Jetzt wird die Diskussion interessant und lösungsorientiert. Gibt es eh nicht für jeden Arbeitslosen einen Arbeitsplatz? Selbst bei den klassischen Beschäftigungsverhältnissen wird es in Zukunft aufgrund der Bevölkerungsentwicklung eher noch schwieriger werden als es heute schon ist geeignete Nachbesetzungen zu finden, gerade für den Mittelstand.
Dementsprechend tue ich mich schwer, zu sagen es gäbe eh nicht genug Arbeit. Der Vorschlag von Einsparungen bei Bürokratieaufwand im Sozialbereich ist aber schon deshalb interessant. Denn wenn dieser große Personalkörper nicht mehr so sehr mit Sozialbürokratie gebunden wäre, würden nicht nur Kosten gesenkt, sondern dieses Personal würde dem Stellenmarkt für wirklich wertschaffende Arbeitsplätze zur Verfügung stehen (mal abgesehen von der Frage, ob das Personal im öffentlichen Dienst da sofort uneingeschränkt zu gebrauchen sei oder nicht).
Aber was soll das dann sein? Ist das dann schon defacto ein 'antragsgebundenes bedingungsloses Grundeinkommen', wenn Missbrauch nicht mehr geahndet und stattdessen mit deutlich geringerem Personalaufwand "nur noch qualifiziert wird"?
Anstelle aller anderen Leistungen (auch Rente) in Gesamthöhe der bisherigen Sozialetats inkl. Personal- und Strukturkosten wär ich gespannt, ob das in der Praxis funktioniert oder scheitert. Auf jeden Fall würde es die Arbeitswelt und Arbeitsbedingungen signifikant zu Gunsten der Arbeitnehmer verändern, da ein noch größerer Wettbewerb um sie bestünde.
Ich glaube man muss zwei Sachen unterscheiden: 1. Grundsicherung ist an Bdürfnis gekoppelt. Hier wird selbstverständlich weiter geprüft [diese Prüfung kann aber auch deutlich entbürokratisiert werden] - es wird also etwas gegen Missbrauch getan. Das dieser nie zu 100% ausgeschlossen werden kann, liegt glaub ich in der Natur der Sache 2. Daneben gibt es den kleinen Anteil an Leute die Sozialhilfe beziehen und offensiv sagen: Ich sitze 24/7 auf der Couch sollen die anderen doch bezahlen. Der Großteil der Unmotivierten geht aber brav zu allen Maßnahmen ist da unmotiviert wie sonst auch und kriegt den Job nicht.
Das gegen Missbrauch nichts getan wird bzw. das ich oder andere das fordern ist damit nicht korrekt. Missbrauch von Sozialleistungen liegt da vor, wo jemand eine bekommt ohne bedürftig zu sein. Es gibt damit auch überhaupt kein "antragsgebundenes BGE", denn die Bedürfnisprüfung exisitert weiter. Ob ein BGE funktioniert ist eine völlig andere Frage; ich hab da so meine Zweifel, aber wissen tut's niemand.
Bleibt also der große Rest von Leuten die entweder grundsätzlich arbeiten wollen [aber kein Arbeitsplatz finden] oder Krank sind. Da gibt es die körperlich kranken, die können halt nicht arbeiten und die psychisch kranken, viele von denen Leute, die "Verlernt" haben morgens aufzustehen und ihren Tag vernünftig zu organisieren. Da kann man was machen. Nun gebe ich dir Recht, dass im öffentlichen Dienst eine Reihe von Schnarchnasen unterwegs sind. Gerade in den Arbeitsämtern arbeitet aber eine nicht zu unterschätzende Masse von Leuten, die soziale Arbeit, Erziehungswissenschaft oder ähnliches studiert haben bzw. eine Ausbildung in dem Bereich haben. In den letzten Jahren sind extra vermehrt solche Leute eingestellt worden. Eigentlich wären die super geeignet, Leute zu qualifizieren: [Und damit würden sie - wie von dir zu Recht gefordert - auch vernünftig tätig]. Leider sind diese Leute derzeit ausschließlich mit Bürokratie beschäftigt.
Viele machen sich einfach falsche Vorstellugen von dieser Kontrolle: Da "zwingt" man nicht mal eben schnell paar Leute zur arbeiten. Es müssen alle Sozialhilfempänger angeschrieben, kontrolliert, überprüft, wieder angeschrieben. Das ganze ist mittlerweile so komplex, dass die Arbeitsämter dabei auch noch am laufenden Band Fehler produzieren. Dann kommt noch der Aufwand für die Klagen dazu (die übrigens meist nicht mutwillig sind, 2/3 der Klagen vor Sozialgerichten sind erfolgreich, verglichen mit allen anderen Rechtszügen eine Traumquote für die Kläger).
Daher war meine Überlegung: Lass uns doch diesen Teil [nicht die Bedürfnisprüfung, die muss nur entbürokratisiert werden] weglassen, und die motivierten MAB im Arbeitsamt die motivierten Arbeitslosen qualifizieren. Natürlich mach ich aus einem Realschulabsolventen keinen Raketentechniker [daher wird das das Problem im Mittelstand auch nur teilweise lösen, für mehr Ingenieure muss ich die Studienbedingungen verbessern] aber ich kann ihnen beibringen ihren Tag so zu organisieren, dass sie arbeiten können und ihnen notwendige (zB EDV) Kenntnisse vermitteln. Übrigens genau das wofür ein Soziale Arbeit Student/Ausgebildeter ausgebildet wurde!
Im Übrigen (bezieht sich jetzt nicht auf deinen Post direkt) gibt es weniger Arbeitsplätze als Arbeitslose: Sockelarbeitslogikeit ist nun mal (leider) Fakt, einfach mal den Volkswirtschaftsbericht oder jede andere Quelle lesen. Die genaue Zahl schwankt natürlich nach konjunktureller Lage, etc. Ich hätte es auch lieber anders, aber vor diesem Hintergrund zu sagen: Jeder kann einen Arbeitsplatz finden ist irreführend. Natürlich kann jeder einen Arbeitsplatz finden, aber eben nicht alle. Genauso wie jeder Millionär werden kann, aber eben nicht alle!