Es mag sein, dass die Ethiopian Piloten nicht optimal reagiert haben, aber Boeing hat hier mehrfach derart fahrlässig konstruiert und gehandelt, wie ich es in der zivilen Luftfahrt nicht zu träumen gewagt hätte. Das ist fast schon absurd.
Zu der hier diskutierten (relativ sinnfreien) Schuld- und Haftungsschieberei:
Das ist auch der Grund, warum juristisch Boeing dafür den Kopf wird hinhalten dürfen, da beißt die Maus keinen Faden ab. Sie haben das Verschulden ja schon zugegeben und das macht $AMIKONZERN normal erst dann, wenn es eh unausweichlich ist.
Allenfalls könnte
zusätzlich die Airline haften, aber die genießen erstmal eine Haftugsbegrenzung nach dem Montrealer Übereinkommen in der Region 100 T € und um den hier diskutierten Zusatzbeitrag zum Schadenseintritt kann man lange streiten, wobei allerdings die Beweislast tatsächlich eher Richtung Airline geht.
Nach dem deutschen
Produkthaftungsgesetz greift in jedem Fall die Haftung von Boeing, etwaiges Mitverschulden wie im Straßenverkehr dürfte im vorliegenden Fall uninteressant sein. Der Flieger ist eine bewegliche Sache, also "Produkt", es kam zu Körperverletzungen mit Todesfolge, die Voraussetzung für Anwendung des ProdHaftG sind also erfüllt, und dann gilt:
"1) Ein Produkt hat einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere a) seiner Darbietung, b) des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, c) des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde, berechtigterweise erwartet werden kann."
Kadi sagt:
"Das Produkt ist gemäß § 3 ProdHaftG fehlerhaft, wenn es aufgrund eines Konstruktionsfehlers, Fabrikationsfehlers oder Instruktionsfehlers nicht die Sicherheit bietet, die der Verbraucher legitimerweise erwarten darf (BGH NJW 1995, 2161)."
MCAS hat das Flugzeug gemäß Diagramm am Ende in den Boden gerammt, das war der finale Todesstoß, da braucht man über alles andere ("hätte, Wette, Fahrradkette") nicht mehr reden. Darf es nicht, kann man erwarten, dass es das nicht tut, hat Boeing sogar zugegeben, dass es fehlerhaft ist. Das reicht. Da MCAS schon einmal Unheil angericht hat, dürfte auch die Produzentenhaftung greifen.
Eine entsprechende Klage in Deutschland würde Boeing mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verlieren. Wenn, ja, wenn das Gericht
zuständig ist. Haftungsminderung nach §6 greift hier nicht, da der Geschädigte, also der Passagier, sicher nicht mitgewirkt hat. Haftungsbegrenzung 85 Mio. €.
In den USA werden sie vor einer Jury auch Pech haben, die interessieren derlei "klein-klein" Gegenrechnungen gewöhnlich herzlich wenig. Da kommt die weinende Mom und die Kids, die ihren Familienvater verloren haben, dazu eben auch die Tatsache, dass MCAS niemals hätte eingreifen dürfen und dass jeder Gutachter sagen wird, dass es konsruktiv grob fahrllässig ist, den Eingriff nur an einem AoA Sensor festzumachen, dazu auch das Eingeständnis, Schuldspruch, fertig aus. Da wurden schon Unternehmen für viel weniger Mitschuld zu vollem Schadenersatz verurteilt.
Der
Knackpunkt ist ein ganz anderer:
Es wird ein ziemliches Gezicke um die Zuständigkeit der Gerichte sowie die Höhe des Schadens je Person gehen, da höre ich schon, dass das Leben in Afrika doch billig sei.
Und außerdem haben US-Gerichte, die sonst gerne die Zuständigkeit an sich ziehen, in der Luftfahrt wohl durchaus die Tendenz, das Gegenteil zu tun, sich also für nicht zuständig zu erklären:
https://www.americanbar.org/groups/...ismiss-aviation-cases-jurisdictional-grounds/
Zudem: Punitive Damages gibt es in Illinois bei Todesfällen für die Angehörigen ohnehin nicht.