Die GdF, Fraport und der Spiegel
21.02.2012
Bevor wir - der Ankündigung in der Überschrift folgend - auf den Artikel im Spiegel dieser Woche eingehen, hier ein kurzer Zwischenbericht zum Streik bei der Fraport:
Worum geht es in diesem Konflikt im Kern eigentlich?
Das ist relativ einfach zu erklären: Wir wollen eine Angleichung der Arbeitsbedingungen unserer Mitglieder auf den Vorfeldern an die Arbeitsbedingungen der Mitglieder bei der DFS erreichen, die in der Funktion des Platzkoordinators eingesetzt werden. Die wiederholt durch den Blätterwald der Presse rauschenden, markigen „70 % Gehaltszuwachs“ sind letztendlich, abgesehen von einer eher unglücklichen Tendenz zur Übersimplifizierung, trauriger Beleg dafür, dass diese Kollegen jahrelang seitens der Fraport ausgenutzt und nicht entsprechend ihrer Tätigkeit sowie den Anforderungen, die diese an sie stellt, entlohnt wurden. Es ist Zeit, diesen Missstand zu beseitigen.
Ähnliches gilt in leicht abgewandelter Form auch für die Kollegen in der Verkehrszentrale und der Vorfeldaufsicht. Hier werden teilweise Gehälter auf dem Niveau der Vergütungsgruppe 2 des DFS Tarifvertrages gezahlt, und diese sind, wie wir wissen, nun wirklich kaum üppig zu nennen. Eine Anhebung auf ein Niveau, das es den Kollegen erlaubt, ihre Familien vernünftig zu versorgen, ist nicht unverhältnismäßig, sondern dringend geboten. Der Ausverkauf von Arbeitnehmerinteressen muss ein Ende haben.
Die Berichterstattung, die sich nicht scheut, im Zusammenhang mit den Auseinander-setzungen jetzt von „Erpressung“ zu schreiben, zeichnet sich durch eine bemerkenswerte Bigotterie aus, Motto: Hauptsache Quote oder: Polemik rules. Erst kürzlich schien es opportun, Unternehmensgewinne mit den Zuwächsen der Gehälter der Arbeitnehmer zu vergleichen, dabei zu dem erstaunlichen Ergebnis zu gelangen, dass die Schere kaum weiter auseinander klaffen könnte, und der durchschnittliche Arbeitnehmer Reallohnverluste hinnehmen musste, während die Gewinne auf Unternehmensseite im üppig zweistelligen Prozentbereich beziffert werden.
Nun könnte der mit deduktiver Logik ausgestattete Mensch auf die Idee kommen, dass diese Entwicklung möglicherweise unter anderem einer Gewerkschaftslandschaft und einiger ihrer aufgeblähten Protagonisten geschuldet sein mag, die - einst mit vermeintlich hehren Motiven angetreten - inzwischen zu zahnlosen Papiertigern mutierten, deren Interesse eher auf der behutsamen Trocknung der eigenen Schäfchen, oder auch Auftritten in diversen Talkshows liegt. Inwieweit Mitgliederinteressen hier hinter der Sicherung persönlicher Pfründe und Profilneurosen zurück stehen, bleibt dabei selbstverständlich der persönlichen Fantasie überlassen.
Der nachdenkende Mensch könnte weiterhin auf den Gedanken kommen, dass das Säbelrasseln besagter Protagonisten aus dem Land der Großgewerkschaften, ja mehr noch der Schulterschluss zwischen designierten Gewerkschaftlern und Unternehmern, der gerade durch die Gazetten rauscht, möglicherweise dem Umstand geschuldet ist, dass der Papiertiger umso zahnloser wirkt, je kraftvoller ein vielleicht kleiner, aber potenter Bruder die Bühne betritt. Empörend! Da macht sich so ein Erpressungs-Szenario doch ganz prima.
Der bisherige Verlauf der Aktionen ist allen Einschüchterungsmaßnahmen zum Trotz planmäßig verlaufen. Es ist motivierend zu sehen, wie alle Kollegen zusammenrücken und die verschiedenen Abteilungen eine Einheit bilden. Alle Mitglieder sind dem Aufruf gefolgt, und haben die Arbeit niedergelegt.
Abschließend noch einmal ein thematischer Bogen zum bewusst plakativ gewählten Titel: Der Artikel der Spiegel Ausgabe vom 19.02.2012 diffamiert einen (unseren!) gesamten Berufsstand, zieht seine Anliegen in den Schmutz, und scheut sich nicht, Arbeitnehmer-Vertretungen, die sich dafür einsetzen, Arbeitsbedingungen zu verbessern und dabei zu den Mitteln greifen, die ihnen ihr Berufsstand ermöglicht, als Erpresser zu bezeichnen.
Merke: es ist erlaubt, als zahnloser Papiertiger aufzutreten, leise Piep zu machen, und Kamelle zu kassieren. Wer da aber tatsächlich über Säbel verfügt, die nicht nur blechern rasseln können, dem muss man das Streikrecht entziehen. Eine wahrhaft demokratische Haltung, die sich da offenbart.
Es scheint auch in Ordnung zu sein, und nicht etwa Anlass für Scham, in aller Öffentlichkeit über unverhältnismäßige und überzogene Forderungen zu schwadronieren, sich selbst aber innerhalb eines Jahres (2009 auf 2010) einen Gehaltszuwachs von 154.000 € zu gönnen, oder von anderer Seite kolportieren zu lassen, die geforderten Steigerungen führten dazu, dass Angestellte höhere Gehälter bezögen als die Unternehmensleitung.
Zur Untermauerung der eigenen, höchst fragwürdigen Argumentation werden Zahlen verfälscht, und Abläufe aus dem Zusammenhang gerissen. Selbst für absurde Konstrukte wie etwa die Behauptung, wir hätten uns über die Ablehnung des Schlichterspruchs durch Fraport gefreut, ist sich das Blatt, das sich so gern in rote Farbe hüllt, nicht zu schade.
Eindrucksvoll belegt das Magazin auch Fähigkeiten in der Kunst des beredten Weglassens: Zur Entlarvung der Lotsen als Abkömmlinge des Stammes Nimm(ersatt) bedient sich der Spiegel der Erhöhung der Gehälter im Führungsbereich um 15400,-€ pro Jahr - eine Zahl, die zwar insgesamt stimmt, jedoch elegant unter den Tisch fallen lässt, was sich dahinter tatsächlich verbirgt: Nämlich neben der Gehaltssteigerung von 5 % auch Bonuszahlungen, die zum fixen Gehaltsbestandteil wurden, dies kombiniert mit der Weigerung des Arbeitgebers, eben diese nunmehr integrierten Boni abzuschmelzen.
Gleiches gilt für die anderen Sprünge im Gehaltsgefüge der DFS. Hier führte die Verweigerungshaltung der DFS in der Tarifauseinandersetzung letztendlich zu den sogenannten Turbokarrieren, die so unsererseits niemals gefordert waren. Das Gesamtpaket der GdF hätte selbst bei 100 %iger Umsetzung der Forderungen und bei vernünftigen, von Respekt getragenen Verhandlungen ca. 9 % mehr Personalkosten verursacht. Erst die „geschickte“ Verhandlung der DFS sorgte für (nach internen Angaben) um 15 % gestiegenen Kosten.
Eine Erhöhung wohlgemerkt, die die Passagiere, die man gern heranzieht, um dem erpresserischen Bösewicht weiteres Profil zu geben, keine 50 Cent pro Flug kostet.
Wir sind überzeugt von der Redlichkeit unserer Anliegen, und lassen uns diese Überzeugung auch durch Schmierkampagnen nicht nehmen. In allen bisherigen Tarifauseinandersetzungen und Schlichtungen war es letztlich immer die GdF, die den Lösungsweg aufgezeigt und bereitet hat – mit der positive Konsequenz einer Befriedung und Schaffung von Planungsgrundlagen für längere Zeit. So wird es auch diesmal sein, allem Getöse zum Trotz. Der Schlichterspruch liegt auf dem Tisch, der Arbeitgeber war an dessen Werdung 6 Runden gleichberechtigt beteiligt und kann jetzt nicht so tun, als hätte es die Schlichtung nie gegeben. Wir lassen uns von der Fraport AG nicht vorführen, nur weil deren Management sich vergaloppiert hat.
Der Vorwurf der Entsolidarisierung (be)trifft uns am aller wenigsten, denn wir sind solidarisch – nämlich mit unseren Frankfurter Vorfeldkollegen, die unsere volle Unterstützung verdienen!
Wer die echten Fakten wissen möchte, kann den Inhalt des Schlichterspruches auf der GdF-Homepage nachlesen.
Markus Siebers Dirk Vogelsang
Vorstand Tarif/Recht GdF-Verhandlungsführer
Quelle:
http://www.gdf.de/front_content.php?client=1&lang=1&idcat=45&idart=505&m=&s=