Der Flug
Beim Boarding habe ich mich dann vor- und zwischen den Flugbegleiterinnen in die erste Klasse hindurchgedrängt. Sofort nahmen mich zwei Flugbegleiterinnen mittleren Alters in Empfang. Nach dem obligatorischen Spruch „Ist das das Flugzeug nach BKK?“ erfolgte ein heiteres Gelächter, wurde der Champagner gebracht, mit der MdC die Hände geschüttelt und das Pyjama verteilt. Ins Pyjama – das neue der Swiss, blau mit dem roten Kragen und dem dezenten First Class Logo auf der Brust – geschlüpft und mich wieder dem Champagner hingegeben, dauerte es nicht lange bis sich ebendieser auf meiner Pyjama Hose und dem Teppich befand. Bevor ich es selbst bemerkte – zu diesem Zeitpunkt hatte ich doch schon drei oder vier Gläser vom Blubbersaft und eine gut gemixte Bloody Mary intus – waren die zwei charmanten Flugbegleiterinnen bereits vor mir auf den Knien und trockneten meine Oberschenkel und den Teppich mit dem Spruch „bei uns duschen die Passagiere der ersten Klasse mit Champagner“, sehr charmant meine Damen. Habe mir dann noch überlegt etwas von wegen „Spezialservice“ zu sagen, es mir dann aber verkniffen.
Meine beiden Engel der Lüfte bzw. Ersatzmütter für die nächsten rund 12 Stunden und 50 Minuten brachten mir sogleich eine neue Pyjama Hose und ein neues Glas Champagner. Der Service war überhaupt – wie typisch bei der Swiss – sehr aufmerksam und auf höchstem Niveau, obschon der Flieger bis auf zwei Plätze in der First Class proppenvoll war. Einer der beiden freien Plätze, derjenige neben mir über den Gang, wurde dann mit einer Op-Up Passagierin, einer ehemaligen Flugbegleiterin der Swissair und offenbar die Mutter einer Flugbegleiterin aus der Business oder Economy Class gefüllt. Die Dame hielt sich aber dermassen zurück und die übrigen Passagiere gingen alle kurz nach dem Start ins Bett, so dass ich die volle Aufmerksamkeit von zwei Flugbegleiterinnen geniessen durfte. Nice.
Die erste Klasse Kabine im Airbus 340 ist bekanntlich schon etwas in die Jahre gekommen und beeindruckt – zumindest auf den ersten Blick – nicht mehr. Ich empfinde jedoch den Sitz als äusserst bequem und zusammen mit dem herausragenden Service der Swiss immer noch als eines der besten First Class Produkte überhaupt, wenn man vom kleinen IFE-Bildschirm – und überhaupt vom IFE – absieht.
Da ich bereits in der Lounge gegessen hatte, wollte ich eigentlich nur noch einen kleinen Snack und den Käse geniessen, mein fliegendes Ersatzmama hat jedoch darauf bestanden, dass ich mich durchs Menü durchesse und was will man tun, wenn es die Mutter sagt. Also wurde das Balik-Lachsfilet, der Hummer mit Karottenmouse, Karotten-Stangenselleriesalat, Orangenmayonnaise und Curry-Crevettencracker, eine Solothurner Weissweinrahmsuppe mit Trauben, Riesencrevetten, Flusskrebs und Jakobsmuscheln mit Karotten-Inwer-Sauce, schwarzem Venere-Risotto und mediterranem Gemüse, gefolgt von einer Auswahl an traditionell hergestelltem Schweizer Käse gebracht. Dazu gab es den Laurent-Perrier Grand Siècle Champagner und einen Chablis 1er Cru Les Vaillons 2010. Gerne hätte ich auch noch den Dornacher Riesling-Sylvaner 2011 vom Solothurner Klushof probiert, aber mich dann für die obligatorischen Bloody Mary als verdauungsfördernden Digestif (Pleonasmus, schon klar) entschieden. Besonderer Erwähnung verdient neben dem Balik-Lachsfilet – ein „Must“ auf jedem Flug in der ersten Klasse der Swiss – die grandiose Solothurner Weissweinrahmsuppe mit Trauben. Alleine dafür hätte Sternegeneral Reto Lampart einen dritten Michelin Stern oder die Aufstockung seines GaultMillau Punktekontos verdient. Dass der Autoreifenhersteller mit seiner Klassifizierung des solothurner Spitzenkochs dennoch richtig lag, merkte ich hingegen bei den Meeresfrüchten, die – wären sie nicht schon tot gewesen – tot gegarten Meeresfrüchte waren von eher bescheidenem Geschmack und auch das Verne-Risotto lies mich nicht zu Begeisterungsstürmen hinreissen.
Nach dem Essen habe ich dann meine Sitznachbarin mit Flugzeug-Blabla gelangweilt und als ich den Piloten erspähte die Chance genutzt und mich mit ihm in der Galley unterhalten. Nachdem ich ihn mit meiner Aussage, „dass ich den Airbus 343 mit seinen Zwergentriebwerken nicht so cool finde beim Start, weil man immer das Gefühl habe, er hebe nicht mehr ab“ und weiteren fachmännischen Ausführungen zur Flotte der Swiss aufgehalten habe, fand ich es aus Flugsicherheitsgründen angebrachter mich zu verabschieden und da auch sonst niemand mehr da war, den ich hätte langweilen können, genoss ich das IFE und schlief dann bis kurz vor dem Frühstück durch.