Der Fairness halber sei erwähnt, dass ich obigen, von dir zitierten Beitrag am 11.04 schrieb. Damals war eben noch nicht (öffentlich) bekannt, dass sich das litauische Parlament mit Revolut beschäftigen wird.
Sollte Revolut es bereits damals bekannt gewesen sein, würde es deren Verhalten erklären, für uns als Außenstehende ist eine Argumentation damit für mich aber eher hindsight bias. Als Außenstehende war und das damals noch nicht bekannt, jetzt damit zu argumentieren, erfordert zumindest, es in den entsprechenden Kontext zu setzen.
Also dass das litauische Parlament über einen Entzug der Lizenz für Revolut debattieren wird, war schon im Februar bekannt (ich war da nur noch stiller Mitleser hier, sonst hätte ich damals vermutlich schon darauf geantwortet, bin erst seit kurzem angemeldet). Natürlich wusste Revolut darüber Bescheid. Die ersten Kritiken kamen ja im Januar und der Parlamentsabgeordnete Stasys Jakeliūnas hatte sich dann im Februar kritisch dazu geäußert und es für April auf die Tagesordnung gesetzt. Das war dann eben diese Woche. Darüber berichtet wurde eigentlich auch recht breit. Spontan fällt mir der Artikel im Februar im
Telegraph ein oder im März bei
Finews. Also nichts neues und erklärt für mich Revoluts Handeln hier.
Dein erster Punkt mag ebenfalls stimmen. Aber worauf bereitest du dich denn als Unternehmer wirklich vor? Doch wohl auf den wahrscheinlichsten und, von den Auswirkungen auf dein Unternehmen gesehen, wirkmächstigsten Fall vor. Und das ist meiner Ansicht nach Brexit mit einem verlassen des EU-Binnenmarktes. Das mag Ende des Sommers wieder anders aussehen. Aber zum Zeitpunkt, als ich den Beitrag geschrieben habe, ist gerade über mehrere Möglichkeiten im Parlament abgestimmt worden und, soweit ich mich erinnere, hat ein erneutes Votum die zweitwenigsten Stimmen erhalten. Zudem sowohl UK- als auch Eu-Vertreter stets betont haben/ betonen, dass es zum Brexit kommt.
Verstehe deinen Punkt hier nicht wirklich: Genau das macht doch Revolut. Bis zur Verschiebung haben sie alles für No-Deal vorbereitet und nur noch gewartet, ob es passiert. Man hat z.b. auch die Identifikationen auf EU-Standard gebracht (Stichwort: Führerschein).
Dein Text hier war doch die Antwort von Revolut darauf, dass der Brexit am 10.04. abgeblasen wurde und eine Verlängerung bis zum 31. Oktober vereinbart wurde. Die Abstimmungen im Parlament, die du meintest, waren die Woche davor (naja, faktisch alle Wochen davor, aber halt nicht mehr am 11.04.). Ab dem 11.04. gingen nämlich fast alle Parlamentarierer direkt in den Osterurlaub und Revolut verkündete, dass sie die Migration eben nicht fortsetzen würden, weil ja nun der Verbleib bis mindestens Oktober vereinbart wurde - und damit auch der SEPA-Verbleib.
Also: Brexit war bereits um mehr als 6 Monate verschoben, gleichzeitig ist die Lizenz in Lithauen in Gefahr. Da würde ich auch erst mal auf Stop drücken.
Bis zum 11.04 ist May auch noch nicht auf Corbyn zugegangen, dessen Partei ja einen Verbleib im europäischen Wirtschaftsraum anstrebt. Also auch hier würde ich nach oben verweisen.
Nein, das Treffen von May mit Corbyn fand am 03.04. statt. Sie wollte ja um jeden Preis die Verlängerung verhindern, die sie dann (nachdem Labour nicht gut genug mitgespielt hat) am 10.04. beantragen musste. Seit dem 11.04. passierte in Großbritannien diesbezüglich nicht mehr viel, die machen alle Ferien.
Dein Beitrag ist aus meiner Sicht nicht falsch. Aber basiert eben auf Wissen, dass mir damals noch nicht zur Verfügung stand.
Ich glaube, du bringst hier rückwirkend Daten durcheinander. Der Brexit wurde am 10.04. auf Oktober verschoben, genau das stand in der E-Mail von Revolut (wenn auch verballhornt) und sie haben die Migration durchaus vorangetrieben, genau bis klar war, dass er nicht am 11.04. stattfindet und sie damit mehr Zeit haben, erst mal ihr Problem in Litauen zu fixen, bevor sie in eine gesperrte Bank reinmigrieren.
Übrigens wäre der No-Deal ja wirklich das einzige risikoreiche Szenario hier. Wird das Withdrawal Agreement doch noch unterzeichnet, z.B. im Oktober dann, bleibt SEPA ja für die Übergangszeit auch noch erhalten und mit recht hoher Wahrscheinlichkeit sogar auch darüber hinaus. Auch in dem Fall könnte Revolut weiter über ihre GB E-Money-Lizenz in die EU hinein passporten, selbst dann, wenn GB völlig ausgetreten ist und SEPA nicht irgendwann widerruft (und eigentlich wollen die das nicht, weil deren Banking-Industrie davon ohnehin ziemlich abhängig ist).
Dennoch stelle ich mir die Frage weiterhin, denn, wie ein anderer User bereits schrieb, würde sich Litauen total lächerlich machen, wenn man plötzlich rein wegen des Verdachts die Banklizenz wieder entzöge. Dann hätte das Werben um Fintechs zuvor alles nichts gebracht. Deshalb gehe ich nicht davon aus, dass die Lizenz entzogen wird, sollte da keine andere Verbindung als die ohnehin bekannte zu Russland bestehen.
Das denke ich übrigens auch. Jetzt müsste schon ein handfester Skandal aufgedeckt werden, damit Litauen hier aktiv wird. Andererseits ist sowas halt auch schon hin und wieder mal passiert, grad auch in der Fintech-Szene, siehe LeuPay.
