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Vorbemerkung fürs Forum
Vor einigen Jahren hatte ich hier im Forum über meine Concorde-Flüge erzählt. Nach einer langen und unangenehmen Krankheit war ich auf dem Weg der Erholung und wollte die Zeit nutzen, um den Reisebericht noch einmal zu überarbeiten und thematisch sehr viel breiter aufzustellen.
Zwar bin ich längst wieder gesund, doch es kam anders und es blieb bei nur einigen Textteilen. Dann verging mehr als ein Jahr. Sorry.
Der Gedanke meine Concorde-Erinnerungen mit Zeitgeschichte und einigen meiner persönlichen Erinnerungen zu verbinden und in ein umfangreicheres Manuskript zu bringen hat mich nicht losgelassen. Mittlerweile haben wir 2019. Meine Erzählung wird mehr eine zeitgeschichtliche Reise werden als ein üblicher Tripreport mit „Essen on Board und Flugzeiten“.
Nun, ein Jahr später, mache ich also einen neuen Anlauf und habe mir vorgenommen, hier unter einem neuen Titel alle 1-2 Wochen ein neues Kapitel einzustellen. Dabei nutze ich Teile des einen oder anderen meiner früheren Reiseberichte hier im Forum sowie meinen alten Concorde Tripreport. Also bitte nicht wundern, wenn das ein oder andere hier bereits bekannt vorkommt.
Es ist das Rohmanuskript, das ich hier einstelle, noch ist nicht jedes Wort auskorrigiert. Ganz sicherlich nicht die endgültige Erzählung, die vielleicht einmal bei Kindle und im Apple Book Store landen wird oder auch nicht. Im Moment habe ich einfach Lust, mein Material zusammenzustellen. Wer mitlesen mag ist willkommen. Wem mein Ansatz nicht gefällt, mag woanders lesen.
Ich freue ich mich auf Anmerkungen, Lob, Kritik und anderes Feedback. Möglicherweise werden einige der zeitgeschichtlichen Textstellen Kritik und Widerspruch hervorrufen. Manches werde ich kommentieren, Trolle ignorieren.
Auch für mich ist es ein Experiment.
VORWORT
Längst ist die Concorde Geschichte. Es war ja nur ein Flugzeug, das 2003 zum letzten Mal unterwegs gewesen ist. Doch viele meiner Generation haben davon geträumt einmal mit einer Concorde zu fliegen. Es war etwas ganz besonderes. Supersonic, zweimal schneller als der Schall. In dreieinhalb Stunden von Paris oder London nach New York, am Rande des Weltraums. In Schönheit und Stil. Etwas, das sonst nur Testpiloten mit Sauerstoffmasken vergönnt war, konnte nun jedermann und jede Frau erleben, in Alltagskleidung bei Champagner und Kaviar. Ein unglaubliches Erlebnis, dass, weil es so teuer war, nur einem sehr kleinen Teil der Menschheit vergönnt war.
Mir ist es gelungen, fünf Mal in diesem technischen Wundervogel den Atlantik zu überqueren dem bisher einzigen zivilen Überschallflugzeug. Nie wäre ich auf den Gedanken gekommen, dass mir die Erinnerungen an diese Flüge einmal so wichtig sein würden, noch weniger hätte ich mir vorstellen können, dass einige dieser Maschinen später einmal über den Globus verteilt in Museen stehen könnten. Doch vieles unserer heutigen Realität war jenseits meiner Fantasie, etwa Verarmung und Wohnungsnot oder einmal in einer Welt zu leben, in der Schüler mit Fridays for Future gegen Untätigkeit und Politikerversagen beim Klimawandel demonstrieren würden. Sie haben ja recht, dass die es nicht richten werden.
Fragt mich jemand nach den großen Erlebnissen meines Lebens oder denke ich selbst in einer ruhigen Stunde darüber nach, so komme ich immer wieder zu diesen Flügen mit der Concorde zurück. Noch vor meinem ersten Marathonlauf. Für mich gehören meine Überschallflüge zu den großen Erlebnissen meines Lebens. Nicht wegen der Eitelkeit es hinein geschafft zu haben, nicht wegen der Super First Class, dem VIP-Effekt, den VIPs, die man unterwegs traf oder dem elitären Concorde Room am Flughafen London-Heathrow, sondern wegen der technischen Faszination der doppelten Schallgeschwindigkeit, wegen des Kratzens am Rande des Weltraums, wenn man so viel höher als gewöhnliche Flugzeuge unterwegs war, wegen des begeisternden Ausblicks auf die Erdkrümmung und in das Dunkel des Weltraums, wenn man die Zeit überholen konnte und von London nach New York vor seinem Abflug ankam, gemessen an der Ortszeit. Wegen des Glaubens an menschlichen Fortschritt. Sondern wegen des unglaublichen Erlebnisses, den ein Flug mit der Concorde darstellte. .
Bei jedem Flug erhielt ich eine Urkunde, dass ich supersonic geflogen sei. Wenn man wollte, konnte man sie von den Piloten unterschreiben lassen. So sahen die Urkunden aus:
Bereits vor längerer Zeit habe ich meinen dreißigsten Geburtstag gefeiert, also werde ich in absehbarer Zeit altersbedingt sterben. Kein Grund zum jammern, ich bin damit im reinen. So ist es eben, alles andere wäre eine riesige Überraschung. Selbstverständlich gäbe es vieles, was ich gerne erleben würde und einiges, bei dem ich weniger gerne dabei wäre: Die erste Landung von Menschen auf dem Mars, ein alles vernichtender Meteor, Radiokontakt zu Außerirdischen, ein feindlicher Angriff der Frogs oder gar der Erstbesuch von Aliens werden wohl in meiner Lebenszeit nicht passieren. Nicht grundsätzlich auszuschließen, aber statistisch doch extremst unwahrscheinlich.
Auch die eher wahrscheinlichen Ereignisse der Selbstzerstörung von Erde und Menschheit, durch menschengemachten Klimawandel, Überbevölkerung, Raubbau, Atomkrieg oder soziale Probleme, Failing States und zerbrechende Gesellschaften durch dumme und versagende Politiker, werden mich wohl nicht mehr betreffen. Wir leben in einer Zeit sinkenden Vertrauens in unsere Lebensweise, in unsere Regierungen und unsere Zukunft. Man müsste schon sehr optimistisch oder ein wenig verblendet sein, um die Welt in grundsätzlich Ordnung zu finden, um "Donald, Viktor, Theresa oder Angela" als Erfolgsmodelle problemlösender und zukunftsweisender Staatsführung anzusehen. Selbstverständlich bin ich neugierig wie es mit der Menschheit weitergeht, auch wenn ich es nicht erfahren werde.
Alles Begann in den Sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Ähnlich wie die Anfänge der Raumfahrt und die Mondlandungen Amerikas stand auch die Concorde nicht nur für die rasanten technischen Entwicklungen jener Zeit, sondern war ebenso Ausdruck des damaligen Zeitgeist, der sehr viel stärker als in der Gegenwart vom Glauben an den Fortschritt und eine bessere Zukunft der Menschheit geprägt war. Die Sechziger des vergangenen Jahrhunderts waren eine Dekade des turbulenten gesellschaftlichen Umbruchs, in der es für Heranwachsende wie mich viele gute Gründe gab, sich Sorgen zu machen, unzufrieden zu sein und gegen das Bestehende zu rebellieren. Demokratie und Demokratisierung galten als fortschrittlich, die Menschen dachten ihnen und ihren Kindern würde es einmal besser gehen. Die Entwicklung der Concorde war ein Kind dieser Zeit, dem großen Jahrzehnt von sozialer Veränderungen. Es war die Dekade eines Kulturkampfes zwischen Jung und Alt, eines „Kriegs der Generationen über die Zukunft und gegen "die Welt so wie sie war"“, Beatles und Rolling Stones, Mondlandung und Vietnamkrieg. Sexuelle Revolution. Polemisch und zugespitzt gesagt, hätte es die 1960er nicht gegeben, hätten die meisten Jüngeren heute noch Sex im Dunkeln.
Obwohl ich noch immer viel unterwegs bin fasziniert mich schon seit langem nur noch wenig an so gewöhnlichen Flügen wie von Hamburg nach Stockholm. Meine Begeisterung für Fliegen und mein Interesse an Luftfahrt sind am verschwinden. Doch je älter ich werde, desto öfter denke ich an meine erlebten Flüge mit der Concorde. Davon werde ich schwerpunktmäßig in dieser Erzählung berichten, eingebettet in Zeitgeschichtliches und ein wenig Biografisches. Auch werde ich beschreiben wie ich mich zu einem Vielflieger entwickelte und was mich an der Luftfahrt interessierte. Ich verfüge über ein ausnehmend gutes Gedächtnis und kann weite Teile meines Lebens wie einen Kinofilm abrufen. Es sind meine persönlichen Erinnerungen und mein Blick auf die Welt, andere mögen die Dinge anders sehen. Ist auch in Ordnung.
Am 20. November 1962 schlossen Briten und Franzosen einen Vertrag zur Entwicklung eines Überschallschallflugzeugs. Zwanzig dieser Flugzeuge wurden gebaut, sechzehn davon im Linienverkehr eingesetzt. Vier Maschinen waren Prototypen und Vorserien für Testversuche und dienten der Flugerprobung. Vom 21. Januar 1976 bis zum 24.3. 2003 führten die Fluggesellschaften Air France und British Airways Passagierflüge mit diesem Flugzeug durch, das mehr als doppelte Schallgeschwindigkeit erreichen konnte. Für mich war, ich gebe es gern zu, das Reisen mit der Concorde ein Erlebnis mit Suchtfaktor, ein außergewöhnliches Erlebnis, das nur einer kleinen Minderheit vergönnt war. In einem kleinen Hamburger Reisebüro in der Grindelallee, stadtauswärts auf der rechten Seite, kurz vor der Hallerstraße, nahe der Universität, steht schon seit vielen Jahrzehnten ein richtig großes Modell der Concorde im Schaufenster. Jedes Mal wenn ich daran vorbeikomme werde ich wehmütig. Fünf Mal habe ich es geschafft, in einer Concorde unterwegs zu sein.
Copyright: Foto und Copyright beim Autor
Meine Flüge in einem der Speedbirds, wie das Callsign der British Airways lautet:
19.11.1995 BA 004 Concorde JFK - LHR
31. 8.1998 BA 001 Concorde LHR - JFK
01. 9.1998 BA 002 Concorde JFK - LHR
18.11.2001 BA 001 Concorde LHR - JFK
11.05.2002 BA 001 Concorde LHR - JFK
Erinnerungen vergisst man, wenn man nicht darüber spricht. In der Gegenwart ist das Reisen mit einem Flugzeug zu einem freudlosen Viehtransport geworden, jedenfalls in meinen Augen. Es ist zwar manchmal relativ günstig, aber man sitzt menschenverachtend eng, wird der Gefahr einer Trombose ausgesetzt, Fraß und Service sind meist unerträglich, und manchmal werde ich mit mit Menschen konfrontiert, auf deren Gegenwart ich absolut keinen Wert lege. Selbstverständlich kann das Reisen im Flugzeug sehr viel angenehmer sein, wenn man bereit ist, für die ganz teuren Klassen viel Geld auszugeben, oder über eine der vielen Goldkärtchen verfügt, deren Privilegien das Reisen angenehmer machen oder einige der dirty Tricks kennt, die zum selben Ziel führen. Doch auch für Normalsterbliche war das Reisen durch die Lüfte einmal sehr viel angenehmer, in der Zeit, bevor ich zu den bevorzugten Reisenden gehörte.
Fortsetzung folgt
Vor einigen Jahren hatte ich hier im Forum über meine Concorde-Flüge erzählt. Nach einer langen und unangenehmen Krankheit war ich auf dem Weg der Erholung und wollte die Zeit nutzen, um den Reisebericht noch einmal zu überarbeiten und thematisch sehr viel breiter aufzustellen.
Zwar bin ich längst wieder gesund, doch es kam anders und es blieb bei nur einigen Textteilen. Dann verging mehr als ein Jahr. Sorry.
Der Gedanke meine Concorde-Erinnerungen mit Zeitgeschichte und einigen meiner persönlichen Erinnerungen zu verbinden und in ein umfangreicheres Manuskript zu bringen hat mich nicht losgelassen. Mittlerweile haben wir 2019. Meine Erzählung wird mehr eine zeitgeschichtliche Reise werden als ein üblicher Tripreport mit „Essen on Board und Flugzeiten“.
Nun, ein Jahr später, mache ich also einen neuen Anlauf und habe mir vorgenommen, hier unter einem neuen Titel alle 1-2 Wochen ein neues Kapitel einzustellen. Dabei nutze ich Teile des einen oder anderen meiner früheren Reiseberichte hier im Forum sowie meinen alten Concorde Tripreport. Also bitte nicht wundern, wenn das ein oder andere hier bereits bekannt vorkommt.
Es ist das Rohmanuskript, das ich hier einstelle, noch ist nicht jedes Wort auskorrigiert. Ganz sicherlich nicht die endgültige Erzählung, die vielleicht einmal bei Kindle und im Apple Book Store landen wird oder auch nicht. Im Moment habe ich einfach Lust, mein Material zusammenzustellen. Wer mitlesen mag ist willkommen. Wem mein Ansatz nicht gefällt, mag woanders lesen.
Ich freue ich mich auf Anmerkungen, Lob, Kritik und anderes Feedback. Möglicherweise werden einige der zeitgeschichtlichen Textstellen Kritik und Widerspruch hervorrufen. Manches werde ich kommentieren, Trolle ignorieren.
Auch für mich ist es ein Experiment.
VORWORT
Längst ist die Concorde Geschichte. Es war ja nur ein Flugzeug, das 2003 zum letzten Mal unterwegs gewesen ist. Doch viele meiner Generation haben davon geträumt einmal mit einer Concorde zu fliegen. Es war etwas ganz besonderes. Supersonic, zweimal schneller als der Schall. In dreieinhalb Stunden von Paris oder London nach New York, am Rande des Weltraums. In Schönheit und Stil. Etwas, das sonst nur Testpiloten mit Sauerstoffmasken vergönnt war, konnte nun jedermann und jede Frau erleben, in Alltagskleidung bei Champagner und Kaviar. Ein unglaubliches Erlebnis, dass, weil es so teuer war, nur einem sehr kleinen Teil der Menschheit vergönnt war.
Mir ist es gelungen, fünf Mal in diesem technischen Wundervogel den Atlantik zu überqueren dem bisher einzigen zivilen Überschallflugzeug. Nie wäre ich auf den Gedanken gekommen, dass mir die Erinnerungen an diese Flüge einmal so wichtig sein würden, noch weniger hätte ich mir vorstellen können, dass einige dieser Maschinen später einmal über den Globus verteilt in Museen stehen könnten. Doch vieles unserer heutigen Realität war jenseits meiner Fantasie, etwa Verarmung und Wohnungsnot oder einmal in einer Welt zu leben, in der Schüler mit Fridays for Future gegen Untätigkeit und Politikerversagen beim Klimawandel demonstrieren würden. Sie haben ja recht, dass die es nicht richten werden.
Fragt mich jemand nach den großen Erlebnissen meines Lebens oder denke ich selbst in einer ruhigen Stunde darüber nach, so komme ich immer wieder zu diesen Flügen mit der Concorde zurück. Noch vor meinem ersten Marathonlauf. Für mich gehören meine Überschallflüge zu den großen Erlebnissen meines Lebens. Nicht wegen der Eitelkeit es hinein geschafft zu haben, nicht wegen der Super First Class, dem VIP-Effekt, den VIPs, die man unterwegs traf oder dem elitären Concorde Room am Flughafen London-Heathrow, sondern wegen der technischen Faszination der doppelten Schallgeschwindigkeit, wegen des Kratzens am Rande des Weltraums, wenn man so viel höher als gewöhnliche Flugzeuge unterwegs war, wegen des begeisternden Ausblicks auf die Erdkrümmung und in das Dunkel des Weltraums, wenn man die Zeit überholen konnte und von London nach New York vor seinem Abflug ankam, gemessen an der Ortszeit. Wegen des Glaubens an menschlichen Fortschritt. Sondern wegen des unglaublichen Erlebnisses, den ein Flug mit der Concorde darstellte. .
Bei jedem Flug erhielt ich eine Urkunde, dass ich supersonic geflogen sei. Wenn man wollte, konnte man sie von den Piloten unterschreiben lassen. So sahen die Urkunden aus:
Bereits vor längerer Zeit habe ich meinen dreißigsten Geburtstag gefeiert, also werde ich in absehbarer Zeit altersbedingt sterben. Kein Grund zum jammern, ich bin damit im reinen. So ist es eben, alles andere wäre eine riesige Überraschung. Selbstverständlich gäbe es vieles, was ich gerne erleben würde und einiges, bei dem ich weniger gerne dabei wäre: Die erste Landung von Menschen auf dem Mars, ein alles vernichtender Meteor, Radiokontakt zu Außerirdischen, ein feindlicher Angriff der Frogs oder gar der Erstbesuch von Aliens werden wohl in meiner Lebenszeit nicht passieren. Nicht grundsätzlich auszuschließen, aber statistisch doch extremst unwahrscheinlich.
Auch die eher wahrscheinlichen Ereignisse der Selbstzerstörung von Erde und Menschheit, durch menschengemachten Klimawandel, Überbevölkerung, Raubbau, Atomkrieg oder soziale Probleme, Failing States und zerbrechende Gesellschaften durch dumme und versagende Politiker, werden mich wohl nicht mehr betreffen. Wir leben in einer Zeit sinkenden Vertrauens in unsere Lebensweise, in unsere Regierungen und unsere Zukunft. Man müsste schon sehr optimistisch oder ein wenig verblendet sein, um die Welt in grundsätzlich Ordnung zu finden, um "Donald, Viktor, Theresa oder Angela" als Erfolgsmodelle problemlösender und zukunftsweisender Staatsführung anzusehen. Selbstverständlich bin ich neugierig wie es mit der Menschheit weitergeht, auch wenn ich es nicht erfahren werde.
Alles Begann in den Sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Ähnlich wie die Anfänge der Raumfahrt und die Mondlandungen Amerikas stand auch die Concorde nicht nur für die rasanten technischen Entwicklungen jener Zeit, sondern war ebenso Ausdruck des damaligen Zeitgeist, der sehr viel stärker als in der Gegenwart vom Glauben an den Fortschritt und eine bessere Zukunft der Menschheit geprägt war. Die Sechziger des vergangenen Jahrhunderts waren eine Dekade des turbulenten gesellschaftlichen Umbruchs, in der es für Heranwachsende wie mich viele gute Gründe gab, sich Sorgen zu machen, unzufrieden zu sein und gegen das Bestehende zu rebellieren. Demokratie und Demokratisierung galten als fortschrittlich, die Menschen dachten ihnen und ihren Kindern würde es einmal besser gehen. Die Entwicklung der Concorde war ein Kind dieser Zeit, dem großen Jahrzehnt von sozialer Veränderungen. Es war die Dekade eines Kulturkampfes zwischen Jung und Alt, eines „Kriegs der Generationen über die Zukunft und gegen "die Welt so wie sie war"“, Beatles und Rolling Stones, Mondlandung und Vietnamkrieg. Sexuelle Revolution. Polemisch und zugespitzt gesagt, hätte es die 1960er nicht gegeben, hätten die meisten Jüngeren heute noch Sex im Dunkeln.
Obwohl ich noch immer viel unterwegs bin fasziniert mich schon seit langem nur noch wenig an so gewöhnlichen Flügen wie von Hamburg nach Stockholm. Meine Begeisterung für Fliegen und mein Interesse an Luftfahrt sind am verschwinden. Doch je älter ich werde, desto öfter denke ich an meine erlebten Flüge mit der Concorde. Davon werde ich schwerpunktmäßig in dieser Erzählung berichten, eingebettet in Zeitgeschichtliches und ein wenig Biografisches. Auch werde ich beschreiben wie ich mich zu einem Vielflieger entwickelte und was mich an der Luftfahrt interessierte. Ich verfüge über ein ausnehmend gutes Gedächtnis und kann weite Teile meines Lebens wie einen Kinofilm abrufen. Es sind meine persönlichen Erinnerungen und mein Blick auf die Welt, andere mögen die Dinge anders sehen. Ist auch in Ordnung.
Am 20. November 1962 schlossen Briten und Franzosen einen Vertrag zur Entwicklung eines Überschallschallflugzeugs. Zwanzig dieser Flugzeuge wurden gebaut, sechzehn davon im Linienverkehr eingesetzt. Vier Maschinen waren Prototypen und Vorserien für Testversuche und dienten der Flugerprobung. Vom 21. Januar 1976 bis zum 24.3. 2003 führten die Fluggesellschaften Air France und British Airways Passagierflüge mit diesem Flugzeug durch, das mehr als doppelte Schallgeschwindigkeit erreichen konnte. Für mich war, ich gebe es gern zu, das Reisen mit der Concorde ein Erlebnis mit Suchtfaktor, ein außergewöhnliches Erlebnis, das nur einer kleinen Minderheit vergönnt war. In einem kleinen Hamburger Reisebüro in der Grindelallee, stadtauswärts auf der rechten Seite, kurz vor der Hallerstraße, nahe der Universität, steht schon seit vielen Jahrzehnten ein richtig großes Modell der Concorde im Schaufenster. Jedes Mal wenn ich daran vorbeikomme werde ich wehmütig. Fünf Mal habe ich es geschafft, in einer Concorde unterwegs zu sein.
Copyright: Foto und Copyright beim Autor
Meine Flüge in einem der Speedbirds, wie das Callsign der British Airways lautet:
19.11.1995 BA 004 Concorde JFK - LHR
31. 8.1998 BA 001 Concorde LHR - JFK
01. 9.1998 BA 002 Concorde JFK - LHR
18.11.2001 BA 001 Concorde LHR - JFK
11.05.2002 BA 001 Concorde LHR - JFK
Erinnerungen vergisst man, wenn man nicht darüber spricht. In der Gegenwart ist das Reisen mit einem Flugzeug zu einem freudlosen Viehtransport geworden, jedenfalls in meinen Augen. Es ist zwar manchmal relativ günstig, aber man sitzt menschenverachtend eng, wird der Gefahr einer Trombose ausgesetzt, Fraß und Service sind meist unerträglich, und manchmal werde ich mit mit Menschen konfrontiert, auf deren Gegenwart ich absolut keinen Wert lege. Selbstverständlich kann das Reisen im Flugzeug sehr viel angenehmer sein, wenn man bereit ist, für die ganz teuren Klassen viel Geld auszugeben, oder über eine der vielen Goldkärtchen verfügt, deren Privilegien das Reisen angenehmer machen oder einige der dirty Tricks kennt, die zum selben Ziel führen. Doch auch für Normalsterbliche war das Reisen durch die Lüfte einmal sehr viel angenehmer, in der Zeit, bevor ich zu den bevorzugten Reisenden gehörte.
Fortsetzung folgt
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