6. Tag; 2. Winterreise 2017/18
Bereits um 8 Uhr schlugen wir im Haupthaus im Restaurant zum Frühstück auf – nach der Besichtigung des Abendbuffets waren unsere Erwartungen nicht mehr besonders hoch.
Das Restaurant war leerer als am Vorabend, so dass wir einen Tisch mit Blick auf Golfplatz und Berge wählen konnten.
Espresso gezogen, frischgepressten Orangensaft aus der Maschine entnommen
und die Frühstücksauswahl betrachtet. Wir waren dann trotz unserer niedrigen Erwartungen doch geschockt, Kantinenfraß trifft es wohl am ehesten, auf jeden Fall nicht eines 5*-Hotels würdig.
So gab es z.B. einen große Brotauswahl, allerdings unterschied sich dies fast ausschließlich in der Form, mehr als zwei verschiedene Teigsorten konnten wir nicht ausmachen.
Croissants o.ä.? Fehlanzeige.
Die warmen Gerichte waren so unappetitlich dargeboten, dass uns die Lust verging. So bestellten wir Spiegeleier von der sehr einfachen Eierstation,
nahmen Halloumi-Käse & Tomaten von der kalten Auswahl.
So war das Frühstück schnell abgeschlossen, um 9 saßen wir schon im Auto und fuhren bei schöner Aussicht die Nordküste Richtung Osten.
Was hier gebaut wurde, unglaublich, eine Ferienhaussiedlung reiht sich an die nächste, mit ‚Villen’ ab 29'900 Britische Pfund – womit die Zielgruppe auch geklärt wäre. Allerdings scheint der Boom schlagartig zum Erliegen gekommen zu sein, sehr, sehr viele Häuser stehen im Rohbau und verfallen langsam. Überhaupt, überall liegt Müll herum, es erinnert einen schon etwas an Indien.
Nach 30 Kilometern verließen wir die Nordküste, fuhren über die Berge nach Süden, auf auch hier perfekt ausgebauten Überlandstraßen.
Schlaglöcher haben wir den ganzen Tag nicht eines gesehen.
Nach 50 Minuten Fahrt erreichten wir die Westküste, bogen auf eine Art Autobahn ab nach Süden, folgten dieser durch viele Kreisel (welche wohl nur den Sinn der Geschwindigkeitsreduzierung haben, denn es gehen oft keine Straßen vom Kreisverkehr ab) bis nach Salamis.
In Salamis bogen wir ab zur historische Stadt ‚Salamis’, auch denn es die Menschen im Süden der Insel nicht gerne hören, der wohl wichtigsten archäologischen Stätte Zyperns. Seit dem 11. Jahrhundert v.Chr. hatte das Stadtkönigreich Salamis die führende Position auf Zypern, wuchs bis zur Zeitenwende auf bis zu 100'000 Einwohner an und wurde durch den Handel mit Vorderasien und Ägypten wohlhabend. Aber der Handel mit dem Morgenland machte Salamis nicht nur reich, die Einflüsse dieser Hochkulturen hatten auch weitreichende Einflüsse auf die Kultur. Erst mit der Machtübernahme durch die Griechen verlor Salamis seine Führungsrolle an Paphos, bleib aber weiterhin wichtig, vor allem wegen des Hafens. Als im 1. Jahrhundert v.Chr. Zypern ein Teil des Römischen reiches wurde, wurde in Salamis wieder ‚investiert’, wovon man sich anhand der heutigen Ruinen überzeigen kann.
Am Eingang entrichtete ich bei einer perfekt Deutsch sprechenden Dame den Eintritt, pro Person entweder EUR 3 oder TL 9 (EUR 2).
Denn obwohl in der RoNC die Türkische Lira als offizielles Zahlungsmittel gilt, betreibt man seit 2015 die Umstellung zum Euro – schließlich ist man Teil der Eurozone, hat 2004 mit 65% für den Annan-Plan und damit die Wiedervereinigung mit dem Süden gestimmt (der das mehrheitlich abgelehnt hatte).
Auto abgestellt, an der arg ausgeblichenen Infotafel vorbei
zum Gymnasium gelaufen.
Die Ausgrabungen sind leider (oder zum Glück) auf dem Stand von 1974 stehengeblieben, da ab dieser Zeit, auf Druck des griechischen Teil Zyperns und Griechenlands, keine internationalen Archäologen im Nordteil mehr tätig sein dürfen. Sollte ein Archäologe oder ein Institut sich nicht an diese Vorgabe halten, dürfen diese keine Ausgrabungen mehr im Südteil und Griechenland durchführen.
Beim Gymnasium (Stätte der Erholung, der Begegnung & Entspannung) mit angeschlossenen Thermen und Latrine verfügte über einen inneren Sportplatz mit ca. 53 x 40 Metern, welcher von Säulen zum Tragen des Satteldaches umgeben war.
Die Thermen verfügten über prachtvolle Wandmosaiken (von welchen noch Reste vorhanden sind), Fresken, Marmorböden, eine Heizungsanlage und ein Wasservorratsreservoir mit 600 Kubikmetern. Den Statuen hatte man übrigens schon in antiker Zeit die Köpfe abgeschlagen,
entweder die Person war nicht mehr so bedeutend oder die Religion hatte sich geändert.
Am Interessantesten empfanden wir aber die Latrine, also das WC, welches sich seitlich des Sportfelds befindet. Hier konnten sich bis zu 44 Personen gleichzeitig erleichtern, mit kontinuierlicher Wasserspülung, Reinigungsmöglichkeit und Handwaschbecken. Die 44 ‚Sitzgelegenheiten’ waren im Halbkreis angeordnet, es gab keinen Sicht- oder ähnlichen Schutz zwischen des Anwesenden.
Im Gegenteil, es war sogar gewünscht, dass man sich unterhielt während man seine Notdurft verbrachte, man hatte sogar freien Blick auf den Sportplatz.
Durch die Überbleibsel des Gymnasiums geklettert (keine Absperrungen vorhanden), vorbei an den wenigen Überresten des Amphitheaters zum Theater,
einer halbrunden Anlage, welche ehemals auf den ehemals 50 stufenartigen Rängen mit einer maximalen Höhe von 20 Metern bis zu 15'000 Zuschauer aufnahm.
Heute ist nur noch die untere Hälfte der Ränge vorhanden,
die obere Hälfte, das Bühnenhaus und die Rückwand stürzte bei einem Erdbeben im Jahre 332 n.Chr. ein und wurden nicht wieder aufgebaut.
Weiter an der antiken Hauptstraße vorbei
durch die Überbleibsel der Thermen zu Agora und Zeus-Tempel. Der recht weite Weg in der prallen Sonne wurde aber durch die noch zu erkennenden Reste kaum gerechtfertigt. Heute sieht man nur noch die unteren Teile der Säulen, welche den großen Marktplatz (288 x 55 Meter) umgaben, und der Ferne die Reste der Stufen.
Zurück an den Überresten der St. Epiphanius-Basilika, einer der damals größten Kirchen aus dem 4. Jahrhundert n.Chr., vorbei,
zurück zum Auto.
Obwohl Salamis im Laufe der Zeit durch mehrere Erdbeben, Aufstände und am Schluss durch die 1'700 Schiffe umfassende Flotte der Araber zerstört wurde, fanden wir es wesentlich eindrucksvoller und besser erhalten als z.B. Kourion im Südteil der Insel.
Nun fuhren wir weiter Richtung Süden, nach Famagusta, wohin auch die Einwohner Salamis nach dem Eintreffen der arabischen Flotte geflohen waren.
Famagusta war einst, vor 1974, der Touristenhotspot Zyperns, sie gilt als ein hervorragendes Beispiel einer mittelalterlichen Festungsstadt, inklusive der erhaltenen 3 Kilometer langen venezianischen Stadtmauer (15. Jahrhundert) mit seinen beiden Eingangstoren.
Wir fuhren den beeindruckenden Revelin (Bastion) entlang, durch eines der beiden Tore (Porta di Limisso) in die Stadt, vorbei an alten Lagerhäusern
(in Paphos wären diese schon längst zu Restaurants und Geschäften umgebaut worden),
entlang der westlichen Mauer, stellten den Wagen auf einem Parkplatz ab. Von hier durch über die Touristenhauptstraße
mit unzähligen Restaurants zur ehemaligen St. Nikolaos-Kathedrale, der heutigen Lala-Mustafa-Pascha-Moschee, dem schönsten gotischen Bauwerk des Mittelmeerraums (1298 – 1326).
Nach einem Blick auf die Rückseite
zum Eingangsbereich, wo man die wunderschöne Westfassade (im Stil der Kathedrale von Reims) betrachten kann.
Im Jahre 1571 wurde die Kathedrale zur Moschee umgewandelt, was man deutlich am aufgesetzten Minarett erkennen kann. Hinein konnten wir nicht, da gerade das Mittagsgebet stattfand.
Einen frischgepressten Grantapfelsaft erstanden und einen Blick auf die Cafer Pascha Bäder (ca. 1600) sowie Überreste der Franziskanerkirche (ab 1200) geworfen,
und weiter durch die Portale des ehemaligen venezianischen Königspalasts (13. Jahrhundert)
zur weniger beeindruckenden St. Peter und Paul Kirche (Sinan Pasha Moschee).
Durch die Gassen,
an der Griechisch-Orthodoxen Kirche (spätes 14. Jahrhundert, 1571 durch den Beschuss der Osmanen eingestürzt) vorbei,
zur Festungsmauer mit dem Seetor, welche wir erklommen.
Von hier hat man einen eindrucksvollen Ausblick über die Altstadt,
den Hafen und in der Ferne Varosha, welches nach der Besichtigung des Othello-Turms mit venezianischem Löwen-Wappen
und einem kurzen Kaffee unser nächstes Ziel war.
Varosha war bis 1973 ‚der’ Touristenmagnet Zyperns, erwirtschaftete über 50% der gesamten Tourismuseinnahmen und war größtenteils in der Hand griechischer Zyprioten. Das Gebiet bestand aus großen Hotelanlagen, welche dicht aneinandergebaut waren, insgesamt 45 Hotels mit 10'000 Betten, weiteren 60 Apartment-Hotels, 99 sonstigen Gästeanlagen, 21 Banken und 24 Theatern und Kinos sowie 3'000 Geschäften. Weitere 380 Gebäude befanden sich in der Bauphase – nur um die Größe zu erläutern.
Seit 1974, dem Jahr der Invasion der türkischen Truppen, steht dieses riesige Areal leer und verfällt langsam.
Wir fuhren zum Strand, so nahe es ging ans Sperrgebiet, mit Warnhinweisen überall, und liefen am Meer entlang zum Zaun, von wo wir einen Blick auf die Geisterstadt erhaschten.
Ein UN-Soldat, welcher auch gerade am Strand war, teilte uns mit, dass man aktuell nicht über den Zaun klettern solle, das türkische Militär das nicht gerne sähe. Der Grund ist, dass man aktuell, entgegen jeder Abmachung, ein Hotel (zu erkennen an einer großen türkischen Flagge auf dem Dach) als Erholungszentrum für die Soldaten nutze.
Irgendwie war der ganze Anblick sehr seltsam, Valentyna konnte nicht verstehen, dass einige Engländer keine 50 Meter vom Zaun entfernt in der Sonne lagen, wobei das Wasser zugegebenermaßen sehr schön, kristallklar, war.
Wieder zum Auto und die Rückfahrt angetreten. Zu ca. EUR 0,80/Liter das Auto vollgetankt und auf die Autobahn, wieder in perfektem Zustand
– abgesehen vom Müll links und rechts. Man musste wieder an jeder Kreuzung auf 65 km/h abbremsen, Starenkästen (mit Vorankündigung) standen überall. Mittlerweilen wissen wir aber, ‚ohne Vorankündigung keine Radarkontrolle’, also kann man es ansonsten laufen lassen.
Selbst durch die Berge waren die Straßen hervorragend ausgebaut. Auf der Nordseite erwartete uns aber plötzlich ganz anderes Wetter – statt Sonne pur und 26 Grad, Wolken, leichter Regen und 6 Grad weniger.
Mangels vielversprechender Restaurants fuhren wir wieder bis nach Girne, Vor ‚Ali-M’ Takeaway standen sehr viele lokale Autos, der Laden war voll mit Einheimischen – und so gingen wir auch hinein,
suchten einen Platz und bestellten. Wir waren sehr hungrig, außer dem mageren Frühstück hatten wir noch nichts zu uns genommen, waren schon wieder fast 10 Kilometer gelaufen. So waren wir happy als unser Essen erschien,
das Fleisch sehr zart und geschmacklich einwandfrei, der Salat lecker.
Zurück ins Hotel, eigentlich wollten wir noch aufs Laufband. Nur war das Gym, im Keller gelegen, nicht besonders einladend,
an Wi-Fi, um Filme zu schauen oder Radio zu hören, auch nicht zu denken – aber wenigstens hatten wir den guten Willen.
Das Abendessen fiel mangels Hunger und Lust wieder weite Strecken zu fahren flach, zum Glück hatten wir noch ein paar Süßigkeiten im Zimmer.
Internet? Fehlanzeige! Am Morgen funktionierte es leidlich, am Abend nicht. Dies liegt allerdings nicht an der RoNC, denn in jedem Restaurant haben wir perfekte Wi-Fi-Verbindung.