ANZEIGE
Allgemein gesprochen sind es Petrolnoten. Fachspezifisch gesprochen sind es Carotinoide in den Weintrauben (intensive Sonneneinstrahlung) vermehrt gebildet werden und dann unter anderem zu TDN (1,1,6-Trimethyl-1,2-Dihydronaphtalin) verstoffwechselt werden. Die einen sagen es wäre ein Weinfehler, die anderen sagen es wäre gereifter Riesling.
Mir persönlich gefällt es in reifen Rieslingen mit Honig- und reifen Fruchtnoten... wenn die Farbe und Viskosität langsam ins ölige übergeht...
Vermeiden lässt es sich durch weniger Entblätterung in der Traubenzone - aber dann sind die Trauben durch geringere Belüftung stärker Fäulnisgefährdet - hier helfen dann entweder Chemikalien oder eine aufwendige Traubenteilung (nicht mechanisierbar), was sich dann ggf. im Preis niederschlägt...
Wie "weit" man das jetzt beschreibt ist jedem selbst überlassen, wobei deine exakte Bestimmung für mich zwar zutreffend erscheint, für andere aber sicher schnell abschreckend ist.![]()
Für meinen Geschmack gibt es zwei Varianten der Reifenote: eine einladende und eine abstoßende. Die letztere kenne ich vor allem von trockenen Rieslingen, während restsüße Weine erheblich leichter dieses mehr oder minder schwer Ätherische bekommen. Der Wein wird hier - nur gute Weine bringen das Rüstzeug dazu mit - zu einem Geschmackserlebnis eigener Art, das sich von dem Wunder der Fruchtigkeit verabschiedet hat (Trauben können Ananas, Pfirsich, Birnen, Melonen, Lavendel, Kirschen, Brombeeren etc. imitieren, aber keine Ananas, kein Pfirsich, keine Birne etc. pp. duftet und schmeckt jemals nach einer Weintraube). Wer noch nicht das Vergnügen gereifter Weine im schönen Stadium der Reife hatte, der mag sich das vorstellen wie den Geruch eines alten holzvertäfelten Gesellschaftszimmers im Vergleich zu einem Schuppen voll modrigem Holz.
Insofern bin ich überrascht, dass Du die Petrolnote pauschal mit dem Reifegrad der Trauben in Verbindung bringst. Ich bin weder Winzer noch Chemiker, hatte aber im vergangen Jahr das Vergnügen, mich mit Rebholz über einen trockenen 2006er zu unterhalten (den er aufgemacht hat, weil er den Jahrgang ähnlich wie 2013 sah). Dieser Wein war natürlich technisch makellos, hatte aber, da staubtrocken, eben auch eine herbe Petrolnote (allerdings keine schmutzige von Motor-Öl und Gummi). Darauf angesprochen, kam Rebholz sofort auf den Unterschied zwischen gereiften trockenen und restsüßen Weinen zu sprechen, ohne dass ich die Details noch wiedergeben könnte. Auch für ihn war aber klar, dass die Petrolnote bei trockenen Weinen deutlich öfter als störend empfunden wird als bei süßen.
Während ich hier schwadroniere, habe ich übrigens einen Wein mit sehr angenehmer Reifenote im Glas: einen Koehler-Ruprecht 2011 Annaberg Weißburgunder Spätlese trocken. Das ist kein großer Wein, hat sich aber für seine 7 oder 8 € ganz vorzüglich gemacht. Das Barrique ist verarbeitet und die Traube zurückgekehrt - nicht mit dem Damaszener-Schliff wie bei Wehrheim (der ja ohnehin nur Stahl an seinen Weißburgunder lässt), sondern mit der schönen selbstsicheren Kraft der Natur, die ohne Philippi leider nicht mehr zu bekommen ist.