Den Plausibilitätscheck bei Sensoren baut man als erfahrener Embedded Entwickler automatisch mit ein. Wir wissen: Was kaputt gehen kann, wird kaputt gehen.
Ganz so einfach ist es nicht. Wie ich schon gesagt habe, wenn ich die Funktion von Komponente X kenne, wenn ich weiss, das Komponente X kaputt gehen kann, dann weiss ich (systematisch) dass ich die Funktion verlieren kann. Dagegen kann ich mit Redundanz, Selbsttest, Plausibilitätscheck etc. angehen.
Ich weiss aber nicht (systematisch, bei allen Komponenten) auf welche Art und Weise sie kaputt gehen kann, und welche weiteren Effekte ausser dem Verlust der Funktion das noch haben kann. Dazu braucht es extrem viel Erfahrung und Phantasie, und es braucht vor allem ein Gesamtüberlick über das ganze Flugzeug, um alle denkbaren Verknüpfungen mit anderen Systemen und alle möglichen externen Einflußgrößen zu identifizieren.
Mal abgesehen davon sagen wir in der Luftfahrt, "Was kaputt gehen kann, wird mit der Wahrscheinlichkeit X kaputt gehen". Abhängig von Auswirkung und X kann das akzeptablel sein, für eine katastrophale Auswirkung (=Verlust des Flugzeugs, viele Tote) akzeptieren wir einen Ausfall pro Milliarde Flugstunde, für gefährliche Auswirkung (schwerverletzte, potentiell einzelne tote) akzeptieren wir einen Ausfall pro 10 Millionen Flugstunden.
Offenbar hat sich Boeing sowohl bei der Auswirkung, als auch bei der Eintrittswahrscheinlichkeit grob verschätzt. Kann vorkommen, sollte aber eigentlich nicht.
Erfahrung läßt sich halt nur durch Erfahrung ersetzen. Und wenn dem Boeing Management Erfahrung halt zu teuer ist, dann kommt sowas dabei heraus wie jetzt.
Deshalb hat früher der Gesetzgeber Zwangserfahrung der Behörde vorgeschrieben... Wenn das den Staaten heute zu teuer ist (sowohl erfahrene Ingenieure vorzuhalten, als auch sie wirklich tief in die Materie einzubinden), dann kommt sowas heraus wie jetzt oder wie bei den Dreamliner Batterien.
Ein Flugzeug, insbesondere mit PAX, muss immer durch die Piloten beherschbar bleiben.
Frommes Wunschdenken.
Immer ist kein technischer Begriff sondern im wahrsten Wortsinne eine Utopie.
Nichts im Leben kann man 100% beherrschen, die Kunst ist die Anzahl der 9en bei 99.999..... % zu maximieren. Dazu dürfen weder im Engineering noch bei Management oder Politik Nullen sitzen.
Ich würde ja sagen: Ein Flugzeug, auch mit PAX, muss immer vom Computer beherrschbar bleiben. Insbesondere, wenn der Mensch versagt.
Siehe oben, ansonsten: und umgekehrt. Es muss auch vom Mensch beherrschbar sein, wenn der Computer versagt.
Genau deshalb sind Computer in der Luftfahrt relativ rudimentär programmiert, damit man die Piloten für alle möglichen Ausfallszenarien trainieren kann.
Leider hat Boeing der Automatisierung und dem autonomen Fliegen mit der halbgaren, intransparenten Umsetzung des MCAS einen Bärendienst erwiesen.
Ich hoffe im Gegenteil!
Boeing hat noch mal allen Beteiligten aufgezeigt, dass der Weg zu Automatisierung und zum autonomen Fliegen kein Selbstläufer ist, sondern extrem sorgfältig mit extrem viel Sachverstand erfolgen muss.
Jeder Fehlschlag ist eben auch eine Chance für die Zukunft zu lernen, und ich hoffe sehr dass dieser Fall noch mehr Leuten die Augen geöffnet hat.
Wie sagte schon vor einigen Jahrzehnten ein älterer Kollege von der Royal Air Force : "flying is for the birds " !
Oder wie ein anderer Humorist als Satire auf einen weisen Spruch sagte: "The early worm is for the birds".
Wer immer neue Technologie einführt, verbrennt sich erstmal die Finger, und oft genug profitieren die die später kommen davon.
Das Boeing hier nichts von den Problemen gelernt hat die Airbus mit der Einführung von FBW gemacht hat, spricht nicht für die Firma.