Im Versuch, wieder ein paar Beispiele zu bringen, die hoffentlich hilfreiche Datenpunkte schaffen:
Wenn wir von 65KCHF im Jahr ausgehen und unterstellen, dass jemand im Grossraum ZH leben möchte (leben muss, ausser er will 3h je Tag im Zug verbringen), sieht die Rechnung am Ende etwa so aus:
- Krankenkasse: 3600 CHF
- ÖV (GA) 3800 CHF
- Wohnen inkl. Nebenkosten 20000 CHF (Annahme: 3.5 Zi, brauchbare Ausstattung, Lage und Quartier - klar, geht es günstiger, wenn man nach Schwamendingen oder Spreitenbach geht..
- Steuern 4500 (+/- je nach Gemeinde, in Gemeinden mit günstigen Wohnungen eher mehr)
- Sozialabgaben und 2. Säule 7000 CHF
- weitere Versicherungen (Haftplicht, Hausrat,..) 500 CHF
- private Vorsorge 5000 CHF (Steuerlich bevorteilt bis knapp 7000 CHF, aber nehmen wir an, dass man hier Einschnitte in Kauf nimmt)
- Essen, Haushalt, Hygiene, Elektronik, Abos, Bücher, Sport 8000 CHF (Klar geht es mit weniger, wenn man einmal im Monat zum ALDI nach Jestetten fährt und dort kistenweise Tütensuppe kaufe - aber will man das?)
- Ausgehen 3000 CHF (klingt hoch, aber einmal schön Essen gehen sind 50-100 CHF pro Person, ein Bier 5-10 CHF, ein Abend im Club 40-80 CHF, Theater ab 40 CHF für gute Plätze)
- Kleidung 3000 CHF
- Rückstellungen für unvorhergesehenes, ärztliche Behandlungen 1000 CHF
Schwupp, und es sind nur noch rund 5500 CHF übrig. Davon will man evtl. noch ein wenig Urlaub machen und ein wenig sparen will man ja auch noch. Mir persönlich wäre das zu knapp - ein Problem kann da schnell existenziell werden und Rücklagen zu schaffen für z.B. eine Immobilie ist da auch kaum möglich. Klar, wird jetzt einer kommen und hier und da optimieren können, aber diese Ausgangslage ist schon nicht rosig. Und ein Auto (für viele in D wichtig, hier oft irrelevant) ist da auch nicht dabei.
Man kann sich damit arrangieren und es dabei gut haben. Als ich im Doktorat war, habe ich einfach in einer WG gewohnt, dabei viel Geld gespart, tolle Mitbewohner gehabt und nebenbei sind WG-Parties oft lustiger und vor allem billiger als Club-Besuche

Da hatte ich eine tolle Zeit und hätte das jederzeit wieder gemacht. Irgendwann will man aber evtl. etwas mehr Ruhe und seinen Freiraum, spätestens mit Partnerin und dan auch mal Kindern. Vielleicht auch will man sein Wochenende nicht vom Mehrpateienaus-Wasch-Slot am Samstag um 12:00-17:00 bestimmen lassen.
Mit Kindern sieht das Ganze dann noch mal anders aus: Die steuerlichen Vergünstigungen sind recht klein. Dazu kommt als Familie, dass ein Partner ja seine Karriere nicht zwingend aufgeben möchte, d.h. ein 60%-Pensum und 3 Tage/Woche KiTa werden nötig. Das sind dann je nach Ausgestaltung auch mal schnell weitere 10-20KCHF im Jahr. Pro Kind.
Und um zur Kernfrage des Freds zurückzukommen. Jemand, der sich für einen Consulting-Job in der Schweiz interessiert, der hat in der Regel nicht vor, in einer 5er-WG 45min vom Zentrum entfernt zu leben, zweimal im Jahr eine Pauschalreise auf die Balearen zu machen und einmal im Monat für Schnitzel/Pommes/Bier ausgehen zu können. Mittlerweile ist es mir auch wichtig, ein relativ angenehmes Leben zu haben und da gehören Sachen dazu, die rein aus Sicht der Notwendigkeit obsolet sind, aber bei weitem noch kein Luxus. So wird es aber den meisten gehen, denn sonst würde niemand Einfamilienhäuser kaufen, schöne Autos fahren und ab und zu schön Essen gehen. Denn zum Selbsterhalt ist das alles nicht nötig. Und meine Kinder sollen auch einmal ins Skilager können, ohne dass ich das gegen den Sommerurlaub aufwägen muss.
Es geht ja nicht darum, wie man mit wie auch immer gearteten Abstrichen in der CH überleben kann, oder wie günstig man es haben kann, wenn man in unpendelbarer Distanz zu den grossen Zentren lebt. Ich stelle auch überhaupt nicht in Frage, dass man in Langenthal oder Frauenfeld mit 100KCHF/Jahr eine Familie gut versorgen kann. Aber dort sind nicht zwingend die hochattraktiven Jobs, und die, die es dort hat (und es gibt dort sicher durchaus tolle Arbeitgeber) sind nicht so häufig wie in der Stadt. Die Frage ist, was es für ein angenehmes Leben (so sehr dieser Begriff auch dehnbar ist, weil 10 Leute 20 verschiedene Definitionen davon haben) braucht, und viele Annehmlichkeiten kosten halt Geld.
Man sollte sich einfach im Klaren sein, dass die Schweiz tolle Perspektiven bietet, verhältnismässig hohen Wohlstand (ich bin ja nicht ohne Grund hier geblieben) aber nicht das totale Schlaraffenland, wie stellenweise suggeriert wird.