RCS, gute Argumentation: Lufthansa hat es in der Vergangenheit geschafft, mit der Strahlkraft von Miles&More eine grosse Zahl von Kunden an Lufthansa zu binden. Die Diskussion, warum Lufthansa es sich leisten kann, immer weiter in der Kabine zu sparen und immer noch im Butter&Brot-Geschaeft mit einer nicht mehr ganz wettbewerbsgerechten Business Class (aka "Die Rutsche") durch die Gegend zu fliegen, hat selbstverstaendlich damit zu tun, dass die Benefits des Programms im Vergleich zu Mitbewerbern unheimlich gut waren. Die Rabatte, die Lufthansa ausgereicht hat, waren grosszuegig und genau das hat Lufthansa so erfolgreich gemacht.
Von Yield Management bis Bonusprogamm ist Lufthansa aber ueber die Jahre ein Patchwork geworden, das nicht mehr ganz passt und in der Tat Shareholder Value nicht optimieren kann. Da haben ueber die Jahre viele Manager geschlafen und Fallstricke der eigenen Entscheidungen nicht erkennen wollen - in jedem Fall haben Sie Quartalsergebnisse aufgehuebscht, indem sie Kasse gemacht haben und ausser Acht gelassen haben, was sie mit ihren Versprechen an Zukunftsverbindlichkeiten aufbauen. Dass, was Lufthansa jetzt wieder zurechtruecken will und muss, ist aus eigenen Fehlern entstanden. Lufthansa hat also schon einmal Ergebnisse aufgehuebscht und jetzt sich wieder vor den Kunden zu stellen und zu verlangen, dass man doch bitte Verstaendnis haben muss, weil die Lufthansa doch Geld verdienen muesse, entbehrt einer besonderen Komik nicht.
Darf Lufthansa jetzt also losziehen und mit der Heckenschere das Programm zusammenstutzen?
Duerfen Sie. Es gibt ja so etwas wie Wettbewerb und Mitbewerber und wenn Lufthansa kuenftig den Exec-Bonus, den Companion Awards, die Minimum-Meilen auf der Kurzstrecke streicht und sich andere "Nettigkeiten" einfallen laesst, geht das objektiv betrachtet voellig in Ordnung. Vielleicht finden Kunden 6.000-EUR-Tickets in Business-Class dann nicht mehr so interessant und fliegen mit einer anderen Airline - aber diese Konsequenzen wird das Management bei seinen Entscheidungen beruecksichtigen und einfliessen lassen.
Darf Lufthansa also bei der Umstellung von Miles&More machen, was Sie wollen?
Duerfen Sie nicht. Bei Miles&More gibt es zwei Vertragspartner: Lufthansa und den Kunden. Und Vertragsbedingungen, festgelegt in den Teilnahmebedingungen. Die Interessen von Lufthansa und die Interessen der Kunden sind gegenlaeufig: Lufthansa moechte mit dem Programm moeglichst wenig Kosten haben, der Kunde moeglichst viel/billig fliegen. Alle Massnahmen, die vorwaerts gerichtet sind, sind objektiv betrachtet in Ordnung: Lufthansa beschliesst, ab 1. Januar nur noch 100% Meilen in allen Klassen zu geben. Das ist eine Massnahme, die mir nicht gefallen muss und Lufthansa beschneidet mich in keinen Rechten: Ich kann ja immer noch von A nach B fliegen und wenn ich das nicht mehr mit Lufthansa machen will, kann ich mein Ticket kuendigen und mit einer anderen Airline fliegen. Eine solche Aenderung beruecksichtigt als das berechtigte Interesse beider Parteien.
Anders verhaelt es sich aber, wenn die Airline rueckwirkende Leistungen beschneiden will: Lufthansa hat an ihre Kunden 198.000.000.000 Meilen ausgegeben. Diese Kunden haben Tickets (lassen wir das Partnergeschaeft hier mal aussen vor) erworben, in der Annahme, dass Lufthansa ihnen dafuer versprochene Leistungen zur Verfuegung stellt. Und da ein Flug nicht reicht, um an eine Praemie zu gelangen, muss ich wieder und wieder mit Lufthansa fliegen. Und nun ueberlegt sich Lufthansa, dass die Leistungsversprechen vielleicht ein bisschen zu grosszuegig waren und das korrigiert werden muss. Solche Aenderungen unterliegen Regeln. "Treu und Glauben", "Inhaltskontrolle", "Interessenabwaegung", "berechtigtes Interesse" etc.
Quo vadis, Miles&More?
Auch unter der Annahme, dass Veraenderungen im Vielfliegerprogramm Miles&More unabwendbar sind, so muss auch im Auge behalten werden, dass Lufthansa eine ganze Reihe von "Baustellen" hat: Dr Franz hat selbst die beiden Geldfresser benannt: Europa-Netzwerk und grosse und zu teure Administration. Miles&More Benefits zu beschneiden, ist einfacher - weil keiner schreit. Ist halt so. Da kann ich mit dem Rasenmaeher druebergehen, da muss ich kein Fair Play beachten, Kommunikation - wozu? Es gibt keine Interessenlobby, die Gegenwind gibt, die Vielflieger sind verstreut und unorganisiert. Protest? Vielleicht ein paar Schreiben an den Vorstand, die werden von der laechelnden Dame im Vorzimmer abgelegt. Quartalsergebnis gerettet, alles gut! Und wenn beim naechsten Ergebnis wieder ein paar Millionen fehlen? Dann legt die Dame im Vorzimmer einen neuen Ordner an: Beschwerden, Miles&More, 2012.