Ich lese das immer wieder, habe aber scheinbar die Quelle verpasst.
Aus welcher Verordnung lässt sich ableiten, dass eine Behörde in Deutschland Karten eines US-Kreditkartenanbieters akzeptieren muss?
Wir sprechen von einer Konstellation, in der weder Bargeld noch Nicht-girocard-Karten akzeptiert werden.
Zum Bargeld als amtlichen Zahlungsmittel verweise ich auf Ludwig Gramlich, 'Zahlungsformen und –modalitäten im Lichte des Geld- und Währungsrechts', K&R 2015, S. 637-643. Aber wenn wir mal von der Frage absehen:
Art. 18 Abs. 1 der AEUV verbietet die Diskriminierung durch Mitgliedsstaaten auf Grundlage der (EU-)Nationalität. Das betrifft nicht nur die offene, sondern auch die indirekte Diskriminierung in allen Bereichen, die dem Anwendungsbereich des EU-Rechts unterliegen, einschließlich der Inanspruchnahme der Freizügigkeit im Sinne des Art. 21 Abs. 1 der AEUV. (Vgl. hierzu die Entscheidung des EuGH C-75/11
Europäische Kommission/Österreich [2013] 1 C.M.L.R. 17, Absätze H5-H6 und H11.)
Nun haben wir einen fiktiven EU-Ausländer aus Polen, der mit einer Debit Mastercard der Bank Pekao und vielleicht noch einer Visa Debit (plus V PAY) der Nest Bank unterwegs ist. Er vertraut auf Europa und zieht deswegen direkt nach Studienabschluss aus Kaczynski/Szydło-Polen nach Merkel-Deutschland. Er hat sich in Berlin beworben, um an einer staatlichen Schule Lehrer für ein Mangelfach zu werden. Sein Angebot ist unter der Bedingung ergangen, dass er ein sauberes (deutsches) Führungszeugnis vorlegen kann.
Im Bürgeramt Heiligensee am nordwestlichen Stadtrand Berlins sagt man ihm "Wir dürfen kein Bargeld mehr annehmen", "nur Karte". Jedoch gehen weder seine Visa Debit/V PAY noch seine Debit Mastercard.
Das ist Diskriminierung (zu deutsch: Unterscheidung). Ein frisch zugezogener Pole, der aber für sein Zuziehen diese Dienstleistung des Bürgeramtes benötigt, hat im Zweifel eben kein deutsches Bankkonto, aber sicherlich Euro-Bargeld und Bankkarten. Das klingt so ähnlich wie "kriminell", aber Diskriminierung kann natürlich gerechtfertigt sein. Es müsste aber objektive Gründe jenseits der Nationalität der betroffenen Personen geben ("Polacken sind doof" wäre kein solcher Grund). Und sie müsste verhältnismäßig sein, in Bezug auf einen legitimen Zweck der nationalen Bestimmungen. (Vgl. hierzu die Entscheidung des EuGH C-75/11
Europäische Kommission/Österreich [2013] 1 C.M.L.R. 17, Absatz H13.)
"Kosten sparen" mag im Prinzip legitim sein. Aber über welche Kosten reden wir denn bei der Akzeptanz von Maestro oder Debit Mastercard, wenn sich Aldi das auch leisten kann und die Zollämter schon seit Jahren? Der indirekte Zwang zur Eröffnung eines Bankkontos in Deutschland bei einem Institut, welches dem girocard-Verbund angehört, (und der Ausschluss von neuen Anbietern sogar mit einheimischer Banklizenz wie Fidor oder N26, die Wettbewerbsprodukte verwenden, aber das ist... another story for another day) - das ist gerade das, was das europäische Recht nicht will.
Wie gesagt, rein fiktives Beispiel, aber durchaus praxisnah.
Einfache Lösung für das Amt: Barzahlung (wieder) akzeptieren.
Anständige Lösung: Auch Maestro, V PAY, Visa Debit, Debit Mastercard akzeptieren.
Visa Europe hat ja auch lange gesagt, "wir sind ein europäisches Zahlungsverkehrsunternehmen", bevor sie demutualisiert und an Visa Inc. verkauft wurden. Aber gebracht hat es ihnen nicht viel.