10. März 2019: Ethiopian 737 MAX crash

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longhaulgiant

Erfahrenes Mitglied
22.02.2015
10.243
9.746
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Das würde heissen, dass eine Crew ohne Kenntnis der Stab Trim Cutout Procedure keine Chance gehabt hat, weil der manuelle Trim am Steuerhorn sukzessive vom MCAS übersteuert wurde. Und auch das manuelle zurückdrehen mit dem Rad dauert zu lange und ist auf die Dauer zu kräfteraubend.

Die STAB TRIM RUNAWAY Procedure ist ein Memory Item was jeder 737 Pilot beherrschen muss. Entweder waren die vier Piloten zu unfähig oder es hat nicht so funktioniert wie es ursprünglich konzipiert war. Nachdem die Flieger immer noch gegroundet sind, nachdem man beide Aufnahmen verglichen hat, gehe ich im Moment von letzterem aus.
 

Airsicknessbag

Megaposter
11.01.2010
21.946
16.097
Das würde heissen, dass eine Crew ohne Kenntnis der Stab Trim Cutout Procedure keine Chance gehabt hat, weil der manuelle Trim am Steuerhorn sukzessive vom MCAS übersteuert wurde. Und auch das manuelle zurückdrehen mit dem Rad dauert zu lange und ist auf die Dauer zu kräfteraubend.

Wir kommen immer wieder zurueck zu den Fragen, die ich seit Monaten (JT) bzw. Tagen (ET) stelle und einfach keine Antwort bekomme:

Weshalb konnte die Crew von JT 93 den selben Notfall beherrschen, an dem anschliessend die von JT 610 scheiterte?

Und, falls ET 302 wieder das selbe Problem gehabt haben sollte, weshalb bekam auch diese Crew das nicht in den Griff, obwohl sie, anders als die armen Teufel von JT 610, die Loesung im Anschluss an den ersten Crash eingebimst bekommen haben muessten?


Insofern ist "keine Chance" nach JT 610 etwas pauschal.
 

longhaulgiant

Erfahrenes Mitglied
22.02.2015
10.243
9.746
Wir kommen immer wieder zurueck zu den Fragen, die ich seit Monaten (JT) bzw. Tagen (ET) stelle und einfach keine Antwort bekomme:

Weshalb konnte die Crew von JT 93 den selben Notfall beherrschen, an dem anschliessend die von JT 610 scheiterte?

Und, falls ET 302 wieder das selbe Problem gehabt haben sollte, weshalb bekam auch diese Crew das nicht in den Griff, obwohl sie, anders als die armen Teufel von JT 610, die Loesung im Anschluss an den ersten Crash eingebimst bekommen haben muessten?

Insofern ist "keine Chance" nach JT 610 etwas pauschal.

Du bekommst höchstwahrscheinlich keine Antwort darauf, weil das momentan keiner hier weiß. Die einzigen die es momentan evtl. wissen sind die Ermittler und die werden erst in den kommenden 30 Tagen ein Statement abgeben.

Spekulieren kann man da viel. Zum Beispiel, dass der AOA bei JT 93 noch halbwegs funktioniert hat und dadurch der Autotrim noch schwächer ausfiel und man mit dem Steuerhorn damit noch dagegen halten konnte.

Dass die ET Crew frisch gebrieft war spräche dafür, dass das Problem eben nicht mit der Standardprozedur beherrschbar war.
Kann natürlich auch sein, dass man ausgerechnet diese beiden vorher nicht gebrieft hatte wie es hier ja schonmal anklang. Nur da bleibt meine Frage von oben bestehen: wenn es Parallelen gibt und die nicht auf Pilotenfehler zurückzuführen sind, warum sollte man das Grounding noch aufrechterhalten?
 

ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
842
0
Die STAB TRIM RUNAWAY Procedure ist ein Memory Item was jeder 737 Pilot beherrschen muss.
Ich hab das hier dazu gefunden:
Runaway Stabilizer
"Control column.................................grab and hold firmly
Autopilot (if engaged).................. disengage, do not reengage
If Runaway Continues
Stabilizer trim cutout switches..............................CUTOUT
If Runaway Continues
Stabilizer Trim Wheel................................Grab and Hold!"

Das leuchtet ein, nur scheint mir der letzte Punkt eher ein schlechter Witz zu sein, spätestens mit dem CUTOUT sollte das Teil doch Ruhe geben ?! Ich erinnere mich daran, dass der Antrieb am Rad zumindest im Simulator schon recht kräftig war. Offenbar gibt es aber wohl Fälle, wo dem nicht so ist :( und die elektrische Trimmung mit MCAS weiter reinregiert :confused: - ohne dass ich jetzt die elektrische Schaltung kennen würde, weiß da einer mehr ?

Böse Zungen könnten sonst ergänzen:
"If Runaway Continues: Good luck, and better go to gym for fitness exercises earlier in your next live" :eek:
 
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longhaulgiant

Erfahrenes Mitglied
22.02.2015
10.243
9.746
Ich hab das hier dazu gefunden:
Runaway Stabilizer
"Control column.................................grab and hold firmly
Autopilot (if engaged).................. disengage, do not reengage
If Runaway Continues
Stabilizer trim cutout switches..............................CUTOUT
If Runaway Continues
Stabilizer Trim Wheel................................Grab and Hold!"

Das leuchtet ein, nur scheint mir der letzte Punkt eher ein schlechter Witz zu sein, spätestens mit dem CUTOUT sollte das Teil doch Ruhe geben ?! Ich erinnere mich daran, dass der Antrieb am Rad zumindest im Simulator schon recht kräftig war. Offenbar gibt es aber wohl Fälle, wo dem nicht so ist :( und die elektrische Trimmung mit MCAS weiter reinregiert :confused: - ohne dass ich jetzt die elektrische Schaltung kennen würde, weiß da einer mehr ?

Böse Zungen könnten sonst ergänzen:
"If Runaway Continues: Good luck, and better go to gym for fitness exercises earlier in your next live" :eek:

Eine weglaufende Trimmung kann auch ganz ohne MCAS passieren und ist auch bei anderen Mustern schon vorgekommen. Im äußersten Fall muss der Pilot nachdem er alle Faktoren, welche eine Trimmung verstellen, ausgeschaltet hat das Rad festhalten. Da man im Cockpit zu zweit ist gehe ich davon aus, dass man sich da abwechseln würde. Und natürlich schleunigst den nächsten Flughafen ansteuert.
Von daher ist das eine schon viele Tausende Male erfolgreich angewandte und bewährte Prozedur. Und die hat jeder Pilot im Kopf.
 

pimpcoltd

Erfahrenes Mitglied
03.07.2009
3.316
10
Weshalb konnte die Crew von JT 93 den selben Notfall beherrschen, an dem anschliessend die von JT 610 scheiterte?

Und, falls ET 302 wieder das selbe Problem gehabt haben sollte, weshalb bekam auch diese Crew das nicht in den Griff, obwohl sie, anders als die armen Teufel von JT 610, die Loesung im Anschluss an den ersten Crash eingebimst bekommen haben muessten?

Wind? Höhe über NN? Kurvenlage? Software, die mehr oder minder Zufallsergebnisse produziert? Materialbruch infolge Überbelastung? Gottes Hand? Mir fällt dazu so viel ein, dass ich es schon müßig finde, darüber überhaupt nachzudenken, solange die genauen Daten nicht bekannt sind.
 

Hape1962

Erfahrenes Mitglied
24.01.2011
3.345
1.490
CGN
Das riecht mächtig nach dem Vorspann zu einem ausgewachsenen Wirtschaftskrimi. Wenn sich wirklich rausstellt das da zu Lasten von über 300 Toten gemauschelt oder vertuscht wurde kann sich Boeing warm anziehen.
 

Boeing757

Reguläres Mitglied
11.03.2019
40
43
Boeing ist im Moment mit 2 737 MAX 8 im Staate Washington unterwegs. Beide Maschinen sind in Renton gestartet. Beide Maschinen leider ohne Aircraft Registration Number oder sonstigen Daten außer Flughöhe und Geschwindigkeit. Während eine Maschine am Moses Lake go arounds durchführt ist die andere Maschine nach dem Start in nordwestliche Richtung unterwegs gewesen. Nach dem Start ging es hoch auf FL410. Kurs jetzt zurück Richtung Renton.
 

MANAL

Erfahrenes Mitglied
29.05.2010
15.043
10.691
Dahoam
Eine weglaufende Trimmung kann auch ganz ohne MCAS passieren und ist auch bei anderen Mustern schon vorgekommen. Im äußersten Fall muss der Pilot nachdem er alle Faktoren, welche eine Trimmung verstellen, ausgeschaltet hat das Rad festhalten. Da man im Cockpit zu zweit ist gehe ich davon aus, dass man sich da abwechseln würde. Und natürlich schleunigst den nächsten Flughafen ansteuert.
Von daher ist das eine schon viele Tausende Male erfolgreich angewandte und bewährte Prozedur. Und die hat jeder Pilot im Kopf.


Trotzdem muss man sich fragen warum man den Motor der den Trimm antreibt nicht mit einem oder auch mehreren (gesicherten) Schalter oder Sicherungen außer Gefecht setzen kann. Diese Automatik ist ja lästiger und unzuverlässiger als sämtliche Airbus-Flugcomputer, die lassen sich wenigsten mit wenigen Tastendrücken deaktivieren.
Hätte nie gedacht, dass Boeing so einen Mist entwickelt. :sick:
 

ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
842
0
Wie kommst Du darauf? Oben wurde ja extra die Checkliste gepostet:
So, und jetzt kommt die spannende Frage:
(für die ich echt keine Antwort weiß, vielleicht aber ja hier einer):
Dreht bei der MAX der CUTOUT Switch wirklich physisch dem Stellmotor den Strom ab, also hängt der direkt in zumindest einer Relais-Leitung zum Motor, oder ist das nur ein Signal an irgendeinen Controller oder elektronische Logik, dass der Pilot den Strom abzustellen wünscht, welches der Rechner umsetzen oder auch geflissentlich ignorieren kann, wenn die Software anderer Meinung ist ?

So wie ich das aus der Doku im Web verstanden habe, ist schon bei der alten 737 NG der Stellmotor ein elektronisch kommutierter DC Motor, der am 115V AC Stromversorgungsbus hängt, d.h. dazwischen muss noch irgendein Elektronikboard mit Gleichrichtern/Wandlern und irgendwelchen Leistungstransistoren oder MOSFET sein, das am Ende den Motor ansteuert. Die Doku sagt, dass die 115V über ein Relais geschaltet werden, das seinerseits auch am CUTOUT hängt. Das Relais kann den Motor wohl stromlos machen, der Switch selber erstmal nicht direkt, sondern nur über das Relais. Das sollte im Normalfall aber funktionieren.

Ich könnte mir vorstellen, dass das bei der MAX noch mehr Elektronik ist, d.h. das der ganze Relais-Krempel durch Software ersetzt wurde, weiß das aber nicht. Dann wäre der CUTOUT natürlich wirkungslos, wenn der Rechner "nö du darfst nicht in dem Bereich fliegen" sagt ? :confused:

Oder, wenn der CUTOUT wirkt, war es schlicht zuviel Kurbelei und Chaos im Cockpit für zuwenig Höhe ? :confused:
 

Brainpool

Erfahrenes Mitglied
15.03.2014
2.801
126
Wenn ich das richtig verstehe ist der CutOut nur der Schalter am Mitteltunnel.
Aber Boeing schreibt doch irgendwo das dann die Sicherung gezogen werden muss, die scheint ja wohl woanders zu sein.
 

ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
842
0
Wenn ich das richtig verstehe ist der CutOut nur der Schalter am Mitteltunnel.
Aber Boeing schreibt doch irgendwo das dann die Sicherung gezogen werden muss, die scheint ja wohl woanders zu sein.

Deswegen frage ich so ...

Das MCAS soll ja ein Unterstützungssystem sein, wenn das aber noch nicht mal per gewöhnlichem CUTOUT abzuschalten ist (?) und einen weit höheren Einfluß hat als dokumentiert, eben weil die Aerodynamik der Mühle sehr problematisch bzw. in bestimmten Bereichen mehr als gewöhnlich labil ist und der Eintritt in diese Bereiche unbedingt vermieden werden muss - sonst täte ja die gewöhnliche Überziehwarnung reichen -, dann kann sowas doch bitte nicht einkanalig realisiert werden. Und auch nicht zweikanalig. Das wäre schon ein sehr starkes Stück.
 

longhaulgiant

Erfahrenes Mitglied
22.02.2015
10.243
9.746
Trotzdem muss man sich fragen warum man den Motor der den Trimm antreibt nicht mit einem oder auch mehreren (gesicherten) Schalter oder Sicherungen außer Gefecht setzen kann. Diese Automatik ist ja lästiger und unzuverlässiger als sämtliche Airbus-Flugcomputer, die lassen sich wenigsten mit wenigen Tastendrücken deaktivieren.
Hätte nie gedacht, dass Boeing so einen Mist entwickelt. :sick:

Ohne die genauen Schaltpläne zu kennen: der CUTOUT Switch hört sich genau danach an. Dann gibts noch Sicherungen die gezogen werden können. Allein: wieviel Zeit kostet das? Ich glaube kaum, dass man in geringer Höhe die Zeit findet die Checklist komplett abzuarbeiten, und dann auch noch die Sicherung sucht und zieht wenn man das Rad nicht festgehalten bekommt.
 

tehdehzeh

Aktives Mitglied
04.11.2015
152
1
Ja.
Wir reden hier aber von dem Manöver, bei dem MCAS eingreift. Es geht um Langsamflug ohne Klappen und dann Schub geben.

Meine Gedanken zum MCAS der MAX Serie:

Boeing hat das eingebaut um das "Aufbäumen" des Flugzeugs automatisch auszugleichen, das wegen der Montagepunkte der Triebwerke bei höherem Schub leider in Kauf genommen werden musste.

Nein. Es geht einzig darum, dass eine Zertifizierungsvorraussetzung ist, dass der Pilot, wenn der AOA sich dem Stall nähert, monoton immer mehr am Stick ziehen muss, um die Nase weiter zu heben. Das ist bei der Max nicht der Fall, weil die Gehäuse der Triebwerke ab einem gewissen AOA Auftrieb produzieren, was wegen ihrer Position zu einer Verringerung dieser Kraft führt. MCAS sollte daher in genau dieser Situation durch Trimmung eben doch die benötigte Kraft erhöhen.


Deswegen ist jetzt ein Fix auch so schwer, denn dieses Kriterium besteht ja weiter, man kann MCAS also nicht einfach deaktivieren, sondern es muss fail-safe werden.

Warum Boeing die "MCAS basiert auf jeweils einem einzigen AOA-Sensor ohne jeglichen Sanity Check" - Lösung zertifiziert bekommen hat steht natürlich auf einem anderen Blatt. Da wird sich sicher einiges in den Zulassungsprozesaen ändern.
 

Alex1971

Erfahrenes Mitglied
27.09.2016
636
37
FRA
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ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
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Nein. Es geht einzig darum, dass eine Zertifizierungsvorraussetzung ist, dass der Pilot, wenn der AOA sich dem Stall nähert, monoton immer mehr am Stick ziehen muss, um die Nase weiter zu heben. Das ist bei der Max nicht der Fall, weil die Gehäuse der Triebwerke ab einem gewissen AOA Auftrieb produzieren, was wegen ihrer Position zu einer Verringerung dieser Kraft führt. MCAS sollte daher in genau dieser Situation durch Trimmung eben doch die benötigte Kraft erhöhen.

DANKE, das erklärt die ganze komische Implementierung. Ich hatte mich schon gewundert. Es geht ergo um ein gutmütiges Verhalten vor dem Stall und es ist schon der Auftrieb durch die Triebwerke je nach AoA.

Das wird man wohl kaum mit einem Update fixen können, auch wenn es seit VW in Mode ist. Hier geht es nicht um ein paar Mikrogramm NOx/km mehr, sondern um die direkte und unmittelbare Gefährdung von Hunderten von Menschenleben.

Heißt: Mehrkanalige Auslegung, im Grund 3+1 Redundanz inkl. der zuständigen Computer. Viel Spass bei der Nachrüstung.

Mal schaun, ob sich wieder Ami-Gewurschtel ("Update") durchsetzt und ob die EASA dann standhaft bleibt und einfach mal "nein" sagt. Dieser Schrott mit einem Sensor ohne jede Redundanz hätte doch so niemals zertifiziert werden dürfen (n)
 

ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
842
0
Ich bin mal gespannt, ob es sich die FAA jetzt noch erlauben kann, den Fix so schnell durchzuwinken und vor allem, ob ein eventueller FAA Approval von den Behörden in anderen Ländern ohne eigene Prüfung so schnell übernommen wird.
Nein liebe FAA, das kann es nicht sein (n)
In so einen "geupgradeten" Flieger täte ich mich nicht setzen :no:
 
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Volume

Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
12.796
10.773
Deep stall gibts ja nur bei T-Leitwerken und daher nie bei einer B737 - egal ob max oder ng oder classic
Das ist die Millionenfrage....

Ganz allgemein gibt es Deep Stall, wenn die Momentenkurve zwei fallende Nulldurchgänge hat (am ersten will man stabil fliegen, am zweiten will man nicht fliegen, er ist aber eben auch stabil, daher kommt man da nicht mehr raus).
Der erste Nulldurchgang ist gewollt und die Kurve da normalerweise eine Gerade, die man mit Höhenruder- und Höhenflossenausschlag parallel verschieben kann, also den Anstellwinkel bestimmen kann bei dem das Flugzeug stabil fliegt.
Irgendwann reisst die Strömung an Hauptflügel und Höhenleitwerk ab (wie genau ist extrem Flugzeugspezifisch) und die Momentenkurve bekommt einen Bogen und unter Umständen einen steigenden (instabilen) Nulldurchgang. Bei einem "guten" Flugzeug bleibt die Momentenkurve bleibt für den Rest des Anstellwinkelbereichs kleiner Null, die Nase will immer runter, das Flugzeg kippt nach vorne ab, beschleunigt wieder und stabilisiert sich wieder.
Gerät nun as Höhenleitwerk in den Nachlauf des Hauptflügels, so reduziert sich sein Auftrieb (bei derartig hohen Antellwinkeln macht es immer Auftrieb, im Gegensatz zum normalen Flugbereich), und die Momentenkurve knickt wieder nach unten ab. Geht das so weit, dass sie wieder einen (fallenden) Nulldurchgang macht, dann gibt es dort einen zweiten Gleichgewichtszustand, in dem das Flugzeug eigenstabil fliegt, u.U. so stabil, dass man mit keiner Steuereingabe da wieder raus kommt.

Je nach Größe des Höhenleitwerks und des Flügels, können aber auch Stalleffekte am gepfeilten Hauptflügel selbst genug Momentenänderung erzeugen, um auch bei einem konventionellen Leitwerk diesen zweiten stabilen Nulldurchgang zu haben. Bzw. umgekehrt kann man auch durch geeignete Maßnahmen am Hauptflügel ein T-Leitwerks Flugzeug konstruieren, dessen Momentenkurve nicht wieder negativ wird. Bei der VC-10 genügte dazu ein einziger Grenzschichtzaun am Hauptflügel, um sie trotz T-Leitwerk "Depp Stall immun" zu machen.
Dazu hat man im Prinzip zwei Möglichkeiten, entweder man verhindert, dass die Kurve nach dem ersten Knick je wieder über die Nullinie kommt, oder man verhindert, dass sie danach wieder abfällt (die schwierigere Aufgabe). Die Gefahr beim T-Leitwerk ist vor allem, dass die Kurve nach dem ersten Knick "problemlos" wieder über die Nullinie kommt, da das kopflastige Moment der Höhenflosse im Nachlauf des Hauptflügels, also in einem gewissen Anstellwinkelbereich wegfällt. Wenn das T-Leitwerk bei sehr hohen Anstellwinkeln wieder aus dem Nachlauf raus kommt, knickt es die Kurve praktisch unvermeidbar stark nach unten ab.

Spätestens seit AF447 habe ich den Verdacht, dass unser aktuelles Standarddesign mit zwei sehr großen Triebwerken sehr nah am Rumpf ebenfalls Effekte erzeugen kann, die zu einem Deep Stall führen. Ganz offensichtlich hat ja ein A330 bei gut 40° Anstellwinkel einen stabilen Flugzustand (den diverse andere Muster definitiv nicht haben), ich gehe davon aus, dass auch 777, 787, A350, CSeries etc. ähnliches Verhalten zeigen könnten. Die genauen Effekte müsste man sich mal im Windkanal angucken, aber das Verhalten des Flügelbereichs zwischen Triebwerk und Rumpf, und davon ausgehend starke Wirbelsysteme die das Höhenleitwerk beeinflussen, könnten durchaus auch Flugzeuge mit konventionellem Leitwerk Deep Stall fähig machen. In dem Augenblick in dem der Innenflügel zwischen großem Triebwerk und großem Rumpf komplett ablöst, fällt ein Auftrieb vor dem Schwerpunkt weg, das Nickmoment wird mit zunehmendem Anstellwinkel negativer, die Momentenkurve hat die Chance für einen zweiten fallenden Nulldurchgang. Wenn das Flugzeug nur noch mit dem Flügel ausserhalb des Triebwerks fliegt, bildet sich auch im Bereich des Triebwerks eine Art Randwirbel, der erhöht in seinem Nachlauf den Auftrieb des Hähenleitwerks, was das Nickmoment noch negativer macht.
Seit mindestens 40 Jahren ist die Designphilosophie nicht mehr, das Flugzeug an sich stallsicher zu machen, sondern gute Stallwarnsysteme zu entwickeln und damit dem Piloten die Möglichkeit zu geben, überzogene Flugzustände effektiv zu vermeiden. Das hat auch weitestgehend gut funktioniert.

Sehr gut möglich, dass die 737 Max ein derartiges Verhalten zeigt, und Boeing genau um das zu vermeiden das MCAS erfunden hat. Was ja zunächst mal eine sehr gute Idee wäre, solange das System das, und nur das macht, was es soll. Durch Verstellen der Höhenflosse verhindern, dass die Momentenkurve im Stall wieder über die Nullinie kommt, sicherstellen, dass die Nase immer runter will.

Wenn wir hier auf AF447 Bezug nehmen, sollten alle die mitdiskutiert haben die ganzen 420 Seiten des Berichts (mit Anhängen) gelesen und voll verstanden haben, und nicht nur die kurze Zusammenfassung aus der Presse oder gar aus Wikipedia kennen. Es gibt natürlich ganz klare Unterschiede, aber durchaus auch technische Parallelen, insbesondere dass die Flossentrimmung ohne explizit vom Piloten bedient, aktiv war.
 

DerSenator

Erfahrenes Mitglied
08.01.2017
7.526
5.945
MUC/INN
Dennis Muilenberg und seine Konsorten kommen jetzt langsam mächtig ins schwitzen, angesichts dessen, dass es ihnen wohl langsam selbst an den Kragen geht. Die Bundesstaatsanwaltschaft kennt weder Spaß noch Gnade.
Wilhelm Eduard Böing rotiert derweil in seinem Grab.

https://www.faz.net/-gqi-9l09u
 
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MANAL

Erfahrenes Mitglied
29.05.2010
15.043
10.691
Dahoam
Dennis Muilenberg und seine Konsorten kommen jetzt langsam mächtig ins schwitzen, angesichts dessen, dass es ihnen wohl langsam selbst an den Kragen geht. Die Bundesstaatsanwaltschaft kennt weder Spaß noch Gnade.
Wilhelm Eduard Böing rotiert derweil in seinem Grab.

https://www.faz.net/-gqi-9l09u

In dieser Position hat man nun mal eine enorme Verantwortung die auch die hohen Gehälter rechtfertigt. Nur muss man halt auch bei Mißerfolgen die Schattenseiten dieser Position in Kauf nehmen und die Verantwortung übernehmen. Hierzulande sorgt die Lobbykratie schon dass man weich fällt wie diverse größere Skandale der Vergangenheit gezeigt haben.
 
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N

no_way_codeshares

Guest
Weshalb konnte die Crew von JT 93 den selben Notfall beherrschen, an dem anschliessend die von JT 610 scheiterte?
Ich zitiere hierzu zwei Passagen aus av-herald:
an angle of attack sensor had been replaced on Oct 28th 2018 following the flight JT-775 from Manado to Denpasar (the aircraft completed the subsequent flight JT-43 to Jakarta and suffered the crash the next flight JT-610). The aircraft subsequently flew to Jakarta, the crew however reported there were still problems.
Apart from the remark of unreliable airspeed and altitude, which prompted the flushing of the captain's static ports, an entry for elevator feel computer light illuminated was written down by the flight crew of JT-93 (presumably a typo and believed to be JT-43), maintenance opened and cleaned a cannon plug connector for the elevator feel computer, checks by the Aviation Herald with AMEs and related Maintenance Manuals confirmed the log book appeared authentic, the maintenance activity concerning that plug however could not have changed the forces on the pitch control of the yoke, only the status and error messages concerning the system could have been affected by the maintenance activity.
Mögliche Antwort 1 auf Deine Frage: Die Cockpit Crew von JT43 konnte etwas, was der Cockpit Crew von JT610 nicht gelungen ist.
Mögliche Antwort 2 auf Deine Frage: Die offensichtlich geringfügiger als angenommenen Wartungsarbeiten zwischen JT43 und JT610 haben das Problem vergrössert.
Mögliche Antwort 3 auf Deine Frage: Bei JT610 kamen weitere Witterungs-, Beladungs, Defekt- oder Flugbewegungsfaktoren hinzu, die es bei JT43 nicht gab.
Mögliche Antwort 4 auf Deine Frage: Die Fehlfunktion des MCAS ist nicht konstant.

Und, falls ET 302 wieder das selbe Problem gehabt haben sollte, weshalb bekam auch diese Crew das nicht in den Griff, obwohl sie, anders als die armen Teufel von JT 610, die Loesung im Anschluss an den ersten Crash eingebimst bekommen haben muessten?
Entweder in der Kommunikationskette Boeing - Airline- interessierte Piloten hat etwas nicht funktioniert oder diese Fehlfunktion des MCAS, auf die das MCAS reagiert oder die durch das MCAS getriggert wird ist in ihrem Auftreten und in ihrer Intensität nicht konstant und selbst durch die bisher empfohlenen Reaktionen mitunter gar nicht beherrschbar.
 

Brainpool

Erfahrenes Mitglied
15.03.2014
2.801
126
Das ist die Millionenfrage....

Ganz allgemein gibt es Deep Stall, wenn die Momentenkurve zwei fallende Nulldurchgänge hat (am ersten will man stabil fliegen, am zweiten will man nicht fliegen, er ist aber eben auch stabil, daher kommt man da nicht mehr raus).
....

Sehr gut geschrieben, leider nicht zu verstehen (als Laie), deswegen umgehend zum Aeronautenstudium angemeldet.
 

Luftikus

Megaposter
08.01.2010
25.362
11.244
irdisch
War bei JT43 und JT610 der AoA-Sensor nachweislich auf der gleichen Seite aktiv oder hat das Bordsystem die Daten von der anderen Seite gekriegt?