Mich stört der Begriff "Kollege", weil er impliziert, dass beide Parteien dieselben Interessen und dieselbe Stellung haben. Dem ist aber nicht so. Der eine bietet eine Leistung an, sprich der Hotelangestellte eine Unterkunft, der andere ist Gast und bezahlt für diese Leistung. Damit ist die Rollenverteilung klar. Ich könnte nun schreiben, der Gast ist König. Das ist sicher eine Übertreibung, trifft aber den Kern der Sache. Wer bezahlt, ist nun mal in einer anderen Rolle als derjenige, der bezahlt wird. Daraus folgt aber nicht zwingend, dass der Bezahler nun den Bezahlten nach Gutsherrenart herablassend behandeln kann. Aber ebenso ist es kein Verhältnis wie unter Kollegen, also gleichgestellten Personen. Ein freundliches und respektvolles Verhalten ist wohl in beiderseitigem Interesse, aber eben immer unter Beachtung der Tatsache, dass die eine Seite bezahlt und die andere Seite bezahlt wird.
Mein Hinweis galt sich professionell in Hotels aufhaltenden Gästen. Dass Privatreisende keine Kollegen sind, ist klar. Ebenso sind sie - mindestens im konkreten Kontext - keine Profis.
Bei Geschäftsreisen überzeugen mich Deine Arguments nicht.
Erstens sind auch unter Kollegen Kunden-Lieferanten-Beziehungen üblich. Wenn es für Dich richtig ist, die zuarbeitenden Mitarbeiter im gleichen Unternehmen professionell zu behandeln, warum dann nicht die anderer Unternehmen?
Zweitens gilt es bei Dienstleistungen zweifellos darum, dass die Dienstleistung perfekt erbracht wird, wozu auch wertschätzendes Verhalten gemeint ist. Weder Professionalität noch Wertschätzung bedeuten, dass man den "Gutsherren" (dem "bisschen König" auch Dienstleistungen erbringen muss, die sich außerhalb des zugesagten Scopes ergeben. Der Gutsherr mag neben dem Recht der ersten Nacht auch einen Cocktail einfordert. Mit welchem Recht darf dies der Kunde einer Dienstleistung einfordern, wenn die Dienstleistung keinen Cocktail vorsieht?
Drittens sollte dieser Sachverhalt alle Menschen - ausgenommen Könige und Gutsherren - erfreuen. Auch der geschäftlich absteigende Gast hat sicherlich Kunden und sogar Vorgesetzte. Es sollte ihn beruhigen, wenn sich diese professionell verhalten und nicht umprofessionelle Forderungen und Erwartungen stellen. Wobei ich mal davon ausgehe, dass auch der unprofessionelle Gast selbst nicht mal kurz auf entsprechende Forderung doppelte Leistungen liefert oder eine seiner Nieren spendest, wenn Chefs das wünscht. Wenn ja, wäre das immerhin konsistent. Wenn nicht, wäre es einfach nur heuchlerisch, da er nicht zu leisten bereit ist, aber es von anderen erwartet. Nach meiner Erfahrung neigen gerade ansonsten hierarchisch Benachteiligte dazu, gegenüber Dienstleistern den Graf Koks zu geben (nicht unbedingt relativ zu deren Zahl, aber doch hinsichtlich der Menge als unprofessionell Auffallender).
Viertens - und ganz entscheidend - das Fordern von Sonderwünschen, die außerhalb des vereinbarten Rahmens liegen, betrifft keineswegs nur die konkrete Kunden-Lieferanten-Beziehung. Es ist vielmehr so, dass sich der fordernde Kunde Vorteile gegenüber anderen Kunden heraus handeln will. Und spätestens kommen die Beziehungen unter Gutsherren hinzu. Man hält sich ja faktisch nicht nur für etwas besseres als der Dienstleister, sondern auch für etwas besseres als die Masse der anderen Kunden.
Um deine Neugier zu stillen, was meine Motivation für die privaten Hotelaufenthalte ist: Ich reise gerne und finde es angenehm, dabei auf Hotels zurückgreifen zu können, die mir ein schönes Ambiente und ein großes Maß an Bequemlichkeit und Luxus bieten können.
Grundsätzlich mich mich nachvollziehbar. So halte ich das auch. Aber in welchen Hiltons steigst Du um Gottes Willen ab, dass Du dort einschönes Ambiente und ein großes Maß an Bequemlichkeit und Luxus" vorfindest. In den paar Häusern der genannten Ketten, die das bieten, wirst Du auch ohne Status nach wenigen Nächten entsprechend behandelt, wenn nicht sogar von der ersten Nacht an. Interessiert mich wirklich, würde sehr gerne mal mein erstes richtig gutes Hilton erleben.
Insgesamt glaube ich nicht, dass Du und ich uns großartig unterschiedlich gegenüber Dienstleistern verhalten. Ich denke, dass Du Menschen verteidigst, deren verhalten Du auch ablehnen würdest. Und für diese ist die einfache Grundvorgabe sinnvoll, sich anderen gegenüber so zu verhalten, wie man sich das Verhalten anderer gegenüber einen selbst wünscht. Das Muster, dass man ohne weiteres seinen Frust nach unten in die Dienstleistungskette abladen sollte, scheint mir auch aus Deiner Sicht nicht hilfreich zu sein. Anständig ist es ohnehin nicht.