Vor vielen Jahren war ich mal ein wirklich ausgeprägter Berlin-Hasser, ja.
Im Lauf der Zeit hat die Stadt sich verändert wie ich mich selber auch und ich musste zugeben, dass in Berlin wirklich etwas passiert.
Inzwischen mag ich Berlin eigentlich ganz gerne und genieße meine zahlreichen Aufenthalte dort.
Berlin ist dynamisch, gegensätzlich, faszinierend, facettenreich - es ist wirklich zu einer Metropole heran gewachsen, die sich im Vergleich mit dem Rest der Welt messen kann.
Das ändert aber nichts an gewissen Tatsachen:
- Deutschland ist und war schon immer ein föderaler Staat und es hat unserem Land bisher nicht geschadet, dass es das ist.
- Deutschland hat wesentlich mehr als eine zentralistische Metropole zu bieten, sehr viel mehr sogar. Und das ist auch gut so!
- Gerade im anonymen Internet findet man immer wieder Lokalpatrioten - komischerweise sind allerdings die aggressivsten die Berliner, egal in welchem Forum und ganz besonders ausgeprägt, wenn es BER, BBI, AB oder wie auch immer geht. Flysurfers Analyse bezüglich deren Minderwertigkeitskomplex erscheint mir durchaus schlüssig.
Was spielt es denn nun eigentlich für eine Rolle, wie ein Flugzeug heißt?
Wie hier schon geschrieben, fährt LH bezüglich der Lady Bee ein spezielle Strategie.
IMHO ist diese schlüssig und durchaus sinnvoll - LH ist nicht mehr eine Deutsche Airline, nein, sie wesentlicher Bestandteil der *A.
Wem ist (aus *A-Sicht) mit der Benamsung "Berlin" geholfen? Eben - niemanden.
Die Partner mit ihren Hubs inkl. der emotionalen Wirkung in deren Ländern zu bedenken macht da in einem globalen Netzwerk wesentlich mehr Sinn: LH verschafft sich eine perfekte PR in fremden Ländern, die durchaus dem Airline- wie dem Allianz-Image zuträglich ist.
Was würde die Taufe in Berlin auf Berlin bringen?
Zudem ist LH schon seit geraumer Zeit (zumindest seit Neugründung nach dem Krieg) eine Kölner Firma mit operativer Basis in FRA.
Sie war dies als Staatscarrier auch schon zu Bonner Zeiten - so what?
Dass LH innerhalb der eigenen Namenvergebungs-Strategie seine beiden operativen Zentralen bedenkt, darf auch einem gesunden Stolz auf sich selber zugestanden werden (ob dieser gegeben ist, entzieht sich mir als Laie meiner Kenntnis).
Man könnte auch noch ganz anders argumentieren, warum Berlin vielleicht sogar bewusst ausgespart wird:
Berlin steht international wie historisch nicht nur für die aktuelle Hauptstadt Deutschlands.
Berlin steht in der deutschen Geschichte zwischen 1850 und 1945 für einen gewissen deutschen Zentralismus, bis 1918 preußisch geprägt. Diese Zentralismus hat Europa in der Regel nicht sonderlich gedient. Bedenke man die Diskussion rund um die Wiedervereinigung, wird klar, dass das europäische (politische) Ausland die Geschichte nicht vergessen hat und durchaus Sorgen vor einem zu großen, zu wichtigem und zu mächtigem Deutschland hat - symbolisch für die vorherigen Ereignisse, welche Europa derart viel Leid gebracht haben, steht das Machtzentrum Berlin.
Durch den Verzicht auf die Benamsung "Berlin" des größten, des mächtigsten, des wirtschaftlichsten Fliegers der Welt, teils von Deutschen gebaut, zeigt man einen Sinn für das Maß, man zeigt Respekt und demonstriert Sensibilität.
Die Benamsung nach eigenen Basen verzeiht, versteht jeder. Die Vergabe von ausländischen Namen zeigt von Größe, von Überlegung und Mäßigung.
Dieses Symbol - man respektiert andere derart, dass man sie vor die eigene Hauptstadt stellt - ist ein mächtiges diplomatisches Zeichen.
Dies wird einer LH und auch Deutschland wesentlich mehr Respekt und Anerkennung einbringen als eine A380 Berlin.
Aber gut - ich habe mich nun doch in die Reihe der fundamentalen Berlin-Hasser eingereiht und hätte mir die obigen Zeilen auch sparen können, da wohl kaum auf offenes, reflektives, entspanntes und leicht selbstironisches Denken zu hoffen ist.