auch schon ziemlich weit weg zu sein.

Tatsächlich bin ich aber immer noch in Kontakt zu einigen Leuten in Damascus und bekomme durch diese mit, wie sich dort der Lockdown in der Hauptstadt auswirkt. Man hat fast den Eindruck, dass die Parallelrealität dort stärker ins Wanken kommt durch Corona als durch die Kriegshandlungen im Norden. Für viele Kleinhändler ist es eine Katastrophe.

Eine syrische Freundin, die in Aleppo ein Fernstudium absolviert und dort im Dezember und Januar (also inmitten der Idlib-Kampfhandlungen) einige Wochen für Prüfungen war, hat mich auch von dort mit Eindrücken versorgt. Syrische Alltagsnormalitäten sind angesichts latenter Gewalt für viele Syrer so stark relativiert worden, wie es für uns junge Europäer kaum vorstellbar ist. So ist es wahrscheinlich kein Wunder, dass ich auf während der Reise immer mal wieder heftig schlucken musste, als mein Guide vor dem Hintergrund zerschossener Häuserwände oder beim Spazieren durch die Burgruine von Krac des Chevaliers oder sogar beim Fahren durch die Wüste nach Palmyra wieder mit seinem Normalitätsdiskurs anfing.

Rückblickend bin ich sehr froh und dankbar, diese Reise gemacht zu haben. Nicht nur angesichts der Corona-Pandemie, die jegliches Reisen für längere Zeit massiv erschweren wird. Auch angesichts der Dynamiken in Syrien wird es mutmaßlich nicht leichter werden, dort in absehbarer Zeit wieder hinzukommen. Tourismusentwicklung wie sie für Palmyra antizipiert war, wird es aus meiner Sicht über viele Jahre nicht geben. Dazu ein sehr spannender Debattenbeitrag heute im FAZ-Feuilleton: https://zeitung.faz.net/faz/feuilleton/2020-05-12/wiederaufbau-fuer-wen/458377.html (Scheint leider hinter der Paywall zu sein).

Dennoch hoffe ich für uns alle, dass es irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft, wenn sicherlich auch unter anderen Rahmenbedingungen, mit dem Reisen weitergehen kann. Bis dahin zehren wir von, dank der TR hier im Forum auch von fremden, Erinnerungen.