10. März 2019: Ethiopian 737 MAX crash

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cockpitvisit

Erfahrenes Mitglied
04.12.2009
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3.044
FRA
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Da ist halt die große Frage, ob es möglich ist, elektrisch zu trimmen, wenn es schon mechanisch nicht geht.

Mir ging's weniger um die allerletzte Aktion bei deutlich überhöhter Geschwindigkeit, sondern um Betätigungen der elektrischen Trimmung nach dem 1. und nach dem 2. MCAS-Eingriff, die beide viel zu kurz waren, um die Maschine wieder auszutrimmen (Druck von dem Steuerknüppel zu nehmen). Die elektrische Trimmung (auch Richtung Nose Up) hat zu diesen Zeitpunkten nachweislich funktioniert, was auch die Grafik zeigt.
 
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ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
842
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Mir ging's weniger um die allerletzte Aktion bei deutlich überhöhter Geschwindigkeit, sondern um Betätigungen der elektrischen Trimmung nach dem 1. und nach dem 2. MCAS-Eingriff, die beide viel zu kurz waren, um die Maschine wieder auszutrimmen (Druck von dem Steuerknüppel zu nehmen). Die elektrische Trimmung (auch Richtung Nose Up) hat zu diesen Zeitpunkten nachweislich funktioniert, was auch die Grafik zeigt.

Das ist das Thema Schulung: Da gehört(e) (wird eh softwaremäßig geändert) klargestellt, dass die Schalter das MCAS übersteuern, und daher, solange es noch geht, die Methode elektrisch-austrimmen, dann sofort cutout, wohl die beste ist. Solange wie es eben noch mit Drehzahl geht und nicht das Drehmoment alles diktiert.

Aber ganz ehrlich: Das hat Fa. Boeing so richtig klar (inkl. technischem Hintergrund) da auch nicht da reingeschrieben und kommuniziert, dreimal darfst Du raten, warum. Da hätten sie sich komplett lächerlich gemacht. Das ist halt das Problem, wenn $SALES die Kommunikation diktiert. Vermutlich haben sie aber auch selber nicht geahnt, dass dann am Ende gar keine Trimmung in solcher Situatiion mehr geht, sonst gehörte das dick umrandet.
 

ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
842
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War das nicht genau das, was die Indonesier gemacht haben? Der Kaptein von JT 610 sogar 21-mal erfolgreich?
Nicht ganz, man muss die Trimmung hart bis Neutral durchziehen (also beide Schalter gedrückt lassen, um MCAS keine Chance zu geben!) und dann sofort den Strom per cutout abstellen, weil sonst das Dreckssystem wieder reinspuckt. Das nicht so wirklich klipp und klar da reinzuschreiben, sondern irgendwie als Zwischenpunkt, und zu fordern, die Crew müsse es genau so machen ("den Nippel durch die Lasche ziehn"), damit sie nicht in eine Luftnotlage geraten, das kann es aber irgendwie auch nicht sein. Zudem ist nicht klar, was wann noch ging.
 

mayday

Erfahrenes Mitglied
15.02.2018
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Nicht ganz, man muss die Trimmung hart bis Neutral durchziehen (also beide Schalter gedrückt lassen, um MCAS keine Chance zu geben!) und dann sofort den Strom per cutout abstellen, weil sonst das Dreckssystem wieder reinspuckt.

Wie ich schon oben schrieb, sind für den Cutout nach elektr. Trimmung 5 Sekunden Zeit laut Manual.

Und ich gebe dir recht, es ist alles gesagt, nur noch nicht von jedem ;-)

Nach dem ersten Bericht glaube ich, dass Boeing wegen der Abstürze juristisch keine allzu großen Konsequenzen wird fürchten müssen, da das Manual einen Pfad aufgezeigt hat, der den Absturz hätte verhindern können, namentlich:

Control the aircraft pitch manually with control column and main electric as needed

Ob es insgesamt sinnvoll ist, den Piloten in Krisensituationen so stark zu belasten, dass er tausende logische Schlussfolgerungen ziehen muss, an der richtigen Stelle ziemlich schnell im Manual nachschlagen muss, zig Memory Items im Kopf haben muss usw., darf natürlich bezweifelt werden.

Wie ich sagte, es hätte theoretisch einen den Absturz verhindernden Pfad gegeben, aufgrund der GESAMTKOMPLEXITÄT eines modernen Flugzeugs kann es jedoch vorkommen, dass der ein oder andere Pilot es aufgrund von (vollkommen nachvollziehbarem) Stress/Überlastung/Reaktionszeit/menschlichem Versagen es nicht schafft, diesen Pfad rechtzeitig zu durchlaufen.

Ausreichend Zeit haben indes die Ingenieure bei Boeing, und deswegen plädiere ich dafür, bei unweigerlich immer komplexer werdenden Fliegern mehr Computer einzusetzen, die den Piloten entlasten und menschliche Fehler zu reduzieren, so wie es jetzt etwa mit den Software Updates in diese Richtung geht. Diese können, so sie denn logisch richtig programmiert sind, und das war bisher nicht wirklich der Fall (nur ein AoA-Signal)) schneller das Problem identifizieren und entsprechend Handeln als ein Pilot.
 

Langstrecke

Erfahrenes Mitglied
31.08.2013
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LEJ
So langsam wirken für mich so manche Beiträge recht merkwürdig.

Ähnlich so: "Fahren sie mit ihrem KFZ auf der Autobahn und müssen bremsen, dann tun sie dieses bitte mit der Fußbremse. Funktioniert diese Bremse nicht, dann lesen sie bitte im Manuel Seite 56, Punkt 5.3 ff und handeln danach. Alternativ hierzu könne sie die Hilfskraft der Feststellbremse nutzen, um die Geschwindigkeit zu reduzieren. Halten sie sich an diese Anweisung, kommt ihr Fahrzeug zum stehen". Wer auf Seite 56, Punkt 5.3 ff angekommen ist, kann folgendes lesen"Vater unser, der du bist......."

So, oder so ähnlich lesen sich die letzten Beiträge für mich.
 

cockpitvisit

Erfahrenes Mitglied
04.12.2009
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Ähnlich so: "Fahren sie mit ihrem KFZ auf der Autobahn und müssen bremsen, dann tun sie dieses bitte mit der Fußbremse. Funktioniert diese Bremse nicht, dann lesen sie bitte im Manuel Seite 56, Punkt 5.3 ff und handeln danach. Alternativ hierzu könne sie die Hilfskraft der Feststellbremse nutzen, um die Geschwindigkeit zu reduzieren.

Vollkommen richtig! Wenn die Fußbremse nicht funktioniert, dann schaltet man herunter und bremst mit dem Motor, bremst mit der Handbremse, und - wenn es sein muss - mit der "Blechbremse" am Straßenrand. So hat man es mir damals in der Fahrschule beigebracht - Dir nicht? :eek:

Selbst bei einem Fahrrad sind bei uns zwei voneinander unabhängige Bremsen vorgeschrieben, und vom Radfahrer wird natürlich erwartet, dass er beim Bremsversagen auf die alternative Bremse ausweicht.

Und genauso wird von einem Piloten erwartet, dass er bei technischen Problemen auf alternative Steuermethoden ausweicht. Die Maschine bei einem technischen Versagen sicher herunter zu bringen ist eine der Hauptaufgaben der Piloten in heutiger Zeit. Das haben ET-Piloten trotz der vorhandenen Möglichkeiten nicht geschafft, auch wenn die Hauptschuld am Absturz wohl bei Boeing liegt.

Der Bericht zeigt ganz klar, dass die Piloten das per-Hand-Fliegen in einer Stresssituation nicht beherrscht haben, sie haben weder die Geschwindigkeit noch die Trimmung unter Kontrolle gehalten.
 
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mayday

Erfahrenes Mitglied
15.02.2018
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So langsam wirken für mich so manche Beiträge recht merkwürdig.

Ähnlich so: "Fahren sie mit ihrem KFZ auf der Autobahn und müssen bremsen, dann tun sie dieses bitte mit der Fußbremse. Funktioniert diese Bremse nicht, dann lesen sie bitte im Manuel Seite 56, Punkt 5.3 ff und handeln danach. Alternativ hierzu könne sie die Hilfskraft der Feststellbremse nutzen, um die Geschwindigkeit zu reduzieren. Halten sie sich an diese Anweisung, kommt ihr Fahrzeug zum stehen". Wer auf Seite 56, Punkt 5.3 ff angekommen ist, kann folgendes lesen"Vater unser, der du bist......."

So, oder so ähnlich lesen sich die letzten Beiträge für mich.

Ich gebe dir recht. Ein Verkehrsflugzeug IST eine komplexe Maschine, nicht allzu weit weg von Raketenwissenschaft. Und Je komplexer die Gerätschaften werden (z.B. Segelflugzeug -> Motorsegler -> Ultraleicht -> Piston Engine Aircraft -> Complex Aircraft -> Turboprop -> Multi Engine Aircraft -> Kleiner Jet -> Verkehrsflugzeug -> Superheavy -> Space Shuttle -> Mondsonde, whatever) desto höher werden die Anforderungen, so ein Gerät führen zu können (Segelfliegen kann man ab 14 Jahren beginnen, für eine CPL braucht man schon mehr Nachweise, für Verkehrsflugzeuge jahrelanges Training, aufwendige Typeratings usw., und die Chance, Astronaut zu werden, ist ohne Doktortitel und Hochbegabung praktisch gleich Null).

Möglicherweise sind in den letzten Jahren (ob des wachsenden Luftverkehrs?) Fähigkeiten / Ausbildung von Verkehrspiloten und Anforderungen moderner Verkehrsflugzeuge auseinandergedriftet? Ich denke schon, und fordere daher entweder mehr Schulung, oder besser mehr Computerunterstützung.
 
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longhaulgiant

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22.02.2015
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In der heutigen Weekend FT wird John Cox, Pilot und CEO von Safety Operating Systems zitiert. Er sagt, die korrekte Geschwindigkeit sei wohl eingestellt gewesen, aber sie merkten nicht, dass die Autothrottle nicht arbeitet.

Da hätte ich gleich die nächste Frage: wieso hätte Auto Throttle da überhaupt arbeiten sollen? Entweder ich habe es verpasst oder es war mir als wäre der A/P nie aktiviert worden. Sonst hätte auch MCAS nicht zugeschlagen.
 

wideroe

Erfahrenes Mitglied
13.01.2011
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Der Bericht zeigt ganz klar, dass die Piloten das per-Hand-Fliegen in einer Stresssituation nicht beherrscht haben, sie haben weder die Geschwindigkeit noch die Trimmung unter Kontrolle gehalten.

Also laut Stellungnahmen von echten Experten (zB Björn Fehrm - Pilot, Ingenieur) ist es
- lege artis, bei Stick Shaker und fehlerhafter IAS-Anzeige (die aus den veröffentlichten Daten erkennbar ist) nichts am Schub zu verändern.
- kannst Du in niedriger Höhe bei hoher Geschwindigkeit nur sehr kurz trimmen, weil in diesem Szenario das Flugzeug auf jeden Trim-Input hypersensibel reagiert

Und wie Fehrm betont:
"It’s easy to say “Why didn’t they trim then?”. Because they are going down at 20 degrees nose down (which is a lot, a normal landing approach is 3°) and at 400kts. Then you just pull for all you have. And the aircraft is not reacting to the largest Control Column displacement since takeoff. This makes them pull even harder, the aircraft is unresponsive and they are fighting for theirs and all the passenger lives.
 

Herr Bierwurst

Erfahrenes Mitglied
27.03.2011
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1) Boeing konstruiert ein Flugzeug, welches in einer vulnerablen Phase des Fluges droht, aus dem normalen Steigflug in eine Stall-Situation zu geraten.

2) Um dies zu verhindern, wird signifikant in die Höhenrudertrimmung, und damit die Steuerung des Flugzeugs eingegriffen. Das Nose-Down Signal kann wiederholt für bis zu 9 Sekunden scheinbar ohne Prüfung der Sinnhaftigkeit aktiviert werden. Der einzige Input für dieses automatische Manöver ist eine einzige AOA Sonde. Der Eingriff in die Trimmung ist um ca. den Faktor 4 größer, als initial geplant und an die FAA kommuniziert.

3) Dieser Eingriff kann nicht selektiv ausgeschaltet werden, es kann nur die gesamte Elektrik der Höhenrudertrimmung abgestellt werden, womit dann auch die elektrische Trimmung am Steuerhorn nicht mehr funktioniert. Eine manuell Trimmung ist aber ggf. wegen der wirkenden Kräfte nicht möglich

4) Das MCAS System wurde bis zum ersten fatalen Unfall geheim gehalten, d.h. die Piloten hatten praktisch überhaupt keine Informationen, auf denen basierend sie sinnvoll hätten eingreifen können.

5) Nach dem ersten Absturz wurde MCAS öffentlich gemacht, und eine Handlungsanweisung für die Piloten herausgegeben. Trotz der Anweisungen, und obwohl Stab Trim Runaway trainiert wird und ein memory item ist, konnten die Ethiopian Piloten die Maschine nicht retten, was noch einmal dokumentiert, wie gefährlich dieses System ist, bzw. wie gefährlich das Flugzeug sein kann, wenn es in eine bestimmte Fluglage kommt.

Es mag sein, dass die Ethiopian Piloten nicht optimal reagiert haben, aber Boeing hat hier mehrfach derart fahrlässig konstruiert und gehandelt, wie ich es in der zivilen Luftfahrt nicht zu träumen gewagt hätte. Das ist fast schon absurd.
 

borni81

Erfahrenes Mitglied
24.04.2011
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Ich finde das irgendwie.....drollig in einer merkwürdigen Art :eek: Da sind überall Experten incl den Menschen die diesen Unfall untersuchen und sprechen die Piloten von Schuld frei,
und hier kommen selbsternannte Superexperten Boeing Fanboys an und versuchen irgendwie eine Schuld zu konstruieren die man dann doch irgendwie versuchen kann den Piloten in die Schuhezu schieben um sein Boeing Weltbild nicht zu verlieren.....

Extrem traurig den diese Piloten sitzen jetzt gerade nicht vor ihren Rechner und stöbern im Internet :( sie haben ihr Leben verloren genau wie ihre Passagiere weil das Flugzeug eben nicht das gemacht hat was es sollte ! Finde es echt Respektlos was hier zum Teil steht !

PS:Ich werde in diesen Thema nichts mehr schreiben (und ja ich halte mich auch an diese Aussage) mir wird schlecht wenn ich einiges hier lese :mad:
 
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cockpitvisit

Erfahrenes Mitglied
04.12.2009
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- kannst Du in niedriger Höhe bei hoher Geschwindigkeit nur sehr kurz trimmen, weil in diesem Szenario das Flugzeug auf jeden Trim-Input hypersensibel reagiert
Diese Behauptung wird durch den Bericht widerlegt.

Bei 05:40:30 wurde vom Piloten ganze 10 Sekunden lang getrimmt, und damit den 2. MCAS-Eingriff komplett rückgängig gemacht (siehe Grafiken auf der Seite 26). Dabei hat die Maschine überhaupt nicht "hypersensibel" reagiert, sondern hat dieselbe Fluglage behalten. "Pitch Attitude" ist gleich geblieben (schwarze Linie auf der Grafik), die rechte AoA-Anzeige ist gleich geblieben, es gab auch keinerlei ungewöhnliche Beschleunigungen zu diesem Zeitpunkt (siehe Grafiken auf der Seite 27). Der Pilot hat lediglich die Kraftanwendung am Steuerknüppel reduziert ("Ctrl Column Pos-L"), genau wie es beim Trimmen sein soll.

Warum soll es plötzlich nicht möglich gewesen sein, weitere 10 Sekunden lang zu trimmen und so eine stabile Fluglage zu erreichen?
 
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cockpitvisit

Erfahrenes Mitglied
04.12.2009
5.348
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Ich finde das irgendwie.....drollig in einer merkwürdigen Art :eek: Da sind überall Experten incl den Menschen die diesen Unfall untersuchen und sprechen die Piloten von Schuld frei,

Hast Du vielleicht Beweise, dass Experten (vor allem die, die den Unfall untersuchen) die Piloten "von Schuld frei sprechen"? Mich würden insbesondere Expertenmeinungen interessieren, die sich auf den nun bekannten vorläufigen Bericht stützen. Danke :)
 
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Micha1976

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09.07.2012
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Bei 15:45 sagt der erfahrene Pilot klar und deutlich, dass das Nichtbefolgen der Runaway Trim Prozedur durch die Crew das Schicksal der Maschine besiegelt hat.


Na ja, auch wenn vorher erwähnt wird, dass die Prozedur vorsieht, die Schalter auf off zu lassen, heißt es an der von dir gemeinten Stelle „may have sealed“, nicht „has sealed“.
 

concordeuser

Erfahrenes Mitglied
01.11.2011
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Hamburg
.....Da sind überall Experten incl den Menschen die diesen Unfall untersuchen und sprechen die Piloten von Schuld frei,
und hier kommen selbsternannte Superexperten Boeing Fanboys an und versuchen irgendwie eine Schuld zu konstruieren die man dann doch irgendwie versuchen kann den Piloten in die Schuhezu schieben um sein Boeing Weltbild nicht zu verlieren.....

Extrem traurig den diese Piloten sitzen jetzt gerade nicht vor ihren Rechner und stöbern im Internet :( sie haben ihr Leben verloren genau wie ihre Passagiere weil das Flugzeug eben nicht das gemacht hat was es sollte ! Finde es echt Respektlos was hier zum Teil steht !

PS:Ich werde in diesen Thema nichts mehr schreiben (und ja ich halte mich auch an diese Aussage) mir wird schlecht wenn ich einiges hier lese :mad:

DANKE - kann ich nur unterschreiben.
Schade dass aus einem lange Zeit sehr ernsthaften Thread eine Diskussion geworden ist, in der nun BOEING SPINNER ihr Süppchen kochen
 
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Autumla

Erfahrenes Mitglied
30.07.2013
1.913
133
GRZ
Vielleicht sollten manche aber auch nur unterscheiden lernen zwischen

a) einer mMn unnötigen Diskussion den Piloten bei einem so vermurkstem Design die alleinige Schuld in die Schuhe zu schieben und
b) einer legitimen Diskussion, ob es für die Piloten doch einen Weg gegeben hätte, das Flugzeug in der Luft zu halten

Und ich sehe den Großteil über b) diskutieren, da das vermurkste Design von Boeing sowieso mittlerweile recht offensichtlich ist, inklusive Eingeständnis von Boeing selbst.

Wir könnten aber natürlich auch den letzten Punkt noch 100 Seiten lang wiederholen, wenn sich Leute dadurch besser fühlen.....
 

ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
842
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Es mag sein, dass die Ethiopian Piloten nicht optimal reagiert haben, aber Boeing hat hier mehrfach derart fahrlässig konstruiert und gehandelt, wie ich es in der zivilen Luftfahrt nicht zu träumen gewagt hätte. Das ist fast schon absurd.

Zu der hier diskutierten (relativ sinnfreien) Schuld- und Haftungsschieberei:

Das ist auch der Grund, warum juristisch Boeing dafür den Kopf wird hinhalten dürfen, da beißt die Maus keinen Faden ab. Sie haben das Verschulden ja schon zugegeben und das macht $AMIKONZERN normal erst dann, wenn es eh unausweichlich ist.

Allenfalls könnte zusätzlich die Airline haften, aber die genießen erstmal eine Haftugsbegrenzung nach dem Montrealer Übereinkommen in der Region 100 T € und um den hier diskutierten Zusatzbeitrag zum Schadenseintritt kann man lange streiten, wobei allerdings die Beweislast tatsächlich eher Richtung Airline geht.

Nach dem deutschen Produkthaftungsgesetz greift in jedem Fall die Haftung von Boeing, etwaiges Mitverschulden wie im Straßenverkehr dürfte im vorliegenden Fall uninteressant sein. Der Flieger ist eine bewegliche Sache, also "Produkt", es kam zu Körperverletzungen mit Todesfolge, die Voraussetzung für Anwendung des ProdHaftG sind also erfüllt, und dann gilt:
"1) Ein Produkt hat einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere a) seiner Darbietung, b) des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, c) des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde, berechtigterweise erwartet werden kann."
Kadi sagt:
"Das Produkt ist gemäß § 3 ProdHaftG fehlerhaft, wenn es aufgrund eines Konstruktionsfehlers, Fabrikationsfehlers oder Instruktionsfehlers nicht die Sicherheit bietet, die der Verbraucher legitimerweise erwarten darf (BGH NJW 1995, 2161)."

MCAS hat das Flugzeug gemäß Diagramm am Ende in den Boden gerammt, das war der finale Todesstoß, da braucht man über alles andere ("hätte, Wette, Fahrradkette") nicht mehr reden. Darf es nicht, kann man erwarten, dass es das nicht tut, hat Boeing sogar zugegeben, dass es fehlerhaft ist. Das reicht. Da MCAS schon einmal Unheil angericht hat, dürfte auch die Produzentenhaftung greifen.

Eine entsprechende Klage in Deutschland würde Boeing mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verlieren. Wenn, ja, wenn das Gericht zuständig ist. Haftungsminderung nach §6 greift hier nicht, da der Geschädigte, also der Passagier, sicher nicht mitgewirkt hat. Haftungsbegrenzung 85 Mio. €.

In den USA werden sie vor einer Jury auch Pech haben, die interessieren derlei "klein-klein" Gegenrechnungen gewöhnlich herzlich wenig. Da kommt die weinende Mom und die Kids, die ihren Familienvater verloren haben, dazu eben auch die Tatsache, dass MCAS niemals hätte eingreifen dürfen und dass jeder Gutachter sagen wird, dass es konsruktiv grob fahrllässig ist, den Eingriff nur an einem AoA Sensor festzumachen, dazu auch das Eingeständnis, Schuldspruch, fertig aus. Da wurden schon Unternehmen für viel weniger Mitschuld zu vollem Schadenersatz verurteilt.

Der Knackpunkt ist ein ganz anderer:

Es wird ein ziemliches Gezicke um die Zuständigkeit der Gerichte sowie die Höhe des Schadens je Person gehen, da höre ich schon, dass das Leben in Afrika doch billig sei.

Und außerdem haben US-Gerichte, die sonst gerne die Zuständigkeit an sich ziehen, in der Luftfahrt wohl durchaus die Tendenz, das Gegenteil zu tun, sich also für nicht zuständig zu erklären:
https://www.americanbar.org/groups/...ismiss-aviation-cases-jurisdictional-grounds/

Zudem: Punitive Damages gibt es in Illinois bei Todesfällen für die Angehörigen ohnehin nicht.
 

ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
842
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Allerdings, an einem Punkt wird Boeing gewaltig etwas tun müssen:

Keiner wird mehr 737MAX fliegen wollen, wenn sie nicht transparent, gründlich, umfassend, überzeugend usw. darlegen, dass alle möglichen Sicherheitsprobleme auf Seiten des Herstellers, die zu den beiden Abstürzen mit beigetragen haben, vollständig und auf einem hohen Sicherheitsniveau behoben sind.

Das "Softwareupdate" hat seit VW und den missratenen Windows Updates einen sehr schalen Beigeschmack. Bei "hmm, vielleicht geht es auf den Motor" oder "Mist, der PC bootet schon wieder" gibt es eine gewisse Toleranz, wenngleich der Hals da auch schon dick ist.

Wenn es um das eigene Leben geht, verstehen die Leute keinen Spass. Und da ist es auch völlig schnurzegal, ob Boeing die FAA oder sonstwen überzeugt, das Grounding aufzuheben, wenn die Passagiere die 737MAX boykottieren.

Mich persönlich werden sie nur mit einem MCAS Softwareupdate alleine nicht überzeugen, das braucht es auch. Aber genau so ist meiner Meinung nach die Schwäche bei der Ansteuerung des Stabelizers in schwierigen Fluglagen elektrisch/hydraulisch/mechanisch durch eine bauliche Veränderung zu beheben. Punkt. Sonst können mir Flugtickets mit dem Teil gestohlen bleiben. :no:
 

Rookie2014

Erfahrenes Mitglied
28.07.2014
1.081
165
Die Sicherheitsachen sind noch im Backlog und wurden wegen der neuen Absturz User-Storys nicht hoch genug priorisiert.

Stellvertretend für alle Kommentare dieser Art:
Ich empfinde diese Form von Humor, Kommentierung oder was es auch sein soll als abstoßend unmoralisch in Anbetracht der Opfer.
 
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Airsicknessbag

Megaposter
11.01.2010
21.958
16.156
Vielleicht sollten manche aber auch nur unterscheiden lernen zwischen

a) einer mMn unnötigen Diskussion den Piloten bei einem so vermurkstem Design die alleinige Schuld in die Schuhe zu schieben und
b) einer legitimen Diskussion, ob es für die Piloten doch einen Weg gegeben hätte, das Flugzeug in der Luft zu halten

Und ich sehe den Großteil über b) diskutieren, da das vermurkste Design von Boeing sowieso mittlerweile recht offensichtlich ist, inklusive Eingeständnis von Boeing selbst.

Sehr richtig. Diskussion b) kann zu dem Ergebnis kommen, dass es den Piloten theoretisch moeglich gewesen waere, den Absturz zu verhindern (genauso, wie "Sully" theoretisch noch Teterboro haette erreichen koennen), dass ihre Handlungen somit (mit-!)ursaechlich fuer den Absturz waren. Dass sie daran aber nicht schuld sind und somit nicht verantwortlich gemacht werden koennen. Also gerade kein "Blame Game".

"Bjorn's Corner" nennt dieses "Sie konnten nicht anders": "Task saturation". Wozu dann auch passt, dass JT 43 mit Dreimanncockpit und freien Denkkapazitaeten gerettet werden konnte.

Und mandala499 (indonesischer Unfallermittler) schreibt bei a.net:

"I think the AD was badly worded that caused pilots reading it, to think, "OK I'll cut it off immediately"... and then lower down, it says, "you may use electric trim to reduce the load forces" (or something like that)... BUT HECK! YOU TOLD ME TO CUT IT OFF !!!!

The lack of emphasis to retrim the aircraft prior to cutting out the stab trim within the AD's wording and content structure, is my guess as being the culprit."

Er macht also letztlich wieder Boeing, dieses Mal nicht den Hersteller, sondern den AD-Verfasser, verantwortlich dafuer, dass die von den Piloten geforderten Handlungen zu sehr von hinten durch die Brust ins Auge waren und dass sie deshalb nur theoretisch aber nicht praktisch das Flugzeug wieder unter Kontrolle bekommen konnten.