Anscheinend gab's bei JT 93 einen dritten Piloten im Cockpit:
Pilot Who Hitched a Ride Saved Lion Air 737 Day Before Deadly Crash
Lauter gute Fragen!
"Nächste Fragen bitte ..."
Bei der NG war da wohl eine (Rutsch- ?) Kupplung zwischen Motor und Spindel.
Ja, die 737MAX ist schon insgesamt eine "geile" Konstruktion, fassen wir mal zusammen:
- Die Aerodynamik ist so (giftig), dass in der Nähe des Stalls (Überziehen, Strömungsabriss) bei hohem AoA (Anstellwinkel), also Nase hoch, das Flugzeug den Eintritt in den Stall durch zusätzlichen Auftrieb an den Triebwerken begünstigt wird, was nicht zertifizierungsfähig ist. Weil die Regularien das Gegenteil fordern, nämlich das der Eintritt in den Bereich des Überziehens durch höhere Steuerkräfte erschwert wird. Es ist zudem unklar, ob dann bei dem Modell die Möglichkeit eines "Deep Stalls" besteht, den man bisher nur T-Leitwerken zugetraut hat, bei dem einen zweiten stabilen Flugzustand gibt, aus dem man nicht mehr rauskommt, der nur leider keine relevanten Auftriebskräfte mehr hat. Unabhängig davon gilt es ein Überziehen unbedingt zu vermeiden, da auch z.B. durch die Gegend fliegende Teile in der Kabine Verletzungen verursachen können.
- Um das zu kompensieren und die Zulassung zu erhalten, bastelt man eine Software"lösung" ohne jede Redundanz und ohne wirkliche Plausibilitätsprüfung der Messwerte rein, die von genau einem (!) AoA-Sensor glaubt, den Anstellwinkel zu beziehen und dann Befehle gibt, die Flugzeugnase zu senken, indem die Stabelizer (also die großen Flächen am Höhenleitwerk vorne) gesenkt werden. Und das, obwohl es zumindest am inaktiven Flugcomputer einen zweiten Sensor gäbe (eigentlich bräuchte man drei für eine Mehrheitsentscheidung plus Plausibilitätsscheck z.B. via Navigation/INS und z.B. vier Flugcomputer wie bei Airbus für sicherheitsrelevante Systeme der Flugsteuerung).
- Wenn der eine (!) Sensor Schrott liefert, wird alle paar Sekunden ein "Nase runter" Trimmbefehl vom Flugcomputer gegeben, egal was der Pilot wieder per Schalter am Steuerhorn nach oben trimmt, wobei der Umfang des Eingriffs höher ist als dokumentiert. Debei dreht ein Motor auf der Spindel, welche hinten im Heck schraubenähnlich über einen Hebel die Stabelizer-Flächen verstellt, diese ganz viele Umdrehungen weiter.
- Das kann der Pilot nur dadurch unterbinden, wenn er dem Motor komplett den Strom abstellt, was über einen TRIM PRI CUTOUT Schalter an der Mittelkonsole gehen sollte (wenn sie den nicht auch nur noch auf einen Computerport statt wie bei der NG auf ein Relais in der Stromzufuhr gelegt haben, Verschaltung bei der MAX ist unklar) oder im Notfall über die Sicherung des Motors.
- Danach kann der Pilot dann über einen Seilzug vom Cockpot aus mit ganz vielen Umdrehungen die Spindel mühsam wieder in kürzester Zeit zurückdrehen, wenn bis dahin das Luftfahrzeug nicht in den Boden gerammt wurde. Sollte hingegen der Motor blockieren, die Kupplung, so noch vorhanden, versagen, das Seil reißen oder die Anbindung an das Rad im Cockpit brechen, dann wird das Luftfahrzeug ebenfalls in den Boden gerammt.
Mir fehlen einfach komplett die Worte, wie man nur sowas konstruieren kann, wenn es um Hunderte von Menschenleben geht![]()
Ja, die 737MAX ist schon insgesamt eine "geile" Konstruktion, fassen wir mal zusammen:
- Um das zu kompensieren und die Zulassung zu erhalten, bastelt man eine Software"lösung" ohne jede Redundanz und ohne wirkliche Plausibilitätsprüfung der Messwerte rein, die von genau einem (!) AoA-Sensor glaubt, den Anstellwinkel zu beziehen und dann Befehle gibt, die Flugzeugnase zu senken, indem die Stabelizer (also die großen Flächen am Höhenleitwerk vorne) gesenkt werden. Und das, obwohl es zumindest am inaktiven Flugcomputer einen zweiten Sensor gäbe (eigentlich bräuchte man drei für eine Mehrheitsentscheidung plus Plausibilitätsscheck z.B. via Navigation/INS und z.B. vier Flugcomputer wie bei Airbus für sicherheitsrelevante Systeme der Flugsteuerung).
Die Daten könnte man sogar im Prinzip über einen popeligen INS Sensor 3 Achsen Beschleunigung, 3 Achsen Drehmoment und 3 Achsen Magnetfeld validieren, wie er sich in jedem schnöden Handy befindet und z.B. von Bosch für wenige Euro ab Lager zu haben ist, auch wenn der noch dafür zertifiziert werden müsste.
Man muss zwar in der Luftfahrt immer mit der dreidimensionalen Beschleunigung beim Rechnen aufpassen, weil das nicht so ganz dem menschlichen Vorstellungsvermögen entspricht, aber es gibt ganz klar AoA Signale, die mit INS Signalen nicht übereinstimmen können, wenn ein Sensor spinnt. Weil Nase hoch und Nase runter ist bei den eher harmlosen Beschleunigungen von Passagierflugzeugen über die Gravitation (Erdanziehung) schon noch validierbar. Zudem gibt es noch den künstlichen Horizont (Fluglageanzeiger) mit Kreisel usw., den barometrischen Höhenmesser usw. Da kann man schon ein Modell erstellen, das sagt, ob der AoA Sensor taugt oder Schmarrn liefert. Nimm viel davon, das ist heute trotz Luftfahrt-Zertifizierungsaufwand günstig. Jedenfalls günstiger als die aktuelle Krise.
Das ganze eben mehrfach redundant ausgelegt und gut ist. Nein, die 737MAX ist kein Beispiel guter Ingenieurskunst, da haben auch die Amis schon bessere Sachen geliefert. Die Mühle erinnert mich irgendwie an US Autos mit 2cm Spaltmass![]()
Meiner Meinung nach macht das im Prinzip gar keinen Unterschied mehr.
Es ist ja bereits offenkundig, dass
1) Die 737 MAX in der Form wie sie bisher verkauft wurde gar nicht zertifizierungsfähig gewesen wäre.
2) Sie trotzdem zertifiziert wurde, weil die FAA einen großen Teil ihrer Aufgaben an Boeing übertragen hat.
3) Ein reines Software-Update dieses Problem nicht lösen kann
=> Mithin steht Boeing jetzt mit einem vollen Orderbuch eines Flugzeugs da, das zunächst mal neu zertifiziert werden muss, und dafür vermutlich auch noch signifikant modifiziert werden muss. Man legt in einem Verkehrsflugzeug ja nicht einfach ein zusätzliches Kabel vom linken AoA-Sensor zur rechten Steuerung und umgekehrt - da hängt ja ein riesen Rattenschwanz dran. Sonst hätte Boeing es ja vermutlich auch gleich so gemacht.
Selbst wenn hier also am Ende reine Pilotenfehler herauskämen (was ich für unwahrscheinlich halte, mindestens beim ersten), ändert das ja nichts an diesen (gewaltigen!) Problemen.
Überraschen tät mich das nicht, aber... wenn der nächste Vogel einer US-Airline gehört und dann noch auf dem Rasen des Oval-Office einschlägt...Ich wäre nicht überrascht, wenn Boeing versuchen wird, die MAX mit etwas Software Kosmetik schnell wieder in die Luft zu bekommen. America First
America First
Was genau wären denn dann nach Eurer geschätzten Stimmung, die Konsequenzen?
Anscheinend gab's bei JT 93 einen dritten Piloten im Cockpit:
Boeing hat das versucht (nach dem Lion Air-Absturz) und war nicht schnell genug (vor dem aktuellen Absturz). Der Zug ist abgefahren. Jetzt gucken viel zu viele Augen zu, als das man so eine Nummer noch abziehen könnte.Ich wäre nicht überrascht, wenn Boeing versuchen wird, die MAX mit etwas Software Kosmetik schnell wieder in die Luft zu bekommen. America First
Auf jedem Fall erschreckend wie eine gute und enorm erfahrene Flugzeugschmiede wie Boeing solche offensichtlichen Handwerksfehler gemacht hat.![]()
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Es würde mich wundern, wenn das nicht zu Delays im 777X-Programm führte.
Das hat aber weniger mit einer zumindest teilweise völlig berechtigten Wirtschaftspolitik und der faktischen Bedrohung durch ein angrenzendes Billigproduktionsland zu tun (off topic), als mehr mit der Tatsache, dass hier tausende Bestellungen auf einen Fortgang der Produktion warten, damit Milliardensummen auf dem Spiel stehen und so jedes Unternehmen, egal ob in den USA, in Deutschland oder in Timbuktu handeln würde und müsste (on topic)
Und ich bin eher erschrocken darüber, wie viele Leute hier noch vor Veröffentlichung eines Zwischenberichts ohne fundierte Systemingenieur- oder Safety- oder Kenntnisse darüber wie Software in der Lutfahrt zuzulassen ist, hier ihr oberflächliches Bild als Tatsachen hinstellen und daraus Schlüsse ziehen, die (in weiten Teilen) populistischer kaum sein könnten.Ich bin beeindruckt über die hohe Qualität der Diskussion hier!![]()
1) Überhaupt kein Widerspruch gegen die "Bedrohung Billiglohnland"
2) Ob die Bestellungen abgearbeitet werden sollten, wenn als Ergebnis der Untersuchungen ein de-facto "fehlerhaftes Produkt herauskommt, ... darüber kann man diskutieren.
3) Sehr viel hat es mit der Ideologie der Deregulation und Abbau staatlicher Kontrollen wie FAA in sicherheitsrevelanten Bereichen zu tun.
Donald Trump ist seit dem 20.1.2017 POTUS, der Zertifizierungsprozess der 737MAX begann jedoch am 29.1.2016, zugelassen wurde die MAX am 8.3.2017, also erst einige Wochen nach der Angelobung von Trump. Der Zulassungsprozess fällt wohl eher in die Zeit von Obama.
Auch kein Widerspruch. Ja, auch Obama hat sich an unheilvoller Deregulation beteiligt
aber die Frage am Ende aller Aufklärung und Untersuchungen wird sein, ob im Zuge eines unter "America first" verschärften "Wirtschaftskriegs" mangelnde Sicherheit sich wirtschaftlichen Interessen unterzuordnen hat.
Ich denke, man sollte das nicht politisieren.Ich finde es bemerkenswert im Austausch hier, wie zentral immer wieder der Punkt: Die Crews konnte mangels Dokumentation über MCAS nicht Bescheid wissen - und deshalb waren sie "doomed" hervorgehoben wird. Obwohl nach aktuellem Kenntnisstand die Identifikation des Trim Runaways ausreichend gewesen wäre.
Wenn ich mit Piloten spreche die zB gerade ganz aktuell ein A330 Rating gemacht haben - bzw. mit gestandenen A320 Piloten, dann höre ich immer wieder dass "man" überrascht wird, welche System-Interdependenzen es immer wieder neu zu entdecken gibt - auch im unangenehmen Sinne.
Tatsächlich sind viele (imho sogar die meisten) Crews wenig bis gar nicht am "System" Flugzeug interressiert - wenn es abseits der für den Sim und die normale Operation notwendigen Dinge geht.
Und das ist auch kein Problem.
Die Fragen der Zertifizierung / Lizensierung sind sicher spannend - und sicher lässt sich dabei etwas "finden". Ich finde nur man muss aufpassen, dass man darüber nicht das "kleine" Bild aus den Augen verliert.
Imho waren beide Flugzeuge voll fugfähig - die Zelle war intakt, die Integrität war gegeben, die Triebwerke lieferten Schub - und die Steuerflächen hätten sich WENN man den weglaufenden Trim erkannt haette in gewuenschter Art und Weise manipulieren lassen.
Ich bin weiterhin baff - und exponiere mich mit dieser Meinung...und bin gleichsam absolut offen für Argumente die diese Crews entlasten.
Die Aerodynamik kann man nicht ändern, was man machen könnte, wäre eine mehrfach redundante Absicherung des gesamten Trim Systems inklusive MCAS und ggf. Elevator nach Fly by Wire Standards nachrüsten. Wenn es nur zwei Einbaupositionen für die Sensoren hat, könnte man zusätzliche Sicherheit eben durch ein Modell der Fluglage aus weiteren Quellen und/oder eine verbesserte Eigenüberwachung der Sensoren und/oder eine verbesserte Information der Piloten schaffen. Die Rechner lassen sich auch nachrüsten, dto. die Stromversorgung. Der Seilzug ist eh da und kann als letzte Rückfallebene bleiben.Da man das Grundproblem aber nicht in den Griff bekommen wird (ausser man verschrottet es einfach, was nicht passieren wird), kann man also nur weiter an der Software rumspielen und hoffen dass man eine gescheite Crew bekommt, die aus den "Fehlern" (sofern es den welche gab) gelernt hat und den Notfallplan auswendig aufsagen kann...
Ich finde es eher erstaunlich, das Ethopian als Betreiber von nur fünf 737 MAX bereits einen eigenen MAX Simulator haben soll. So ein Teil betreibt man nicht mal eben mit links. Insgesamt hatten sie Stk. 30 MAX geordert. Das Piloten nur alle 6 Monate Simulator-Training haben entsprecht den üblichen Regularien.
Aluhut auf!
Scheint als ob das Framing über die womöglich limitierten Fähigkeiten der Crew in den zwei abgestürzten Maschinen nun anfängt zu laufen. Gut für Boeing.
Aluhut ab!
Erstmal von den eigentlichen, hausgemachten Problemen ablenken.