10. Tag; 2. Winterreise 2017/18
Die Doppelschiebefenster ließen uns trotz des Straßenlärms hervorragend schlafen, das Bett war traumhaft komfortabel, die Bettwäsche von sehr guter Qualität. Leider erwachte ich am Morgen mit starken Kopfschmerzen – also erstmal 2 Solpadein eingeworfen und nochmal eine Stunde geschlafen.
Zum Glück ging es mir dann besser, ich genoss die ersten Minuten des Morgens auf dem kleinen Balkon unseres Hotelzimmers.
Wie man gut sehen konnte, hatte in dieser Gegend der Stadt der Bürgerkrieg (1975 – 1990) besonders stark gewütet, das Hochhaus gegenüber ist noch immer zerstört, die Fenster teilweise für Scharfschützen vermauert, die Fassade von Einschüssen und Granittreffern gezeichnet.
Wie ich später erfuhr, hatte es das Gebäude, in welchem unser Hotel untergebracht ist, noch stärker erwischt, wurde deshalb komplett renoviert.
Nach 9 gingen wir hinauf in die 10. Etage, wo das Frühstück serviert wurde. Das Restaurant sehr schön & stylisch.
Da es sich um ein kleines Hotel mit weniger als 40 Zimmern handelt, war die Frühstücksauswahl eher individuell statt industriell, mit lokalen Produkten.
– wir atmeten beide auf nach dem Massenfrühstück auf Zypern.
Wir nahmen uns Salami, geräucherten Schinken und Frischkäse, dazu Baguette. Beim ersten Bissen ging die Sonne für uns auf, Produkte von guter Qualität und Geschmack, da merkt man was es doch für Unterschiede zwischen Salami & Salami, zwischen Brot & Brot gibt.
Es gab frischgepressten, süßen Orangensaft, der Espresso wurde an den Tisch gebracht, musste nicht am Automaten selbstgezogen werden. Auf Wunsch wurden Eierspeisen oder Pfannkuchen angeboten. Nach den ganzen Eiern der letzten Woche entschieden wir uns für Pfannkuchen. Auch diese wurden frisch zubereitet, kamen heiß und köstlich mit Honig auf den Tisch.
Frisches Essen statt warmgehaltener Ware, was für ein Traum!
Es ist schon übel, wenn man sich einmal an gutes Essen gewöhnt hat, dann ist es wirklich schwierig warmgehaltene Massenware zu essen.
Nach dem Frühstück gingen wir hinauf auf die Dachterrasse des Hotels, mit Bar, Sonnenliegen und einem kleinen Pool,
schauten uns die Umgegend an.
Nun war es an der Zeit das Zentrum Beiruts, welches quasi direkt vor der Hoteltüre liegt, zu erkunden. So liefen wir los, unter einer Hochstraße hindurch und standen fast sofort im ‚Beirut Run’, welcher heute stattfand. Somit war es etwas kompliziert von einer Seite der Straße auf die andere zu kommen.
Zuerst kamen wir an der Mohammad Al-Amin Moschee vorbei, auch die ‚Blaue Moschee’ genannt.
Diese wurde ab 2003 errichtet und 2008 fertiggestellt. Interessant ist, dass diese am Platz der Märtyrer, in unmittelbarer Nähe der griechisch orthodoxen St.-Georgs-Kathedrale und der maronitischen St.-Georgs-Kathedrale errichtet wurde, die Minarette mit der exakt selben Höhe wie der Kirchturm errichtet wurden, um die Gleichbedeutung der Konfessionen herauszustellen.
Wir besichtigten die Moschee von Innen, sehr eindrucksvoll mit einer Kuppelhöhe von 42 Metern.
Weiter zur maronitischen St.-Georgs-Kathedrale,
in deren Innenraum ein aufgebahrter Sarg stand.
Im Gegensatz zur Moschee wurde die Kathedrale bereits 1884 bis 1894 in klassizistischem Stil errichtet, im Bürgerkrieg von 1975 jedoch stark zerstört du geplündert, bis ins Jahr 2000 wieder aufgebaut.
Ein Blick auf die Überreste der Römischen Therme und die griechisch-orthodoxe Kathedrale
und schon ging es in Richtung ‚Place de l’Etoile’ durch die Rue Maarad, welche in den 1920er Jahren der Pariser Rue de Rivoli nachempfunden wurde.
Dort war es an der Zeit Platz im Café ‚Rue de l’Etoile’ Platz zu nehmen, Kaffee & Tee zu trinken, Valentyna ihre geliebte Wasserpfeife zu verabreichen, so wie sie schon von den anderen Gästen geraucht wurde.
Die Orangen-Minz-Wasserpfeife war hervorragend, besser als das was wir in der Ukraine bekommen. Valentyna war von Beirut schon völlig begeistert, statt von Sightseeingpunkt zu Sightseeingpunkt zu hetzten, konnte sie schon vor 12 Uhr gemütlich, bei angenehmer Wärme, im Café sitzen und Shisha qualmen.
Interessant war hier auch, dass die meisten der anderen Gäste ihre Kinder dabei hatten, welche aber mit ihren philippinischen Nanys spielten, so dass die Eltern den Sonntag genießen konnten.
Noch einen Blick auf die wunderschönen Gebäude und schon liefen wir hinein in den ‚Souk’. Der alte Souk wurde im Bürgerkrieg irreparabel zerstört, so dass man im Anschluss den Plan fasste hier eine riesige Shopping mal mit Restaurants, Kinos und Geschäften zu errichten. Das Design hat arabische Anklänge, ist und bleibt aber einfach ein moderner Shopping-Mall Komplex mit den typischen internationalen Ketten, trotzdem schön zum Flanieren (kaufen muss man nichts, die Preise sind im vergleich zu Europa sehr hoch).
Trotz der verstrichenen Zeit seit dem Bürgerkrieg sieht man aber auch hier noch immer Ruinen neben den modernen Gebäuden.
Wieder durch den Run-Track
durch hübsche Straßen
zur Küstenlinie, wo gerade ein komplett neues Areal entsteht, mit Blick auf das östliche Mittelmeer.
Wir waren selbst verwundert wie hügelig Beirut ist, dass direkt Berge aufsteigen, welche auch noch teilweise dicht bebaut sind.
Schon stellte sich ein kleiner Hunger ein, wir liefen über die neue Uferpromenade
zum Yachthafen Beiruts.
Hier wurde und das ‚Leila’ empfohlen, mit guter libanesischer Küche, auch bei Einheimischen sehr beliebt. Während die anderen zahlreichen Restaurants recht leer waren, war das Lailas gut besucht, wir erhielten trotzdem einen Tisch auf der Terrasse, zwischen Locals und, natürlich, Russen, mit Blick auf die Yachten.
Wir bestellten ein paar Meze, traditionellen Hummus, Hindbeh und Sweet Moutabbal (aus Augergine) sowie einen Fattouch-Salat, wozu Oliven und warmes Brot serviert wurden.
Zum zweiten Mal an diesem Tag ging für uns die Sonne auf, es war einfach alles lecker, auch wenn der Fattouch-Salat bei ‚Jan-Takeaway’ bei Paphos noch eine ganze Ecke besser war.
Nachdem wir das Essen und die Location genossen hatten, liefen wir wieder langsam zurück in die Altstadt, diesmal am ehemaligen Holiday-Inn vorbei,
dann zur St. Nishan-Kirche und dem Grand Serail, in welchem der Premierminister des Libanon seinen Sitz hat. Das ganze Gebiet ist sehr stark bewacht, gepanzerte Schießstände überall. Fotos kann man hier keine machen, die Soldaten unterbinden dies umgehend und eindrücklich.
Nochmals zurück zur Moschee, die Gegend ohne die Läufer betrachtet, links im Hintergrund die griechisch-orthodoxe St.-Georgs-Kathedrale.
An einer etwas seltsamen Struktur vorbei (ein ehemaliges Kino?),
kurz etwas tu trinken eingekauft und zurück zum Hotel,
7,5 Kilometer reichten fürs erste.
Leider ließ die Wirkung der Schmerztabletten nach, meine Migräne kam zurück. Also nochmals eine Schmerztablette eingeworfen und einen Espresso zubereitet, eine halbe Zitrone hineingepresst. Nach einer Stunde Schlaf waren die Kopfschmerzen zwar nicht gänzlich verschwunden, aber erheblich besser.
Gegen 20:30 machten wir uns auf zum Abendessen, wir hatten uns für das aktuell sehr angesagte libanesische Restaurant ‚Al Falamanki’ entschieden, nur 550 Meter vom Hotel entfernt.
Wir betraten die Lokalität durch den Hintereingang, kamen durch den nett gemachten Innenraum,
wählten bei immer noch 22 Grad einen Platz im Garten.
Zwei Pepsi Light (Coke schein es im Libanon kaum zu geben) und eine Shisha mit Trauben-Minz-Geschmack – und schon war Valentyna happy.
Die Speisekarte war sehr umfangreich, für jemanden, der sich mit der nahöstlichen Küche nicht auskennt schwer aufnehmbar. So ließ ich mich vom freundlichen Kellner beraten, wählte eine warme Meze, eine kalte
sowie einen Mix verschiedener Kebabs.
Von den Meze waren die Würstchen in Granatapfelsauce sehr lecker, erinnerten mich geschmacklich stark an meine zurückliegenden Aufenthalte in Amman und Kairo. Die Kebabs waren okay, am besten das vom Kalb.
Das Restaurant füllte sich sehr rasch, die Männer leger, die Frauen extrem aufgebrezelt, behängt und dick geschminkt. Beauty-Operationen scheinen auch sehr angesagt. Die meisten Männer spielten Karten, die Frauen mehr Backgammon. Also nahm ich es zum Dessert
in Angriff, ließ uns ebenfalls ein Backgammon (russ.: Nardi) bringen und
brachte das Spiel Valentyna bei. So saßen wir bis um 23 Uhr, rauchten und spielten – mal was anderes als Essen und gehen. Die Rechnung i.H.v. US$ 80 bezahlt und das doch recht einfache Restaurant durch den Vordereingang verlassen.
Hier traf uns doch fast der Schlag. Selbst in Moskau und St. Tropez haben wir noch nie eine solche Konzentration von Luxusautos, vom RR Coupé über Range Rover bis Ferrari, auf einem Restaurantparkplatz gesehen. Und wir dachten wir wären in einem einfachen Restaurant gewesen...
Die Straße in Richtung Hotel war mit schicken Restaurants gesäumt, mit Luxusautos vollgeparkt. Und Valentyna hatte extra ihre Uhr im Safe gelassen, aus Angst in einer so armen Stadt damit bei Nacht herumzulaufen.
Vorbei an sehr edlen ‚Karaoke-Clubs’ (jaja...), um 23:30 erreichten wir wieder unser sehr komfortables Hotel.
Beirut? WOW!!! Eine Wahnsinnsstadt, wir sind beide hin & weg, bisher der Höhepunkt dieser Reise.