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Situation: Termin in Deutschland, Hin- und Rückreise am gleichen Tag. Bei etwa 15 Langstrecken in Business und First Class im Jahr bin ich relativ locker HON. Allerdings bin ich nicht HON, um die Langstrecken angenehm zu gestalten – nach meinem persönlichen Befinden bringt mir da der Status so gut wie gar nichts. Der einzige Grund, Lufthansa und Swiss treu zu bleiben ist der Komfort, den im Gegenzug bei meinen Kurzstrecken genieße. Da fängt Lufthansa aber langsam an, mir gehörig auf die Nerven zu gehen: Da für mich letztlich nur HON-Meilen relevant sind, sagt Lufthansa mir, dass mein „Kurzstreckengeschäft“ nichts mehr wert ist. Und der minimale Gegenwert der Prämienmeilen soll ja nun offenbar noch weiter entwertet werden. Der Sitzkomfort hat sich immer weiter verschlechtert, die Hotline wird immer schlechter, Kulanz gibt es eigentlich auch nicht mehr viel, und das einzige, was von einer Qualitätsairline noch übrig ist, ist die Langstrecken-First.
Was kann man als Selbstständiger also machen? Die Tests, die man überall liest, sind immer zum Vorteil des Auftraggebers geschrieben – bei der Bahn gewinnt die Bahn, bei Lufthansa der Flug. Oder der Test ist für Arbeitnehmer geschrieben, bei denen die Arbeitszeit offenbar einen Grenzwert von Null hat, bedeutet: Hauptsache man spart 2 Euro mehr. Was aber, wenn Zeit und Komfort im Vordergrund stehen, man sich aber nicht komplett über das Ohr hauen lassen will?
Also, auf geht’s zum Termin: Den kann man angenommen so gegen 11 oder 12 Uhr legen, er findet in Berlin statt, das eigene Haus steht in der Nähe von Frankfurt. Der Termin soll etwa 2 Stunden dauern.
Lufthansa: für ein Economy Ticket zahle ich in einem solchen Fall durchschnittlich 400-550 Euro. Dazu kommen 45 Euro für das Taxi zum Flughafen morgens und abends; am Flugziel etwa 20 Euro in beide Richtungen. Also 530-680 Euro total. Der Flug geht um 09:45 Uhr los, Ankunft um 10:55 Uhr. Für den Flug muss ich als HON um 9 Uhr am Flughafen sein (also 08:30 los), und schaffe es noch, eine Viertelstunde zu frühstücken. Den Termin kann ich ohne Probleme auf 11:30 Uhr legen. Den Rückflug buche ich mir für 15:45 Uhr, ich bin 16:55 Uhr in Frankfurt, also spätestens um 18 Uhr zuhause. In Summe 9,5 Stunden unterwegs.
Deutsche Bahn: Für ein 1. Klasse Ticket habe ich 388 Euro gezahlt, der Preis ist immer der gleiche, egal an welchem Tag. Dazu kommen 20 Euro Taxikosten morgen und abends, da der Bahnhof näher ist als der Flughafen. Am Fahrtziel noch einmal 20 Euro in beide Richtungen. Summe: 468 Euro, „fullflex“. Und jetzt wird’s unangenehm, wenn man sich als HON umstellen will: Los geht’s nämlich schon um 05:15 Uhr. Dazu muss man zuhause etwa 04:45 los. Ankunft gegen 10:30, der Termin startet damit um 11:00 Uhr. Rückfahrt gegen 15 Uhr, Ankunft Frankfurt um 20 Uhr, um 20:30 zuhause. In Summe fast 16 Stunden unterwegs.
Im Wagen mit dem reservierten Platz riecht es nach Toilette. Immerhin hat es aber Wlan und eine Steckdose, man kann also am Platz arbeiten. Der Handyempfang ist aber schwankend, was aber nicht ins Gewicht fällt, weil man ohnehin nicht ungestört telefonieren könnte.
Limousinenservice: Die Kosten liegen bei etwa 1200 Euro für eine S-Klasse. Abfahrt flexibel, Fahrtdauer 5 Stunden, wenn der Fahrer richtig ballert pro Richtung. Ohne Stau und Pause also 12 Stunden unterwegs. Dank Internetstick kann man ins Internet, wenn auch nicht sehr stabil. Meine Assistentin hat Zeitungen und etwas zu essen vorbereitet, die Fahrt ist sowohl sehr bequem als auch sehr flexibel: Auf dem Rückweg nehme ich einen weiteren kurzfristigen Termin wahr und spare mir dadurch eine weitere Fahrt. Die ganze Fahrt über kann ich zudem telefonieren. Natürlich kann man sich während der Fahrt nicht besonders gut bewegen; dafür machen wir aber 2 Pausen.
Den Versuch mit dem Auto habe ich nun 3 mal gemacht, und einmal gab es einen chaotischen Stau, das bringt natürlich alles durcheinander. Andererseits gibt’s auch bei der Bahn und beim Flug öfters Verspätungen.
Randbedingungen: 2. Klasse bei der Bahn scheidet aus, weil ich dort noch weniger ungestört arbeiten kann. Dafür könnte man mit einer Bahncard rund 50% der Kosten sparen, wenn man öfter fahren würde. Selber Auto fahren scheidet auch aus, damit wären 10 Stunden Arbeitszeit verloren und wäre mir zu anstrengend.
Jetzt zu den Zusatzkosten, die ich auf den ersten Blick nicht gesehen habe
Bei der Bahn ist „nüscht“ inklusive. Für meine Sitzplatzreservierung zahle ich extra, und bei fast 16 Stunden Reisedauer brauche ich auch 3 Mahlzeiten. Die versuche ich im Zug am Platz zu mir zu nehmen. Ein Frühstück morgens, rund 12 Euro. Kurz vor der Ankunft ein Snack mit Getränk, 8 Euro. Auf der Rückfahrt ein Abendessen, 15 Euro. Die Qualität des Essens ist mehr als fraglich, mir schmeckt es nicht besonders und die Liste der Zusatzstoffe ist elendig lang.
Bei der Lufthansa habe ich als HON ein „all inclusive für Reiche“. Morgens frühstücke ich in angenehmer Atmosphäre, in Berlin warte ich die Zeit vor dem Rückflug in der Lounge und esse etwas (wenngleich die Qualität dort nicht besonders gut ist). Allerdings ist das teuer bezahlt - häufig fliege ich Langstrecke LH, nur um dann auf der Kurzstrecke gerade diesen Vorteil zu haben.
Im Limousinenservice ist auch nichts inklusive. Dafür ist man zeitlich extrem flexibel und kann sich sowohl etwas mitnehmen als auch unterwegs etwas essen. Angenommene Kosten für Verpflegung sind 40 Euro – dafür kann man wirklich ordentlich 2 Mahlzeiten essen und noch einen Snack für unterwegs kaufen. Während ich im Termin bin, kümmert sich der Fahrer um den Kram und besorgt das, was ich haben will für die Rückfahrt.
Und nun die resultierenden Vor- und Nachteile:
Bei Lufthansa läuft alles wie immer, alles ist super durchorganisiert am Flughafen. Alles ist sauber, man kann sich ordentlich ernähren. Obwohl die Entfernung nicht gering war, bin ich abends entspannt zuhause. Ich bekomme genug Schlaf, und das ist einer der wichtigsten Punkte. Die Reisezeit selbst, also im Flugzeug, kann ich nicht für längeres Arbeiten nutzen – dafür ist die Zeit zu kurz. Ich kann aber eine halbe Stunde die Zeitung lesen, und sämtliche Zeit am Flughafen kann ich optimal ausnutzen durch die Lounge. Was nervt ist die Sicherheitskontrolle in Berlin und das grundsätzliche Chaos dort. Was auch nervt ist, dass das Servicelevel im FCT aus meiner Sicht immer weiter fällt, oft wird man nur noch „nach unten geschickt“, die Lounge ist voller Freaks, die sich nicht benehmen können oder mit Businesskaspern voll, die das „Prinzip Ruhe“ nicht verstehen und die auch niemand von Lufthansa darauf hinweist. „Leben und leben lassen“ bedeutet auch gegenseitige Rücksichtnahme, aber Lufthansa lässt die Leute gewähren. Die langjährige Leiterin vom FCT ist offenbar weg und die Nachfolge hat die Situation offenbar echt nicht im Griff. Natürlich ist alles immer noch wesentlich besser, als durch den normalen Flughafen zu müssen, aber man merkt, dass Lufthansa da das Augenmerk verloren hat oder zumindest zu viel Kosten sparen will. Die Reise verläuft aber alles in allem sehr entspannt und es ist immer jemand da, der sich kümmert. Wenn etwas schief läuft und man nicht im FCT ist, hat man allerdings Pech gehabt: Die Hotline kann inzwischen nicht mehr viel mehr machen als die FTL-Hotline: „Nullkulanz“ und eine lächerlich unverschämte Buchungssteuerung ermöglichen auch dem HON immer weniger Flexibilität und Komfort.
Bei der Bahn sieht es etwas anders aus: Ich bin zunächst einmal extrem müde, den ganzen Tag. Die Fahrtzeit im ICE kann ich in der ersten Klasse, anders als gedacht, nicht zum Schlafen nutzen: Permanente Stops und die Tatsache, dass alle paar Minuten Flaschensammler oder seltsam aussehende und suchend blickende Leute durchlaufen, geben einem kein sicheres Gefühl. Man muss sehr gut auf seine Sachen aufpassen. Am Bahnhof in Frankfurt ist es dreckig, die Toilette im ICE sind praktisch nicht zu gebrauchen, dort sieht es einfach nur widerlich dreckig aus. Inzwischen verstehe ich, warum Mehdorn lieber Privatjet geflogen ist anstatt 2 Stunden ICE. Wobei es sicherlich gut wäre, wenn der Bahnvorstand das mal selbst sehen würde.
Die Limousine kostet so viel Zeit wie die Bahnfahrt, dafür hat man seine Ruhe, spart sich mehrere Taxifahrten, den dreckigen Bahnhof. Auch mehrmaliges Warten spart man sich an den Bahnhöfen, man kann schlafen, essen, telefonieren, arbeiten.
Auf den ersten Blick kosten Bahn und Flug etwa das gleiche. Das täuscht aber, wenn man genauer hinsieht, beträchtlich. Eine Bahncard könnte ich bei meiner Reisetätigkeit kaufen, ohne dass die Kosten ins Gewicht fallen. Damit ist die Bahn auf einen Schlag über 50% günstiger als die Lufthansa. Zudem gab meine Fahrt 400 „Bahnbonus“ Punkte, und, wie mir ein Mitreisender erklärte, bekomme ich für 3000 Punkte schon eine kostenlose Fahrt. Also rund 12% Rabatt. Dazu kommen noch 3% Rabatt durch das Firmenkundenprogramm. Die Meilen von Lufthansa haben, in der aktuellen Höhe, fast einen Wert von Null. Auch im Lufthansa Firmenkundenprogramm gibts keine oder nur minimalste Punkte in Economy.
Kostenmäßig siegt also ganz klar die Bahn – alles andere kostet ein Vielfaches. Allerdings bin ich erschrocken, wie dreckig es ist. Und selbst mit viel Geld kann man die Zeit weder zum Schlafen noch zum ordentlichen Essen nutzen. Der Flug ist, wenn berücksichtigt, dass ich viele Langstrecken nur des Status wegen mit Lufthansa fliege, das mit Abstand teuerste Verkehrsmittel.
„Privacy“-Sieger ist die Limousine, dicht gefolgt vom Flieger.
Komfort-Sieger ist der Flieger, bedingt durch den Zeitvorteil und den dadurch resultierenden Schlaf. Hier folgt aber auch ganz dicht die Limousine – die Flexibilität sticht deutlich hervor. Und in der S-Klasse kann man sehr gut schlafen, wenn man den Sitz etwas flacher stellt. Bei Lufthansa habe ich immer wieder Rückenschmerzen. Auch kann ich dort die Zeit viel besser zum Arbeiten nutzen und bin nicht den Launen der FCT-Mitarbeiterinnen ausgesetzt oder der Willkür von Herrn Dr. Franz, wie ein Bittsteller als Kunde anzukommen. Der Typ ist einfach nur eklig und ignorant gegenüber den Leuten, die sein Gehalt liefern.
Was bedeutet das nun ganz konkret? Im ersten Schritt bedeutet das, dass die Lufthansa durch einige „Spielereien“ einige der wichtigsten HON-Vorteile für zahlungskräftige Kunden abgestellt hat. Den wesentlichen Vorteil, nämlich verkürzte Reisedauer, erhalte ich auch mit einer Senator oder *Gold-Karte. Denn die exklusiven Benefits sind inzwischen nicht mehr existent, und durch Fastlane und F-Checkin spare ich fast die gleiche Zeit. Ich werde also wahrscheinlich die Langstrecken mit einer freundlicheren Airline buchen. Dadurch sinken auch meine Ausgaben pro Kurzstreckenflug drastisch, denn da musste ich bisher die Langstrecken-Aufschläge mit einkalkulieren. Wenn Lufthansa noch einen Schritt weiter gehen würde (i.e. kein Eco-Lounge-Zugang oder keine Limousine mehr), gäbe es für mich keinen Grund mehr, überhaupt noch Langstrecke mit ihnen zu fliegen. Das würde mir, bei gleicher Reiseklasse und größtenteils weiterhin Direktflügen, jährlich etwa 15.000-20.000 Euro sparen, dazu kommen noch geschätzte 10.000 Euro Ersparnis, wenn ich in Europa konsequent BA oder den jeweils passenden Direktflug-Anbieter (z.B. TK für FRA-IST, AF für FRA-CDG) etc. wählen würde (und das beinhaltet jeweils 250 Euro geschätze Zusatzkosten für Flughafen-VIP-Service!!). Bei dem nächsten Serviceeinschnitt seitens LH wird mein Umsatz dort also um irgendwas zwischen 90.000 und 110.000 Euro fallen und mir Kosten von über 25.000 Euro sparen. Inzwischen kann ich mir vorstellen, dass diese Einsparung den noch verbliebenen Komfortüberschuss von Lufthansa überkompensieren, zumal da ja schon der Frankfurt VIP Service beinhaltet ist.
Bei kürzeren Reisen werde ich vielleicht sogar mal die Bahn benutzen, wenngleich ich von dem Dreck dort wirklich erschrocken bin. Ich verstehe nicht, wieso in Deutschland bei der Arbeitslosigkeit nicht in jedem ICE 2 oder 3 Mitarbeiter für Ordnung sorgen und aufpassen, während beispielsweise Gäste schlafen wollen, oder es kein ordentliches Essen gibt.
Was mich jetzt interessieren würde: Kann jemand die in etwa gleiche Situation mit Air Berlin beschreiben? Oder gibt’s noch eine Alternative, wenn man der Lufthansa den Rücken kehren möchte? Was kostet es, mit NetJets zu fliegen? Einige Freunde nutzen inzwischen den VIP-Service in Frankfurt und Zürich, und sparen sich dafür das Lufthansa-Gezicke, hat da auch jemand Erfahrung?
Solange das Manager-Magazin ohne Ahnung auf schwachsinnige „Studien“ von Alexander König zurück greift, werden wir uns als Kunden ja etwas anderes überlegen müssen, um nach Alternativen zu suchen….
Übrig bleibt übrigens ein komisches Gefühl der Frage wegen, warum die Bahn keine Klasse hat, in der man für mehr Geld auch mehr Privacy, Komfort und Sauberkeit kaufen kann. In Bezug auf die Umwelt wäre es super, in der aktuellen Situation ist die Bahn aber oft nicht haltbar.
Mod-Hinweis: Thema aus dem Bereich Lufthansa verschoben, da das Thema auf verschiedene Aspekte der Fortbewegung mit verschiedenen Verkehrsmitteln und den zusätzlichen Servicedienstleistungen eingeht. //fischköpfle
Was kann man als Selbstständiger also machen? Die Tests, die man überall liest, sind immer zum Vorteil des Auftraggebers geschrieben – bei der Bahn gewinnt die Bahn, bei Lufthansa der Flug. Oder der Test ist für Arbeitnehmer geschrieben, bei denen die Arbeitszeit offenbar einen Grenzwert von Null hat, bedeutet: Hauptsache man spart 2 Euro mehr. Was aber, wenn Zeit und Komfort im Vordergrund stehen, man sich aber nicht komplett über das Ohr hauen lassen will?
Also, auf geht’s zum Termin: Den kann man angenommen so gegen 11 oder 12 Uhr legen, er findet in Berlin statt, das eigene Haus steht in der Nähe von Frankfurt. Der Termin soll etwa 2 Stunden dauern.
Lufthansa: für ein Economy Ticket zahle ich in einem solchen Fall durchschnittlich 400-550 Euro. Dazu kommen 45 Euro für das Taxi zum Flughafen morgens und abends; am Flugziel etwa 20 Euro in beide Richtungen. Also 530-680 Euro total. Der Flug geht um 09:45 Uhr los, Ankunft um 10:55 Uhr. Für den Flug muss ich als HON um 9 Uhr am Flughafen sein (also 08:30 los), und schaffe es noch, eine Viertelstunde zu frühstücken. Den Termin kann ich ohne Probleme auf 11:30 Uhr legen. Den Rückflug buche ich mir für 15:45 Uhr, ich bin 16:55 Uhr in Frankfurt, also spätestens um 18 Uhr zuhause. In Summe 9,5 Stunden unterwegs.
Deutsche Bahn: Für ein 1. Klasse Ticket habe ich 388 Euro gezahlt, der Preis ist immer der gleiche, egal an welchem Tag. Dazu kommen 20 Euro Taxikosten morgen und abends, da der Bahnhof näher ist als der Flughafen. Am Fahrtziel noch einmal 20 Euro in beide Richtungen. Summe: 468 Euro, „fullflex“. Und jetzt wird’s unangenehm, wenn man sich als HON umstellen will: Los geht’s nämlich schon um 05:15 Uhr. Dazu muss man zuhause etwa 04:45 los. Ankunft gegen 10:30, der Termin startet damit um 11:00 Uhr. Rückfahrt gegen 15 Uhr, Ankunft Frankfurt um 20 Uhr, um 20:30 zuhause. In Summe fast 16 Stunden unterwegs.
Im Wagen mit dem reservierten Platz riecht es nach Toilette. Immerhin hat es aber Wlan und eine Steckdose, man kann also am Platz arbeiten. Der Handyempfang ist aber schwankend, was aber nicht ins Gewicht fällt, weil man ohnehin nicht ungestört telefonieren könnte.
Limousinenservice: Die Kosten liegen bei etwa 1200 Euro für eine S-Klasse. Abfahrt flexibel, Fahrtdauer 5 Stunden, wenn der Fahrer richtig ballert pro Richtung. Ohne Stau und Pause also 12 Stunden unterwegs. Dank Internetstick kann man ins Internet, wenn auch nicht sehr stabil. Meine Assistentin hat Zeitungen und etwas zu essen vorbereitet, die Fahrt ist sowohl sehr bequem als auch sehr flexibel: Auf dem Rückweg nehme ich einen weiteren kurzfristigen Termin wahr und spare mir dadurch eine weitere Fahrt. Die ganze Fahrt über kann ich zudem telefonieren. Natürlich kann man sich während der Fahrt nicht besonders gut bewegen; dafür machen wir aber 2 Pausen.
Den Versuch mit dem Auto habe ich nun 3 mal gemacht, und einmal gab es einen chaotischen Stau, das bringt natürlich alles durcheinander. Andererseits gibt’s auch bei der Bahn und beim Flug öfters Verspätungen.
Randbedingungen: 2. Klasse bei der Bahn scheidet aus, weil ich dort noch weniger ungestört arbeiten kann. Dafür könnte man mit einer Bahncard rund 50% der Kosten sparen, wenn man öfter fahren würde. Selber Auto fahren scheidet auch aus, damit wären 10 Stunden Arbeitszeit verloren und wäre mir zu anstrengend.
Jetzt zu den Zusatzkosten, die ich auf den ersten Blick nicht gesehen habe
Bei der Bahn ist „nüscht“ inklusive. Für meine Sitzplatzreservierung zahle ich extra, und bei fast 16 Stunden Reisedauer brauche ich auch 3 Mahlzeiten. Die versuche ich im Zug am Platz zu mir zu nehmen. Ein Frühstück morgens, rund 12 Euro. Kurz vor der Ankunft ein Snack mit Getränk, 8 Euro. Auf der Rückfahrt ein Abendessen, 15 Euro. Die Qualität des Essens ist mehr als fraglich, mir schmeckt es nicht besonders und die Liste der Zusatzstoffe ist elendig lang.
Bei der Lufthansa habe ich als HON ein „all inclusive für Reiche“. Morgens frühstücke ich in angenehmer Atmosphäre, in Berlin warte ich die Zeit vor dem Rückflug in der Lounge und esse etwas (wenngleich die Qualität dort nicht besonders gut ist). Allerdings ist das teuer bezahlt - häufig fliege ich Langstrecke LH, nur um dann auf der Kurzstrecke gerade diesen Vorteil zu haben.
Im Limousinenservice ist auch nichts inklusive. Dafür ist man zeitlich extrem flexibel und kann sich sowohl etwas mitnehmen als auch unterwegs etwas essen. Angenommene Kosten für Verpflegung sind 40 Euro – dafür kann man wirklich ordentlich 2 Mahlzeiten essen und noch einen Snack für unterwegs kaufen. Während ich im Termin bin, kümmert sich der Fahrer um den Kram und besorgt das, was ich haben will für die Rückfahrt.
Und nun die resultierenden Vor- und Nachteile:
Bei Lufthansa läuft alles wie immer, alles ist super durchorganisiert am Flughafen. Alles ist sauber, man kann sich ordentlich ernähren. Obwohl die Entfernung nicht gering war, bin ich abends entspannt zuhause. Ich bekomme genug Schlaf, und das ist einer der wichtigsten Punkte. Die Reisezeit selbst, also im Flugzeug, kann ich nicht für längeres Arbeiten nutzen – dafür ist die Zeit zu kurz. Ich kann aber eine halbe Stunde die Zeitung lesen, und sämtliche Zeit am Flughafen kann ich optimal ausnutzen durch die Lounge. Was nervt ist die Sicherheitskontrolle in Berlin und das grundsätzliche Chaos dort. Was auch nervt ist, dass das Servicelevel im FCT aus meiner Sicht immer weiter fällt, oft wird man nur noch „nach unten geschickt“, die Lounge ist voller Freaks, die sich nicht benehmen können oder mit Businesskaspern voll, die das „Prinzip Ruhe“ nicht verstehen und die auch niemand von Lufthansa darauf hinweist. „Leben und leben lassen“ bedeutet auch gegenseitige Rücksichtnahme, aber Lufthansa lässt die Leute gewähren. Die langjährige Leiterin vom FCT ist offenbar weg und die Nachfolge hat die Situation offenbar echt nicht im Griff. Natürlich ist alles immer noch wesentlich besser, als durch den normalen Flughafen zu müssen, aber man merkt, dass Lufthansa da das Augenmerk verloren hat oder zumindest zu viel Kosten sparen will. Die Reise verläuft aber alles in allem sehr entspannt und es ist immer jemand da, der sich kümmert. Wenn etwas schief läuft und man nicht im FCT ist, hat man allerdings Pech gehabt: Die Hotline kann inzwischen nicht mehr viel mehr machen als die FTL-Hotline: „Nullkulanz“ und eine lächerlich unverschämte Buchungssteuerung ermöglichen auch dem HON immer weniger Flexibilität und Komfort.
Bei der Bahn sieht es etwas anders aus: Ich bin zunächst einmal extrem müde, den ganzen Tag. Die Fahrtzeit im ICE kann ich in der ersten Klasse, anders als gedacht, nicht zum Schlafen nutzen: Permanente Stops und die Tatsache, dass alle paar Minuten Flaschensammler oder seltsam aussehende und suchend blickende Leute durchlaufen, geben einem kein sicheres Gefühl. Man muss sehr gut auf seine Sachen aufpassen. Am Bahnhof in Frankfurt ist es dreckig, die Toilette im ICE sind praktisch nicht zu gebrauchen, dort sieht es einfach nur widerlich dreckig aus. Inzwischen verstehe ich, warum Mehdorn lieber Privatjet geflogen ist anstatt 2 Stunden ICE. Wobei es sicherlich gut wäre, wenn der Bahnvorstand das mal selbst sehen würde.
Die Limousine kostet so viel Zeit wie die Bahnfahrt, dafür hat man seine Ruhe, spart sich mehrere Taxifahrten, den dreckigen Bahnhof. Auch mehrmaliges Warten spart man sich an den Bahnhöfen, man kann schlafen, essen, telefonieren, arbeiten.
Auf den ersten Blick kosten Bahn und Flug etwa das gleiche. Das täuscht aber, wenn man genauer hinsieht, beträchtlich. Eine Bahncard könnte ich bei meiner Reisetätigkeit kaufen, ohne dass die Kosten ins Gewicht fallen. Damit ist die Bahn auf einen Schlag über 50% günstiger als die Lufthansa. Zudem gab meine Fahrt 400 „Bahnbonus“ Punkte, und, wie mir ein Mitreisender erklärte, bekomme ich für 3000 Punkte schon eine kostenlose Fahrt. Also rund 12% Rabatt. Dazu kommen noch 3% Rabatt durch das Firmenkundenprogramm. Die Meilen von Lufthansa haben, in der aktuellen Höhe, fast einen Wert von Null. Auch im Lufthansa Firmenkundenprogramm gibts keine oder nur minimalste Punkte in Economy.
Kostenmäßig siegt also ganz klar die Bahn – alles andere kostet ein Vielfaches. Allerdings bin ich erschrocken, wie dreckig es ist. Und selbst mit viel Geld kann man die Zeit weder zum Schlafen noch zum ordentlichen Essen nutzen. Der Flug ist, wenn berücksichtigt, dass ich viele Langstrecken nur des Status wegen mit Lufthansa fliege, das mit Abstand teuerste Verkehrsmittel.
„Privacy“-Sieger ist die Limousine, dicht gefolgt vom Flieger.
Komfort-Sieger ist der Flieger, bedingt durch den Zeitvorteil und den dadurch resultierenden Schlaf. Hier folgt aber auch ganz dicht die Limousine – die Flexibilität sticht deutlich hervor. Und in der S-Klasse kann man sehr gut schlafen, wenn man den Sitz etwas flacher stellt. Bei Lufthansa habe ich immer wieder Rückenschmerzen. Auch kann ich dort die Zeit viel besser zum Arbeiten nutzen und bin nicht den Launen der FCT-Mitarbeiterinnen ausgesetzt oder der Willkür von Herrn Dr. Franz, wie ein Bittsteller als Kunde anzukommen. Der Typ ist einfach nur eklig und ignorant gegenüber den Leuten, die sein Gehalt liefern.
Was bedeutet das nun ganz konkret? Im ersten Schritt bedeutet das, dass die Lufthansa durch einige „Spielereien“ einige der wichtigsten HON-Vorteile für zahlungskräftige Kunden abgestellt hat. Den wesentlichen Vorteil, nämlich verkürzte Reisedauer, erhalte ich auch mit einer Senator oder *Gold-Karte. Denn die exklusiven Benefits sind inzwischen nicht mehr existent, und durch Fastlane und F-Checkin spare ich fast die gleiche Zeit. Ich werde also wahrscheinlich die Langstrecken mit einer freundlicheren Airline buchen. Dadurch sinken auch meine Ausgaben pro Kurzstreckenflug drastisch, denn da musste ich bisher die Langstrecken-Aufschläge mit einkalkulieren. Wenn Lufthansa noch einen Schritt weiter gehen würde (i.e. kein Eco-Lounge-Zugang oder keine Limousine mehr), gäbe es für mich keinen Grund mehr, überhaupt noch Langstrecke mit ihnen zu fliegen. Das würde mir, bei gleicher Reiseklasse und größtenteils weiterhin Direktflügen, jährlich etwa 15.000-20.000 Euro sparen, dazu kommen noch geschätzte 10.000 Euro Ersparnis, wenn ich in Europa konsequent BA oder den jeweils passenden Direktflug-Anbieter (z.B. TK für FRA-IST, AF für FRA-CDG) etc. wählen würde (und das beinhaltet jeweils 250 Euro geschätze Zusatzkosten für Flughafen-VIP-Service!!). Bei dem nächsten Serviceeinschnitt seitens LH wird mein Umsatz dort also um irgendwas zwischen 90.000 und 110.000 Euro fallen und mir Kosten von über 25.000 Euro sparen. Inzwischen kann ich mir vorstellen, dass diese Einsparung den noch verbliebenen Komfortüberschuss von Lufthansa überkompensieren, zumal da ja schon der Frankfurt VIP Service beinhaltet ist.
Bei kürzeren Reisen werde ich vielleicht sogar mal die Bahn benutzen, wenngleich ich von dem Dreck dort wirklich erschrocken bin. Ich verstehe nicht, wieso in Deutschland bei der Arbeitslosigkeit nicht in jedem ICE 2 oder 3 Mitarbeiter für Ordnung sorgen und aufpassen, während beispielsweise Gäste schlafen wollen, oder es kein ordentliches Essen gibt.
Was mich jetzt interessieren würde: Kann jemand die in etwa gleiche Situation mit Air Berlin beschreiben? Oder gibt’s noch eine Alternative, wenn man der Lufthansa den Rücken kehren möchte? Was kostet es, mit NetJets zu fliegen? Einige Freunde nutzen inzwischen den VIP-Service in Frankfurt und Zürich, und sparen sich dafür das Lufthansa-Gezicke, hat da auch jemand Erfahrung?
Solange das Manager-Magazin ohne Ahnung auf schwachsinnige „Studien“ von Alexander König zurück greift, werden wir uns als Kunden ja etwas anderes überlegen müssen, um nach Alternativen zu suchen….
Übrig bleibt übrigens ein komisches Gefühl der Frage wegen, warum die Bahn keine Klasse hat, in der man für mehr Geld auch mehr Privacy, Komfort und Sauberkeit kaufen kann. In Bezug auf die Umwelt wäre es super, in der aktuellen Situation ist die Bahn aber oft nicht haltbar.
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