Da ich seit 15 Jahren keinen Fernseher besitze, habe ich von den hier kritisierten Dingen eigentlich nichts mitbekommen. Die Meldungen im Forum bestärken mich, dass der TV-Verzicht die richtige Entscheidung war.
Kollektive Trauer ist natürlich scheinheilig, denn trauern kann man nur um jemanden, dessen Tod eine Lücke reißt. Je größer diese Lücke, umso größer die Trauer. Menschen, die man nicht kannte und von denen man bis dato nie gehört hat, reißen keine Lücke, was echte Trauer per se ausschließt, wenn sie nicht scheinheilig wirken soll.
Anders verhält es sich mit der Anteilnahme gegenüber denen, die von diesem schrecklichen Unglück selbst betroffen sind und somit trauern. Darum geht es auch bei all den öffentlichen Bekundungen – man setzt ein Zeichen gegenüber den Betroffenen und sagt ihnen: Wir lassen euch mit eurer Trauer nicht allein. Ob das den Betroffenen wirklich hilft? Vermutlich ist das individuell verschieden. Aber der Gedanke zählt.
Ist das Ganze irgendwie auch ungerecht, etwa gegenüber den Abertausenden von einzelnen Menschen, die in Deutschland jedes Jahr "normale" Verkehrstote, Grippeopfer oder Opfer von Verbrechen zu betrauern haben, denen jedoch keine kollektive Anteilnahme zugute kommt, denen keine Bundeskanzlerin schnelle Hilfe verspricht und die keinen Zuspruch von der Fußballnationalmannschaft erfahren? Sicherlich. Aber so ist nun einmal der Lauf der Welt – Betroffenheit und Anteilnahme messen sich immer auch am Ausmaß und Sensationswert der sie auslösenden Katastrophe. Die Nachrichtenwerttheorie, deren Erkenntnisse und Gesetze die mediale Aufarbeitung dieses Unglücks bestimmen, gilt auch für den Umfang und die Natur der öffentlichen Anteilnahme.