Ich denke häufig über dieses Thema nach. So eine richtig gute Antwort habe ich nicht.
Was mich am meisten schockiert ist, wie falsch man manchmal mit seinen Vorhersagen liegt. Ich habe gut 20 Jahre in Amerika gelebt, und war von dort aus häufig in Asien unterwegs. Mir hat es in Amerika gut gefallen, aber ich wusste genau, da will ich nicht dauerhaft bleiben (wenngleich Portland, Seattle, und auch San Francisco sehr europäische Städte mit hoher Lebensqualität sind bzw. waren). Hätte mir nie vorstellen können, dass Amerika heute an der Schwelle zur Autokratie steht. Sehr gut gefallen hat es mir immer in Hong Kong. Ich habe einen guten Freund, der hier alles richtig gemacht hat; tolle Wohnung mit Hafenblick während SARS zum Traumpreis geschossen, erfolgreiche Firma in China aufgebaut. Heute läufst du in HK rum, und es hängen Plakate, die dankbaren Bewohner des Central Districts gratulieren dem großen Vorsitzenden zum 76. Jubiläum der Republikgründung. Und die Firma in China ist durch das Trump'sche Zoll Chaos in Mitleidenschaft gezogen.
Hätte ich mir alles nicht träumen lassen. Und das sind noch zwei vermeintlich solide Länder mit hohem Lebensstandard.
An Entwicklungsländern wie Thailand oder Costa Rica hätte ich null Interesse. Erstens ist das Rechtssystem, Gesundheitssystem, etc extrem verbesserungsfähig. Klar, man kann in irgendeiner gated community wohnen und ist da recht gut versorgt. Aber komm mal mit dem Gesetz in Konflikt (was auch nur bedeuten kann, dass ein mächtiger Einheimischer gerne etwas von dir möchte) oder habe draußen einen Unfall, dann wirst du schnell merken, wie gut man es eigentlich in Deutschland und vergleichbaren Ländern hat. Zweitens braucht man ja in diesen Ländern auch ein Visum, was heutzutage z.B. für Rentner relativ einfach geworden ist. Aber ich kenne viele arme Schweine, die irgendeine junge Schönheit geheiratet haben, und dann festgestellt haben, dass sie jetzt deren Großfamilie durchfüttern müssen (bzw. Glück haben, dass sie überhaupt noch geduldet werden, weil das Haus ja der Liebsten gehört). Sicherlich hat nicht jeder, der in solchen Ländern lebt diese Probleme, aber ich habe da doch schon die eine oder andere Geschichte gehört. Deshalb für mich: gerne mal hinreisen, aber nie da leben.
Im Endeffekt hängt die Entscheidung von vielen Faktoren ab, Alter, Familie, Einkommen/Vermögen, etc. In Hong Kong oder Singapur ist man mit weniger als €5-10 Mio Vermögen oder €300-500k Jahreseinkommen halt ein relativ armer Schlucker (und selbst wenn man das hat noch weit von den oberen 10.000 entfernt). Schulen, medizinische Versorgung, Lebensqualität, Sicherheit dann alles gut, wenn man es sich halt leisten kann. Man darf natürlich den jeweiligen großen Vorsitzenden nicht kritisieren, muss man auch mögen. Sonstige asiatische Erste Welt Länder wie Japan und Korea sind auch tolle Reiseziele, aber zum Leben für Ausländer extrem schwierig.
In der Summe läuft es für mich dann irgendwie doch darauf hinaus, dass Deutschland gar nicht so schlecht ist. Käme auf jeden Fall nie auf die Idee, meinen Pass aufzugeben für so ein "Traumziel."