Schlaraffenland wäre zwar schön, aber ich denke, wir sind uns einig, daß es das nicht gibt. Das bedeutet, daß wir als Gesellschaft arbeiten müssen, nicht nur, um uns Wohlstand leisten zu können, sondern um das blanke Überleben zu sichern. Woher nun nimmt ein Einzelner die Dreistigkeit, zu sagen, "die Anderen müssen arbeiten, ich aber nicht". Damit wären wir doch genau bei der von Dir kritisierten Zwangsarbeit angelangt: Andere müssen arbeiten, um Einzelnen den Müßiggang zu ermöglichen? Da finde ich es wesentlich sozialer, die (arbeitsfähigen) Müßiggänger notfalls auch zu zwingen, für ihren Lebensunterhalt auch selbst etwas zu leisten. Wohlgemerkt, für ihren eigenen Lebensunterhalt.
Das kannst Du ja nicht ernst meinen, daß es in Ordnung ist, Menschen zu zwingen, für Andere zu arbeiten, aber es nicht in Ordnung ist, sie zu zwingen, für sich selbst zu arbeiten.
Es wird ja niemand dazu gezwungen zu arbeiten, jeder Mensch, der dies im Sinne einer Tätigkeit als Arbeiter, Angestellter, Selbstständiger, Unternehmer, Beamter etc. ausübt, macht dies freiwillig, insbesondere auch Arbeitnehmer, welche eben freiwillig einen Arbeitsvertrag unterschreiben bzw. unterschrieben haben.
Jeder dieser Menschen hat dazu Gründe und Motive, angefangen bei finanziellen Vorteilen ggü. der Grundsicherung durch Hartz IV, über Aspekte der gesellschaftlichen Anerkennung, Spaß an der Tätigkeit, soziale Einbettungen bis hin zu Abstrakta wie Selbstverwirklichung. Es wird also insoweit niemand gezwungen (!) für andere zu arbeiten, sondern es ist die je individuelle Entscheidung der jeweiligen Personen dies zu tun.
Ferner geht es auch nicht um das Schlaraffenland für Arbeitsverweigerer, sondern um ein Anrecht auf Leben (Ernährung, Hygiene, Obdach etc.) in Würde in dieser Gesellschaft, gepaart mit der Anerkenntnis, dass Menschen eben auch als soziokulturelle Wesen ein Anrecht auch auf Teilhabe an der Gesellschaft (Bildung, Sport, Partizipation an kulturellen Ereigneissen, Mediennutzung etc.) haben. Und dazu braucht jeder Mensch eine ausreichende finanzielle Grundversorgung, auch wenn er nicht arbeitet.
Der Großteil der Hartz-IV-Empfänger steht doch der Arbeitsvermittlung gar nicht zur Verfügung. Nicht, weil sie nicht arbeiten wollen, sondern weil Ausschluß-Gründe vorliegen (Gesundheit, Alter, Jugend, Versorgung von Familienangehörigen)
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Nochmals: Bei 1200 Mrd. jährlicher staatlich verordneter Zwangsumverteilung, davon 645 Mrd. Sozialleistungen, besteht wohl derzeit kaum die Gefahr, daß die Grundsicherung unterschritten wird.
Und damit kommen wir der Sache schon deutlich näher, es geht eben nicht um die von dir genannten Riesensummen, sondern schlicht um eine relativ kleine Zahl an Hartz-4 Empfängern, denen auf Basis von Sanktionen aus dem SGB II die Unterstützung unter (!!!) das Existenzminimum gekürzt wird, wenn Sie u.a. angebotene sog. "zumutbare" Arbeitsplätze ablehnen.
Siehe dazu hier u.a. einen Kurzbericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit:
http://doku.iab.de/kurzber/2010/kb1010.pdf
Menschen unter 25 Jahren wird die Leistung aus Hartz IV schon bei Abbruch einer banalen Qualifizierungsmaßnahme zu 100 % gestrichen !!! Dazu ein Zitat aus dem o.g. Bericht:
Jüngeren wird die Regelleistung nicht nur wie bei Älteren um zunächst 30 % gekürzt, sondern für maximal drei Monate ganz gestrichen (§ 31 Abs. 5 SGB II). Beispiel: Eine Hilfebedürftige mit höchster Regelleistung (359€) bricht ein Bewerbungstraining ohne wichtigen Grund ab. Ist sie 24Jahre alt, werden die 359€ komplett gestrichen; ist sie 25 Jahre alt, erhält sie den um 30% gekürzten Betrag in Höhe von 251,30€. Miete und Heizkosten werden während der Sanktion weiter erstattet, meist direkt an die Vermieter/-innen. Sachleistungen (etwa Lebensmittelgutscheine oder Kleidung) können auf Antrag gewährt werden.
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Im Wiederholungsfall werden bei Jüngeren seit Januar 2007 auch die Kosten für Unterkunft und Heizung nicht mehr erstattet.
Menschen ab 25 Jahren aufwärts wird bei Weigerung der Annahme eines Arbeitsverhältnisses der Hartz IV-Satz um 30 % gekürzt, bei einer zweiten Ablehnung um insgesamt 60 % !!!!
Und du behauptest allen Ernstes, dass hier keine Gefahr besteht, dass "die Grundsicherung unterschritten wird" ??? Sie wird unterschritten, ständig, wenn auch bei einem eher kleinen Personenkreis insgesamt, aber gerade deshalb ist es ja auch so verwerflich - weil eben die finanziellen Einsparungen (abzgl. der bürokratischen Kosten dafür) sehr überschaubar, die Folgen für die Betroffenen aber verheerend sind !