Den einzigen Einwand, dem man dem AR machen kann, ist dass sie Mehdorn und die ganzen anderen Versager eingestellt haben. Die Besetzung der Geschäftsführung und deren Überwachung ist bei BER der Ausgangspunkt.
Damit sich diese These gar nicht erst strukturell Bahn bricht, lies bitte die letzten 100 Seiten dieses trööds oder gleich jene treffende Analyse des Versagens, geschrieben auf 4 Seiten von der renommierten Wochenzeitung DIE ZEIT, Ausgabe 26/2012:
Flughafen: Blindflug in Berlin | ZEIT ONLINE
Hier die wesentlichen Passagen:
Ein guter Tag, der ZEIT ein Interview für die Ewigkeit zu geben. Wowereit erklärt stolz, wie entscheidend es gewesen sei, dass er als Aufsichtsratschef des neuen Flughafens mit seiner Autorität das Projekt gesteuert habe. Er schwärmt, wie es gelungen sei, die Kosten im Rahmen zu halten, er redet von der Pflicht zum Optimismus, anders gehe es bei einer solchen Sache nicht. Vor Freude schlägt er die Beine pausenlos übereinander.
...Auch Schwarz ist bester Laune und lässt der Eitelkeit freien Lauf, als er von der »Erfolgsgeschichte dieses Flughafens« spricht. Er schildert, wie schwierig es gewesen sei, die Finanzierung bei sieben verschiedenen europäischen Banken zu organisieren, mitten in der Finanzkrise, rund zweieinhalb Milliarden Euro. Aber am Ende hätten sie es geschafft, sagt er. Alles hätten sie geschafft.
Zum Zeitpunkt des Gesprächs liegen bei den Projektleitern der Flughafengesellschaft, deren Aufsichtsratsvorsitzender Wowereit ist, eine E-Mail, ein Sitzungsprotokoll und ein Brief vor, die genau das Gegenteil dessen besagen, was der Regierende Bürgermeister und sein Flughafen-Boss behaupten.
Wenige Wochen nach dem Wowereit-Interview wird der staunenden Öffentlichkeit verkündet: Der Flughafen werde am 3. Juni nicht wie geplant eröffnet. ...Wie also ist das vergnügte Verhalten von Klaus Wowereit und Rainer Schwarz zu erklären? Wie konnten sie nur die Wahrheit derart ignorieren? Die ZEIT wollte mit den beiden über diese Frage sprechen, doch jetzt lehnten sie jedes weitere Gespräch ab.
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Der »alternative gangbare Weg«, den der Planer in der Mail vom 28. Februar anspricht, bedeutete letztlich nur Augen zu und durch. Und das ist die beste Beschreibung dessen, was die Flughafengesellschaft unter Klaus Wowereit seit Jahren praktiziert.
Und es sollte ein Meisterstück der Politik werden, denn Eigentümer ist der Staat, die Gesellschafter sind das Land Berlin, das Land Brandenburg und der Bund. Es war maßgeblich Klaus Wowereit, der den ursprünglichen Plan umstieß, den Airport von einem privaten Firmenkonsortium bauen zu lassen. Seine Parole lautete, wir bauen selbst, die Begründung, wir werden zeigen, dass man auch ohne Kostenexplosion ein solches Projekt stemmen kann.
Zwei Erklärungsmuster bieten sich an, um zu verstehen,...warum Wowereit bis zum Schluss noch gute Laune hatte. Das eine hat mit Managementstrukturen...zu tun und wird in einem Bericht der Wirtschaftsprüfer Ernst & Young vom Mai 2012 als totales Organisationsversagen beschrieben. Die Ernst-&-Young-Prüfer machen dafür in erster Linie die ständigen Änderungswünsche der Flughafengesellschaft verantwortlich.
Das zweite Erklärungsmodell hat mit Psychologie zu tun und insbesondere mit Klaus Wowereit. Mitarbeiter berichten von cholerischen Anfällen, sie sagen, er sei einer, der Leute gern vor anderen zusammenstauche, selbst aber keine Kritik vertrage, höchstens unter vier Augen. Leute, die ihn gut kennen, nennen ihn einen »jovialen Menschenfeind«...In der Politik hat sein Herrschaftsprinzip funktioniert, und er dachte offenbar, auch dem Flughafen könne er seinen Willen aufdrücken. Wahrscheinlich hat er das auch noch am Tag der Echo-Verleihung gedacht.
Der inzwischen geschasste Technik-Chef Manfred Körtgen und der Flughafen-Boss Rainer Schwarz regierten ähnlich: Wer ein Problem schilderte, wurde zum Problem. Ein Klima der Angst habe geherrscht, erzählt ein Insider. Die Mitarbeiter von Landrat Loge mussten sich massiv beschweren, dass die ernsten Bedenken der Behörde oft nicht in den Protokollen auftauchten. »Im Nachhinein muss man sagen, die haben an der Realität vorbeioperiert«, sagt Loge.
Heute ist das Verhältnis zwischen Wowereit und Schwarz zerrüttet. Wowereit habe Schwarz nur deshalb nicht gefeuert, sagt einer aus dem Umfeld des Regierenden Bürgermeisters, »weil er ihn als Schutzschild noch braucht, damit er selbst nicht alle Kugeln des öffentlichen Feuers abbekommt. So kann er immer auf Schwarz deuten.
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Was haben Wowereit und die Flughafengesellschaft alles ignoriert? Wie viele Kritiker haben sie mundtot gemacht? Schon im Jahr 2008 erklärte die Projektsteuer-Firma Drees & Sommer in einem Gutachten, es sei illusorisch, den Flughafen zu den geplanten Kosten zum geplanten Termin zu eröffnen, es werde entweder deutlich teurer oder später. Wenig später suchte sich die Flughafengesellschaft mit der Firma CBP einen anderen Projektsteuerer…
Ein weiteres Warnsignal war, dass ebenfalls im Jahr 2008 die Gerkan-Architekten ihrem Vertrag einen sogenannten Sideletter hinzufügten, demzufolge die avisierten Ergebnisse durch veränderte Ausschreibungen nicht mehr garantiert werden könnten. Vorausgegangen war unter anderem die Entscheidung der Flughafenspitze, den Bauauftrag nicht wie geplant an einige wenige Großunternehmen zu vergeben, sondern an Dutzende verschiedene Firmen…
Im Jahr 2010 gab es eine Untersuchung durch einen Baustellen-Profi, einen Mann, der den Ruf eines Troubleshooters hat, einen für den Fall, wenn alles schiefläuft….Auf der Baustelle türmte sich meterhoch der Schutt, es gab gar kein Logistikkonzept, es herrschte absolutes Chaos, »und das Schlimmste war, es war niemand da, der wirklich das Heft in der Hand hatte. ...Er schlug heftig Alarm, bei der Flughafengesellschaft, bei den engsten Mitarbeitern von Platzeck und Wowereit – mit der Folge, dass man sich von ihm trennte, »man schätze das alles anders ein«, hieß es.
Gestolpert sind Wowereit und die Flughafengesellschaft mit ihrer Brachialmethode letztlich über die irrste ihrer Durchwurschteleien: die »Mensch-Maschine-Lösung« für den Brandschutz. Plötzlich gab es zwei Menschen, die sich trauten, Nein zu sagen. Hans Joachim Paap hatte die Entscheidung zu treffen, ob die Mensch-Maschine-Lösung zu verantworten ist. »Das war die Grenze, damit war klar, ich muss die Reißlinie ziehen.
Das zweite Nein holten sich Flughafenchef Schwarz und Technikdirektor Körtgen am 7. Mai um 9 Uhr früh in der Verwaltungsstelle des Landkreises Dahme-Spreewald in Königs Wusterhausen ab, im Raum 208. Seine Leute, sagt Landrat Loge heute, hätten die Flughafenchefs schon vor Monaten immer wieder eindringlich darum gebeten, schlüssige Pläne und zertifizierte Gutachten für den Brandschutz vorzulegen. Doch diese seien nie gekommen.
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Der Sozialdemokrat Peter Danckert, zu dessen Bundestagswahlkreis der Flughafen gehört, findet das Krisenmanagement der Zuständigen alles andere als überzeugend. »Auf jeder Baustelle, wo so etwas passiert, muss als Erstes ein sogenanntes Beweissicherungsverfahren eingeleitet werden. Doch das geschah nicht.« Warum nur? Danckert will nicht spekulieren. Ein anderer Experte wird deutlicher: »Da will niemand feststellen, was ist. Die großen Verschleierungsaktionen haben schon begonnen.« … Zu groß ist das Chaos, und alles deutet darauf hin, dass das Krisenmanagement noch schlechter als die bisherige Planungsarbeit ist. In der Aufsichtsratssitzung vom 16. Mai wurde die fristlose Kündigung der Planungsgemeinschaft PG BBI beschlossen, also jener rund 300 Architekten, Planer und Ingenieure, die den gesamten Bau unter Kontrolle hatten. Ein dramatischer Fehler.
Meinhard von Gerkan versuchte am 25. Mai in einem persönlichen Brief an Klaus Wowereit, die Dimension dieses Fehlers deutlich zu machen. »Die bloße Kündigung«, schrieb von Gerkan, »führt zwingend zu einem wochenlangen Projektstillstand und einem nicht absehbaren Terminverzug. Die ausgesprochene Kündigung bedroht nicht uns, aber mit Sicherheit den Projekterfolg.« Drei Wochen ist das her, und bis Redaktionsschluss hatte Gerkan noch nicht einmal eine Antwort von Klaus Wowereit bekommen.
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Schon der erste Satz des Artikels macht dem Leser begreiflich, wie stark BER mit dem Namen Klaus Wowereit verwoben ist, daß immer wieder er es war, der dem Projekt seinen persönlichen Stempel aufdrückte. Den sachliche Einwände und berechtigte Kritik in bester, selbstherrlicher Politiker-Manier nicht anfochten, sondern ihre Absender schasste, auswechselte und verspottete. Der annahm, einen kleinen, trottligen Landrat mit Brandschutz per hand die Betriebsgenehmigung abzuluchsen. Der bei Eintritt des GAU in der Öffentlichkeit kaltschnäuzig behauptete, von allem nichts gewußt zu haben, eine Lüge, wie ein Gericht später feststellte. Der, wie die ZEIT ja schon damals argwöhnte, Rainer Schwarz zunächst noch als Schutzschild im Amt beließ, um ihm 1 Jahr später (ungerechtfertigt, später gerichtlich festgestellt) fristlos zu kündigen. Der die Chuzpe besaß, nach dem längst fälligen Rücktritt als AR-Vorsitzender das Amt kurz darauf wieder zu ergreifen.
Wenn die ZEIT das alles schon gewußt hätte!
So ist Klaus Wowereit an sich selbst gescheitert, an Größenwahn, an Ignoranz, an Inkompetenz - leider auf milliardenschwere Kosten des Steuerzahlers. Und, das darf man jetzt schon fest annehmen:
Belangt wird er dafür nicht werden können, dafür hat er vorgesorgt.
