wann läuft die Frist ab?

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Gulliver

Erfahrenes Mitglied
10.11.2009
1.590
17
Kerkrade (NL)
www.kuhnert.nl
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Eurowings ist diejenige, die sich nicht an den Vertrag haelt und einseitig vorgeht.

Die Verhaelnismaessigkeitspruefung scheitert schon am Punkt der Geeignetheit: Der neu angebotene Flug ist schlicht ungeeignet, die vereinbarte Schuld von Eurowings (Transport von A nach B zum Zeitpunkt X) zu erfuellen.

So sehe ich das auch. Es ist eine Annullierung mit einem Angebot für Ersatzbeförderung. Man kann das annehmen, auf die Fluggesellschaft zugehen und eine Ersatzbeförderung zu einem anderen Zeitpunkt vereinbaren oder auch vom Vertrag zurücktreten.
 

weltfahrer

Aktives Mitglied
07.09.2018
176
65
Ich kann hier ehrlich (mal wieder) nur den Kopf schütteln. Der TE schreibt, dass er die Verlegung als Flugstreichung ansieht. Das mag rechtlich sogar gehen, moralisch finde ich das absolut nicht OK.

Wenn seine Begründung eine dann nicht mehr mögliche Anreise zum Flughafen oder ähnliches wäre, ist sie aber nicht. Seine Begründung ist schlicht und ergreifend die Möglichkeit Geld zu sparen.

Man ärgert sich über das LH/EW Monopol, über teure Flugpreise, schlechten Service usw, kämpft aber mit jedem erdenklichen Mittel um jeden Euro ...

Ganz ehrlich, wenn mir die Airline den Flug verschiebt dann schaue ich, ob und wie sehr es meine Planungen beeinträchtigt. Wenn es nicht all zu fies ist wird es halt akzeptiert.

Wegen einer Verlegung gleich nach billigeren Alternstiven suchen? Finde ich nicht in Ordnung.

Da bin ich anderer Meinung. Ich wähle Flüge auch wegen der Zeit aus. Unter Umständen buche ich sogar einen Flug der teurer ist, weil mir die Zeit besser passt. Dann ärgere ich mich schon, wenn es dann 150 min früher los geht. Im Zweifelsfall reicht es auch, dass ich dann ganz früh raus muss. Daher finde ich es grundsätzlich legitim, bei einer erheblichen Verschiebung (die ich bei 150 min auf jeden Fall sehe), sich nach Alternativen umzusehen.

Ferner nehme ich an, dass EW keine zeitnahe Alterntive zum ursprünglichen Flug bieten konnte. Ich weiss allerdings nicht, wie zeitnah der alternative Flug zum ursprünglichen Flug war.
 
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bond007m

Erfahrenes Mitglied
01.07.2018
276
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Eurowings ist diejenige, die sich nicht an den Vertrag haelt und einseitig vorgeht.

Die Verhaelnismaessigkeitspruefung scheitert schon am Punkt der Geeignetheit: Der neu angebotene Flug ist schlicht ungeeignet, die vereinbarte Schuld von Eurowings (Transport von A nach B zum Zeitpunkt X) zu erfuellen.

Wenn das nun so alles so eindeutig war, warum versuche ich als Airline sowas dann mit Unrecht zu erzwingen? Einige mögen das vllt einfach akzpetieren, doch wenn selbst in einem freien Forum der golden parachute angeboten wird, so durchschaut die große Masse das doch...

Außer absinkender Reputation ist da für EW doch nichts drin? Operativ ist das total unterbelichtet.
 

DerSenator

Erfahrenes Mitglied
08.01.2017
6.585
4.241
MUC/INN
Eurowings ist diejenige, die sich nicht an den Vertrag haelt und einseitig vorgeht.

Die Verhaelnismaessigkeitspruefung scheitert schon am Punkt der Geeignetheit: Der neu angebotene Flug ist schlicht ungeeignet, die vereinbarte Schuld von Eurowings (Transport von A nach B zum Zeitpunkt X) zu erfuellen.

Eurowings wird auf der Position stehen, dass eine Vorverlegung zB. im Pauschalreiserecht grundsätzlich keinen Mangel auslöst und auch der BGH einen solchen erst ab wirklich krassen Vorverlegungen bejaht (Von Nachmittag auf Morgens). Außerdem ist die Vorverlegung in der VO EG 261/04 nicht geregelt und eine Analogie mangels bislang höchstgerichtlicher Entscheidungen umstritten. Man kann dafür argumentieren, man kann auch dagegen argumentieren. Und wenn man eine Analogie bejaht, hinsichtlich Annullierung oder Nichtbeförderung, dann ist immer noch ungeklärt, wo die Grenze zur Geringfügigkeit gezogen wird. Und wenn das zumeist subjektiv sich total gestresst fühlende Amtsrichterlein dann die Akte schnell bearbeiten muss, wird er in den Kommentar schauen, wo in Anlehnung an das Sturgeon-Urteil des EuGH die Grenze ab 3 Stunden empfohlen wird. Hat er keine Lust, das dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen, sondern will einfach den Aktenberg abarbeiten, schaut das für Eurowings bei hier etwas über 2 Stunden Vorverlegung schon gar nicht so schlecht aus. Frei nach dem Motto, versuchen kann man es, insbesondere wenn man rechtsschutzversichert ist aka. eine eigene Rechtsabteilung hat und der Gegner oftmals nichts von beidem.

Wäre vielleicht mal wieder an der Zeit einen Aufsatz zu schreiben..
 

bond007m

Erfahrenes Mitglied
01.07.2018
276
0
Eurowings wird auf der Position stehen, dass eine Vorverlegung zB. im Pauschalreiserecht grundsätzlich keinen Mangel auslöst und auch der BGH einen solchen erst ab wirklich krassen Vorverlegungen bejaht (Von Nachmittag auf Morgens). Außerdem ist die Vorverlegung in der VO EG 261/04 nicht geregelt und eine Analogie mangels bislang höchstgerichtlicher Entscheidungen umstritten. Man kann dafür argumentieren, man kann auch dagegen argumentieren. Und wenn man eine Analogie bejaht, hinsichtlich Annullierung oder Nichtbeförderung, dann ist immer noch ungeklärt, wo die Grenze zur Geringfügigkeit gezogen wird. Und wenn das zumeist subjektiv sich total gestresst fühlende Amtsrichterlein dann die Akte schnell bearbeiten muss, wird er in den Kommentar schauen, wo in Anlehnung an das Sturgeon-Urteil des EuGH die Grenze ab 3 Stunden empfohlen wird. Hat er keine Lust, das dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen, sondern will einfach den Aktenberg abarbeiten, schaut das für Eurowings bei hier etwas über 2 Stunden Vorverlegung schon gar nicht so schlecht aus. Frei nach dem Motto, versuchen kann man es, insbesondere wenn man rechtsschutzversichert ist aka. eine eigene Rechtsabteilung hat und der Gegner oftmals nichts von beidem.

Wäre vielleicht mal wieder an der Zeit einen Aufsatz zu schreiben..

Also ist das deine Klausurlösung, die du real noch nicht getestet hast?
 

alinakl

Erfahrenes Mitglied
15.07.2016
4.066
1.557
Wenn das nun so alles so eindeutig war, warum versuche ich als Airline sowas dann mit Unrecht zu erzwingen? Einige mögen das vllt einfach akzpetieren, doch wenn selbst in einem freien Forum der golden parachute angeboten wird, so durchschaut die große Masse das doch...

Außer absinkender Reputation ist da für EW doch nichts drin? Operativ ist das total unterbelichtet.

Meine Vermutung zu diesem Fall ist folgende hier hat die Abteilung die Buchhaltung die fehlende Zahlung angemahnt und nach dem Ausbleiben der Zahlung die Sache der Rechtsabteilung übergeben, ohne den Vorgang mit dem Kundenservice zu beachten.

Der TO hat ja selbst geschrieben er hat zwei mal mit dem Kundenservice kommuniziert welcher die kostenfreie Stornierung abgelehnt hat und sonst alle weiteren Anfragen und Schriftverkehr ignoriert.
Eben ganz in der Art meines letzten AB Falls erst nach Erhalt des Vollstreckungsbescheid die Forderung zu akzeptieren und die Zahlung ankündigen und darum bitten von Vollstreckungsmaßnahmen ab zu sehen um dann am letzten Tag der Frist gegen den VB einen Einspruch ans das Gericht zu faxen.
Aber EW hat es schon geschaft durch einen Hausjuristen mitteilen zu lassen dass man die Zahlung verweigert nachdem diese einige Tage vorher auf dem Konto eingegangen ist.

Eurowings wird auf der Position stehen, dass eine Vorverlegung zB. im Pauschalreiserecht grundsätzlich keinen Mangel auslöst und auch der BGH einen solchen erst ab wirklich krassen Vorverlegungen bejaht (Von Nachmittag auf Morgens). Außerdem ist die Vorverlegung in der VO EG 261/04 nicht geregelt und eine Analogie mangels bislang höchstgerichtlicher Entscheidungen umstritten. Man kann dafür argumentieren, man kann auch dagegen argumentieren. Und wenn man eine Analogie bejaht, hinsichtlich Annullierung oder Nichtbeförderung, dann ist immer noch ungeklärt, wo die Grenze zur Geringfügigkeit gezogen wird. Und wenn das zumeist subjektiv sich total gestresst fühlende Amtsrichterlein dann die Akte schnell bearbeiten muss, wird er in den Kommentar schauen, wo in Anlehnung an das Sturgeon-Urteil des EuGH die Grenze ab 3 Stunden empfohlen wird. Hat er keine Lust, das dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen, sondern will einfach den Aktenberg abarbeiten, schaut das für Eurowings bei hier etwas über 2 Stunden Vorverlegung schon gar nicht so schlecht aus. Frei nach dem Motto, versuchen kann man es, insbesondere wenn man rechtsschutzversichert ist aka. eine eigene Rechtsabteilung hat und der Gegner oftmals nichts von beidem.

Wäre vielleicht mal wieder an der Zeit einen Aufsatz zu schreiben..

Es besteht ein massiver Unterschied zwischen Pauschalreiserecht (das ist nämlich das rundum-sorglas Paket für einfachen Touri der keine Verantwortlichkeiten hat wenn etwas schief geht) und einer reinen Flugbuchung in der nur die Beförderung vom Ort XXX nach ZZZ geschuldet wird.

Dazu kommt dass eine Verspätung etwas absolut anderes als eine Verspätung darstellt, jeder der Verkehrmittel nutzt sei es PKW, Bahn, Schiff und Flugzeug ist sich darüber im klaren, dass aus den verschiedensten Gründen Verspätungen entstehen und entsprechende Folgen haben können, darauf muss man sich eben bei den Planungen einstellen weil es eben zum allgemeinen Lebensrisiko gehört.

Nehmen wir doch einen Forums-Klassiker getrennte Tickets:
Wer eben zu knappe Verbindungen bucht die dann wegen Verspätungen schief gehen hat eben Pech gehabt, genau aus diesem Grund hat der EuGH entschieden dass auch bei großen Verspätungen eine Ausgleichzahlung zu leisten ist.
Die Sache mit KL809 im Mai hat mir auch gezeigt, dass 20Stunden Transfer daneben gehen können wenn eben mehrere ungünstige Konstellationen zusammen kommen, dies ist zwar sehr unwahrscheinlich kann aber eben passieren aber durch die EU-VO ist nun eben der Fluggast ebenfalls entsprechend vor Schäden geschützt.

Nun hat man aber einen Zubringer mit sagen wir fiktiv 3,5 Stunden Zeit zwischen Ankunft und dem nächsten Abflug gebucht, würde man nun der Fluggesellschaft zugestehen den Flug einfach drei Stunden verfrüht stattfinden zu lassen dann hätte der Reisende keine Chance mehr in Fällen von nichts-flexiblen Tickets, was die weit überwiegende Mehrheit der Tickets sein dürfte, einen Schadenseintritt zu verhindern.

Was der Flugreisende jedoch nicht erwarten kann sind Verfrühungen diese gehören eindeutig nicht zum allgemeinen Lebensrisiko.
Die EU-VO selbst zeigt doch eindeutig selbst dass diese Problematik bekannt und eine Vorstellung zur Lösung besteht, genau deswegen wird im Artikel 5 Abs. 1c ii/iii eine Verfrühung durch die Ausgleichszahlung sanktioniert.

Im übrigen ist immer noch nicht die Frage warum die Fluggesellschaft gegenüber dem Reisenden aufgrund der EU-VO oder ganz einfachem deutschen Zivilrecht, welches im Fall von EW anwendbar ist, privilegiert werden sollte die vertraglichen Vereinbarungen folgenlos einseitig ändern zu können?

Im übrigens ist auch der überlastete Amtrichter bemüht, ein Urteil zu fällen welches nicht sofort in der Berufungsintanz vernichtet wird. Daher ist das Arugment der Amtrichter wird einfach mal Verfrühung und Verspätung gleich setzen einfach praxisfern dazu kommt worin sollte das Problem in der Vorlage bestehen? Ich würde diesen Lösungsweg sofort wählen die unklare Sachlage wird höchstgerichtlich geklärt und ich kann mich in der Zeit um meine anderen Fälle kümmern und kann wenn die Sache zu mir zurück kommt problemlos ohne großen Aufwand zu einem Urteil das auch den höheren Instanzen stand hält.

Dann noch die grundsätzliche Frage da ich zumindest bis Montag kein Kommentar zur Hand haben werden werde, behandelen die Kommentare überhaupt den Problemfall einer Verfrühung? mir würde spontan keine Stelle in Erinnerung kommen, Verfrühung und Verspätung gleich zu setzen ist genau fehlerhaft und sinnwidrig wie die Anwenndung der Grundsätze aus dem Pauschalreiserecht. Im übrigen selbst im Pauschalreiserecht wird doch dem Kunden die Möglichkeit zum Vertragsrücktritt eingeräumt.
 
Zuletzt bearbeitet:

DerSenator

Erfahrenes Mitglied
08.01.2017
6.585
4.241
MUC/INN
Dann noch die grundsätzliche Frage da ich zumindest bis Montag kein Kommentar zur Hand haben werden werde, behandelen die Kommentare überhaupt den Problemfall einer Verfrühung? mir würde spontan keine Stelle in Erinnerung kommen, Verfrühung und Verspätung gleich zu setzen ist genau fehlerhaft und sinnwidrig wie die Anwenndung der Grundsätze aus dem Pauschalreiserecht. Im übrigen selbst im Pauschalreiserecht wird doch dem Kunden die Möglichkeit zum Vertragsrücktritt eingeräumt.

V. Exkurs: Die Flugvorverlegung („Verfrühung“)20aDie höchstrichterliche Rspr. hatte noch keine Gelegenheit, die für der Praxis wichtige Frage zu entscheiden, ob auch eine dem Fluggast mitgeteilte (große) Vorverlegung des Fluges („Verfrühung“) mit der Folge, dass die Fluggäste den Flug nicht wahrnehmen können, als eine „umgekehrte Verspätung“ zu behandeln und somit von der Verordnung erfasst ist (dazu → Art. 2 Rn. 38). Das Ziel der Verordnung, den Schaden auszugleichen, der durch einen Zeitverlust entsteht, könnte nämlich auch dann berührt sein, wenn der Fluggast früher ankommen würde und so seine zeitliche Disposition vor dem Flug eingeschränkt ist. Das LG Hannover hat diese Frage dem EuGH mit Beschl. v. 28.1.2014, eingereicht am 14.2.2014 (ABl. C 142 12.5.2014), zur Vorabentscheidung vorgelegt (→ Rn. 20a.1). Die als Rs. C-79/14 – Walther/TUIfly eingetragene Rs. wurde aber am 19.6.2014 wieder aus dem Register gestrichen (ECLI:EU:C:2014:2074).

20a.1Die Vorlagefragen lauteten:

  • 1.Ist Art. 7 dahingehend auszulegen, dass auch eine nicht mitgeteilte „Verfrühung“ des Fluges mit der Folge, dass die Fluggäste den Flug nicht wahrnehmen können, von der Verordnung erfasst ist?
  • 2.Ist die Verordnung so auszulegen, dass es hinsichtlich der Ursache – mit Ausnahme von Art. 5 – nicht entscheidend ist, worauf die Verspätung beruht?
  • 3.Ist das Ziel der Verordnung, nämlich Schaden auszugleichen, der durch einen Zeitverlust entsteht, auch dann berührt, wenn der Fluggast früher ankommen würde und so eine Zeitdisposition vor dem Flugbetroffen ist?
  • 4.Führt die fehlende Mitteilung der Vorverlegung des Fluges, zu dessen Folge der Urlaubsort später als geplant erreicht wurde, zur Anwendung der Verordnung?
  • 5.Soll Ziel der Verordnung ein hohes Schutzniveau sein mit der Folge, dass die Einschränkung der zeitlichen Disposition des Fluggastes geschützt ist? Auch bezüglich einer Verfrühung?


20bDas AG Bremen (24.7.2015 – 25 C 41/15, ECLI:DE:AGHB1:2015:0724.25C41.15.0A, BeckRS 2015, 13528) beurteilt die mehrstündige Vorverlegung eines Fluges durch das Luftverkehrsunternehmen als eine – mit dem Angebot einer anderweitigen Beförderung verbundene – Annullierung des Fluges, die einen Ausgleichsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 begründen kann. Dagegen hat das AG Hannover (3.12.2015 – 561 C 3773/13) entschieden, dass ein Ausgleichsanspruch des Fluggastes nach einer Vorverlegung der Abflugzeit ausscheidet, wenn das Endziel nicht nach, sondern vor der vom Luftfahrtunternehmen ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreicht wird. Nach Auffassung des Gerichts liegt keine Annullierung vor, da diese nach der Sturgeon-Entscheidung des EuGH (ECLI:EU:C:2009:716, NJW 2010, 43 Rn. 33 f. = RRa 2009, 282) die Nichtdurchführung des geplanten Fluges, für den zumindest ein Platz reserviert war, voraussetze. Nur wenn der Flug entgegen der ursprünglichen Flugplanung aufgegeben werde, komme eine Annullierung in Betracht. Der von dem AG Hannover (3.12.2015 – 561 C 3773/13) zu beurteilende Flug war jedoch durchgeführt worden.

20cWenn aber ein Luftfahrtunternehmen einen geplanten Flug aufgibt (er also nicht stattfindet) und der Fluggast auf einem anderen, ebenfalls geplanten Flug befördert wird, der früher als der ursprünglich gebuchte abfliegt, ist eine Annullierung gegeben (AG Düsseldorf 14.8.2014 – 231 C 1544/14, BeckRS 2015, 05124 = RRa 2015, 29).

20dDenkbar wäre aber, die mehrstündige Flugvorverlegung als umgekehrte Verspätung eines Fluges zu werten und Art. 6 analog anzuwenden (so zB BG HS Wien (22.8.2018 – 21 C 444/17y nrk). Das AG Hannover (3.12.2015 – 561 C 3773/13) hat entschieden, dass kein Raum für eine Analogie besteht. Die Verlegung auf einen früheren Zeitpunkt sei der Situation einer Verspätung oder Annullierung nicht vergleichbar, da bei einer Vorverlegung die Passagiere typischerweise nicht vor dem Problem stünden, einerseits für die Zeit bis zu einem möglichen späteren Flugeine Unterkunft zu finden oder andererseits Folgetermine zu verpassen. Ebenso bestehe keine Ungewissheit über die tatsächliche Beförderung. Dieses Urteil wurde vom LG Hannover (4.6.2014 – 6 S 4/14, BeckRS 2015, 03100) bestätigt: Eine Annullierung liegt danach nicht vor und eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Verordnung (Analogie zu Art. 6) kommt nicht in Betracht (→ Rn. 20d.1).

20d.1Das Landgericht hat in der Entscheidung unter Rn. 15 folgendes ausgeführt: „Eine Vorverlegung eines Fluges ist schon dem Wortlaut nach keine Annullierung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 lit. c VO. Zwar hat der Europäische Gerichtshof im Wege der Analogie die deutliche Verspätung eines Fluges – hierfür genügen 3 Stunden – einer Annullierung gleichgestellt (vgl. EuGH 19.11.2009 – C-402/07). Allerdings gibt es keine Veranlassung, im Wege einer doppelten Analogie eine deutliche Vorverlegung des Fluges – hier immerhin von 9 Stunden – wie eine Verspätung zu behandeln und damit einer Annullierung gleichzustellen. Zum einen fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke, denn der Verordnungsgeber hat eine Entschädigung ausdrücklich nur im Fall einer Annullierung vorgesehen. Zudem gilt die Verordnung ihrem Namen nach ohnehin nur „im Fall der Nichtbeförderung und der Annullierung oder großer Verspätung von Flügen“. Zum anderen wirkt eine Vorverlegung anders als eine Verspätung: während eine Verspätung wie eine Annullierung zu einer Verzögerung des Fluges führt, was eine Gleichbehandlung nach der Ansicht des europäischen Gerichtshofs rechtfertigt, führt eine Vorverlegung zu einer Verfrühung des Fluges, die nicht mit einer Annullierung gleichgesetzt werden kann. Ein Anspruch auf eine Entschädigung gemäß Art. 5 Absatz 1 lit. c iVm Art. 7 Abs. 1 lit. c besteht damit nach Auffassung der Kammer im Fall einer deutlichen Vorverlegung des Fluges nicht.“


20eDer angerufene X. Zivilsenat des BGH hat die Rechtslage in der mündlichen Verhandlung „vorläufig“ dahingehend bewertet, dass „jedenfalls in einer mehr als geringfügigen Vorverlegungeines geplanten Fluges durch ein Luftfahrtunternehmen eine – mit einem Angebot einer anderweitigen Beförderung verbundene – Annullierung liegt, die einem Ausgleichsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 begründen kann. (…) Die ursprüngliche Flugplanung wird auch dann aufgegeben, wenn ein Flug um mehrere Stunden „vorverlegt“ wird.“ (s. Pressemitteilung des BGH Nr. 89/2015 v. 9.6.2015). Daraufhin hat die Beklagte nach Schluss der mündlichen Verhandlung den geltend gemachten Anspruch anerkannt; es erging ein Anerkenntnisurteil (BGH 9.6.2015 – X ZR 59/14, BeckRS 2015, 10770 = WM 2015, 1306). Auch das BG HS Wien (22.8.2018 – 21 C 444/17y, BeckRS 2018, 23528 nrk) ist der Ansicht, dass die Vorverlegung eines Fluges um mehrere Stunden keine Annullierung, sondern mit einer Nichtbeförderung vergleichbar ist oder als „spiegelbildlicher“ Tatbestand einer erheblichen Verspätung anzusehen ist und hat dem Fluggast in analoger Anwendung des Art 7 einen Ausgleichsanspruch zugesprochen.

20fDie Bewertung des BGH ist sachgerechter als die Analogie. Ungeklärt ist die Frage, ab welcher Zeit ein vorverlegter Flug zu einer Ausgleichsleistung berechtigt, dh wann eine „mehr als geringfügige“ Vorverlegung angenommen werden kann. Auch wenn man die „Verfrühung“ eines Fluges nicht als „umgekehrte Verspätung“ betrachtet, darf nicht übersehen werden, dass durch die Vorverlegung eines Fluges (ebenso wie bei der großen Verspätung) ein massiver Eingriff in das Recht eines Menschen, seine eigenen Angelegenheiten frei und ohne die Einmischung von anderen zu regeln, vorliegt. Dies ist sogar mehr als die bloße Unannehmlichkeit durch die Verlängerung der Reisezeit, die dem Fluggast bei einer Verspätung entsteht. Daher liegt es nahe, in Anlehnung an das Sturgeon-Urteil des EuGH (→ Rn. 20b) die Grenze ebenfalls bei drei und mehr Stunden zu ziehen.

BeckOK Fluggastrechte-VO/Hopperdietzel, 8. Ed. 1.10.2018, Fluggastrechte-VO Art. 6 Rn. 20a-20f

Umstritten und höchstrichterlich noch nicht entschieden ist die Frage, ob bei einer Vorverlegung eines Fluges durch ein Luftfahrtunternehmen von einer Annullierung des ursprünglichen Flugesoder einer Nichtbeförderung des Fluggastes auszugehen ist. Das LG Hannover (4.6.2014 – 6 S 4/14, ECLI:DE:LGHANNO:2014:0604.6S4.14.0A, BeckRS 2015, 03100) hat angenommen, dass eine Vorverlegung eines Fluges keine Annullierung gem. Art. 5 Abs. 1 lit. c iVm Art. 2 lit. l sei und die Voraussetzungen einer analogen Anwendung der Vorschriften wie im Falle der großen Verspätung eines Fluges nicht vorlägen. Im Revisionsverfahren (X ZR 59/14, BeckRS 2015, 10770) hat der BGH in einer vorläufigen Bewertung des Sachverhalts während der mündlichen Verhandlung am 9.6.2015 die Ansicht geäußert, dass bei einer „mehr als nur geringfügigen Vorverlegung“ (→ Rn. 42) eines geplanten Fluges unter (nicht näher dargelegten) bestimmten Voraussetzungen eine Flugvorverlegung einer Annullierung gleichkommen könne. Daraufhin hat die Beklagte nach Schluss der mündlichen Verhandlung den Anspruch anerkannt, so dass der BGH seine Rechtsauffassung in einem Urteil nicht näher ausführen konnte. Auch das BG HS Wien (22.8.2018 – 21 C 444/17y, nrk) ist der Ansicht, dass die Vorverlegung eines Fluges um mehrere Stunden keine Annullierung, sondern einer Nichtbeförderung vergleichbar ist oder als „spiegelbildlicher“ Tatbestand einer erheblichen Verspätung anzusehen ist und hat dem Fluggast in analoger Anwendung des Art 7 einen Ausgleichsanspruch zugesprochen.


BeckOK Fluggastrechte-VO/Hopperdietzel, 8. Ed. 1.10.2018, Fluggastrechte-VO Art. 2 Rn. 38.

Schicke es Dir bei Bedarf gerne per PDF zu.

Das BG HS (Handelssachen) Wien hat bei der Verfrühung die Analogie zur Verspätung als spiegelbildlichem Vergleich gezogen. Der Kommentar positioniert sich ja mehr Richtung BGH und der Orientierung an der Surgeon-Rspr. Ich wende auch nicht das Pauschalreiserecht an, sondern ziehe nur einen Vergleich innert der Argumentationskette. Natürlich ist der Pauschalreisende privilegiert und das Pauschalreiserecht gibt dem Reisenden ein All-Inclusive-Paket. Nur gerade da wird er trotz diesem Rundum-Sorglos-Paket auch nicht derartig geschützt, als dass in einer recht kurzen und angezeigten Vorverlegung ein Mangel der Reise gegeben wäre.

Mit dieser Argumentation hinsichtlich des Mangels im Pauschalreiserecht könnte man nämlich sodann auch einen werkvertraglichen Mangel ablehnen, weshalb dann ein Anspruch nach §§ 634ff. BGB gar nicht gegeben wäre. Überdies hat der Beklagte das Recht der Klägerin zur zweiten Andienung missachtet und ihr gar keine Chance zur Nacherfüllung, sprich zur Umbuchung gegeben, weil er gar nicht mehr mit der Klägerin fliegen wollte.

Ebenso sehe ich keine Unmöglichkeit der Leistung (§§ 326, 275), weil die Beförderung per Flug kein sog. absolutes Fixgeschäft darstellt, also d
ass der Leistungszeitpunkt nach Sinn und Zweck des Vertrags und nach der Interessenlage der Parteien so wesentlich ist, dass eine leicht vorverlegte Leistung keine Erfüllung mehr darstellt. Regelmäßig kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass das Interesse des Fluggastes an der Leistung allein dadurch wegfällt, dass der Flug - sogar mit langfristiger Ankündigung - vorverlegt worden ist, denn auch durch eine zeitlich verfrühte Beförderung kann der Vertragszweck erreicht werden. Selbst bei einem durch Verspätung verpassten Anschlussflug auf Grund verspäteten Zubringerfluges kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass der Fluggast dessen ungeachtet ein Interesse daran hat, schnellstmöglich zu seinem Reiseziel befördert zu werden. So ist es auch bei der Vorverlegung, da der Fluggast selbst den anstehenden Flug vor Augen hat (s.o.) und durch einen zeitlich etwas vorverlegten Abflugzeitpunkt sein Ziel sogar verfrüht erreicht. Hier kann man wieder die Grundsätze nach Surgeon und BGH ziehen, sodass im Ergebnis die geringfügige Vorverlegung des Flugs kein absolutes Fixgeschäft darstellt, weshalb eine zum Rücktritt berechtigende Unmöglichkeit nicht gegeben ist.

Meine Ausführungen zur Störung der Geschäftsgrundlage habe ich schon gemacht.
 

pfeilstern

Aktives Mitglied
17.09.2016
117
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Regelmäßig kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass das Interesse des Fluggastes an der Leistung allein dadurch wegfällt, dass der Flug - sogar mit langfristiger Ankündigung - vorverlegt worden ist, denn auch durch eine zeitlich verfrühte Beförderung kann der Vertragszweck erreicht werden. Selbst bei einem durch Verspätung verpassten Anschlussflug auf Grund verspäteten Zubringerfluges kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass der Fluggast dessen ungeachtet ein Interesse daran hat, schnellstmöglich zu seinem Reiseziel befördert zu werden. So ist es auch bei der Vorverlegung, da der Fluggast selbst den anstehenden Flug vor Augen hat (s.o.) und durch einen zeitlich etwas vorverlegten Abflugzeitpunkt sein Ziel sogar verfrüht erreicht.

Das finde ich - zumindest, wenn wir über einen Zeitraum deutlich über einer Stunde reden - nicht überzeugend. Für viele Flugreisen mag das zutreffen, aber ist es wirklich der Regelfall? Wenn ich innerdeutsch fliege, dann in der Regel wegen zeitlicher Restriktionen, die eine Bahnfahrt unattraktiv machen. Muss ich zwei Stunden früher los, kann ich auch gleich Bahn fahren. Die anderen bereits genannten Gründe (gebuchter Flug liegt zeitlich so früh, dass die Nachtruhe gerade noch ausreicht oder knapp nach einem Meeting / nach Ende der Arbeitszeit / nach Ankunft des frühesten erreichbaren Busses bzw. Zugs am Flughafen) kommen noch dazu.
 
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Gulliver

Erfahrenes Mitglied
10.11.2009
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Kerkrade (NL)
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Dann noch die grundsätzliche Frage da ich zumindest bis Montag kein Kommentar zur Hand haben werden werde, behandelen die Kommentare überhaupt den Problemfall einer Verfrühung? mir würde spontan keine Stelle in Erinnerung kommen, Verfrühung und Verspätung gleich zu setzen ist genau fehlerhaft und sinnwidrig wie die Anwenndung der Grundsätze aus dem Pauschalreiserecht. Im übrigen selbst im Pauschalreiserecht wird doch dem Kunden die Möglichkeit zum Vertragsrücktritt eingeräumt.
In welchen Fällen könnte denn eine Verfrühung in der Theorie überhaupt analog zu einer Verspätung behandelt werden? I.d.R. wird doch gerade bei einer Verfrühung der Flugplan aufgegeben und durch einen anderen ersetzt, wobei wir im Bereich der Annullierung und / oder Änderung des Flugplans wären. Aus einem Flugplan ergeben sich ja auch Pflichten für die Fluggesellschaft. Dem Passagier wurde mitgeteilt, dass er sich bis hh:mm Uhr am Gate einfinden muss. Kommt der Passagier dieser Verpflichtung nach, ist der Flug aber schon weg, wäre eher eine Analogie zum Denied Boarding gegeben. Wird aber vorher dem Passagier schon mitgeteilt, dass er sich früher am Gate melden muss, so liegt eine Änderung des Flugplans vor, da die Fluggesellschaft dem Passagier vorschreibt, sich zu einer früheren Zeit als vereinbart am Flughafen zu melden. Bei einer Verspätungsmeldung liegt schon alleine deswegen ein anderer Fall vor, weil der Passagier sich wie vereinbart am Gate einfinden kann und dann eben abwarten muss bis der Flug abhebt. Und für die Wartezeit sind in der EU-VO auch Regelungen getroffen.
Eine Vorverlegung des Fluges im Vorfeld sollte sowieso als Änderung des Flugplans gesehen werden, genau wie eine Verschiebung nach hinten.
Mein Fazit: für eine Verfrühung kann es einfach keine Analogie zu einer Verspätung geben.
 

alinakl

Erfahrenes Mitglied
15.07.2016
4.066
1.557
In welchen Fällen könnte denn eine Verfrühung in der Theorie überhaupt analog zu einer Verspätung behandelt werden?

Nun das musst du den Kollegen "DerSenator" fragen ich finde eine Anologie in diesen Fällen einfach nicht anwendbar.

Insgesamt finde ich es sehr gewagt die Abflugzeiten als unwesentlichen Vertragsbestandteil zu betrachten und kann mir nicht vorstellen dass dies auch gerichtlich bestätigt werden wird.

Ich bleibe daher bei meiner Sichtweise, JEDE Änderung der Abflugzeit stellt eine Annullierung dar, aber man darf sich bei bei kleinen Änderungen wohl nicht beschweren wenn die Rechtssprechung den Fluggesellschaften einen gewissen Spielraum zugestehen.
Ich würde die Grenze dafür bei maximal 45 eher bei 30Minuten sehen, aber drei Stunden wie in den Fällen von Verspätungen sind eindeutig zu viel und würde jede Art von Planungsicherheit für den Reisenden unmöglich machen.

Aber ich werde diese Theorie vor dem LG München I testen und einen neuen Termin für die Ladung als Zeugin am 26.02.2019 zu beantragen, da ich damit rechnen muss dass KLM den Flug KL1796 einfach folgenlos von 14:10Uhr auf 11:40Uhr vorverlegen kann und ich daher dem Termin um 9:15Uhr nicht entsprechen kann. Da dieser Flug bereitslange vor dem Erhalt der Ladung gebucht wurde hätte ich damit eine ausreichende Entschuldigung und Grund zur Terminverlegung.
Mal sehen was dabei heraus kommt.
 
C

cweiss

Guest
Morgen

Der Laden is wirklich sehr sehr lustig, hab die letzten Tage tatsächlich einen Anruf vom Kundendienst auf meinem Fritzbox-AB gehabt. Die Clowns wollten mir jetzt doch noch nen späteren Flug anbieten. Weil sies ja so sehr bedauern das ein früherer Flug nicht geht und ich nicht vielleicht doch mit ihnen fliegen möchte.
Wenn ich mich aber nich die nächsten Tage melde werden sie meinem Wunsch entsprechen und das Storno machen und mir das Geld zurück zahlen.
Lustiges Kasperletheater, ich hab übrigens noch vor Weihnachten das Ding bei Gericht eingeschmissen die Klageantwort ist jetzt auch gestern oder schon vorgestern raus, mal gucken obs weiter geht.
Kann man so nen Anruf eigentlich als Beweis einreichen? is ja in der Fritzbox als Musikdatei gespeichert und die geben ja zu das ich stornieren darf.
 

Stallbewohner

Erfahrenes Mitglied
12.12.2018
286
0
Ob die damit im rechtlichen Sinne anerkannt haben, daß Du stornieren darfst, ist eine andere Frage. Aber Du kannst auf jeden Fall vor Gericht erklären, daß die dir die genannte Nachricht auf den AB gesprochen haben. Dazu einfach einen Zeugen benennen und den Verbindungsnachweis mit deren Tel.nr. vorlegen.
Aber schrobst du nicht eingangs, daß du einen Anwalt hast?
 
C

cweiss

Guest
Ja ich hab nen Anwalt der das macht ich hab eben die Nachricht erst eben entdeckt und den wollt ich deswegen jetzt nicht ausm Bett klingeln.

Aber ich hatte ja gesagt ich sag euch wies weiter geht von daher hab ich es hier rein geschrieben.
 

Airsicknessbag

Erfahrenes Mitglied
11.01.2010
19.860
11.019
Ich sehe keine Probleme darin, die Aufnahme durch Inaugenscheinnahme in Form von Abspielen als Beweismittel in den Prozess einzufuehren.
 

odie

Erfahrenes Mitglied
30.05.2015
7.145
3.062
Z´Sdugärd
Eurowings wird auf der Position stehen, dass eine Vorverlegung zB. im Pauschalreiserecht grundsätzlich keinen Mangel auslöst und auch der BGH einen solchen erst ab wirklich krassen Vorverlegungen bejaht (Von Nachmittag auf Morgens). Außerdem ist die Vorverlegung in der VO EG 261/04 nicht geregelt und eine Analogie mangels bislang höchstgerichtlicher Entscheidungen umstritten. Man kann dafür argumentieren, man kann auch dagegen argumentieren. Und wenn man eine Analogie bejaht, hinsichtlich Annullierung oder Nichtbeförderung, dann ist immer noch ungeklärt, wo die Grenze zur Geringfügigkeit gezogen wird. Und wenn das zumeist subjektiv sich total gestresst fühlende Amtsrichterlein dann die Akte schnell bearbeiten muss, wird er in den Kommentar schauen, wo in Anlehnung an das Sturgeon-Urteil des EuGH die Grenze ab 3 Stunden empfohlen wird. Hat er keine Lust, das dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen, sondern will einfach den Aktenberg abarbeiten, schaut das für Eurowings bei hier etwas über 2 Stunden Vorverlegung schon gar nicht so schlecht aus. Frei nach dem Motto, versuchen kann man es, insbesondere wenn man rechtsschutzversichert ist aka. eine eigene Rechtsabteilung hat und der Gegner oftmals nichts von beidem.

Wäre vielleicht mal wieder an der Zeit einen Aufsatz zu schreiben..

Ich sehe da kein Problem. ICH würde klagen und dem Richter irgendwann mal mitteilen das die Sitzung 2h vorher los geht. Wen er DANACH das ganze nicht so toll findet hast ja schon gewonnen...
 

makrom

Erfahrenes Mitglied
05.09.2016
1.545
388
Ich kann hier ehrlich (mal wieder) nur den Kopf schütteln. Der TE schreibt, dass er die Verlegung als Flugstreichung ansieht. Das mag rechtlich sogar gehen, moralisch finde ich das absolut nicht OK.

Wenn seine Begründung eine dann nicht mehr mögliche Anreise zum Flughafen oder ähnliches wäre, ist sie aber nicht. Seine Begründung ist schlicht und ergreifend die Möglichkeit Geld zu sparen.

Man ärgert sich über das LH/EW Monopol, über teure Flugpreise, schlechten Service usw, kämpft aber mit jedem erdenklichen Mittel um jeden Euro ...

Ganz ehrlich, wenn mir die Airline den Flug verschiebt dann schaue ich, ob und wie sehr es meine Planungen beeinträchtigt. Wenn es nicht all zu fies ist wird es halt akzeptiert.

Wegen einer Verlegung gleich nach billigeren Alternstiven suchen? Finde ich nicht in Ordnung.
Kann das nicht ansatzweise nachvollziehen. Wenn ich etwas anbiete, und dann später feststelle, dass ich dem Käufer das versprochene nicht bieten kann, dann krieche ich bei ihm an und frage lieb, ob er mit einer Alternative einverstanden ist, evtl. incl. Kompensation, und selbstverständlich mit dem Angebot, alternativ auch zurücktreten zu können. Wenn ich Pech habe, muss ich sogar mit Vertragsstrafen und verursachten Folgekosten rechnen.
Wenn an sich die Flugpreise anschaut, sieht man ja sofort, dass praktisch jede Flugzeit einen individuellen Preis hat. 2h früher oder später können schnell 100€ und mehr Preisunterschied ausmachen. Inwiefern soll es dann bitte kein Mangel sein, wenn die Zeiten einfach entsprechend verschoben werden? Wenn ich 100€ mehr bezahle, damit ich um 9:00 statt 7:00 abfliege, und mir dann mitgeteilt wird, dass der Abflug für meinen teureren Flug nun auf 6:30 vorverlegt wurde, soll das moralisch ok sein?
 
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DerSenator

Erfahrenes Mitglied
08.01.2017
6.585
4.241
MUC/INN
Moral hat nicht unbedingt mit Recht zu tun.

"Das Vorhandensein einer Rechtsnorm ist eine Sache; ihre Richtigkeit oder Unrichtigkeit eine andere. Ob sie besteht oder nicht, ist eine Frage; ob sie einer zugrundegelegten Idealvorstellung entspricht, eine andere. Ein bestehendes Gesetz ist auch dann Gesetz, wenn es uns nicht zusagt oder wenn es von dem Kriterium abweicht, nach dem wir unsere Billigung oder Mißbilligung orientieren." (Austin, The Providence of Jurisprudence Determined, Weidenfeld and Nicolson, Library of Ideas, London 1954, S. 184.)

Es geht hier schließlich nicht, wie Du schreibst, um einen "Kauf", sondern um eine Beförderung als wohl besondere Form des Werkvertrags. Ebendem gibt es spezielle Regelungen und dahingehend spezielle Rechtsprechung, d.h. eine einzelfallabhängige oder auch generalistische Rechtsprechung durch Instanz- oder Höchstgerichte. Entsprechend versucht natürlich der Gesetzgeber, in diesem Falle durch das Sekundärrecht der Europäischen Union, der "Mehrheitsvorstellung einer Moral" Befriedigung zukommen zu lassen, indem der "übermächtige Unternehmer" (Airline) dem stets armen, mittellosen Fluggast bestimmte weitergehende Rechte zukommen zu lassen muss, abseits der ländereigenen gesetzlichen Regelung des doch für solche Fälle auch sehr abstrakten Werkvertragsrecht.

Nun kann man sagen, solche Fälle lassen sich freilich über das Werkvertragsrecht, also über eine nationale Regelung, klären und lösen, oder man sagt, das wäre über die entsprechende Verordnung der europäischen Union zu regulieren. Und da geht jetzt bei der Auslegung und der Frage nach der rechtlichen Situation die Vorstellung von Moral, Recht und Gerechtigkeit wieder auseinander, wodurch wir beim obigen Zitat wieder angelangen. Das führt dann zu einer sehr ausführlichen Diskussion über den Rechtspositivismus, der sozialen Wirksamkeit unseres kodifizierten Rechts und der Frage nach einer notwendigen Konnexität von Recht und Gerechtigkeit. Das sprengt nun hier den Rahmen, aber im Ergebnis kann es nie eine solche notwendige Verbindung geben. Denn an das Recht muss stets ein objektiver Maßstab gesetzt werden, während Gerechtigkeit immer etwas subjektives ist.
 

Airsicknessbag

Erfahrenes Mitglied
11.01.2010
19.860
11.019
Radbruch, § 138 und § 242 BGB sehen das anders. Unser Rechtssystem basiert halt gerade nicht auf Rechtspositivismus, sondern, da im Kern immer noch Roemisches Recht, Naturrecht.

Insofern geht Dein Zitat auch fehl - das gilt so nur in einer Common-Law-Welt, in der im Zweifel jeder Richter Recht schafft und so, schwuppdiwupp, dem Positivismus genuege getan ist.
 

Wuff

Erfahrenes Mitglied
01.04.2012
3.145
8
HAM/LBC
Inwiefern soll es dann bitte kein Mangel sein, wenn die Zeiten einfach entsprechend verschoben werden? Wenn ich 100€ mehr bezahle, damit ich um 9:00 statt 7:00 abfliege, und mir dann mitgeteilt wird, dass der Abflug für meinen teureren Flug nun auf 6:30 vorverlegt wurde, soll das moralisch ok sein?

Das ist deswegen moralisch ok, weil du dieser möglichen Änderung bei Vertragsabschluss zugestimmt hast!

AGB von Eurowings:

"
9.1.1 Die Flugzeiten, die in den Flugplänen angegeben sind, können sich zwischen dem Datum ihrer Bekanntmachung und dem tatsächlichen Abflugdatum ändern. Wir können sie Ihnen nicht garantieren.
9.1.2 Bevor wir Ihre Buchung entgegennehmen, werden wir Ihnen die flugplanmäßige Flugzeit, die zu diesem Zeitpunkt gültig ist, mitteilen und sie wird auf Ihrem Flugschein angegeben. Möglicherweise müssen wir die flugplanmäßige Flugzeit nach Übermittlung Ihrer Buchungsbestätigung jedoch ändern. Wenn Sie uns eine Möglichkeit angeben, Sie zu kontaktieren, werden wir uns bemühen, Ihnen solche Änderungen mitzuteilen. Wenn nach Erwerb Ihres Flugscheins eine gravierende, für Sie nicht annehmbare Änderung im Flugplan vorgenommen wird und es uns nicht möglich ist, Sie auf einen entsprechenden anderen Flug umzubuchen, haben Sie in Übereinstimmung mit Artikel 10.2 Anspruch auf eine Rückerstattung des Beförderungsentgeltes"

Ob diese AGB einer rechtlichen Überprüfung standhalten ist eine andere Frage, aber dir geht es ja um Moral und nicht um Recht.

Edit: Weiterhin würde ich bei der moralischen Bewertung differenzieren, ob es bei dem Fall um eine Strecke wie DUS-HAM geht, welche im 2-Stunden Takt geflogen wird (="gravierend"), oder etwa Köln-"Klein Kleckersdorf", wo nur 2x pro Woche geflogen wird und dieser Flug dann 2 Stunden vorverlegt wird (= "nicht gravierend").
 
Zuletzt bearbeitet:

Airsicknessbag

Erfahrenes Mitglied
11.01.2010
19.860
11.019
Die Unwirksamkeit der Klausel ist doch nun seit 35 Jahren ausgekaut.

Das kann ja nun EW auch nicht wissen, was LH damals so an verlustreichen Schlachten geschlagen hat, oder? Das illustriert, wie wenig LH-Know-How in EW steckt. Juristisch offenbar nada.
 

DerSenator

Erfahrenes Mitglied
08.01.2017
6.585
4.241
MUC/INN
Das muss ich jetzt natürlich anders sehen ;)

Du unterscheidest nämlich nicht die unterschiedlichen Formen des Rechtspositivismus, von dem es verschiedene Arten des gibt, nämlich den Gesetzespositivismus und die strikte Bindung an bereits ergangene Gerichtsurteile (Richterrecht des Common Law). Der allgemeine Rechtspositivismus beherrschte vor allem das 19. Jahrhundert und hat daher gerade auch in das BGB Einzug gehalten.

Die Kernthese des Rechtspositivismus besagt, dass der Begriff des Rechts, wie auch Rechtsgeltung, Rechtsgültigkeit, Rechtspflicht und Rechtsverbindlichkeit strikt moralneutral (nicht moralbehaftet) bestimmt werden müssen (sog. Trennungsthese). Das bedeutet also, Recht und Moral sind begrifflich getrennt; zwischen beiden Normenkomplexen besteht kein begrifflich notwendiger Zusammenhang. Gültiges Recht kann demnach als Recht jeden beliebigen, also unter Umständen auch einen extrem unmoralischen Inhalt haben. Ob eine bestimmte, als unmoralisch bewertete Norm unter den Rechtsbegriff fällt oder nicht, ist eine Frage, die ausschließlich nach den Maßstäben einer konkreten Rechtsordnung zu entscheiden ist. (Hoerster, NJW 1986, 2480ff.)

Ohne selbstredend den Einfluss des römischen Rechts zu leugnen, basiert zumindest die ursprüngliche Version des ABGB auf dem Naturrecht, wohingegen auch positives Recht im Zeitalter der Schaffung des (preußischen) BGB knapp 70 Jahre später, aber unter völlig anderen Bedingungen, Einzug gehalten hat. Aber gerade den Weg des Rechtspositivismus geht auch die Radbruchsche Formel: Der Konflikt zwischen Gerechtigkeit und Rechtssicherheit dürfte dahin zu lösen sein, dass das positive Recht auch dann den Vorrang hat, wenn es inhaltlich ungerecht und unzweckmäßig ist. Es sei denn, dass der Widerspruch zur Gerechtigkeit ein so unerträgliches Maß erreicht hat, dass das Gesetz als „unrichtiges Recht“ der Gerechtigkeit zu weichen hat. Daher hat sich dem Trend auch die zweite deutsche Großmacht angeschlossen und letztlich in ihren Novellierungen 1914-1919 positivistische Änderungen im ABGB vorgenommen.Wir bewegen uns also durchaus im Bereich des positiven Rechts, sofern wir kein derart unerträgliches Maß der Ungerechtigkeit erreicht haben. Gerade hierzu haben wir unsere Korrekturvorschriften.

Natürlich scheitert eine rein gesetzespositivistische Rechtsanwendung in der Praxis oft, wenn kein Rückgriff auf zusätzliche gesellschaftliche Werte und Vorstellungen erfolgt. Auch wenn die Beschränkung auf eine rechtspositivistische Rechtsanwendung letztlich illusionär ist, sollte man hingegen den Gesetztespositivismus nicht gänzlich abwerten und auf Teufel komm raus dem Naturrecht den Vorzug geben. Denn dieses weist eine erhebliche Unvollständigkeit und große Unsicherheit bei der Interpretation auf. Zwar lässt die antipositivistische Haltung bei der Rechtsauslegung und Rechtssprechung Flexibilität und durchaus auch (gerade in der heutigen Zeit) einen Fortschrittsgedanken zu, doch es kann auch sein, dass gerade dieser Antipositivismus im Falle neugeschaffener und in die Zukunft weisender Gesetze fortschrittliche und moderne Entscheidungen durch konservative Wertvorstellungen verhindert.

Eine mögliche und auch sinnvolle Lösung, gerade im Sinne der "Radbruchschen Formel" von einer strikt positivistischen Rechtsanwendung Abstand zu nehmen, gelingt durch die Erkenntnis dass das positive Recht häufig durch überpositive bzw. naturrechtliche Wertvorstellungen geprägt ist, es daher im Sinn dieser Wertvorstellungen ausgelegt werden muss. Soweit dies gelingt, ist die Anwendung des positiven Rechts dann keine Alternative zu ethisch-philosophischer Gerechtigkeit. Es ist Aufgabe der Rechtswissenschaft zu versuchen, beide Bereiche miteinander zu verbinden. Die Verbindung zwischen überpositivem Recht und positivem Recht wird in unserer Rechtsordnung vor allem durch das Grundgesetz geschaffen, das viele naturrechtliche Wertvorstellungen in positives Recht umsetzt, z. B. in den Grundrechten. So kann Art. 1 GG, nach dem die Wurde des Menschen unantastbar ist, nur verstanden werden, wenn man auf naturrechtliche Vorstellungen zurückgreift. Aber gerade das Privatrecht basiert auf dem Gedanken des Rechtspositivismus und hat durch die Vorstellungen im Reich ab der Mitte der 1870er Jahre die früheren Naturrechtslehren durchaus auch verdrängt. Letztlich findet der Rechtspositivismus dann die bekannten Schranken durch die zivilrechtlichen Korrekturen, die sodann dem römischen Rechtsgedanken entsprechen.
 

DerSenator

Erfahrenes Mitglied
08.01.2017
6.585
4.241
MUC/INN
Dem Amtsrichter wird das wumpe sein, weil er nach Erledigungen bezahlt wird und sich keine vertieften Gedanken dazu machen wird.

Es geht hier auch nicht um den kurzen Gedankengang des RiAG, sondern um eine Diskussion zu Recht & Moral, die von markom ausgegangen ist, vgl. die Ausführungen von Wuff.
Der Gedankengang des RiAG ist freilich ein völlig anderer und wurde hier auf 4 Seiten bereits ausführlich diskutiert.
 

flyglobal

Erfahrenes Mitglied
25.12.2009
5.604
505
Mein nicht juristischer Ablauf.

EW hat die Flugzeiten verändert.

Der OP hat diese Änderung nicht angenommen, sieht Ticket als annulliert an und erwartet Rückerstattung.

Rückerstattung kommt nicht, daraufhin hat er die Abbuchung rückgängig gemacht.

Die 'Buchführung' sieht völlig unabhängig, nicht wissend dass das Ganze wegen Planänderung zustande gekommen ist eine unzulässige Stornierung und übergibt das der Rechtsabteilung.

Diese macht ihren Job und klagt erst mal ohne weitere Rückfragen.

Erst nachdem der OP seinen Widerspruch angekündigt hat nimmt sich jemand den gesamten Vorgang vor und bringt das mit der Flugzeitenänderung zusammen.

Daraufhin kommt es dann erst nochmal zu dem Alternativangebot. Stand jetzt.

Ich gehe davon aus, dass nach Ablehnung des späteren Fluges die Klage zurückgezogen wird.

Flyglobal
 
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makrom

Erfahrenes Mitglied
05.09.2016
1.545
388
Das ist deswegen moralisch ok, weil du dieser möglichen Änderung bei Vertragsabschluss zugestimmt hast!

AGB von Eurowings:

"
9.1.1 Die Flugzeiten, die in den Flugplänen angegeben sind, können sich zwischen dem Datum ihrer Bekanntmachung und dem tatsächlichen Abflugdatum ändern. Wir können sie Ihnen nicht garantieren.
9.1.2 Bevor wir Ihre Buchung entgegennehmen, werden wir Ihnen die flugplanmäßige Flugzeit, die zu diesem Zeitpunkt gültig ist, mitteilen und sie wird auf Ihrem Flugschein angegeben. Möglicherweise müssen wir die flugplanmäßige Flugzeit nach Übermittlung Ihrer Buchungsbestätigung jedoch ändern. Wenn Sie uns eine Möglichkeit angeben, Sie zu kontaktieren, werden wir uns bemühen, Ihnen solche Änderungen mitzuteilen. Wenn nach Erwerb Ihres Flugscheins eine gravierende, für Sie nicht annehmbare Änderung im Flugplan vorgenommen wird und es uns nicht möglich ist, Sie auf einen entsprechenden anderen Flug umzubuchen, haben Sie in Übereinstimmung mit Artikel 10.2 Anspruch auf eine Rückerstattung des Beförderungsentgeltes"

Ob diese AGB einer rechtlichen Überprüfung standhalten ist eine andere Frage, aber dir geht es ja um Moral und nicht um Recht.

Was für einen Sinn ergibt so eine Klausel denn, wenn der Anbieter selbst sich solche zeitliche Unterschiede ansonsten ordentlich bezahlen lässt? Also Erkaufe ich mir durch den Aufpreis für einen Flug zu einem bestimmten Zeitpunkt einfach eine etwas größere Chance, tendenziell eher zu diesem Zeitpunkt fliegen zu können? Geht ja geradazu Richtung Glücksspiel.
Hätten die Anbieter fixe Preise für bestimmte Zeitspannen, wären Verschiebungen innerhalb dieser Zeitspannen diesbezüglich nicht anrüchig, aber so bedeutet das ja tatsächlich, dass sich die Airline ein Recht einräumt, Tickets zu teureren Preisen zu verkaufen, und dann das Timing der billigeren Flüge zu liefern.
 
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