Ich finde das immer witzig, wenn man von einer veränderten Zielgruppe spricht, nur weil die Bank wie in diesem Fall plötzlich geschehen die Kreditkarte nicht mehr kostenlos anbietet... Das ist schon süß...
Nein, man spricht nicht von einer veränderten Zielgruppe, weil die Bank ihre Kreditkarte bepreist. Die veränderte Preisgestaltung ist allenfalls eine sehr mittelbare Konsequenz einer geänderten Positionierung, aber sie ist natürlich kein Grund, von einer veränderten Zielgruppe zu sprechen. Das hat m.E. hier auch niemand getan (oder ich habe es wegen des manchen anderen Unsinns hier überlesen).
Eigentlich hat sich die Zielgruppe gar nicht großartig verändert. Was die Bank aber gemacht hat ist, dass sie versucht hat gezielt junge Menschen anzusprechen. Das
Ich habe mittlerweile den Eindruck, dass diese Diskussion um eine (un-) veränderte Zielgruppe mindestens teilweise auf ein sagen wir mal unklares Verständnis des Begriffs "Zielgruppe" zurückzuführen ist.
Zielgruppe ist nicht dasselbe wie die tatsächliche Kundschaft; im Extremfall könnten beide Gruppen sogar disjunkt sein (was für das Marketing des Anbieter ein Armutszeugnis wäre).
Die Darstellung bei Wikipedia (
https://de.wikipedia.org/wiki/Zielgruppe) ist m.E. ganz hilfreich für das Verständnis:
"Unter einer Zielgruppe (englisch target audience) versteht man im Marketing eine bestimmte Menge von Marktteilnehmern, die homogener auf
kommunikationspolitische Maßnahmen reagieren als der gesamte Markt."
(Hervorhebung durch mich)
Wenn Du also schreibst, "sie versucht hat
gezielt junge Menschen anzusprechen" (Hervorhebung auch wieder durch mich), dann bedeutet das mit anderen Worten, dass sie sich junge Menschen als ihre
Zielgruppe auserkoren hat.
Bedeutet dies, dass die Bank nur noch diese Gruppen als Kunden hat? Nein, natürlich nicht. Bedeutet dies, dass die Bank nur noch diese Gruppe als Kunden möchte? Nein, ebensowenig.
Es bedeutet nur, dass sie diese Gruppe als besonders lukrativ, wachstumsstark, ausbaufähig, empfänglich, nachhaltig, wasauchimmer identifiziert hat (ob zu recht oder nicht, ist erstmal egal) und diese entsprechend gezielt anspricht, z.B. durch (vermeintlich) zielgruppenangepasste Kommunikation (Kommunikation kann auch Produkt-/Portfoliogestaltung umfassen).
Und genau das sehen wir sehr offenkundig bei der DKB; Du beschreibst es selbst, nur verwendest Du andere Begriffe (ob "junge Menschen" trennscharf genug oder noch zu allgemein ist und was "jung" hier genau sein soll, sei mal dahingestellt; darum soll es jetzt nicht gehen).
Also kein Grund für einen Disput, wenn man eigentlich dasselbe meint.
Problem ist nur, dass man scheinbar so ein bisschen in einer Berliner Bubble festgehangen hat. Grüne Themen, Gendersprache als moderne Sprache der Zukunft etc. Damit wollte man punkten. Womit man sich aber verschätzt hat ist sicherlich die Tatsache, dass junge Leute eben wahrlich nicht nur solche Themen im Kopf haben ... oder überspitzt formuliert... nicht alle jungen Leute kleben sich auf Straßen...
In der Tat wäre die DKB, wenn sie glaubt, alle "jungen Leute" führen auf (Pseudo-) Nachhaltigkeit, "Wokeness" usw. ab, Opfer ihrer eigenen Fehleinschätzung.
Aber vielleicht hat sie ja bewusst diejenige Teilgruppe, die dies mehr der weniger tut, als Zielgruppe auserkoren.
Hier mal ein paar Artikel zum Thema, die ein gewisses Schlaglicht auf die 2019 geänderte Marketingstrategie (und in diesem Zusammenhang auch geänderte Zielgruppe) der DKB werfen:
Nachhaltigkeit gehört seit einiger Zeit zu den großen Themen im Marketing. Dabei gibt es Unternehmen, die schon lange mit einer nachhaltigen Unternehmensphilosophie Haltung beweisen - so wie die DKB, die bereits 1996 ihr erstes Windrad finanziert hat. In der neuen Markenkampagne inszeniert Jung...
www.horizont.net
Heile Welt mit Windrädern, spielenden Kindern und Luftballons: Die DKB malt in bunten Farben, welche Projekte sie mit dem Geld ihrer Kunden finanziert. Ihre Nachhaltigkeitsstrategie kommuniziert sie n
www.wuv.de
Das wirkliche Problem dabei ist, dass die DKB glaube ich dabei unterschätzt hat, wie das Ganze auf ihre Stammkunden wirkt. Anders gesagt, wenn man am Ende vielleicht gar nicht so den Erfolg bei jungen Leuten hat und sich im Gegenzug die Altkunden mit der Bank nicht mehr so richtig identifizieren können, dann ist das suboptimal.
In der Tat.
Vom Gefühl her würde ich sagen, die Bank merkt es langsam.
Was gibt Anlass zu diesem Eindruck?