10. März 2019: Ethiopian 737 MAX crash

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concordeuser

Erfahrenes Mitglied
01.11.2011
5.755
1.816
Hamburg
Lauter gute Fragen! (y)
"Nächste Fragen bitte ..."

Bei der NG war da wohl eine (Rutsch- ?) Kupplung zwischen Motor und Spindel.

Ja, die 737MAX ist schon insgesamt eine "geile" Konstruktion, fassen wir mal zusammen:
- Die Aerodynamik ist so (giftig), dass in der Nähe des Stalls (Überziehen, Strömungsabriss) bei hohem AoA (Anstellwinkel), also Nase hoch, das Flugzeug den Eintritt in den Stall durch zusätzlichen Auftrieb an den Triebwerken begünstigt wird, was nicht zertifizierungsfähig ist. Weil die Regularien das Gegenteil fordern, nämlich das der Eintritt in den Bereich des Überziehens durch höhere Steuerkräfte erschwert wird. Es ist zudem unklar, ob dann bei dem Modell die Möglichkeit eines "Deep Stalls" besteht, den man bisher nur T-Leitwerken zugetraut hat, bei dem einen zweiten stabilen Flugzustand gibt, aus dem man nicht mehr rauskommt, der nur leider keine relevanten Auftriebskräfte mehr hat. Unabhängig davon gilt es ein Überziehen unbedingt zu vermeiden, da auch z.B. durch die Gegend fliegende Teile in der Kabine Verletzungen verursachen können.
- Um das zu kompensieren und die Zulassung zu erhalten, bastelt man eine Software"lösung" ohne jede Redundanz und ohne wirkliche Plausibilitätsprüfung der Messwerte rein, die von genau einem (!) AoA-Sensor glaubt, den Anstellwinkel zu beziehen und dann Befehle gibt, die Flugzeugnase zu senken, indem die Stabelizer (also die großen Flächen am Höhenleitwerk vorne) gesenkt werden. Und das, obwohl es zumindest am inaktiven Flugcomputer einen zweiten Sensor gäbe (eigentlich bräuchte man drei für eine Mehrheitsentscheidung plus Plausibilitätsscheck z.B. via Navigation/INS und z.B. vier Flugcomputer wie bei Airbus für sicherheitsrelevante Systeme der Flugsteuerung).
- Wenn der eine (!) Sensor Schrott liefert, wird alle paar Sekunden ein "Nase runter" Trimmbefehl vom Flugcomputer gegeben, egal was der Pilot wieder per Schalter am Steuerhorn nach oben trimmt, wobei der Umfang des Eingriffs höher ist als dokumentiert. Debei dreht ein Motor auf der Spindel, welche hinten im Heck schraubenähnlich über einen Hebel die Stabelizer-Flächen verstellt, diese ganz viele Umdrehungen weiter.
- Das kann der Pilot nur dadurch unterbinden, wenn er dem Motor komplett den Strom abstellt, was über einen TRIM PRI CUTOUT Schalter an der Mittelkonsole gehen sollte (wenn sie den nicht auch nur noch auf einen Computerport statt wie bei der NG auf ein Relais in der Stromzufuhr gelegt haben, Verschaltung bei der MAX ist unklar) oder im Notfall über die Sicherung des Motors.
- Danach kann der Pilot dann über einen Seilzug vom Cockpot aus mit ganz vielen Umdrehungen die Spindel mühsam wieder in kürzester Zeit zurückdrehen, wenn bis dahin das Luftfahrzeug nicht in den Boden gerammt wurde. Sollte hingegen der Motor blockieren, die Kupplung, so noch vorhanden, versagen, das Seil reißen oder die Anbindung an das Rad im Cockpit brechen, dann wird das Luftfahrzeug ebenfalls in den Boden gerammt.

Mir fehlen einfach komplett die Worte, wie man nur sowas konstruieren kann, wenn es um Hunderte von Menschenleben geht (n)

Danke für die Zusammenfassung !!
 

MANAL

Erfahrenes Mitglied
29.05.2010
15.043
10.688
Dahoam
Ich bin beeindruckt über die hohe Qualität der Diskussion hier! (y)

Ja, die 737MAX ist schon insgesamt eine "geile" Konstruktion, fassen wir mal zusammen:

Danke für die übersichtliche Zusammenfassung!

- Um das zu kompensieren und die Zulassung zu erhalten, bastelt man eine Software"lösung" ohne jede Redundanz und ohne wirkliche Plausibilitätsprüfung der Messwerte rein, die von genau einem (!) AoA-Sensor glaubt, den Anstellwinkel zu beziehen und dann Befehle gibt, die Flugzeugnase zu senken, indem die Stabelizer (also die großen Flächen am Höhenleitwerk vorne) gesenkt werden. Und das, obwohl es zumindest am inaktiven Flugcomputer einen zweiten Sensor gäbe (eigentlich bräuchte man drei für eine Mehrheitsentscheidung plus Plausibilitätsscheck z.B. via Navigation/INS und z.B. vier Flugcomputer wie bei Airbus für sicherheitsrelevante Systeme der Flugsteuerung).

Hierzu kann man noch ergänzen, dass der Stabilizer angeblich weit mehr durch das MCAS ausgeschlagen wird als der Zulassung bekannt war. Ein sicher nicht zu unterschätzender negativer Effekt.


Auf jedem Fall erschreckend wie eine gute und enorm erfahrene Flugzeugschmiede wie Boeing solche offensichtlichen Handwerksfehler gemacht hat. :eek: :(

Vielleicht sollte man nicht überall die Generation neuer BWL-Ingenieure ans Ruder lassen die mehr auf Kennzahlen und Kosten schauen als auf ein zuverlässiges und sicheres Produkt? Am Ende sind neben einem enormen Imageverlust (VW und die Dieselaffäre sind da nicht anders) ja häufig die Kosten weit höher als wenn man gleich sauber gearbeitet hat? Etwas mehr Vertrauen in erfahrene Ingenieure (so man sie nicht gleich in den frühen Ruhestand schickt oder zu anderen Firmen rausekelt) wäre wünschenswert wenn die klar sagen (ohne viel Gelaber und bunte Folien und Animationen), das etwas nicht geht oder mehr Entwicklungs- und Testzeit notwendig ist! Hier wäre ein Wandel in der Denke in den Chefetagen großer Firmen notwendig.
 

MANAL

Erfahrenes Mitglied
29.05.2010
15.043
10.688
Dahoam
Die Daten könnte man sogar im Prinzip über einen popeligen INS Sensor 3 Achsen Beschleunigung, 3 Achsen Drehmoment und 3 Achsen Magnetfeld validieren, wie er sich in jedem schnöden Handy befindet und z.B. von Bosch für wenige Euro ab Lager zu haben ist, auch wenn der noch dafür zertifiziert werden müsste.

Man muss zwar in der Luftfahrt immer mit der dreidimensionalen Beschleunigung beim Rechnen aufpassen, weil das nicht so ganz dem menschlichen Vorstellungsvermögen entspricht, aber es gibt ganz klar AoA Signale, die mit INS Signalen nicht übereinstimmen können, wenn ein Sensor spinnt. Weil Nase hoch und Nase runter ist bei den eher harmlosen Beschleunigungen von Passagierflugzeugen über die Gravitation (Erdanziehung) schon noch validierbar. Zudem gibt es noch den künstlichen Horizont (Fluglageanzeiger) mit Kreisel usw., den barometrischen Höhenmesser usw. Da kann man schon ein Modell erstellen, das sagt, ob der AoA Sensor taugt oder Schmarrn liefert. Nimm viel davon, das ist heute trotz Luftfahrt-Zertifizierungsaufwand günstig. Jedenfalls günstiger als die aktuelle Krise.

Das ganze eben mehrfach redundant ausgelegt und gut ist. Nein, die 737MAX ist kein Beispiel guter Ingenieurskunst, da haben auch die Amis schon bessere Sachen geliefert. Die Mühle erinnert mich irgendwie an US Autos mit 2cm Spaltmass :rolleyes:

Ein System im Cockpit das Ungereimtheiten zwischen den Sensoren anzeigt und mit weiteren unabhängigen Systemen vergleicht und den Piloten darauf hinweise fände ich auch sehr hilfreich. Während ein Computer nur so gut reagieren kann wie es der Entwickler vorher vorhergesehen hat kann die Erfahrung eines erfahrenen Piloten im Cockpit deutlich besser improvisieren und mit etwas logischen Denken auch recht gut erkennen was nicht stimmt. So z.B. kann sicher ein guter Pilot aus dem Geräusch der Luft um das Cockpit die Geschwindigkeit sicher einigermaßen einschätzen oder bei entsprechender Sicht auch die Lage im Raum eindeutig erkennen.
 
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concordeuser

Erfahrenes Mitglied
01.11.2011
5.755
1.816
Hamburg
Meiner Meinung nach macht das im Prinzip gar keinen Unterschied mehr.

Es ist ja bereits offenkundig, dass
1) Die 737 MAX in der Form wie sie bisher verkauft wurde gar nicht zertifizierungsfähig gewesen wäre.
2) Sie trotzdem zertifiziert wurde, weil die FAA einen großen Teil ihrer Aufgaben an Boeing übertragen hat.
3) Ein reines Software-Update dieses Problem nicht lösen kann
=> Mithin steht Boeing jetzt mit einem vollen Orderbuch eines Flugzeugs da, das zunächst mal neu zertifiziert werden muss, und dafür vermutlich auch noch signifikant modifiziert werden muss. Man legt in einem Verkehrsflugzeug ja nicht einfach ein zusätzliches Kabel vom linken AoA-Sensor zur rechten Steuerung und umgekehrt - da hängt ja ein riesen Rattenschwanz dran. Sonst hätte Boeing es ja vermutlich auch gleich so gemacht.

Selbst wenn hier also am Ende reine Pilotenfehler herauskämen (was ich für unwahrscheinlich halte, mindestens beim ersten), ändert das ja nichts an diesen (gewaltigen!) Problemen.

Ich wäre nicht überrascht, wenn Boeing versuchen wird, die MAX mit etwas Software Kosmetik schnell wieder in die Luft zu bekommen. America First
 
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DerSenator

Erfahrenes Mitglied
08.01.2017
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MUC/INN

Das hat aber weniger mit einer zumindest teilweise völlig berechtigten Wirtschaftspolitik und der faktischen Bedrohung durch ein angrenzendes Billigproduktionsland zu tun (off topic), als mehr mit der Tatsache, dass hier tausende Bestellungen auf einen Fortgang der Produktion warten, damit Milliardensummen auf dem Spiel stehen und so jedes Unternehmen, egal ob in den USA, in Deutschland oder in Timbuktu handeln würde und müsste (on topic)
 
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longhaulgiant

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22.02.2015
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Was genau wären denn dann nach Eurer geschätzten Stimmung, die Konsequenzen?

Auch wenn es einiges an Entsetzen über die kruden Designentscheidungen und Abläufe auslöst (meiner Meinung nach vollkommen zurecht nach aktuellem Kenntnisstand) finde ich die Diskussion hier für ein Vielfliegerforum auf recht hohem Niveau. Es werden viele Quellen als Belege beigebracht und einiges recherchiert.

Sollten die Unfallermittler die Hauptschuld bei den Piloten sehen müsste man hinterfragen ob die dafür herangezogenen Kriterien korrekt sind. Nach allem was wir bisher wissen wurde hier etwas zertifiziert was es so nicht geben dürfte (und das nicht nur an einer Stelle). Darüber hinaus erzeugte das Event Konfusion bei den beiden Besatzungen. Die entscheidende Frage wird hierbei meiner Meinung nach sein ob die Piloten überhaupt hätten erkennen müssen, dass ein Problem mit dem Trim vorliegt. Nach aktueller Faktenlage zweifle ich sehr daran. Aber ich lasse mich da gerne eines besseren belehren.

Sollte es Boeing erlaubt werden dieses Ingenieursdesaster mit einem Software Update wieder in den Liniendienst zu stellen würde ich das erste Mal in meinem Leben ernsthaft an „Safety First“ in der Luftfahrt zweifeln.
 

tehdehzeh

Aktives Mitglied
04.11.2015
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Ich wäre nicht überrascht, wenn Boeing versuchen wird, die MAX mit etwas Software Kosmetik schnell wieder in die Luft zu bekommen. America First
Boeing hat das versucht (nach dem Lion Air-Absturz) und war nicht schnell genug (vor dem aktuellen Absturz). Der Zug ist abgefahren. Jetzt gucken viel zu viele Augen zu, als das man so eine Nummer noch abziehen könnte.
 

zolagola

Erfahrenes Mitglied
02.01.2014
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216
FRA
Auf jedem Fall erschreckend wie eine gute und enorm erfahrene Flugzeugschmiede wie Boeing solche offensichtlichen Handwerksfehler gemacht hat. :eek: :(

Das klingt mir etwas zu sehr nach 'man hat zufällig etwas übersehen'. Mein momentaner Eindruck ist aber dass hier mehr Kalkül und Vorsatz im Spiel waren und man bewusst den durch die FAA eingeräumten Spielraum bei der Zertifizierung ausgereizt oder gar überreizt hat um ein System durchzubekommen, bei dem man zumindest damit rechnen musste dass es bei genauer Prüfung keine Zertifizierung erhält. Und diesen Umstand finde ich - ebenso wie die offensichtlich mangelhafte Aufarbeitung nach dem ersten Absturz - bedenklicher als den initialen 'Handwerksfehler' bei der Konstruktion.
 

concordeuser

Erfahrenes Mitglied
01.11.2011
5.755
1.816
Hamburg
Das hat aber weniger mit einer zumindest teilweise völlig berechtigten Wirtschaftspolitik und der faktischen Bedrohung durch ein angrenzendes Billigproduktionsland zu tun (off topic), als mehr mit der Tatsache, dass hier tausende Bestellungen auf einen Fortgang der Produktion warten, damit Milliardensummen auf dem Spiel stehen und so jedes Unternehmen, egal ob in den USA, in Deutschland oder in Timbuktu handeln würde und müsste (on topic)

1) Überhaupt kein Widerspruch gegen die "Bedrohung Billiglohnland"

2) Ob die Bestellungen abgearbeitet werden sollten, wenn als Ergebnis der Untersuchungen ein de-facto "fehlerhaftes Produkt herauskommt, ... darüber kann man diskutieren.

3) Sehr viel hat es mit der Ideologie der Deregulation und Abbau staatlicher Kontrollen wie FAA in sicherheitsrevelanten Bereichen zu tun.
 

drusnt

Erfahrenes Mitglied
02.12.2013
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Ich bin beeindruckt über die hohe Qualität der Diskussion hier! (y)
Und ich bin eher erschrocken darüber, wie viele Leute hier noch vor Veröffentlichung eines Zwischenberichts ohne fundierte Systemingenieur- oder Safety- oder Kenntnisse darüber wie Software in der Lutfahrt zuzulassen ist, hier ihr oberflächliches Bild als Tatsachen hinstellen und daraus Schlüsse ziehen, die (in weiten Teilen) populistischer kaum sein könnten.

Das ist umso bedauernswerter als dass es tatsächlich einige wirklich hervorragende Beiträge hier gibt, die einfach nur den Sachverhalt darstellen und Zusammenhänge zu erklären versuchen. Das geht bei der sonstigen Masse aber leider etwas unter. Eine gewisse Sachlichkeit würde vielen sehr gut stehen, gerade wenn man keine Kenntnisse in den genannten Bereichen hat. Das sollte einem schon die eigene Selbstreflexion gebieten.
 
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Fare_IT

Erfahrenes Mitglied
06.12.2012
4.492
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Farewell City
Wir haben jetzt also mehrere Quellen (deren Guete kaum einzuschätzen ist leider), die berichten:

* dass die verunglückte Lion Air Crew in konzentrierter Atmosphäre war
(also keineswegs voller Panik, wie man hätte vermuten können aus dem Flugverlauf)

* die Lion Air Crew am Vortag (mit einem identischen Fehlerbild) offenbar zügig den "ausser Kontrolle" geratenen Trim erkannte - und exakt gemaess Training für einen "Stab Trim Runaway" per "Memory Item" abgearbeitet.

Memory Item bedeutet dass aufgrund der Wichtigkeit des Fehlers KEINE Checkliste gelesen wird -weil "action required" ist.

Ich finde es bemerkenswert im Austausch hier, wie zentral immer wieder der Punkt: Die Crews konnte mangels Dokumentation über MCAS nicht Bescheid wissen - und deshalb waren sie "doomed" hervorgehoben wird. Obwohl nach aktuellem Kenntnisstand die Identifikation des Trim Runaways ausreichend gewesen wäre.

Wenn ich mit Piloten spreche die zB gerade ganz aktuell ein A330 Rating gemacht haben - bzw. mit gestandenen A320 Piloten, dann höre ich immer wieder dass "man" überrascht wird, welche System-Interdependenzen es immer wieder neu zu entdecken gibt - auch im unangenehmen Sinne.

Tatsächlich sind viele (imho sogar die meisten) Crews wenig bis gar nicht am "System" Flugzeug interressiert - wenn es abseits der für den Sim und die normale Operation notwendigen Dinge geht.

Und das ist auch kein Problem.

Die Fragen der Zertifizierung / Lizensierung sind sicher spannend - und sicher lässt sich dabei etwas "finden". Ich finde nur man muss aufpassen, dass man darüber nicht das "kleine" Bild aus den Augen verliert.

Imho waren beide Flugzeuge voll fugfähig - die Zelle war intakt, die Integrität war gegeben, die Triebwerke lieferten Schub - und die Steuerflächen hätten sich WENN man den weglaufenden Trim erkannt haette in gewuenschter Art und Weise manipulieren lassen.

Ich bin weiterhin baff - und exponiere mich mit dieser Meinung...und bin gleichsam absolut offen für Argumente die diese Crews entlasten.
 

DerSenator

Erfahrenes Mitglied
08.01.2017
7.526
5.945
MUC/INN
1) Überhaupt kein Widerspruch gegen die "Bedrohung Billiglohnland"

2) Ob die Bestellungen abgearbeitet werden sollten, wenn als Ergebnis der Untersuchungen ein de-facto "fehlerhaftes Produkt herauskommt, ... darüber kann man diskutieren.

3) Sehr viel hat es mit der Ideologie der Deregulation und Abbau staatlicher Kontrollen wie FAA in sicherheitsrevelanten Bereichen zu tun.

Dennoch wird ja mit "America First" wohl hauptsächlich die Politik von Trump kritisert. Donald Trump ist seit dem 20.1.2017 POTUS, der Zertifizierungsprozess der 737MAX begann jedoch am 29.1.2016, zugelassen wurde die MAX am 8.3.2017, also erst einige Wochen nach der Angelobung von Trump. Der Zulassungsprozess fällt wohl eher in die Zeit von Obama.
 

concordeuser

Erfahrenes Mitglied
01.11.2011
5.755
1.816
Hamburg
Donald Trump ist seit dem 20.1.2017 POTUS, der Zertifizierungsprozess der 737MAX begann jedoch am 29.1.2016, zugelassen wurde die MAX am 8.3.2017, also erst einige Wochen nach der Angelobung von Trump. Der Zulassungsprozess fällt wohl eher in die Zeit von Obama.

Auch kein Widerspruch. Ja, auch Obama hat sich an unheilvoller Deregulation beteiligt

aber die Frage am Ende aller Aufklärung und Untersuchungen wird sein, ob im Zuge eines unter "America first" verschärften "Wirtschaftskriegs" mangelnde Sicherheit sich wirtschaftlichen Interessen unterzuordnen hat.
 

DerSenator

Erfahrenes Mitglied
08.01.2017
7.526
5.945
MUC/INN
Auch kein Widerspruch. Ja, auch Obama hat sich an unheilvoller Deregulation beteiligt

aber die Frage am Ende aller Aufklärung und Untersuchungen wird sein, ob im Zuge eines unter "America first" verschärften "Wirtschaftskriegs" mangelnde Sicherheit sich wirtschaftlichen Interessen unterzuordnen hat.

Dahingehend zwingt zumindest die EASA niemand, einfach abzunicken was die FAA macht. Nachdem zwischen der Zulassung der MAX durch FAA und EASA ungefähr 2-3 Wochen waren, kann man sich auch fragen, was die Herrschaften denn in der Zeit gemacht haben.
Wenn eine Boeing schon vom Himmel fällt, sollte sie das zumindest erstmal in den USA tun. Ich behaupte nämlich, wäre die erste MAX in den USA runtergeplumst, wäre ET302 nicht passiert.
 

ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
842
0
Ich finde es bemerkenswert im Austausch hier, wie zentral immer wieder der Punkt: Die Crews konnte mangels Dokumentation über MCAS nicht Bescheid wissen - und deshalb waren sie "doomed" hervorgehoben wird. Obwohl nach aktuellem Kenntnisstand die Identifikation des Trim Runaways ausreichend gewesen wäre.

Wenn ich mit Piloten spreche die zB gerade ganz aktuell ein A330 Rating gemacht haben - bzw. mit gestandenen A320 Piloten, dann höre ich immer wieder dass "man" überrascht wird, welche System-Interdependenzen es immer wieder neu zu entdecken gibt - auch im unangenehmen Sinne.

Tatsächlich sind viele (imho sogar die meisten) Crews wenig bis gar nicht am "System" Flugzeug interressiert - wenn es abseits der für den Sim und die normale Operation notwendigen Dinge geht.

Und das ist auch kein Problem.

Die Fragen der Zertifizierung / Lizensierung sind sicher spannend - und sicher lässt sich dabei etwas "finden". Ich finde nur man muss aufpassen, dass man darüber nicht das "kleine" Bild aus den Augen verliert.

Imho waren beide Flugzeuge voll fugfähig - die Zelle war intakt, die Integrität war gegeben, die Triebwerke lieferten Schub - und die Steuerflächen hätten sich WENN man den weglaufenden Trim erkannt haette in gewuenschter Art und Weise manipulieren lassen.

Ich bin weiterhin baff - und exponiere mich mit dieser Meinung...und bin gleichsam absolut offen für Argumente die diese Crews entlasten.
Ich denke, man sollte das nicht politisieren.

Festzustellen ist vielmehr eine mangelhafte Sicherheitskultur in verschiedenen Bereichen, und wie es meist in der Luftfahrt so ist, knallt es dann, wenn mehrere Fehler zusammenkommen:

a) Crew: Im Fall des ersten Absturzes hätte die Crew, wenn man nicht von einem weiteren technischen Fehler ausgeht, dem System womöglich den Strom abdrehen können. Wenn sie informiert gewesen wäre (Konjunktiv). Memory Item Runaway.
b) Airline: Wenn a) schon beim Flug vorher einmal passiert ist, dann gehört das geklärt und das Flugzeug ist bis zur technischen Klärung nicht lufttauglich. Punkt. Wie es beim zweiten Absturz war, wissen wir nicht.
c) Boeing: Man kann doch nicht an einer so wichtigen Stelle ein System ohne Redundanz einbauen. Ein Flugzeug muss so konstruiert sein, dass eine Inanspruchnahme von a) nur im äußersten Notfall, aber nicht regelmäßig (!) bei einem simplen Sensorfehler auftritt. Memory Item hin oder her. Und da braucht man auch "nihil nisi bene" der Crew nichts zuschieben, die hat eh schon mit ihrem Leben bezahlt. Punkt.

Off Topic: Ehrlich gesagt wundert mich der Verfall der Sicherheitskultur aber nicht. Zumindest bei b) greift "es geht immer billiger" und bei c) ist leider die eigene traurige Erfahrung, dass wir um 1990 aus den USA Prozessoren (Embedded DSP, nicht PC) bezogen haben, bei denen der Hersteller stolz darauf war, mit einer neuen Maske auch den letzten Fehler eleminiert zu haben, und 2008 solche mit einer elendig langen Liste an "Anomalies", die sogar an einer wichtigen Stelle von einem zum nächsten Release über verschlimbessert wurde. Eine weitere Korrektur wurde aus wirtschaftlichen Gründen verweigert. An der Stelle ist "make money fast" und der Druck der Shareholder schon ein Problem.
 

mojito25

Erfahrenes Mitglied
07.06.2010
1.354
3
STR
Aluhut auf!
Scheint als ob das Framing über die womöglich limitierten Fähigkeiten der Crew in den zwei abgestürzten Maschinen nun anfängt zu laufen. Gut für Boeing.
Aluhut ab!

Selbst wenn eine/beide Crews falsch reagiert haben. Es kann ja wohl nicht der Anspruch von Boeing/FAA/EASA/younameit an ein brandneues Flugzeug sein, dass wenn ein Stabilitätsprogramm ausfällt oder ausgeschaltet wird, du besser keine Kehre mehr fliegst oder an Höhe gewinnst. Ansonsten kann es passieren das dir das Flugzeug konstruktionsbedingt abschmiert (sofern die Annahmen hier korrekt sind).

Und anscheinend ist dieses Stabilitätsprogramm (zumindest in der jetzigen Form) relativ Fehleranfällig in bestimmten Situationen (welche das sind weiss anscheinend noch keiner so richtig).

Und wenn ich dann so die Kausalitätskette mit allen Annahmen und Spekulationen zum jetzigen Zeitpunkt durchspiele, liegt das Problem nicht am MCAS, auch nicht am Wetter, an der Mondphase oder den Fähigkeiten der Crew, sondern einzig und allein an einem Design-/Konstruktionsfehler.

Alles andere ist dann nur die Folge des Grundproblems.

Da man das Grundproblem aber nicht in den Griff bekommen wird (ausser man verschrottet es einfach, was nicht passieren wird), kann man also nur weiter an der Software rumspielen und hoffen dass man eine gescheite Crew bekommt, die aus den "Fehlern" (sofern es denn welche gab) gelernt hat und den Notfallplan auswendig aufsagen kann...

Sollten die obigen Annahmen stimmen, Frage ich mich welche Airline auf dieser Welt dieses Risiko gewillt ist einzugehen. Mal abgesehen von den Passagieren...
 
Zuletzt bearbeitet:

ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
842
0
Da man das Grundproblem aber nicht in den Griff bekommen wird (ausser man verschrottet es einfach, was nicht passieren wird), kann man also nur weiter an der Software rumspielen und hoffen dass man eine gescheite Crew bekommt, die aus den "Fehlern" (sofern es den welche gab) gelernt hat und den Notfallplan auswendig aufsagen kann...
Die Aerodynamik kann man nicht ändern, was man machen könnte, wäre eine mehrfach redundante Absicherung des gesamten Trim Systems inklusive MCAS und ggf. Elevator nach Fly by Wire Standards nachrüsten. Wenn es nur zwei Einbaupositionen für die Sensoren hat, könnte man zusätzliche Sicherheit eben durch ein Modell der Fluglage aus weiteren Quellen und/oder eine verbesserte Eigenüberwachung der Sensoren und/oder eine verbesserte Information der Piloten schaffen. Die Rechner lassen sich auch nachrüsten, dto. die Stromversorgung. Der Seilzug ist eh da und kann als letzte Rückfallebene bleiben.

Wie hier schon mehrfach richtig gesagt wurde, ist alleine schon die Softwareentwicklung für die Luftfahrt ein sehr aufwendiges Ding, das gilt umso mehr, wenn neue Hardware ins Spiel kommt. Das kann locker 1-2 Jahre brauchen.

Andererseits kann Boeing sich überlegen, wass es bedeutet, wenn wegen einer windigen Schnell"lösung" manche Länder die Zulassung und viele Passagiere die Benutzung verweigern. Langfristig schadet das viel mehr.

Eine günstige, schnelle und sichere Lösung gibt es dafür nicht. Und Politik wie auch das Rumschieben der Verantwortung löst keine technischen Probleme.
 

wideroe

Erfahrenes Mitglied
13.01.2011
2.553
1.161
Ich finde es eher erstaunlich, das Ethopian als Betreiber von nur fünf 737 MAX bereits einen eigenen MAX Simulator haben soll. So ein Teil betreibt man nicht mal eben mit links. Insgesamt hatten sie Stk. 30 MAX geordert. Das Piloten nur alle 6 Monate Simulator-Training haben entsprecht den üblichen Regularien.

In der Tat. Ist es nicht so, dass die nordamerikanischen Airlines bislang überhaupt keine MAX-Simulatoren haben (warum auch - war ja zentrales Verkaufsargument von Boeing, dass sich NG und MAX nichts tun) und die NG-Simulatoren das MAX-Problem nicht darstellen können? Sehe nicht, wie man angesichts dieser Ausgangslage ET einen Vorwurf machen kann.
 
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Hape1962

Erfahrenes Mitglied
24.01.2011
3.345
1.490
CGN
Aluhut auf!
Scheint als ob das Framing über die womöglich limitierten Fähigkeiten der Crew in den zwei abgestürzten Maschinen nun anfängt zu laufen. Gut für Boeing.
Aluhut ab!

War auch mein erster Gedanke nachdem ich diverse Artikel gelesen habe. Erstmal von den eigentlichen, hausgemachten Problemen ablenken.
 

cockpitvisit

Erfahrenes Mitglied
04.12.2009
5.348
3.044
FRA
Erstmal von den eigentlichen, hausgemachten Problemen ablenken.

Es gibt kein einziges "eigentliches" Problem. Sowohl die unzuverlässige Hardware(+Software) als auch schlechtes Crewtraining sind ernste Probleme, beides muss angegangen werden. Sonst bleibt es bei einem single point of failure.

Piloten müssen eine solche Situation beherrschen können (was Boeing natürlich nicht davon befreit, den Konstruktionsfehler korrigieren zu müssen).
 
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