Interessant wie einige hier überhaupt nicht verstehen wollen, was das Urteil bedeutet. Im Übrigen wurde der Kollege in erster Instanz freigesprochen. Also zwei Richter, zwei Urteile. Weiter gehts.
Das Schlimmste an so einem Urteil ist einfach, dass man als Lotse (oder ein Pilot) nie wieder unsaubere Situationen melden werden. Das bedeutet, es ist nichts passiert, alles gut gegangen, aber es hätte jedem passieren können. Vielleicht kein Arbeitsfehler, vielleicht haben alle Netze gegriffen. Niemand wird aber ein persönliches Erlebnis mehr veröffentlichen, aus Angst vor Verurteilung. Vorfälle, die gemeldet werden müssen, sind sicherlich ausgeschlossen.
Aber niemand wird aus der Erfahrung und den Erlebnissen eines anderen lernen und profitieren können. Chance vertan, und zwar völlig unnötig. Sicherheit verringert, ohne Sinn!
Hier wird ab sofort jegliche Möglichkeit vertan, die Sicherheit zu verbessern. Weil sich niemand mehr trauen wird, offen zu seinen Fehlern zu stehen und sie mit allen anderen zu teilen. Jeder könnte daraus lernen, aber das wird nicht mehr passieren. Man könnte vor Gericht landen.
Das ist just culture (einfach mal googeln) - lernen aus Fehlern und vor allem Erfahrungen. Diese teilen, sich austauschen, Gefahrenquellen ausschließen und es besser machen. Ein Prinzip der Luftfahrt. Und einer der Hauptgründe, weshalb Luftfahrt trotz der Geschwindigkeit und der technischen Entwicklungen so verdammt sicher geworden ist. Man lernt aus Fehlern, aus unrunden Situationen. Man macht es öffentlich und jeder kann daraus lernen. Wichtig!
Sehr wichtig! Melden ohne Angst vor Bestrafung. Dieses Prinzip wird hier auf den Kopf gestellt. Und vertut damit Chancen um es das nächste Mal besser zu machen.
An alle Zweifler: was meint ihr, was ein Pilot oder auch ein Lotse in der nächsten blöden Situation macht? Richtig, genau nichts, es für sich behalten. Lerneffekt = 0. Wer gewinnt? Niemand! Und im nächsten Flieger sitzt ihr.
Um es klar und deutlich zu machen: wer bewusst oder absichtlich gegen Regeln verstößt, soll bestraft werden. Das ist auch richtig!
Aber Arbeitsfehler, die im Stress passieren? Also bitte. Seid ihr alle perfekt? Bestimmt... Nicht.
Fahrt ihr alle 50 km/h in der Stadt? Bestimmt... wenn ihr darüber geblitzt werdet, müsst ihr euch demnächst dafür verantworten, dass es ja schlimm ausgehen könnte. Vor Gericht. Es hätte ja sein können, dass ihr jemanden umfahrt.
Hier versucht sich jemand zu profilieren, einen Präzedenzfall zu schaffen. Und am Ende wird kein Mensch im System Luftfahrt profitieren. Zu den ganzen Sicherheitsnetzen gehört nicht nur ein großzügiger Mindestabstand, doppelter Boden und viele technische Hilfsmittel. Es gehört auch ein offener und ehrlicher Umgang mit Fehlern oder Situationen. Damit Lotse, Pilot und alle Beteiligten lernen. Damit so etwas nicht mehr passiert.