Meine Reise in die Concorde

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Martin.Berlin

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07.07.2010
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TXL
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Danke concordeuser für den super Bericht.
Finde mich in vielen Punkten selber wieder: 1977 das erste Mal dienstlich geflogen, das damalige Gefühl war einfach unbeschreiblich. Bin sehr gespann, wie es weitergeht. MB
 
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01.11.2011
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Fortsetzung 13

Als Kind armer Eltern war das Fliegen lange Zeit immer etwas ganz besonderes für mich, auch wenn die Entwicklung der Luftfahrt zum Massentransportmittel in den 1970ern und 1980ern schon begonnen hatte. 1970 war die 747, der Jumbo-Jet, in Dienst gestellt worden und in Großbritannien versuchte sich seit Ende 1977 Freddie Laker mit dem Skytrain, seiner Flotte von DC 10 Maschinen, an der ersten europäischen Billigfluggesellschaft. Die Faszination Fliegen, das Fliegen selbst und das Unterwegssein, das Verlassen des Erdbodens, der Sieg über die Schwerkraft und der Duft der großen weiten Welt hatten mich gepackt. Fliegen und Mobilität sollten für lange lange Zeit zu einem Teil meines Lebens werden. Unterwegs, wenn ich etwas Zeit an Flughäfen totschlagen musste, kaufte ich mir immer häufiger Luftfahrt Magazine und blätterte darin herum. Langsam wusste ich mehr über Flugzeuge und Luftfahrt als der Durchschnittsreisende.

Die meisten meiner Flüge in den 1970ern und 1980ern waren Strecken wie Hamburg – München - Berlin – Düsseldorf – Köln – Berlin. Häufiger ging es auch nach London, mit entweder Linienflügen nach Heathrow oder weiteren Städtereisen mit Danair zu dem schmuddeligen und chaotischen Flughafen Gatwick. In London war ich noch an einem Forschungsprojekt der Universität Hamburg beteiligt und meine Freundin und ich verbrachten mehrere Urlaube und Städtereisen in England. Meistens saß ich in einer B 727, B 737, dem A 300 oder einer DC 9 und seiner Derivate wie der MD 81. Dazu Exoten wie B 707, die bei der Lufthansa noch zwischen Hamburg und Frankfurt unterwegs war, und der BAC1-11. Gelegentlich war ich auch in Paris, Amsterdam, Zürich, Wien und Skandinavien. Dazu machte ich in den 1980ern zwei Reisen in die UdSSR nach Moskau und Leningrad. So lernte ich die IL62 sowie Tupolew 134 der Interflug kennen. Ein obskurer Transitbus brachte mich, meine Freundin und andere Interflug-Passagiere jedes Mal durch dunkle Umwege von Westberlin nach Schönefeld, wo es dann losging. Verglichen mit der heutigen globalisierten Welt und den heutigen günstigen Reisemöglichkeiten war meine Flüge eher Piffkram, aber für die damalige Zeit intensive Vielfliegerei.


Ständig entwickelte ich mein Wissen über die dirty Tricks weiter, um mit Airline-Tickets herum zuspielen, um für mich das Optimum an Sighseeing und Stopover herauszuholen. Ich fand es spannend außerhalb Deutschlands unterwegs zu sein. Mein Wissen über vergrößerte sich kontinuierlich. Bis Ende der Neunziger konnte man in den damaligen Tickets der IATA das bereits erwähnte Potential an Extrameilen für Umwege und Zwischenlandungen nutzen. Es ging sogar soweit, dass ich berufliche Tickets gegen kleine Zuzahlungen etwa nach Bergamo umschreiben ließ, um nach dem beruflichen Anlass noch etwas durch Europas interessante Städte zu gondeln, ohne je nach Bergamo zu kommen. Das Stichwort hieß damals Imaginary Fare Construction Point. Ebenso lernte ich später alles über Graumarkt- und Schwarzmarkt-Tickets und Flugscheine aus Weichwährungsländern. Und alles war legal. Es war wie dreidimensionales Schachspielen, auf einer Reise möglichst viel zu sehen und zu erleben.

Ich war relativ ungebunden und gerne unterwegs. Warum sollte ich einen Tag in München oder Hamburg verbringen, wenn ich mich auch in London oder Paris aufhalten konnte? Und ein Flug von Paris nach Hamburg war eben spannender wenn man unterwegs umstieg, und dies statt in Frankfurt in einer der großen Metropolen tat. Uns sei es nur für drei Stunden, um einen Kaffee zu trinken, eine fremde Sprache zu hören und herum zugucken. Eine kurze und verunglückte Affäre mit einer Stewardess, wie die Ladys der Lüfte damals hießen, hatte mein Interesse noch vergrößert. Anfangs glaubte ich noch, es wären die schönsten und klügsten, die im Himmel arbeiteten.
 
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Fortsetzung 14

In den Zeitungen hatte ich auch vom Fortschritt beim Bau der Concorde gelesen, aber noch beschäftigte mich dieses Thema nicht. In welchem Flugzeug ich saß, Themen der Luftfahrt, Flugzeuge, Airline-Business interessierte mich zwar, aber an einen Flug in der Concorde zu denken, wäre so gewesen als würde ich von einem Job bei der NASA träumen. Mir vorzustellen, ich würde einmal damit fliegen können, kam mir nicht in den Sinn. Es war ja auch nicht realistisch vom Paradies auf Erden oder von einem Treffen mit Mick Jagger oder John Lennon zu Träumen, von Bob Dylan gar nicht zu reden.

1947 hatte es mit Chuck Yeager in der Bell X-1 den ersten Überschallflug der Menschheit gegeben und zu einer Vielfalt militärischen Überschallgeräten geführt. Am 2.März 1969 erfolgte der Erstflug der Concorde als ziviles Passagierflugzeug mit einer Dauer 29 Minuten. Danach begann ein Jahrelanges Testflugprogramm. Mit einer Reisegeschwindigkeit von 2.158 km/h und einer Höchstgeschwindigkeit von 2.179 km/h konnte die Concorde mit mehr als doppelter Schallgeschwindigkeit fliegen. Dienstgipfelhöhe 18.300 flog sie in Reisegeschwindigkeit etwa ein Drittel bzw. 6 Kilometer höher als herkömmliche Passagierjets, am Rande der Stratosphäre. In Flughöhe konnte sie Mach 2,45 erreichen, also knapp die 2,5 fache Schallgeschwindigkeit. Der Treibstoffverbrauch betrug 25.280 Liter pro Stunde. Dieses Flugzeug war eigentlich nichts anderes als ein fliegender Tank.


 
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Fortsetzung 15

Der technologische Wettbewerb des Kalten Kriegs spiegelte sich auch im Prestigeduell um den Bau eines zivilen Passagier-Überschallflugzeugs. 1962 hatten GB und Frankreich den Bau der Concorde vereinbart, 1963 wurde in der Sowjetunion das Konstruktionsbüro Tupolew mit der Konstruktion eines entsprechenden Jets beauftragt. Am 31.12.1968 hatte die Tu-144 ihren Erstflug. Ihr Aussehen mit einem Delta-Flügel und die Flugparameter ähnelten der Concorde, Viele Gerüchte besagten, die Sowjetunion hätte in den Konstruktionsbüros den Concorde heftig spioniert, den Wahrheitsgehalt kann ich nicht beurteilen.

Der technologische Wettbewerb des Kalten Kriegs zwischen Ost und West spiegelte sich auch im Bau eines zivilen Passagier-Überschallflugzeugs. 1962 hatten GB und Frankreich den Bau der Concorde vereinbart, 1963 wurde in der Sowjetunion das Konstruktionsbüro Tupolew mit der Konstruktion eines entsprechenden Jets beauftragt. Es hatte Erfahrung sowohl im Bau von militärischen Überschallflugzeugen als auch im Bau großer Passagiermaschinen wie der Tu-104, Tu-114 und Tu-124.

Am 31.12.1968 hatte die Tu-144 ihren Erstflug. Ihr Aussehen mit einem Delta-Flügel und ihre Flugparameter ähnelten der Concorde. Viele Gerüchte besagten, die Sowjetunion hätte in den Konstruktionsbüros den Concorde heftig spioniert, den Wahrheitsgehalt kann ich nicht beurteilen.


 
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Fortsetzung 16

Auch die Boeing Company plante in den 1960ern auf Veranlassung der US-Regierung ein ziviles Überschallflugzeug, die SST 2707. Es sollte verhindert werden, dass amerikanische Fluggesellschaften bei den Europäern die Concorde kaufen. America first ist ja keine Erfindung der Gegenwart. Obwohl 1970 bereits 122 Bestellungen eingesammelt waren, wurde das Projekt 1971 eingestellt. Der Überschallverkehr wurde als unrentabel eingeschätzt.

Eine informative Doku zu den amerikanischen Überschall-Projekten

 
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In der aktuellen oder letzten Ausgabe der Aerointernational ist auch ein ganz netter Artikel über die Concorde. Dieses Jahr hat sie schließlich ihr 50 Jähriges seit dem Erstflug der F-BTSD

Offensichtlich bin ich nicht der Einzige, der im Jahr des 50. Jubiläums des Erstflugs von seinem Flug erzählt. :)


aber ich möchte dem, was noch kommen soll, nicht vorgreifen
 

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Fortsetzung 17

Ergänzt werden muss aber, dass das amerikanische Überschallprojekt auch deshalb eingestellt wurde, weil im Haushalt mit dem Apollo Raumfahrtprogramm und dem endlos schmutzigen Krieg in Vietnam bereits extrem teure Projekte vorhanden waren.

Die Luftfahrtshow in Paris 1973 sollte zu einer großen Verkaufsmesse für Concorde und Tu-144 werden, die sich immer noch der Testphase befanden. Es waren Flugvorführungen vorgesehen. Flying the future, vielleicht kein anderer Satz drückte das Image der Concorde so aus wie dieser.

Doch am 3. Juni 1973 stürzte das Vorführmodell der Tu-144 vor ca. 250.000 Zuschauern ab. Während einer Flugführung ging es in einen Sturzflug über und zerbrach beim Abfangversuch. Eine Zweifelsfreie Aufklärung hat es nie gegeben, über die Unfallursachen gibt es verschiedene Hypothesen. Nie konnte ausgeschlossen werden, dass das Unglück mit einem französischen Mirage III Kampfjet zusammenhing, der kurz vorher gestartet war, ohne die russische Crew zu informieren und sich in der Umgebung des Überschalljets befand. Aufgabe der Mirage soll es gewesen sein, Foto und Filmaufnahmen der Tu-144 zu fertigen.



1975 begann die Tu-144 mit Post- und Frachtflügen, 1977 nahm sie den Passagierbetrieb auf, beides innerhalb der UdSSR. Die Concorde führte im Januar 1976 ihre ersten kommerziellen Flüge mit zahlenden Passagieren durch.
 
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Fortsetzung 18

Im Sommer 1982 sollte ich zum zweiten Mal Europa verlassen. Meine erste Reise nach Amerika und mein erster Flug in einem Jumbo 747. Ein guter Freund, mit dem ich in einer Wohngemeinschaft gelebt hatte, machte eine längere Fortbildung in Palo Alto bei San Francisco. Zusammen mit einem anderen Freund beschloss ich ihn zu besuchen. Schnell entschieden wir uns für ein Ticket mit Northwest-Orient Airlines, die damals zweimal die Woche für einige Jahre Hamburg mit Minneapolis verbanden. Es war kein Direktflug, aber als Fluginteressierter hatte ich nichts gegen einen Zwischenhalt in London Gatwick. Das Ticket bestand aus dem Flug nach MSP sowie einem USA Pass für vier Wochen, einem Heft mit 40 Coupons, die man auf dem Streckennetz von Northwest-Orient völlig frei für Flüge innerhalb der USA mit Ausnahme von Hawaii und Alaska nutzen konnte. Auch Kanada war eingeschlossen. Ihn wollte ich für die Zubringerflüge von Minneapolis nach San Francisco nutzen und noch etwas herumfliegen. Als Preis erinnere ich insgesamt 1.200 Mark, ca. 800 für den Flug nach MSP und ca. 400 für den Flugpass. Wahrscheinlich hätte es im Grau- und Schwarzmarktbereich noch günstigere Möglichkeiten gegeben, aber ich war zugegebenermaßen scharf auf den USA Pass.

Ich verbrachte zehn tolle Tage in der Bay Area. Besonders beeindruckt war ich als jemand, der Ende der 1960er so heftig rebelliert hatte, von der Berkeley Universität und dem Lernklima dort. Außerdem war sie für mich historischer Ort: Als dort 1964 im Umfeld der Jugendrevolte und der Civilrights-Movement Regeln zur Unterdrückung freier politischer Diskussionen und Aktivitäten eingeführt werden sollten, begann heftigster Widerstand in Form der Free Speech Movement. In Zeiten von Framing und manchmal sektenartiger Political Correctness vielleicht eine wichtige Erinnerung. :)

 
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Fortsetzung 19

Dann machte ich mit dem Freund, mit ich unterwegs war, eine PKW Tour nach Las Vegas und zum Death Valley. Die letzten sechs Tage waren wir dann mit dem USA Pass unterwegs. Da bei Northwest-Orient gerade gestreikt wurde, gab es nur ein sehr reduziertes Flugangebot und auch mein Job wartete langsam wieder auf mich. Leider konnte ich den USA Pass nicht so intensiv nutzen wie erträumt, es reichte aber für Flüge nach Washington, Winnipeg in Kanada und Cleveland. Eine begeisternde Reise.

Nach der Rückkehr habe ich einige Wochen ernsthaft überlegt, nach Californien zu ziehen. Das Einwanderungsproblem hätte man lösen können ich war qualifiziert und hätte sicherlich eine gute Lebensperspektive gefunden. Aber sechs Wochen später ich verliebte mich, wir zogen zusammen und mein Leben nahm eine andere Richtung.


Wer erinnert sich nicht an seinen ersten Jumbo-Flug? Trotz meiner vielen Flüge durch Deutschland und Europa war es ein Meilenstein meines Daseins als Vielflieger.
 
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Fortsetzung 20

Bilder von Studentendemonstrationen, Straßenkämpfen gegen Wasserwerfer, russischen Panzern in Prag oder amerikanischen Flugzeugen, die Napalm auf Kinder versprühen, und von Kriegsprotesten kennzeichnen die Erinnerungen an die späten 1960er. Für mich und meine Generation war San Francisco ein magischer geschichtsbesetzter Ort.

Doch von weitaus größerer revolutionärer Wirkung als jede politische Aktivität auf der Straße war der unsichtbare Teil der Gesellschaftsveränderung, der Wertewandel, die Infragestellung von Autoritäten, die wachsende Freiheit in den Köpfen und die zunehmenden Freiräume von Menschen, über die Ausgestaltung ihrer Leben selbst zu bestimmen, im Guten wie im Schlechten. Schon Mitte des Jahrzehnts, noch vor Beginn der politischen Revolte der späten Sechziger, begannen sich die sozialen Bindungen und die Kommunikation zwischen Erwachsenen und ihren Kindern zu verringern. Wir wollen doch nicht so werden wie ihr. Kein Satz kennzeichnete den stetig wachsenden Graben zwischen den Generationen besser als diese Worte, gerichtet an die Älteren.

Als ich in der 10. Klasse war, war San Francisco wochenlang ein Nummer Eins Hit in den Charts. Unübersehbar verweigerten sich die Hippies mit ihrer Botschaft von Love and Peace. Das Wort Hippie war eine unscharfe Beschreibung derjenigen, die sich dem American und westlichen way of living entzogen. Im engeren Sinne bezeichnet es die ideali-stische Lebensweise der Blumenkinder in der Bay Area von San Francisco im Sommer 1967 und deren alternative Existenz aus freier Liebe und Friedfertigkeit. Hippies bildeten die Flower-Power-Bewegung, eine Bezeichnung, die auf eine Metapher von Bob Dylans Dichterfreund Allen Ginsberg aus dem Jahr 1965 zurückgeht.

Das Dasein als Hippie war gleichermaßen Lebensmodell, Ideologie und Philosophie, indem es das sinnentleerte Wohlstandsdenken und die Lebensweise der amerikanischen Mittelschicht infrage stellte. Es war der Versuch, die Träume einer freundlichen, sozialen und solidarischen Welt ohne Zwänge und Tabus zu verwirklichen. Dazu gehörten tolerante und friedliche Umgangsformen und das, was im Internetzeitalter als Shared Economy am Auferstehen ist. Hippies lebten mehr ein verbindendes Gefühl als ein konkretes gesellschaftspolitisches Konzept. Immer zahlreicher verließen Jugendliche ihre Herkunft und Familien, um ein Leben nach eigenen Vorstellungen zu führen.


Schnell verbreitete sich die Bezeichnung Hippie um die Welt, als Scott McKenzie 1967 seinen Megahit San Francisco (be sure to wear flowers in your hair) herausbrachte, der ursprünglich nur als ein Werbesong für das Monterey Festival mit Jimi Hendrix, The Who, Simon & Garfunkel, The Mamas and the Papas und weiteren Künstlern gedacht war. Wochenlang stand San Francisco auf Platz eins der Hitparaden. Der Song besang das Hippieleben und verbreitete die Aufforderung, dorthin zu kommen um bei Love and Peace mitzumachen. Nach Schätzungen sind damals mehrere hunderttausende Jugendliche nach Kalifornien gegangen, um außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft zu leben. For those who come to San Francisco. Summertime will be a love-in there. In the streets of San Francisco. Gentle people with flowers in their hair. (Lyrics: Scott McKenzie)

Natürlich hatte das Hippie-Leben mit der Concorde zu tun. Beides stand für den Glauben an Fortschritt.
 
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Fortsetzung 21

Aus meiner ersten USA Reise brachte ich mir von Texas Instruments einen kleinen Taschenrechner für 12,99 USD aus dem Supermarkt mit, dessen Energieversorgung statt von Batterien von Solarzellen übernommen wurde. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht einmal, dass es so etwas überhaupt gibt. Funktioniert heute noch und wird noch genutzt, trotz der App auf dem Iphone. 1983 kaufte ich meinen ersten Computer, einen TI 99/4A Homecomputer. Zu dem Konkurrenzmodell von Sinclair hatte ich kein Vertrauen. Ich lernte darauf ein wenig das Prinzip Homecomputer zu verstehen, Tabellenkalkulationen zu machen und versuchte mich sogar an einer Flugsimulation. Da die Daten hierfür aber auf einem Kassettenrecorder lagen, war er nicht wirklich Alltagstauglich.



Wieder ein Blick auf die Zeitgeschichte: Die 1970er und frühen 80er waren die Hochzeit der Bildungspolitik in Deutschland. Heute haben Kinder aus dem Armutsstadtteilen wie dem, aus dem ich stamme, sehr viel weniger Zugang auf Bildung und sozialen Aufstieg als die Kinder der Siebziger. 1982 wechselten die Liberalen unter üblen Umständen die politische Seite und Helmut Kohl wurde Kanzler. Seine wenig geschickten Statements von der „Geistig-moralischer Wende“ und der „Gnade der späten Geburt“ klangen in den Augen vieler jüngerer wie „Heim ins Reich“, aber das mag Ansichtssache sein. Erst 1998 sollte er wieder aus dem Bundeskanzleramt verschwinden, in einer Orgie von Skandalen um illegale Parteienfinanzierung, schwarze Kassen im Ausland und Ehrenworte an zwielichtige Geldgeber, nachzulesen in Geschichtsbüchern.

Anfang der 1980er begann in Deutschland die Jogging-Bewegung. Bis dahin drehten sich die Menschen um, wenn abends jemand in Parks und Straßen herumlief. 1984 schaffte ich in Berlin meinen ersten Marathon, nur als Teilnehmer mit 4 Stunden 20 Minuten, leider nicht als Sieger. Ich war immerhin schon über Dreißig. 1986 ereignete sich Tschernobyl die erste nukleare Katastrophe in einem Kernreaktor, nachdem es in Harrisburg vorher schon eine ziemlich brenzlige Situation gegeben hatte. Später folgten die Ereignisse Fukushima .

Fortsetzung folgt, aber es wird etwas dauern:)
 
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ich stehe auf dem Schlauch, kannst du mir bitte erklären, was du genau meinst? Danke

Sorry habe den Tippfehler zu spät gesehen, aber jetzt korrigiert. gemeint war: "die politische Seite"

"Die Liberalen waren für die Fortsetzung der Koalition mit der Sozialdemokratie gewählt, um sich kurz danach auf die andere Seite zu schlagen. Von vielen damals als Betrug am Wähler empfunden.
 
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Fortsetzung 22

Auch 1986, 9 Jahre vor meinem supersonic Erstflug, träumte ich noch immer nicht von der Concorde, dafür aber von einem Flug rund um die Welt. Mitte des Jahrzehnts hatte ich die Luftfahrtbücher von Rudolf Braunburg verschlungen, einem ehemaligen Lufthansa-Kapitän, der zum Schriftsteller geworden war. Besonders fasziniert hatte mich das Buch, das eine Reise um den Globus schilderte, auch wenn mir heute nicht einmal mehr der Titel einfällt.:rolleyes:

Anfang des Jahres hatte ich Freunden einen großen ökonomischen Gefallen getan und als Dankeschön schenkten sie mir ein Round-the-world Ticket für Singapore Airlines in Verbindung mit American Airlines. In Business Class. Es war nach damaligen Verhältnissen ziemlich teuer und wahrscheinlich hätte ich im Reisebüro meines Vertrauen ein deutlich günstigeres Ticket ebenfalls in C gefunden, aber irgendwie war ich auf dieses Ticket von Singapore Airlines fixiert, eine Fluggesellschaft, die in jener Zeit einen legendären Ruf hatte. Frankfurt – Bangkok - Singapore war zunächst mein Routing. Von dort machte ich für vier Tage einen Abstecher nach Melbourne mit einem hingekauften Ticket, um mich mit einer befreundeten Lufthansa Stewardess zu treffen, die dort ein long lay over hatte als zwischen Hongkong und Australien shuttelte. Damals flog der Kranich noch nach Australien. Zurück in Singapore ging meine Reise mit dem Aroun-the-world-Ticket weiter über Taipeh nach Hawaii und über San Francisco, Dallas und Chicago zurück nach Frankfurt. Nach dreieinhalb Wochen war ich wieder zuhause. Leider hatte ich nicht die Zeit für eine längere Reise, ich konnte also diese kurze Erdumrundung machen oder gar keine.

Noch immer mochte ich damals das Gefühl unterwegs zu sein. Doch ich erinnere mich an diesen Trip mit sehr gemischten Gefühlen. Ich habe viel gesehen und erlebt, aber eben nur oberflächlich. Es war die Reise, die ich damals unbedingt machen wollte, aber es war zu viel auf einmal. Ab San Francisco war meine innere Uhr komplett verstellt und ich kämpfte mit Erschöpfung. Nichts erinnere ich von den letzten Legs, vielleicht war es so etwas wie eine "fliegerische-post-koitale Depression" ?:rolleyes:




Fortsetzung folgt - in einigen Tagen
 
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